Schutzhundevereine Teil II :: Hundesport & Freizeit mit Hund

Schutzhundevereine Teil II

von Merlino(YCH) am 18. September 2000 19:31

hallo,Sören!


: hast recht, wer in einen Verein geht und "erwartet" (dieses Wort hast Du 2 Mal benutzt), der ist in einer Hundeschule sicherlich besser aufgehoben. Bei einem Verein kann man nicht "erwarten" sondern muß auch etwas einbringen, das hält diesen Verein dann nämlich am Leben. Wenn man selber, als Vereinsmitglied, jenen Verein nach Kräften unterstützt (nicht unbedingt in der Ausbildung, sondern bei Arbeitsdiensten, in der Kantine oder bei Veranstaltungen), dann schlägt einem auch der "Idealismus" der Ausbilder entgegen, die (für Dich offensichtlich völlig unverständlicherweise) einem Hobby nachgehen, das sie Geld KOSTET, obwohl sie mit ihrem Wissen genausogut Geld VERDIENEN könnten.

ich glaub, jetzt haben wir uns mißverstanden....
diese von mir zitierte Erwartungshaltung ist etwas, mit dem AUCH ich ständig konfrontiert werde! die Leute beschweren sich bei mir, daß gute Ausbilder Geld verlangen, was ich übrigens auch korrekt finde.
wir schicken Leute auf Hundeplätze, damit sie dort Unterordnung lernen und die kommen empört wieder und sagen, daß man für individuelle Behandlung Geld bezahlen muß.
Natürlich gibt es noch Ausbilder mit Idealismus, aber wie du woanders gesagt hast, gibt es da eine 2-Klassengesellschaft.

: Aber das scheint ja wohl eine weit verbreitete Meinung zu sein, das ehrenamtliche Arbeit nichts Wert ist und nur teure Dienstleistung gute Dienstleistung ist...

lieber Sören,
ich war selbst mit meinem 1.Hund in einer Hundeschule, nicht gerade billig, aber ich habe sehr viel gelernt.
und bevor du mir vorwirfst, ich hätte was gegens Ehrenamt: ich arbeite ca. 30-40 h pro Woche, oft noch mehr, ehrenamtlich mit Hunden! in der Zeit könnte auch ich Geld verdienen anstatt dafür noch viel Geld auszugeben.
aber es nervt mich gewaltig, wenn wir als Rettungshundestaffel von manchen Leuten als BILLIGE HUNDESCHULE mißbraucht werden. und es kommt viel zu oft vor, und ist jedesmal eine Attacke gegen den Idealismus und für den Frust....

ich finde schon, daß Leute, die nur die Dienstleistung Hundeerziehung in Anspruch nehmen und sich NICHT an sonstigen Aktivitäten beteiligen, auch dafür bezahlen können. ich finde es einfach unverschämt , daß Leute einfach die Fähigkeiten anderer Leute, um ihren Hund auszubilden, ohne Gegenleistung in Anspruch nehmen wollen.

Grüße
Merlino

von Attila(YCH) am 18. September 2000 19:37

Hallo Merlino,

zunächst einmal möchte ich Dir herzlich für Deinen Literaturtip danken, den Du mir vor ein paar Wochen gabst: Thomas Baumanns Buch "Neue Wege der Polizeihundausbildung" habe ich inzwischen gelesen und namentlich über Begriffe wie "Trieb", "Schärfe", "Wesen", die ich vor der Lektüre auch eher unkritisch verwandte, eine Menge gelernt. Und da wären wir ja gleich beim Thema, denn auch Baumann empfiehlt, und zwar bei Diensthunden, einen anderen Ausbildungsweg als die üblichen Zwangsmethoden. Aber es ist seltsam, daß in allen bekannteren Veröffentlichungen die Zwangsausbildung weitgehend abgelehnt wird (von einem gewissen Maß an Meidezwang abgesehen), die Realität der Hundeplätze aber ganz anders aussieht. Darf man aus diesem Umstand schließen, daß jene Leute, die in verantwortlicher Stelle - nämlich an der Basis - Hunde ausbilden, es nicht für nötig halten, sich mit neueren Ansätzen vertraut zu machen - vielleicht sogar einmal ein Buch zu lesen, auch wenn's schwerfällt?

: Ich denke, daran krankt auch das ganze System: wer einen guten Ausbilder erwartet, der sich regelmäßig fortbildet, muß auch dementsprechend bezahlen.

