Hallo Attila,
: ... Aber dann sollten die Vereine so redlich sein und "Hundeerziehungskurse", die ihre Kassenlage verbessern sollen, gar nicht erst anbieten!
Stimmt! Was uns fehlt sind Qualifikationen für Ausbilder, analog z.B. zum Reitsport, die sowohl für Ausbilder im privaten Bereich ("Hundeschulen"
als auch in den Vereinen gelten müßten. Fazit wäre dann aber, daß sich die "Basisausbildung" enorm verteuern würde, wenn die Ausbildung und Qualifikation der Ausbilder beginnt, viel Geld zu kosten (bisher hat z.B. der fünftägige Ausbildungsleiterlehrgang in unserem LV den Verein ca. 600 DM pro Nase gekostet, und meiner Meinung nach reicht der alleine bei weitem nicht aus). In der jetzigen Situation ist es zumindest möglich, mit etwas Glück eine gute Ausbildung für wenige Geld (u.U. sogar kostenlos) zu erhalten (obwohl ich das, im Verhältnis zu anderen Dingen des Lebens, unverhältnismäßig finde).
: Der Niedergang derartiger Vereine, die ohne fragwürdige Schnellkurse gar nicht mehr bestehen könnten, ist dann ohnehin nicht aufzuhalten.
Meiner Meinung nach muß auch nicht unbedingt jeder Verein am Leben bleiben.... *ketzerketzer*
: Nun, ich habe in allen Vereinen unmißverständlich klargemacht, daß ich keinen "Hundeführerschein" will, sondern profunde Ausbildung und echten Hundesport. Wie, bitte schön, soll ich denn sonst anfangen?
Die Sache ist wirklich ein Problem. Zum einen sind viele engagierte Hundeleute mit "Anfängern" schon so oft auf die Nase gefallen (besser gesagt: menschlich entäuscht worden), daß sie sich einfach nicht mehr engagieren wollen (= "vergebliche Liebesmüh"
. Zum anderen sind die Kapazitäten in guten Hundesportvereinen sehr begrenzt, so daß die Aktiven eigentlich gar kein Interesse daran haben, noch jemand weiteren mit "durchzuschleifen". Stell Dir die Kapazitäten eines Vereines wie eine Torte vor: für jeden Hundeführer, um den man sich in Fährte, Unterordnung und Schutzdienst kümmern muß, wird ein Stück abgeschnitten. Manchmal bleibt noch nicht einmal mehr ein Stück übrig für die, welche die meiste Arbeit leisten (z.B. hetzen), d.h. die üben dann eigentlich nur noch, um dan dem Tag Unterordnung oder Schutzdienst gemacht zu haben (ohne daß sich eigentlich auf das Wesentliche dabei konzentriert werden konnte). Die Qualität der Ausbildung leidet dann enorm, und letzendlich werden gewisse Zwangsmittel manchmal eigentlich nur deswegen angewendet, weil die zeit- und kräftemäßigen Kapazitäten bis an die Genzen ausgeschöpft werden, für anderes einfach nichts mehr übrig mehr bleibt, gerade die Leute, die sich viel engagieren, irgendwo auf der Stelle treten.
Leider ist es so, daß es heute sehr viele Menschen gibt, die lediglich ihre eigenen Vorteile suchen (nicht nur im Hundesport); diese tragen dann nur dazu bei, daß der Kuchen nicht größer, sondern immer kleiner wird. Einige wenige geben zumindest so viel zurück, wie sie vom Kuchen nehmen; das sind schon die Ausnahmen, aber das reicht immer noch nicht, um einen Verein und einen guten Übungsbetrieb am Laufen zu erhalten. Wichtig sind die Menschen, die mehr geben als sie nehmen, erst dann reichen die Kapazitäten wieder aus, um auch Anfänger auszubilden, ohne daß andere zu kurz kommen. Ein schwieriger Balanceakt, der leider nur in sehr wenigen Vereinen gelingt. Meiner Meinung nach kann ein "normalgroßer" Hundeverein max. einen wirklichen Neuzugang im SchH-Bereich pro Jahr verkraften (und der muß eigentlich schon zu den wenigen Individuen gehören, die mehr geben wollen als nehmen, sonst sieht es für die nächsten Neuzugänge schon wieder schlecht aus in Bezug auf den Kuchen).
Wie gesagt, ein wirkliches Problem für SchH-Anfänger bzw. solche, die es werden wollen... Die Vereine, die Mitglieder suchen (und deswegen oft Erziehungskurse anbieten) liegen qualitativ selten auf einem hohen Level, und die Vereine, die auf einem höheren Level liegen, suchen nicht händeringend Mitglieder und bieten somit auch keine Kurse an.
