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Korrektur oder Lob?

geschrieben von (YCH) 
Korrektur oder Lob?
20. September 2000 09:06

Hallo Gaby und alle

Der nachfolgende Text bezieht sich auf Gaby's Text unter "Schutzhundevereine Teil II".

:Ich stelle allerdings weiterhin provokant die Frage in den Raum:

:Was ist so schlimm an einen Leinenruck oder einem harten bzw. lauterem Wort in der Ausbildung? Geht mal netterweise davon aus, daß ich weder Stachelhalsband noch Brüllen dabei mit einbeziehe....

:Nur mit Bitte, Bitte ist es nicht getan - ich muß dem Hund den Unterschied zwischen erwünschtem und unerwünschtem Verhalten erst einmal zeigen - ich arbeite zwar daran, aber mein Hund kann meiner verbalen Argumentation nicht immer folgen....Also kommt ein "Nein", wenn er von der Fährte abweicht oder ein Klaps auf den Po, wenn er bei "Sitz" sich nicht hinsetzt. Genauso kommt ein Ruck an der Leine, wenn er bei der Unterordnung träumt und geradeaus weitergeht, obwohl ich rechts abgebogen bin. Natürlich kommt auf diese negative Einwirkung ein Lob, sobald er sein Verhalten korrigiert.

Ich habe mir fast vier Wochen lang die Auswirkung eines im VORNEHEREIN Aufmuntern im Vergleich zu IM NACHHINEIN korrigieren angesehen. Der Unterschied ist verblüffend.

Die Hunde lernen so eindeutig, Ablenkungen mit einer erhöhten Aufmerksamkeit zum Führer zu quittieren. Sie sind dadurch sehr stabil an Prüfungen, hoch konzentriert.

Sportausbildung und Erziehung haben insofern etwas miteinander zu tun, dass die Rangfolge im Alltag klar und stabil sein muss.

Fast alle Korrekturen entspringen dem menschlichen Denk- und Erziehungsschema und haben nichts mit dem Verhalten von Wölfen untereinander zu tun, behaupte ich mal kess.

Man kann lernen, Fehler im vorneherein zu unterbinden. Hier einige ganz kleine Beispiele:

1. Beispiel:
Der junge Hund läuft mässig interessiert "bei Fuss".

Korrektur durch Leinenruck. Der Hund verspannt sich, er geht u.U. korrekter, aber auch gedämpfter. Er wird gelobt, entspannt sich wieder und läuft fast garantiert wieder etwas unaufmerksamer nach kurzer Zeit. Dies wiederholt sich zigmal, bis der Hund in die gewünschte Lage hineinkorrigiert wurde.

Motivation durch Loben: Die Aufmerksamkeit wird durch den HF gefördert, gezielt werden einfache Ablenkungen angesteuert und VORAB die Aufmerksamkeit des Hundes auf den HF bewusst erhöht (meist stimmlich), damit die Übung nicht unterbrochen wird. Jegliche freiwillige Annäherung des Hundes ans Wunschziel wird stimmlich positiv quittiert. Der Hund lernt: Ablenkung = Führer beobachten = Erfolg. (Ist eine schweissteibende Arbeit für den HF, aber wunderschön.)

2. Beispiel:
Der Hund streift den Sprung (aus welchem Grund auch immer).

Der Hund wird nochmals über den Sprung geschickt, diesmal mit härterem Sprungkommando. Der Hund verspannt sich, vielleicht springt er korrekt, vielleicht nicht. Das LANDEN wird dann wieder gelobt. Die Sprunghöhe war aber das Problem, nicht das Landen.

Man macht mit dem Hund eine kurze Aufmerksamkeitsübung und wiederholt dann den Sprung mit evtl. positiverem Sprungkommando als normal. Das Landen wird nicht spezieller gelobt als sonst auch (also teils gar nicht).

3. Beispiel:
Der Hund ist fast prüfungsreif, man trägt wegen Regenwetter weite Regenhosen und schwere Gummistiefel zum 1. Mal. Der Hund geht etwas auf Distanz, die Leine korrigiert ihn in die gewünschte Position während dem Laufen. Der Hund ist näher, verspannt sich aber, verliert an Schwung, die Ohren legen sich an. Er wird wieder gelobt und entspannt sich. Die nächste Übung mit weiten Hosen wird kaum erfreulicher anfangen als die 1.

Der Hund wird während des Laufens gelobt, weil er die Hosen leicht meidet. Das gibt ihm Sicherheit, er kommt freiwillig näher, hat eine positive Erfahrung mehr mit etwas Neuem. Das Vertrauen in den Führer wächst, die 2. Übung wird besser ausfallen als die 1.

