Hallo Inge,
: Und da hast Du auch schon den neuralgischen Punkt angesprochen: in der heutigen Zeit MUSS das alleroberste Gebot bei der Ausbildung von Hunden Sozialverträglichkeit heißen! Und zwar gegenüber Mensch wie Tier. Alles andere hat dem gegenüber zurückzustehen! Wenn hier einerseits Rassen gezüchtet werden, deren oberstes Zuchtziel immer noch der extrem beutetriebstarke Hund ist und zum anderen die Ausbildung dies in einem Maße noch verstärkt, daß die Hunde beim Anblick eines Schutzdiensthelfers so in Rage geraten, daß sie untereinander raufen, dann läuft hier etwas ganz gewaltig falsch!!!
Also, wenn ich mir die Hunde so anschaue, die bei uns auf dem Agilityparcours laufen (und die nicht auf "extremen Beutetrieb" gezüchtet werden), stelle denen eine lecker gefüllte Futterschüssel vor die Nase (so daß sie nicht herankommen) und lasse sie alle beieinander, ich würde meine Hand nicht dafür ins Feuer legen, daß es nicht eine saftige Beißerei gibt. Selbst wegen einem Ball würde sich ein Teil von denen schon ganz schön fetzen. Wo liegt hier der Unterschied zum Schutzdienstärmel, außer, daß der Helfer den noch so richtig schön schmackhaft macht dadurch, daß damit gerade ein anderer Hund gehetzt wird? Selbst Hütehunde werden sauer und beißen andere Hunde, die sich ihnen in Spielabsicht nähern, weg, wenn sie selbst eine Herde fixieren. Das ist für mich ein völlig normales Verhalten, und die Hunde bringen sich deswegen auch nicht um, nur hat irgendjemand i.d.R. gerade dann seine Finger dazwischengehalten und man muß erst mal aus dem Verbandskasten ein Läppchen holen gehen. Dieses Verhalten wegzüchten zu wollen halte ich übrigens für brandgefährlich, das würde bedeuten, in einen wichtigen Ablauf, durch den das gesamte Sozialverhalten geregelt wird, einzugreifen. Viele vergessen, daß Hunde, die sich auf dem Übungsplatz oder sonstwo treffen, kein zusammenlebendes "Rudel" sind, sondern eher ein "lockerer Haufen", in dem bei jedem Treffen erst einmal die Sozialstrukturen neu sortiert werden müssen. Wenn Hunde dabei sind, deren soziale Stellungen sehr eindeutig sind, dann wird es auch in Situationen, in denen eines oder mehrere der Tiere ein Triebziel (Ball, Futter, Ärmel etc.) haben, nicht zu Meinungsverschiedenheiten kommen. Sind aber mental gleichstarke Hunde dabei, wird es manchmal ganz schön rauchen, sogar im eigenen Rudel werden während der mentalen Entwicklung jüngerer Rudelmitglieder die Fronten neu gesteckt, soziale Besitzstände in Frage gestellt. Ist doch logisch, daß das bei Hunden, die nicht in einem Rudel leben, noch krasser abgehen kann, und das hat gar nichts mit Verhaltensstörungen, Aggressivität etc. zu tun.
: Aber auf unserem HP werden die Hunde während des Agility-Trainings AUF DEM PLATZ angebunden, ins Platz abgelegt und müssen sich dort dann ruhig verhalten, bis sie dran sind. Und das lernen sie von klein auf. Und immer wieder wird zwischendurch auch mit zwei oder gar drei Hunden gleichzeit Gerätetraining gemacht - damit die Hunde auch lernen, selbst unter dieser extremen Ablenkung auf ihren HF konzentriert zu bleiben. Es sind also IMMER mehrere Hunde zugleich auf dem Platz - und es funktioniert!!! Selbst die noch sehr unruhigen Junghunde, die - wenn sie gerade nicht dran sind - herumzappeln und auch mal jaulen, lenken die "alten Hasen" nicht mehr ab. Bewußt bauen wir die Hindernisse z.B. auch so auf, daß sie nur 3-4 Meter von den wartenden Hunden entfernt stehen, der Hund also z.B. auf die wartenden zuspringen muß um dann gleich nach links oder rechts geführt zu werden. Das ist für den übenden wie für die wartenden Hunde eine extreme Herausforderung. Aber bis jetzt haben es noch alle gelernt - und solchermaßen ausgebildete Hunde sind durch nichts mehr aus der Ruhe zu bringen. Egal, ob sie hinterher Agility-Champions oder - wie unsere - einfach nur aus Spaß an der Freude im Parcours geführt werden: es sind in jedem Fall Hunde, mit denen man sich überall blicken lassen kann!
Auch bei uns sind während der Unterordnung immer Hunde auf dem Gelände. Das Vereinsleben spielt sich während der Übungsstunden draußen ab, die Anbindeplätze (neben den Bänken) sind immer belegt (und gerade die "Kleinen" machen oft ganz schön rambazamba, wenn einer der Hunde auf dem Platz mit dem Ball bestätigt wird) bzw. es sitzen HF mit ihren Hunden auf den Bänken, mit so 5 bis 8 Hunden muß man immer rechnen, wenn man UO macht. Im Schutzdienst allerdings befinden sich nur die Hunde auf dem Platz, die gearbeitet werden, oder bei denen der Helfer die Anweisung gibt, daß sie heute mal ein, zwei oder auch mehr Schutzdienste lang zuschauen sollen. Abgesehen davon wäre es auch eine enorme Lärmbelästigung, wenn 10 oder mehr Hunde über längere Zeit ununterbrochen bellen.
Ich habe übrigens nie Bedenken, einen Welpen/Junghund zu einem unserer Schutzhunde zu lassen. Gerade die guten Hunde im Schutzdienst haben ein ausgezeichnetes Sozialverhalten, und außerhalb des Schutzdienstes dürfen sie zu jedem hin zum Spielen und Schnuppern, solange es nicht den HF gerade stört.
Viele Grüße
Antje