: Wenn sich sieben Hundehalter einfach auf einer Wiese versammeln und zu trainieren beginnen, ist innerhalb weniger Wochen der Teufel los - hier in unserem schönen, geordneten Deutschland. In meiner zweiten Heimat Ungarn könnte man das machen, aber hier? Woher bekommt man ein geeignetes Gelände? Damit beginnen doch die Schwierigkeiten schon. Deshalb werden so wenig neue Vereine gegründet.
Pfffffft, teilweise ist das schon richtig, aber es ist nicht unmöglich, einen Verein zu gründen und ein Grundstück zu finden. Viel häufiger scheitert das am Engagement der Mitglieder bzw. zukünftigen Mitglieder. Ein Verein, der sein Grundstück wechseln muß, steht vor den gleichen, wenn nicht sogar noch größeren Problemen (weil bereits vohandene Mitglieder große Ansprüche stellen bzw. sich gar nicht verändern wollen, dieser Aspekt fällt bei einer Neugründung ja völlig weg). Du merkst erst, wenn's an das "Eingemachte" geht, wer bei jedem Arbeitseinsatz zur Stelle ist und wer nicht, da lernst Du Dir bekannte Menschen von einer völlig anderen Seite kennen.... Wie gesagt, unmöglich ist es nicht, ich kenne alleine 3 Vereine, die es in den letzten 3 Jahren geschafft haben, sich auf die Füße zu stellen und auch passabele Grundstücke zu finden. Und unser Verein hat sogar ein Grundstück gefunden, welches viermal so groß ist wie das alte... Aber es macht halt Mühe, dafür könntest Du glatt ein eigenes Haus bauen!
: Warum, frage ich, ist es nicht möglich, Hundesportvereine in verschiedene Sparten aufzuteilen und jede dieser Sparten zu verselbständigen? Schließlich koexistieren auch in vielen Menschensportvereinen so unterschiedliche Disziplinen wie Fußball, Boxen, Leichtathletik und Schach. Und da wäre ein Hundeverein nicht in der Lage, Basiserziehung, Welpenschule, Agility und Schutzhundtraining unter einen Hut zu bringen?
Das ist sehr schwierig. Hast Du Dir die Vereinsführung solcher großen Vereine mit verschiedenen Abteilungen mal angesehen? Dort findest Du sehr selten Aktive in den Vorstandsämtern, das ist keine vereinsführung, sondern Management im großen Stil. Zum anderen behindern sich die Interessen der einzelnen Abteilungen nicht gegenseitig, wie das im Hundesport oftmals der Fall ist. Z.B. sind die SchH-Sportler eines Vereines darauf angewiesen, daß Wiesen, Wälder und Felder rund um den Übungsplatz als Auslaufgelände "geschont" werden, weil sie als Fährtengelände genutzt werden und man nicht unnötigen Ärger mit dem Jagdpächter und den Landwirten heraufbeschwören will. Für die "Erziehungskurs-Liga" ist die Übungsstunde oder gar Welpenspielgruppe aber mehr sozialer Treffpunkt, Zeitvertreib, das "Endziel", und oftmals entwickelt sich daraus ein "Rudel-Gassigehen" nach dem Training, von dem weder Jagdpächter noch Landwirte begeistert sind, und das die SchH-Sportler, wohlwissen, was daraus entsteht, mit zusammengebissenen Lippen betrachten. Und glaube ja nicht, daß Du in solchen Situationen auf den gesunden Menschenverstand der Einzelnen zählen kannst... ("Ich darf überall mit meinem Hund gehen, Jagdpächter XYZ hat mir gar nix vorzuschreiben" usw.)! Alles schon erlebt, nicht einmal, sondern mehrfach, einige Vereine standen deshalb schon fast vor dem "Aus". Und dann hast Du noch die generellen Interessenskonflikte in der Richtung, daß der alteingefleischte SchH-Sportler THS lächerlich findet und der Agility-Sportler SchH auf Prinzip als Tierquälerei betrachtet.... Welcher normal denkende Mensch will sich denn da noch freiwillig zwischen den Fronten als Vorstand zerfleischen lassen? Ist doch alles nur Hobby und auch die Vorstandsmitglieder wollen doch eigentlich nur in Ruhe und Harmonie mit ihrem Hund üben.
Wie gesagt, es ist schwer, einen neuen Verein zu gründen, aber nicht unmöglich. Allerdings wollten alle neuen Vereine, die ich kenne, verschiedene Sparten im Hundesport anbieten, aber keiner von denen hat das wirklich durchgezogen. Ich habe Hochachtung vor Vereinen, die mehr als zweigleisig fahren (z.B. zu THS und SchH noch Agility und/oder Basisausbildung) und bei denen das länger als ein paar wenige Jahre gut geht. Die haben Vorsitzende mit viel Zeit, einem breiten Rücken, Nerven wie Drahtseilen und geschicktem Management (warscheinlich könnten die genauso gut das Amt des Bundeskanzlers übernehmen).
Viele Grüße
Antje
P.S. Aus welcher Gegend kommst Du eigentlich?