Wer sich und seiner Einstellung einen Schubs gibt und diesem Ablauf eine Chance, wird den Erfolg selber sehen. Korrekturen dienen fast ausschliesslich dem Stresabbau des HF, nicht der Optimierung des Hundes.

Das gilt für Fährte und UO auf jeden Fall. Bei Schutzdienst habe ich es nur in Teisequenzen selbst ausprobiert, aber auch da mit dem gewünschten Erfolg. Stabile Leistungen an Prüfungen, Vertrauen auch in neuen Situationen etc.

Es ist eng verwandt mit der Verstärkung des "Keep going" vom Clickern.

Stress ist immer leistungsmindernd und Korrekturen erzeugen genau das. Ich glaube es war Daniel Schwizgebel, Schweiz, der dies in Tests bewies anhand von Übersprungs- und Meideverhalten bei korrigierender Ausbildung.

Das hat absolut nichts mit antiautoritär zu tun, sondern mit: Jedes Ding hat seinen Platz. Und Autorität (Führung) entsteht nicht auf dem Platz, dort wird sie nur bewiesen yawning smiley))).

Ganz-ernste-beherrsche-Dich-selbst-Grüsse
Rosi

20. September 2000 09:31


:
: Ich habe mir fast vier Wochen lang die Auswirkung eines im VORNEHEREIN Aufmuntern im Vergleich zu IM NACHHINEIN korrigieren angesehen. Der Unterschied ist verblüffend.
:
:

Hallo Rosi,

entschuldige bitte, ich bin davon ausgegangen, daß man mich auch richtig verstehen will. Korrektur hat nichts mit positivem Aufmuntern zu tun - Du unterstellst mir damit doch indirekt, daß ich nur korrigiere und es nicht erst andersherum versuche, oder?

Also, noch mal von vorne: Ich zerre meinen Hund nicht mittels Leinenrucken über den Platz, sondern setze diese Korrekturen erst dann ein, wenn es nötig ist. Mein Hund ist mittlerweile 6 Jahre alt und hat bereits mehrere Prüfungen erfolgreich bestanden.

Und damit es hier keiner überliest: Ich schrieb bereits, daß mein Hund mit erhobener, wedelnder Rute in der Unterordnung läuft - sieht ja echt aus, als hätte ich ihn zur Unterordnung geprügelt.....;-(((

Liebe Rosi, das Eine schließt nun mal das Andere nicht aus- es gibt Hunde, bei denen erreichst Du das Ausbildungsziel ausschließlich über Motivation - aber auch Du mußt eingestehen, daß es bei Hunde wie bei Menschen unterschiedliche Persönlichkeiten gibt.

In einer vernünftigen Ausbildung, die dem Hund und dem Halter gerecht wird, muß aber beides möglich sein: die Motivation und die Korrektur und ich persönlich kann einfach nicht verstehen, was an einem Ruck an der Leine so verwerflich sein soll.

Mein Hund hat bestimmt schon tausendmal Sitz gemacht und kennt das Wort ebenso wie die gewünschte Reaktion, die von ihm erwartet wird.

Ich stelle Dir jetzt mal die Frage, wie Du meinen Hund positiv ins Sitz motivieren willst, wenn auf der anderen Straßenseite gerade sein Todfeind (hat ihn zweimal angegriffen) vorbeikommt und er dementsprechend abgelenkt ist.

Auf die Antwort bin ich jetzt wirklich gespannt, denn vielleicht ist Deine Lösung effektiver als mein übliches "hartes" Sitz und evtl. Leinenruck....

Damit wir uns aber nicht falsch verstehen: Ein junger Hund sollte weitgehend positiv angeregt werden, er soll lernen, daß bei Fuß gehen etwas Schönes ist und er gut aufpassen muß, was Herrchen/Frauchen gerade macht - es könnte Leckerchen geben oder auf einmal ein Ball erscheinen...Das dies der richtige Weg ist, darin sind wir uns, denke ich, einig.
Was ich bezweifele, ist, daß es bei jedem Hund völlig ohne Korrekturen, wie Du es nennst, geht - und ein kurzes Ziepen an der Leine oder ein lauter gesprochenes Kommando, das er kennt, sollte keinen Hund verderben.


Gruß, Gaby

20. September 2000 10:10

Hallo Gaby

Um Himmels willen *schniff*. Ich missverstehe Dich wirklich nicht. Es ist eine Alternative, um die Leistungen IM SPORT noch mehr zu verbessern. Hock Dich mal ruhig hin und überleg: WANN lobst DU? WANN korrigierst Du? Clickern und seine "Derivate" sind optimal, weil sie die eigentliche Tat loben.

