von Antje(YCH) am 05. September 2000 08:14
Hallo Claudia,
: Was würdest Du vermuten, wenn Deine Tochter im "Spiel" mit dem Hund sagt "Fass" und dieser sich in der Gegend umschaut, wedelt und los will?!
Bestimmt nicht, daß er eine begonnene oder abgeschlossene SchH-Ausbildung hat. Dort gibt es nämlich gar kein Kommando "Fass"! Hunde reagieren auch weniger auf Worte bzw. Befehle, sondern mehr auf deren Betonung. Warscheinlich hat Deine Tochter das "Fass" in einer Tonlage gesagt, die sonst für den Hund eine andere Bedeutung hat, vielleicht "Bring's" oder "Hol's" in Bezug auf den Ball oder ein Stöckchen. Hätte sie in der gleichen Tonlage z.B. "Tanz" gesagt, hätte er bestimmt ähnlich reagiert.
: ... nur gibt es in einigen Berufen gewisse Einstellungen, was Gehorsam etc. betrifft, die in anderen Berufen vielleicht weniger gebraucht werden.
Au weia, und da verlangen wir von Nichthundehaltern, daß sie ihre Vorurteile bestimmten Hunderassen gegenüber abbauen! Ich kann Dir aus dem Stehtgreif mal aufzählen (vergesse jetzt bestimmt einige dabei), welche Berufsgruppen bei uns in den SchH-Übungsstunden auf dem Platz herumlaufen: Gymnasial- u. Realschullehrer (Hauptfach Englisch), 2 Altenpflegerinnen, 2 Rettungssanitäter, Bibliothekarin, 2 Apothekerinnen (davon eine a.D.), Steinmetz, Postbeamter, Maler u. Lackierer, Schreiner, Krankenschwester- bzw. -pfleger, Zahnarzt, Landwirt, Gastwirt, LTA, Abteilungsleiter eines größeren Konzerns, Hausfrauen, drei Schüler (zwei davon kurz vor dem Abitur) usw., und die haben alle eine "gewisse Einstellung, was Gehorsam etc. betrifft", wodurch sie sich von "normalen" Menschen unterscheiden??? Ach ja, habe wir doch wirklich auch noch einen Polizeibeamten dabei, der uns warscheinlich in Bezug auf Gehorsam etc. unser Weltbild zurechtrückt...
: : S.o.! War der Hund überhaupt ausgebildet oder beruht hier alles nur auf reiner Vermutung? Die Rassekonstellation läßt mich stark an einer SchH-Ausbildung zweifeln.
: S.o. Ansonsten ging er bei Fuß, Sitz, Platz etc. Ausgebildet war er auf jeden Fall. Und bitte erkläre mir den Sinn der SchH-Ausbildung für Hunde, die keine "Dienst" verrichten. Ich bin da gern bereit, dazu zu lernen!
Das hatten wir hier doch schon alles! Die Arbeit im SchH-Bereich ist Sport, hat mit dem Einsatz der Hunde im Polizeidienst nix mehr zu tun. Daß SchH-Hunde nicht gefährlich sind, beweisen die Statistiken der Versicherungsgesellschaften, die haben bisher nämlich kaum Unfälle mit SchH-ausgebildeten Hunden zu verzeichnen gehabt, und deswegen bekommst Du bei fast allen Versicherungen auch einen Rabatt, wenn Dein Hund eine SchH-Prüfung hat. Selbst Frau U.-D. F.-P. hat den SchH-ausgebideten Hunden bisher noch keine größere Gefährlichkeit andichten können, obwohl sie selbst persönlich nicht gerade ein Freund des Hundesportes ist.
Wichtigstes Kriterium für den SchH-Sport ist, daß ohne ihn keine Selektion auf die Gebrauchshundeeigenschaften möglich ist. Zwar reden einige Leute immer davon, daß dieses doch möglich wäre, aber bewiesen hat es bisher noch keiner. Im Diensthundebereich sind fast nur noch Rassen zu finden, die u.a. das Ablegen der SchH-Prüfung für die Zucht bei beiden Elterntieren zwingend voraussetzen, nämlich DSH und Malinois. Einzelne Vertreter anderer Rassen stammen fast ausnahmslos aus Zuchtlinien, deren Züchter Wert darauf legen, daß beide Elterntiere gute SchH-Hunde waren, auch wenn der Zuchtverband hier nicht zwingend die SchH-Prüfung für die Zuchtzulassung vorschreibt. Alle anderen "Gebrauchshunderassen" liefern den lebendigen Beweis dafür, daß, wenn in der Zucht nicht ausreichend auf Triebveranlagung und nervliche sowie körperliche Belastbarkeit der Hunde geachtet wird, die Hunde innerhalb ganz weniger Generationen nicht mehr für den Einsatz als diverse Diensthunde, Rettungshunde etc, geeignet sind, und zwar aus nervlichen und/oder gesundheitlichen Gründen. Gezüchtet wird dann nur noch auf "körperliche Vollendung", was immer das sein soll. Ergebniss ist, daß z.B. beim Dobermann, auch wenn er nicht mehr "arbeitet" (also körperlich stärker belastet wird), daß Durchschnittsalter auf 6 Jahre gesunken ist, und beim Boxer Hunde ohne Wirbelsäulenerkankung oder Herzfelhlern kaum noch zu finden sind.