Ich hätte nichts dagegen, für ein Wissen, das ein fähiger und erfahrener Hundetrainer in vielen Jahren erworben hat und das er an mich weitergibt, auch gutes Geld zu bezahlen. Wo aber finde ich solche Ausbilder? In durchschnitlichen Vereinen ja wohl nicht - wo also dann?

: Viele Leute gehen auf Hundeplätze, bezahlen ihre 5.-DM, wenn überhaupt und erwarten, einen Ausbilder vorzufinden, der individuell auf ihren Hund eingeht.
: Wo findet man denn heutzutage noch soviel Idealismus? Und dann der Frust, daß einige Hundehalter zu dumm sind, das umzusetzen, was man ihnen zum 100. Mal erzählt. Das alles für Nichts?

Schon richtig. Aber irgendeine Motivation muß doch dahinterstecken, wenn Ausbilder wie der von mir beschriebene drei- bis viermal pro Woche auf dem Platz stehen und die besagten Zwangsmethoden vertreten und umsetzen. Mit seinen eigenen Hunden gehen diese Leute ja nicht anders um. Irgendeinen "Idealismus" haben sie also - oder gefällt es ihnen einfach, Menschen und Tiere zu kommandieren und sie marschieren zu lassen wie Soldaten? Oder warum stecken sie sonst soviel Zeit in die Arbeit mit Hunden? Irgendetwas stimmt da doch nicht!

Mit Grüßen, Attila

von Merlino(YCH) am 18. September 2000 19:59

hallo, Attila!

: zunächst einmal möchte ich Dir herzlich für Deinen Literaturtip danken, den Du mir vor ein paar Wochen gabst: Thomas Baumanns Buch "Neue Wege der Polizeihundausbildung" habe ich inzwischen gelesen und namentlich über Begriffe wie "Trieb", "Schärfe", "Wesen", die ich vor der Lektüre auch eher unkritisch verwandte, eine Menge gelernt.

ich war vor 2 Wochen bei ihm am Wochenende auf einem Triebförderungsseminar für Rettungshunde und ich hab wieder viel gelernt.einfach klasse!
ich habe gerade sein neues Buch,druckfrisch, in der Hand:
.... damit wir uns verstehen. ich hab es noch nicht ganz durchgearbeitet, aber es scheint mir das beste Hundebuch zu sein, was ich je in den Händen hatte. Und ich habe fast alle gelesen.



:Und da wären wir ja gleich beim Thema, denn auch Baumann empfiehlt, und zwar bei Diensthunden, einen anderen Ausbildungsweg als die üblichen Zwangsmethoden. Aber es ist seltsam, daß in allen bekannteren Veröffentlichungen die Zwangsausbildung weitgehend abgelehnt wird (von einem gewissen Maß an Meidezwang abgesehen), die Realität der Hundeplätze aber ganz anders aussieht. Darf man aus diesem Umstand schließen, daß jene Leute, die in verantwortlicher Stelle - nämlich an der Basis - Hunde ausbilden, es nicht für nötig halten, sich mit neueren Ansätzen vertraut zu machen - vielleicht sogar einmal ein Buch zu lesen, auch wenn's schwerfällt?

leider dauert es überall etwas länger, bis neue Erkenntnisse an die Basis gelangen. da heißt es nur: das haben wir schon immer so gemacht, und es ist richtig so! auch E. Lind wird doch von vielen als neumodischer Kram abgelehnt.
und gar noch ein Buch lesen, um Himmels willen!!!
als wir damals als Autodidakten mit Agility anfingen, war ich die einzige, die die Hobday-Bücher gelesen hat. den anderen war es einfach zu anstrengend. Das Lind-Video wurde gerade noch mal angesehen, das Buch natürlich nicht gelesen. und auch wenn ich meinen Leuten mal Bücher empfehle, bekomme ich manchmal die absurdesten Argumente dagegen und Ausreden zu hören.
also mach ich es so, daß die Leute das Buch in die Hand gedrückt bekommen mit der Auflage, in ca. 2 Monaten ein ausführliches Referat darüber zu halten und hinterher diskutieren wir darüber. klappt hervorragend!
aber wenn der Chef natürlich selber nichts von Büchern hält....

:
: Ich hätte nichts dagegen, für ein Wissen, das ein fähiger und erfahrener Hundetrainer in vielen Jahren erworben hat und das er an mich weitergibt, auch gutes Geld zu bezahlen. Wo aber finde ich solche Ausbilder? In durchschnitlichen Vereinen ja wohl nicht - wo also dann?


hier in Sachsen bei Baumann, z.b. du hast Recht, es ist wirklich schwer.
hier im Forum gibt es doch einige Leute, die den Eindruck machen, in einem guten Verein zu sein...