Ist per Schrift wirklich wie immer schlecht rüberzubringen. Wenn man nicht zuschauen kann.

: Du unterstellst mir damit doch indirekt, daß ich nur korrigiere und es nicht erst andersherum versuche, oder?

nö, ich unterstelle Dir gar nix - sonst würde ich das Schreiben. Es war wirklich NUR REIN ein Vorschlag, das mal zu probieren. Zu Deinem Beispiel mit der Unaufmerksamkeit während der Wende würde das bedeuten: Kurz vor der Wende anfangen aufzumuntern, sauber durch die Wende zu "loben", dann Klappe halten beim Geradeausgehen - regelmässig, bis es klappt und immer wieder mal zwischendurch. Du machst (wie viele) die Korrektur für Unaufmerksamkeit. Die ist nicht tragisch, die kostet Dich einfach Exaktheit und Erfolg.

:Mein Hund ist mittlerweile 6 Jahre alt und hat bereits mehrere Prüfungen erfolgreich bestanden.

Glaub' ich Dir aufs Wort, ich fahre Dir wirklich nicht in die Seite. Mein Vorschlag wäre ja an Hau-Ruck-Leute sowieso absolut verschwendet.

: Liebe Rosi, das Eine schließt nun mal das Andere nicht aus- es gibt Hunde, bei denen erreichst Du das Ausbildungsziel ausschließlich über Motivation - aber auch Du mußt eingestehen, daß es bei Hunde wie bei Menschen unterschiedliche Persönlichkeiten gibt.

Ich wette, Du hast noch nie gesehen, wovon ich spreche, weil das kaum jemand macht. Davon bin ich fast schon absolut überzeugt. Sobald der Hund einen gewissen Ausbildungsstand hat, korrigieren nämlich auch die überzeugtesten Motivierer.

: In einer vernünftigen Ausbildung, die dem Hund und dem Halter gerecht wird, muß aber beides möglich sein: die Motivation und die Korrektur und ich persönlich kann einfach nicht verstehen, was an einem Ruck an der Leine so verwerflich sein soll.

Ich verwerfe gar nix, ich zeige nur eine Probier-Möglichkeit auf, die sich lohnt. Wie willst Du im vornerein beurteilen, was Du noch nie gemacht hast? Der Leinenruck IN DER SPORTAUSBILDUNG ist in dieser Form einfach fast immer hinderlich, nichts schlimmeres.

: Mein Hund hat bestimmt schon tausendmal Sitz gemacht und kennt das Wort ebenso wie die gewünschte Reaktion, die von ihm erwartet wird.

DAS ist der Unterschied. Mein Ziel ist es - sportlich - dass der Hund sitz machen WILL. Ich verlange es nicht. Ich bringe ihn dazu, dass er es immer will. Das geht z.B. bei meiner Hündin für 15 Minuten UO am Stück ohne irgendwelches Lob/Spiel Korrektur an Prüfungen. Die kontrollierte Erwartungshaltung ist so tief vorhanden und ihr Glauben an die Erreichung ihres Ziels, dem Spiel. Ist aber bewahre nicht der einzige Hund, den ich kennenlernte, der das hinkriegt.

: Ich stelle Dir jetzt mal die Frage, wie Du meinen Hund positiv ins Sitz motivieren willst, wenn auf der anderen Straßenseite gerade sein Todfeind (hat ihn zweimal angegriffen) vorbeikommt und er dementsprechend abgelenkt ist.

Du verwechselst da was. Ich sprach von Hundesport. Auf dem Sportplatz kriegst Du das über Gewöhnung hin, aber dafür muss der Rüde weiter weg sein. Hier hast Du den Vorteil, dass die motivierte, gut sitzende "Unterordnung" dem Hund enorm hilft.

Privat gibt es für dieses Problem allerdings sehr wohl Lösungen, aber die erreicht man nur mit Situationstraining. Nicht mit Konfrontation in höchster Erregung.

Wenn ich mich hingegen in solchen privaten Situationen durchsetzen will (und kann), dann kann ich auch laut "Du" sagen und der Hund hört wieder auf mich. Dann kann ich ganz normal Sitz sagen. (Zudem ist Verharren an Ort in solchen Situationen das Schwierigste, das es gibt.) ABER es ist NICHT Hundesport. Im Hundesport lasse ich den Hund auch in eine Wand laufen oder in andere Hunde, wenn es sein muss, um es zu beweisen...... - aber damit schade ich dem Vertrauen des Hundes in mich.