Ein Hund, der im SchH-Sport geführt wird, muß körperlich und geistig gesund sein, d.h. vor allem gute Nerven haben. Solche Hunde müssen zwar beschäftigt werden, auch wenn sie nicht im SchH-Sport geführt werden, aber sie sind aufgrund ihres Nervenkostümes und ihrer Triebveranlagung auch sehr gute Familienhunde. Hier kommen Hunde mit schlechten Nerven, auch wenn sie auf Ausstellungen noch so weit vorne laufen, einfach nicht in die Zucht, können ihre schlechten Anlagen im Wesen also nicht weitervererben. Ausnahmslos alle Hunde, die ich aus dem SchH-Bereich z.B. an Landwirte abgegeben habe (egal ob als Welpe oder vorgearbeiteter Junghund) waren fähig, die ihnen zugedachten Aufgaben sehr gut zu erfüllen (Großvieh, Schafe/Ziegen) und sich harmonisch in Familie, Betrieb und Dorfleben einzugfügen (sie laufen alle frei auf nicht eingezäunten Höfen). Hier nützt die Selektion über den SchH-Sport also, schaden tut sie in keinster Weise.
: :Jedem das seine, es gibt trotzdem Leute, die munter Rassen züchten (oder in meinen Augen vermehren), in denen ein SG-Bewertung (gar nicht zu reden von einer G-Berwertung), unabhängign von einem excellenten Wesen des Hundes oder seiner Gesundheit, bereits Zuchtausschluß zur Folge hat.
: Was ist das (G-Bewertung...)??? Bin nicht firm in dieser Richtung!
Es gibt auf Zuchtschauen unterschiedliche Bewertungen, V (vorzüglich), SG (sehr gut), G (gut) usw. Bei Schäferhund und Malinois z.B. reicht eine Zuchtbwertung "gut" aus zur Zucht, die Hunde müssen aber noch weitere Kriterien erfüllen. Der DSH z.B. muß neben der G-Bewertung mind. die SchH1 (und davor die BH) erfolgreich abgelegt haben, eine bestandene 20 km-Ausdauerprüfung vorweisen, die Hüfte muß geröngt sein, dann geht er noch auf die Körung (hier werden Gebaude und Schutzhundeanlagen noch einmal überprüft). Mind. 3 x (BH, SchH1 und Körung) wird das Wesen überprüft, u.a. auf Schußfestigkeit (angeborene Schußscheue ist ein gravierendes Zeichen für einen Wesensmangel). Das alles sind nur die Mindestanforderungen, Hunde, die keine weitere Eignung für ihre Gebrauchsfähigkeit erbringen gehen oftmals gar nicht in die Zucht. Die wertvollsten Zuchttiere sind diejenigen, die im SchH-Sport alt geworden sind, die haben bewiesen, daß sie gesund sind, nervenstark und leistungsfähig (und deswegen werden sie auch gerne von den wenigen diensthundehaltenden Behörden, die selbst einen ganz geringen Teil ihrer Diensthunde züchten, als Zuchtpartner gewählt). Andere Rassen gehen nur auf Schauen, in die Zucht kommen Hunde mit V-Gebaäude oder bestenfalls noch SG, eine Selektion auf Wesen, Leistungsfähigkeit und Gesundheit entfällt ganz.
Ach ja, fast alle Diensthunde im In- und Ausland stammen aus privaten Zuchten, die über den SchH-Sport (oder in Belgien, Niederlande, Frankreich über den Ringsport) selektieren. Es gibt in Deutschland nur zwei Diensthundeschulen, die selbst züchten (wobei Niedersachsen nur eine einzige Zuchthündin hat). Wer den SchH-Sport abschaffen möchte, läßt somit auch den Diensthund aussterben!!! Ein harter Brocken, wenn er nur auf Vermutungen beruht, oder?
Es gibt einen Videofilm, der erläutert, was im SchH-Sport bzw. der SchH-Ausbildung eigentlich so abläuft. Er ist für 10 DM (inkl. Porto) zu erhalten bei Rixen-Video. Vielleicht interessiert es Dich ja, mehr über diesen Sport zu erfahren, bevor Du ihn gänzlich ablehnst.
Viele Grüße
Antje