:
: Schon richtig. Aber irgendeine Motivation muß doch dahinterstecken, wenn Ausbilder wie der von mir beschriebene drei- bis viermal pro Woche auf dem Platz stehen und die besagten Zwangsmethoden vertreten und umsetzen. Mit seinen eigenen Hunden gehen diese Leute ja nicht anders um. Irgendeinen "Idealismus" haben sie also - oder gefällt es ihnen einfach, Menschen und Tiere zu kommandieren und sie marschieren zu lassen wie Soldaten? Oder warum stecken sie sonst soviel Zeit in die Arbeit mit Hunden? Irgendetwas stimmt da doch nicht!

die meisten dieser Ausbilder, die ich kannte, waren zu Hause die wahren Pantoffelhelden und beruflich ziemliche Versager. aber auf dem Platz waren sie die Helden!
die ziehen daraus ihr Selbstwertgefühl!

viele Grüße
Merlino

von Attila(YCH) am 18. September 2000 19:53

Hallo Andreas,

ich bin mit meinen Erfahrung also wenigstens nicht allein. Aber was tun? Weitersuchen? Eine private Initiative gründen? Weiter selbst ausbilden (wie bisher auch), gelegentlich angeregt durch Bücher und Videos?

Das mit den Boxen habe ich immer genauso wahrgenommen. Sie hätten ja vielleicht noch Sinn, damit jeder Hund einzeln auf den Platz geführt werden kann; aber als bequeme Möglichkeit, seinen Hund für ein paar Stunden loszuwerden, um mit den "Sportkameraden" zu bechern, das zeugt nicht von Hundeliebe. Mein Hund ist überall dabei und soll auch überall dabeisein. Wo man ihn nicht sehen möchte, wird man auch auf meine Anwesenheit verzichten müssen; so einfach ist das.

: Das Erstaunlichste bleibt bei all den Dingen, die Mensch sich mit Hund einfallen läßt, wie vieles letztere doch erdulden. Da kann jeder größere Hund mit Leichtigkeit die Hand durchbeissen, die ihn schlägt-und tut es nicht, versucht vielmehr den, der ihn anschreit und schlägt, noch zu beruhigen und zu beschwichtigen. Ich glaube bisweilen, wenige Hunde können sich so schlecht benehmen, wie es ihre Halter oft tun.

Tja, Samstag hat sich nun ein Hund mal gewehrt. Deswegen bin ich auch so schnell vom Vereinsgelände verschwunden, sonst wird mein Schäferhund noch eingeschläfert. Er ist ein sehr freundlicher Hund und läßt sich von jedem Kind streicheln, aber daß er sich diese unnötige Brutalität nicht hat gefallen lassen, das hat mir schon imponiert.

Mit Grüßen, Attila

von Inge + BC(YCH) am 18. September 2000 20:09

Hallo Sören,

ich schließe mich Attilas Meinung an. Darüber hinaus noch ein paar Anmerkungen:

: Und Du meinst ein kommerzieller Hundeausbilder oder Tierarzt könnte das besser???

Was die Ausbildung angeht: Nee, bestimmt nicht. Da ist die Güte des Ausbilders nämlich nicht davon abhängig, ober er kommerzieller, ehrenamtlicher oder tierärztlich vorgebildeter Ausbilder ist, sondern davon, ob er/sie sich in Theorie und Praxis mit den neuesten Erkenntnissen der Ethologie und den sich daraus ergebenden Erziehungsmethoden vertraut gemacht hat und ständig weiterbildet.

Was den Wesenstest angeht: wenigstens bei Tierärzten darf man davon ausgehen, daß sie es sehr wohl in Ordnung finden, wenn sich ein Hund auch von Fremden streicheln läßt (schon im Eigeninteresse...) und nicht wie die von Attila beschriebenen Ausbilder es unmöglich finden, daß sich sein Hund einfach anfassen ließ.

: Ist sicherlich auch nachvollziehbar, denn diese "Hundeführerschein-Anwärter" bringen dem Verein nichts. Sie kommen nicht zum Arbeitsdienst, interessieren sich nicht für den Verein, selten für Hundeausbildung an sich und teilen nicht die Begeisterung, die viele Hundesportler für ihr Hobby empfinden. Sie sind für den Verein nur eine Geldquelle...Das dann natürlich bei den Ausbildern, die diese Gruppe häufig noch ehrenamtlich betreuen kein großer Ehrgeiz oder Enthusiasmus aufkommt ist sicherlich ebenfalls nachvollziehbar.