Wenn Du Deinen Hund an seinem Todfeind im Hundesport vorbeikriegst und er schaut DICH an, dann verstehst Du, wie tief überlegte Motivation und Vertrauen gehen können. Denn das Nichtreagieren auf den Hund und die Fixierung auf Dich heissen u.a. absolutes Vertrauen in Dich in schwierigen Situationen.

: Auf die Antwort bin ich jetzt wirklich gespannt, denn vielleicht ist Deine Lösung effektiver als mein übliches "hartes" Sitz und evtl. Leinenruck....

Gegenfrage: Was ist Dein Ziel? Hast Du damit was geändert? Guck doch mal in die Clicker-Diskussion "Fallbeispiel aggressiver Rüde".

In der Beziehung ist mein Hund wohl keine Ausnahme. Sie hört zwar auf Sitz, Leinenruck, aber sie ändert ihr Verhalten nicht. Und genau da will ich ja hin. In eine Verhaltensänderung in solchen Situationen.

: er soll lernen, daß bei Fuß gehen etwas Schönes ist und er gut aufpassen muß, was Herrchen/Frauchen gerade macht

Streiche das MUSS auf der Hundeseite und Du ersparst Dir einige Umwege. Du MUSST es hinkriegen, dass er WILL yawning smiley)))).

: Was ich bezweifele, ist, daß es bei jedem Hund völlig ohne Korrekturen, wie Du es nennst, geht - und ein kurzes Ziepen an der Leine oder ein lauter gesprochenes Kommando, das er kennt, sollte keinen Hund verderben.

Ich bin eigentlich der Meinung Gaby, dass Du auf einem sehr hohen Niveau arbeitest. Wenn Du Lust hast, versuche mal eine Weile in bekannten knifflichen Übungssituationen vorher positiv per Stimme einzuwirken anstelle des Wartens auf den Fehler mit Korrektur.

Überzeug' Dich selbst, das ist nicht meine Aufgabe und kann es nicht sein. Ich kann hier labern bis zum Umfallen yawning smiley))) - auch wenn ich bereits sitze, durchaus möglich, wenn auch unwahrscheinlich.

Hätte ich nicht den Vorteil des "selber Erlebens", keine Ahnung, ob ich sowas glauben würde. Und, es ist ein Optimierungsvorschlag, kein Angriff auf "Deinen" Leinenruck. Er behindert Dich allerdings mehr als Dir bewusst ist, davon bin ich überzeugt.

Wenn Du Leinenruck etc. arbeitest, muss die Korrektur kommen, knapp bevor er erwartungsgemäss unaufmerksam wird, dann bist Du als Mensch etwa zeitgleich mit seiner "Fehlhandlung". Dann hilft es etwas besser.

Wie schrieb jemand, ich glaube es war John Fisher: Früher war es Zuckerbrot und Peitsche, heute Lob und Tadel. An der Grundeinstellung hat sich nichts geändert, nur an den Auswirkungen.

Motivation im Hundesport ist lustbetonte, knallharte Selbstkontrolle und hat mit antiautoritär soviel zu tun wie der Fisch mit dem Fahrrad. (Falls mir das jetzt jemand vorwerfen will.)

Hand aufs Herz und schwör: Ich halte Dich nicht für eine altbackene Haur-Ruck-Sportlerin, garantiert nicht!!

Ich tippe nur immer so angestrengt konzentriert, dass die Kollegen hier immer fragen, ob ich den Bildschirm ermorden will yawning smiley)))).

Nix-Mord-Grüsse
Rosi


20. September 2000 11:25

Hi Rosi,

na, wenn Du mir tatsächlich glaubst, daß ich Hunde ausbilden kann, ohne sie zu vergewaltigen, bin ich schon fast wieder versöhnt.

Mit dem Sport magst Du recht haben - würde der Todfeind auf dem Platz stehen, könnte ich dort Ringelreihen um dieses Viecherl laufen und mein Hund würde nicht mal schauen - ich bin viel interessanter und er weiß aus Erfahrung, daß jederzeit irgendwas Neues kommen kann, wenn wir zwei arbeiten - eine Wendung, ein Ball, ein Sitz o.ä.

Ich neige allerdings dazu, meinen Hund "draußen" ein wenig "freier" zu lassen - denn auch Jan Ulrich rast auf einer privaten Fahrradtour nicht wie in einem Wettkampf, oder?

Ich dulde allerdings nicht, daß er andere Hunde anmacht - wenn das einer macht, dann der Chef und der bin immer noch ich (glaube ich jedenfalls).... Solche Situationen kannst Du nicht positiv unterlegen, wenn Gefahr drohen kann, da kommt es darauf an, daß der Hund in jedem Fall "im Gehorsam" steht, wie es so schön heißt. Ich will schließlich nicht, daß der Andere Wurst aus meinem Hund macht.

Ich muß dazu auch erwähnen, daß ich einen sehr "starken" Rüden habe, er ist absolut nicht zu vergleichen mit seiner Halbschwester, die ich ebenfalls ausgebildet habe. Bei ihm muß ich gelegentlich mal richtig "draufhauen", aber bitte um Himmels Willen nicht wörtlich nehmen!!!

Bei der Schwester ging es fast nur mit positiver Motivation, Rucken und Rumschnauzen brachten da gar nichts. Ich kann mich erinnern, sogar "Bitte" zu ihr gesagt zu haben...;-))

Es ist also nicht so, daß ich Deine Methode nicht verstehe oder noch nie angewendet habe, nur habe ich bei den Hunden, mit denen ich bisher gearbeitet habe (ich bin auch Ausbilder im Augsburger Modell meines Vereines), festgestellt, daß Du nicht bei allen Hunden die gleiche Methode anwenden kannst und jeder Hund unterschiedlich zart besaitet ist. Allerdings versuche ich immer erst mal die sanfteste Methode und steigere entweder den Druck oder das Lob, je nach Hund. Sobald ich merke, worauf der Hund am besten reagiert, behalte ich dieses Stadium bei.

Platz ist für mich z.B. ein absolutes Druck-Kommando, da ist es mir persönlich ziemlich wurscht, ob der Hund Platz machen will - denn unter Umständen kann sein Leben davon abhängen, wenn er z.B. einem Karnickel hinterher Richtung Autobahn läuft (was schonmal passiert ist).
Da zeige ich dem jungen Hund erstmal, was Platz überhaupt heißt - kennt jeder, dem jungen Hund am Boden das Leckerchen wegziehen, bis er sich hinlegt, um dranzukommen, also ohne Druck. Dann Leckerchen weglassen bzw. erst hinterher geben, dann auf Spaziergängen "Platz" rufen, zum Hund hin und loben etc, später einwirken, wenn Hund auf dieses Wort nicht in jeder Situation reagiert usw.

Mein Fazit aus dem Hundesport ist, kurz gesagt: Soviel Lob wie irgendwie möglich, dem Hund das Gefühl geben, das Unterordnung was gaaaanz Tolles ist - und wenn ich denn mal einwirken muß, weil positive Kondition nicht das gewünschte Ergebnis bringt, sofort den "Druck" aufheben.

Das sieht bei mir so aus: Fuß, geradeaus, rechts - Hund hängt nach, kein Lob. Weiterlaufen, rechts, im gleichen Moment Ruck an der Leine, Kommando Fuß, Hund reagiert, indem er enger bei mir läuft - SOFORT loben!!! Weiter laufen, wieder rechts, ohne Leinenruck läuft Hund mit - loben, loben, loben oder ein Bällchen werfen....Erwähnen muß ich natürlich auch, daß ich dabei viel zu meinem Hund "brabbele", ihn also aufmerksam halte und auch kurz vor Richtungswendungen irgendwas sage (hört sich meist so an wie feine Maus oder Schnalzen oder weiß der Geier was). Das Ergebnis läßt sich, wie gesagt, sehen, er läuft eine unwahrscheinlich freudige, temperamentvolle Unterordnung. Hängt wahrscheinlich auch damit zusammen, daß ich niemals mit meinem Hund arbeite, wenn ich mies drauf bin - wenn ich auf den Platz gehe, dann bin ich ausgeglichen, motiviert und habe mir vorher Gedanken gemacht, wie ich arbeiten will.
Ganz wichtig ist, wenn der Hund alles richtig macht, die Unterordnung früh aufhören und spielen - und jede Übung erst dann beenden, wenn er sie richtig macht, also bei Sitz auch sitzt etc.

Die ersten Lebensmonate meines Hundes habe ich die Unterordnung spielerisch geübt - ein paar Schritte bei Fuß, dann kam der Ball - Sitz und Leckerchen usw. Irgendwann stand mein Hund so hoch im Trieb, daß er fast auf zwei Beinen neben mir her hüpfte, so toll fand er das alles....Und das wurde dann im Laufe der Zeit immer weiter ausgebaut und es kam mit zunehmenden Alter auch die eine oder andere Korrektur.
Mitllerweile ist er soweit, daß er alles kann - er will bloß manchmal nicht und spielt den Clown und da bekommt er dann Einwirkung, denn ich bestimme, wann gespielt wird - sozusagen. Als ich mit "Steh" angefangen habe, habe ich jeglichen Druck weggelassen und bei dieser sensiblen Übung ist die größte Korrektur sowieso, daß kein Lob kommt.