Nein, ist für mich NICHT nachvollziehbar. Aus zwei Gründen:

1. man kann doch Hundehalter nur für den Hundesport begeistern und für den Verein gewinnen, wenn man schon im Vorfeld (Welpengruppen, Hundeführerschein) eine so optimale Betreuung anbietet, daß sich der Hundehalter im Verein wohlfühlt und Lust bekommt, Hundesport zu betreiben. (Geht natürlich nur, wenn man außer SchH auch noch anderes anbietet, sonst ist es für Dackel & Co. logischerweise uninteressant; reine Gebrauchshundvereine, für die Agility u.ä. eh nur Pipifax ist, sind daher sowieso nicht empfehlenswert)

2. wer grundsätzlich Hunde mag, wird sein Möglichstes tun, um möglichst vielen Hunden einen guten Start ins Leben zu ermöglichen, indem er/sie die Hunde (und vor allem deren Halter) gut ausbildet, den Haltern zeigt, wie sie vernünftig und richtig mit ihren Hunden umzugehen haben. Nach dem Schneeballprinzip erreicht man so auch immer mehr wohlerzogene Hunde, die das Bild des Hundes allgemein in der Bevölkerung verbessern - ein Ziel, das jedem wahren Hundefreund am Herzen liegen sollte.

: Die Realität sieht dann folgendermaßen aus:
: Der Verein hat eine 2-Klassen-Struktur. Die guten Ausbilder kümmern sich um die Mitglieder, die Leute die arbeiten wollen und nicht auf dem Platz sind weil es irgendeine LHV so vorschreibt. Die Ausbilder-Anwärter (oder wie immer man sie nenne will) betreuen die Hundeführerschein-Gruppen.

DIESE Vereine sollen mir auch nicht damit kommen, daß sie Hunde wirklich mögen! DIESE Vereine sind nichts weiter als Sammelbecken profilneurotischer Egoisten, die ihr mangelndes Selbstbewußtsein mit kuschenden Hunden und glänzenden Pokalen aufwerten wollen, für die nur ein Gebrauchshund ein wahrer Hund ist, alle anderen Vierbeiner höchstens als Tierfutter taugen - kurz, es sind die Vereine, die ich bis zum Erbrechen kennengelernt habe! Von Tierliebe im Sinne von Achtung vor der Kreatur ist bei denen nichts, aber auch gar nichts zu spüren!!!

Im übrigen kommen nicht nur Halter in die Hundeschulen, weil sie wegen irgendeiner LHV den Hundeführerschein oder die BH machen MÜSSEN; diese LHV sind ja noch sehr neu. Nein, die meisten kommen, weil sie ihrem Hund Benimm und gutes Sozialverhalten beibringen WOLLEN - und ich finde es eine Unverschämtheit, diese Menschen nur als Dukaten-Esel zu behandeln!

Das Wichtigste in der Hundeausbildung spielt sich in den ersten Lebensmonaten eines Hundes ab: in der Prägephase. Was hier versäumt oder schlecht gehandhabt wurde, ist fast nicht mehr auszubügeln. Daher müßten gerade die Welpen- und Junghundekursen von den BESTEN Ausbildern, die der Verein überhaupt zu bieten hat, geleitet werden!!!

: Und wie sieht es nun in meinem Verein aus?? Ich behaupte mal wir bilden gut aus... kann man aus der Ferne sicherlich nicht kontrollieren, nehmen wir aber einfach mal an... Wir sind soweit, das wir NUR Leute aufnehmen, die arbeiten wollen, zur Begleithundeprüfung und drüber hinaus.

AH JA - und wer macht die so wichtige Basisarbeit? Seit Ihr Euch dafür zu schade??? Auch wer keine BH anstrebt (und erst recht nichts darüber hinaus) sollte einen wohlerzogenen Hund haben. Und in dem Moment, wo er für genau dieses Ziel etwas bezahlt - egal wieviel - hat er das Recht, eine gute Anleitung für die Ausbildung seines Hundes zu erhalten. Sonst ist es in meinen Augen Betrug!!!

Grüße Inge

von Merlino(YCH) am 18. September 2000 20:00

:von jedem Kind streicheln, aber daß er sich diese unnötige Brutalität nicht hat gefallen lassen, das hat mir schon imponiert.

Attila, dein Hund hat Charakter :-)

Gruß
Merlino

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