Du darfst aber auch nicht vergessen, daß auf einer Prüfung nicht soviel gelobt wird wie im Training und der Führer selbst meistens noch tierisch nervös ist - wenn dann plötzlich kein Lob mehr kommt, wo sonst immer was kam, verunsichert das den Hund, also muß ich auch im Training mal bewußt nichts sagen, damit mein Hund auf der Prüfung nicht völlig perplex ist.

Die Hunde, die im Augsburger Modell in meiner Gruppe sind, schaue ich mir auch erstmal genau an - wie reagieren Hund und Mensch aufeinander? Was wissen die Besitzer über ihren Hund? Wie läuft der Hund, ist er eingeschüchtert oder der "Stänkerkopp" der Gruppe? Danach instruiere ich die Leute, wie sie was machen sollen - und ich kann Dir gar nicht sagen, wie oft ich schon vorgebetet habe, sie sollen ihre Hunde loben und motivieren und nicht einfach neben sich her ziehen!

Viele machen anfangs den Fehler, die Leine straff zu halten, damit der Hund bei Fuß bleibt - wo soll der Hund merken, was sein Mensch von ihm eigentlich überhaupt will? Also, locken, loben, laufen, Hund aufmerksam machen, Leine locker lassen! Leinenruck erfolgt hier nur, indem die Leine plötzlich "zuende" ist - wenn Hund neben Mensch läuft, ist sie locker und er wird auch ganz viel gelobt - ist doch eigentlich was tolles.... Ein Hund, der hinterher-trottet, wird mit Leckerchen oder Ball in der Hand motiviert, enger zu laufen - zerre ich so einen Hund hinter mir her, wird der irgendwann gar nichts mehr machen, ist doch logisch....

Ich gehe mal davon aus, daß Du meinem Roman entnehmen kannst, daß ich sehr wohl die positive Motivation kenne und auch anwende - aber auch hier gilt halt, Du kannst nicht pauschalisieren. Es gibt Hunde, die wollen manchmal einfach ihren Kopf durchsetzen, obwohl sie wissen, was verlangt wird und Du als Rudelchef darfst das einfach nicht durchgehen lassen, sonst hast Du "verloren". Und, um es mal ganz deutlich zu sagen: Druck in jeglicher Form, also härtere Tonart oder Leinenruck, wirkt nur, wenn der Hund bereits weiß, was von ihm verlangt wird - Du kannst keinem Hund vernünftig "bei Fuß" beibringen, indem Du ihn über den Platz zerrst. Schade, daß Du mich nicht mal bei der Arbeit sehen kannst, denn die Körpersprache meines Hunde verrät bestimmt viel über die Qualität der Ausbildung - und ich denke, daß wir so unterschiedlich gar nicht arbeiten.

Grüße, Gaby

20. September 2000 11:46

Hallo Gaby!

: Liebe Rosi, das Eine schließt nun mal das Andere nicht aus- es gibt Hunde, bei denen erreichst Du das Ausbildungsziel ausschließlich über Motivation - aber auch Du mußt eingestehen, daß es bei Hunde wie bei Menschen unterschiedliche Persönlichkeiten gibt.

Klar gibt es die, aber einen etwas stureren Menschen "kriege" ich auch am besten über Motivation, nur muss ich mir bei dem vielleicht etwas mehr Gedanken machen, was ihn motiviert. Und da hat man es mit einem "Aufmerksamheitsruck" natürlich vordergründig leichter. Aber das Problem ist damit nicht gelöst.

....ich persönlich kann einfach nicht verstehen, was an einem Ruck an der Leine so verwerflich sein soll.

Dan frag mal ein paar Tierärzte zum Thema "Der Hund kam mit angeblichem Husten und dann stellte sich heraus, dass sein Halter der Leinenruckerfraktion angehörte". Möchtest Du aufmerksam gemacht werden, weil es Dir ansonsten am Hals ruckt? Wann paßt Du am liebsten im Unterricht auf (oder paßtest): Wenn es interessant war oder wenn die Lehrerin sagte "Gaby, verdammt, paß auf oder Du kriegst eine 6!"? Mit Androhung der Strafe paßt man vielleicht auf, aber lernen tut man deshalb auch nicht besser. Wenn ein Schüler etwas partout nicht in den Kopf kriegt, dann deshalb, weil es ihn nicht interessiert! Und es interessiert ihn deshalb nicht, weil es nicht interessant dargeboten wurde.

: Mein Hund hat bestimmt schon tausendmal Sitz gemacht und kennt das Wort ebenso wie die gewünschte Reaktion, die von ihm erwartet wird.

Wenn er es "kennt" und doch nicht macht, und das öfter, wäre ich mir nicht so sicher, ob er wirklich "weiß", was von ihm erwartet wird. Ich habe einen Rotti gesehen, der macht seit zwei Jahren Unterordnung und noch immer pufft ihm die Hundeführerin beim Platz aus der Bewegung zwischen die Schulterblätter. Der Hund hat gar nicht lernen können, dass Platz auch ohne Puffen geht.

: Damit wir uns aber nicht falsch verstehen: Ein junger Hund sollte weitgehend positiv angeregt werden, er soll lernen, daß bei Fuß gehen etwas Schönes ist und er gut aufpassen muß, was Herrchen/Frauchen gerade macht - es könnte Leckerchen geben oder auf einmal ein Ball erscheinen...Das dies der richtige Weg ist, darin sind wir uns, denke ich, einig.

Warum machst Du dann nicht weiter so? Ein Hund muss etwas doch nicht wirklich begriffen haben, nur weil er inzwischen älter ist.

: Was ich bezweifele, ist, daß es bei jedem Hund völlig ohne Korrekturen, wie Du es nennst, geht - und ein kurzes Ziepen an der Leine oder ein lauter gesprochenes Kommando, das er kennt, sollte keinen Hund verderben.

Verderben tut es ihn wohl nicht, weiterbringen aber auch nicht. Und das Kommando lauter zu geben ist nur dann sinnvoll, wenn der Hund ein Problem mit den Ohren hat. Mit Verstehen hat es nichts zu tun. Was macht denn ein stummer Hundeführer oder ein gehörloser Hund. Der eine kann nicht lauter werden, der andere würde es nicht hören. Und dann?!

Ciao, Franziska und die Hunde

20. September 2000 12:27

Hallo Frankziska,
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: Klar gibt es die, aber einen etwas stureren Menschen "kriege" ich auch am besten über Motivation, nur muss ich mir bei dem vielleicht etwas mehr Gedanken machen, was ihn motiviert. Und da hat man es mit einem "Aufmerksamheitsruck" natürlich vordergründig leichter. Aber das Problem ist damit nicht gelöst.

Wer sagt Dir, daß ich das Problem nur mit Leinenzerren zu lösen vermag? Lies meine Postings mal genauer durch!


: Dan frag mal ein paar Tierärzte zum Thema "Der Hund kam mit :angeblichem Husten und dann stellte sich heraus, dass sein Halter der :Leinenruckerfraktion angehörte".

Mein Hund hat keinen Husten und der Leinenruckerfraktion gehöre ich auch nicht an, ich besitze noch andere Fähigkeiten und setze sie sogar ein.


:Wann paßt Du am liebsten im Unterricht auf (oder paßtest): Wenn es :interessant war oder wenn die Lehrerin sagte "Gaby, verdammt, paß auf yawning smileyder Du kriegst eine 6!"? Mit Androhung der Strafe paßt man vielleicht :auf, aber lernen tut man deshalb auch nicht besser.

Einem Hund kann man im Gegensatz zu einem Menschen keine Strafe androhen, er kann nur Situationen miteinander verknüpfen. Ein Hund, der an der Leine zieht, verknüpft auch, daß lockere Leine angenehmer ist - kommt jetzt die Preisfrage, wie mache ich ihm begreiflich, daß an-der-Leine-ziehen die Ursache für seine Atemnot ist?

:Wenn ein Schüler etwas partout nicht in den Kopf kriegt, dann deshalb, :weil es ihn nicht interessiert! Und es interessiert ihn deshalb nicht, :weil es nicht interessant dargeboten wurde.

Woraus ziehst Du die Schlußfolgerung, daß Unterordnung für meinen Hund nicht interessant ist? Ich habe bereits zweimal geschrieben, daß mein Hund mit erhobener Rute und schwanzwedelnd in der Unterordnung läuft - dann muß es ja sehr uninteressant sein....


: : Mein Hund hat bestimmt schon tausendmal Sitz gemacht und kennt das :Wort ebenso wie die gewünschte Reaktion, die von ihm erwartet wird.
:
: Wenn er es "kennt" und doch nicht macht, und das öfter, wäre ich mir nicht so sicher, ob er wirklich "weiß", was von ihm erwartet wird.

Wer sagt Dir, daß er es nicht macht? Ich sagte, gelegentlich - heißt nicht öfter! Und dieses "gelegentlich" ist z.B. in der beschriebenen Situation, daß sein Todfeind auf der anderen Straßenseite langläuft - nochmal: bitte aufmerksamer lesen, was ich schreibe!


: Ich habe einen Rotti gesehen, der macht seit zwei Jahren Unterordnung :und noch immer pufft ihm die Hundeführerin beim Platz aus der Bewegung :zwischen die Schulterblätter. Der Hund hat gar nicht lernen können, :dass Platz auch ohne Puffen geht.

Diese Hundeführerin hat dann eindeutig was falsch gemacht. Ich habe nie behauptet, daß ich auf meinen Hund einwirke, ohne ihm vorher die Gelegenheit zu geben, es über positive Motivation richtig zu machen.
Ich muß meinem Hund erst mal zeigen, was Platz überhaupt ist - dazu muß ich ihm nicht auf dem Rücken kloppen, ich kann auch mit dem Finger auf den Boden zeigen...


: : Damit wir uns aber nicht falsch verstehen: Ein junger Hund sollte weitgehend positiv angeregt werden, er soll lernen, daß bei Fuß gehen etwas Schönes ist und er gut aufpassen muß, was Herrchen/Frauchen gerade macht - es könnte Leckerchen geben oder auf einmal ein Ball erscheinen...Das dies der richtige Weg ist, darin sind wir uns, denke ich, einig.
:
: Warum machst Du dann nicht weiter so? Ein Hund muss etwas doch nicht :wirklich begriffen haben, nur weil er inzwischen älter ist.

Wie kommst Du auf die Idee, daß ich nicht so weitermache?

Mein Hund hat glaube ich schon ganz gut begriffen, denn er hat mehrere Prüfungen erfolgreich abgelegt. Ich sag ja auch nicht, daß ich ständig an meinem Hund herumzerre und draufhaue, sondern daß es gelegentlich erforderlich sein kann, je nach Hund.


: Was ich bezweifele, ist, daß es bei jedem Hund völlig ohne Korrekturen, wie Du es nennst, geht - und ein kurzes Ziepen an der Leine oder ein lauter gesprochenes Kommando, das er kennt, sollte keinen Hund verderben.
:
: Verderben tut es ihn wohl nicht, weiterbringen aber auch nicht. Und :das Kommando lauter zu geben ist nur dann sinnvoll, wenn der Hund ein tongue sticking out smileyroblem mit den Ohren hat.

Dir dürfte bekannt sein, daß der Hund sehr wohl in der Lage ist, die Tonlage seines Menschen zu deuten - Du kannst ja auch mit der Stimme loben, oder? Ein schärferer Ton heißt dann das Gegenteil - Hunde bellen ja auch in unterschiedlichen Tonlagen (z.B. beim Spiel oder bei Aggressivität).

Ich kann meinen Hund ein dummes Vieh nennen, das in die Wurst gehört und er springt freudig an mir hoch - ich kann "hast Du gut gemacht" zu ihm sagen und er verzieht sich beleidigt in die Ecke. Kommt auf den Ton an, nicht auf die Worte!

Der Hund kennt von zuhause ja auch das empörte "Pfui", was ganz anders ausgesprochen wird als "Du Leckerchen" - die Tonlage und Tonfolge verknüpft er mit bestimmten Handlungen und Erfahrungen, nicht die Bedeutung des Wortes.

Traurig, daß ich das noch erklären muß - und ich würde Dich bitten, meine Postings mal genauer durchzulesen, dann merkst Du, daß ich kein Verfechter der Prügel-Methode bin - ich stehe lediglich dazu, daß ich es tatsächlich wage, in der Ausbildung auch mal zu schimpfen oder mit der Leine zu arbeiten. Stachel oder TT verurteile ich trotzdem, traurig ist nur, daß die Dinger frei erhältlich sind und jeder Idiot sich sowas zulegen kann.

Übrigens gibt es viele Richter, bei denen ein geduckter Hund bei der Unterordnung Punktabzug bedeutet - mein Ziel ist es, meinen Hund soweit zu bringen, daß er rein auf Worte schnell und zügig die Kommandos ausführt und das alles bitte freudig und voller Stolz auf unsere Zusammenarbeit.

Dieses Ziel habe ich erreicht und werde weiterhin daran arbeiten, daß das so bleibt. So verkehrt kann meine Ausbildung nicht sein, denn die Hunde, die ich bisher ausgebildet habe, laufen alle sehr freudig und eifrig - ist doch ein Beweiß dafür, daß sie mir vertrauen, oder?


Gaby