Fährten - Winkelprobleme
13. Oktober 2000 14:03

Hallo Fährten-Fachleute,

mein Hund überläuft regelmäßig die Winkel um eine Länge oder auch mehr. Wenn sie versucht, sich auf den neuen Schenkel zu suchen, wird sie oft hektisch und ihre Stöberneigung kommt dann durch. Zudem fehlt es ihr an Selbstbewußtsein, in den neuen Schenkel zu gehen, wenn sie nicht eine (unbewusste) Bestätigung von mir bekommt. Ich habe aber niemals hart auf den Hund eingewirkt.

Wir zerbrechen uns nun ziemlich die Köpfe - denn alle Hunde unserer Trainingsgruppe überlaufen recht häufig die Winkel, jeweils mit anderen Folgen, je nach ihrem Temperament und Suchverhalten. Aber irgendein Ausbildungsfehler muss doch dahinter stecken. Wir haben 3 FH2-Hunde, einen FH1-Hund und zwei sind noch nicht so weit. Die Hunde sind teils über "Tapper-Suche", teils über Beute-Trieb ausgebildet. Ich kann ja hier nicht alle Einzelheiten der Ausbildung aufzählen, aber habt ihr eine Idee, woher die Probleme kommen können? In welcher Richtung wir forschen müssen, um unseren Fehler zu entdecken?

Grübelnde Grüße
Sabine


13. Oktober 2000 15:44

Hallo Sabine,

ich hab keine Ahnung, wo der Fehler liegt, aber ich hatte das Problem auch mal.

Eine ganze Zeitlang habe ich dann Fährten mit Schlangenlinien und gedehnten Kurven gelegt, also teilweise einen richtigen Slalom. Allmählich wurden die Kurven dann wieder rechtwinkliger und der Hund folgte ohne Probleme dem Fährtenverlauf.
Die Hektik kommt wahrscheinlich von der eigenen Unsicherheit des Hundes.

Ziehst Du den Hund zurück bzw. läßt Du ihn in die Leine laufen? Vielleicht wartet er nur darauf?

Eine andere Möglichkeit ist auch, die erste gerade so kurz wie möglich zu halten, damit der Hund nicht meint, es müßte immer so weitergehen...;-))

Bei mir hats geklappt, vielleicht ist es einen Versuch wert?

Gruß, Gaby

13. Oktober 2000 16:29

Hallo Gaby,

danke für die schnelle Antwort.

: Eine ganze Zeitlang habe ich dann Fährten mit Schlangenlinien und gedehnten Kurven gelegt, also teilweise einen richtigen Slalom. Allmählich wurden die Kurven dann wieder rechtwinkliger und der Hund folgte ohne Probleme dem Fährtenverlauf.

Ich habe ihr die Winkel über Bogen beigebracht, das hat auch gut geklappt. Auch die Winkel waren eine zeitlang o.k., dann wurde es richtig schlecht (ich habe den Hund viel zu weit kreisen und dabei stöbern lassen), aber das konnten wir einigermaßen abstellen. Nur ist sie nach wie vor sehr unexakt am Winkel.

: Die Hektik kommt wahrscheinlich von der eigenen Unsicherheit des Hundes.

Nee, die Hektik hat sie eigentlich immer. Sie ist so ein Hund, der immer auf 180 läuft.

: Ziehst Du den Hund zurück bzw. läßt Du ihn in die Leine laufen? Vielleicht wartet er nur darauf?

Klar, das ist schon eines unserer Probleme. Einerseits muss ich verhindern, dass sie zu weit überschießt und dann ins Stöbern kommt, andererseits kann sie dann natürlich einfach geradeaus laufen, bis von mir das Signal kommt: Hey Mädel, da war was!

: Eine andere Möglichkeit ist auch, die erste gerade so kurz wie möglich zu halten, damit der Hund nicht meint, es müßte immer so weitergehen...;-))

Ich lege keine schematischen Fährten, habe schon Intensiv-Fährten gemacht, auch schon gleich vom Abgang weg einen Bogen oder Winkel (weil sie immer aus dem Abgang raushoppelt), aber letzlich macht alles den Hund noch unruhiger, wenn keine langen Geraden dazwischen sind.

Also versucht haben wir schon eine ganze Menge, mit mehr oder weniger Erfolg. Unser Problem, dass wir in der Trainingsgruppe haben, muss mehr grundsätzlicher Natur sein. Ausbildungsmäßig haben alle Hunde die Winkel gut gelernt, und prüfungsmäßig gelegte Winkel (bei Vereinsprüfungen) finden sie auch. Nur wenn wir im Training die Fährten selber legen und die Winkel nicht autobahnartig austrampeln, kommen die Schwierigkeiten.

Wenn wir uns die Hunde von Leuten anschauen, die z.B. erfolgreich auf deutsche Meisterschaften gehen, dann ist da einfach ein Unterschied, dass diese Hunde "wie von der Schnur gezogen" in den Winkel gehen, während unsere halt ein bis zwei Hundelängen zu spät merken, dass die Fährte weg ist.

Vielleicht fällt dir noch mehr dazu ein, wäre schön, denn irgendwie hakt's bei uns im Kopf im Moment.

Grüße, Sabine

14. Oktober 2000 12:41

Hallo,

grinning smileyie Hunde sind teils über "Tapper-Suche", teils über Beute-Trieb ausgebildet.

Was heisst "Tapper-Suche"? Ist das mit Würstli? Oder ist das mit Schleppfährte?

Ich habe mal gehört, dass Beutetrieb besser beim Revieren und beim Suchen mit hoher Nase gebraucht wird, aber weniger bei einer Fährte mit tiefer Nase, weil das Suchen ungenauer wird. Scheint noch einleuchtend zu sein.

Vielleicht würde es helfen, wenn du mal beschreiben würdest wie ihr die Winkel tretet?

Ich versuche mal zu beschreiben, wie wir das machen (oje...) :

Winkel nach rechts:

Also, du läufst geradeaus. Und dann mit dem rechten Fuss auf der gleichen Linie, wie wenn du weiterlaufen würdest drehst du 90 Grad nach rechts ab. Mit dem linken Fuss trittst du nur leicht verschoben daneben, so dass die Ferse des linken Fusses die Einbuchtung (zw. Ferse und Zehe) des Rechten Fusses berührt. (Es berühren sich nun beide Füsse der Länge nach). Dann läufst du normal weiter.

Dazu ist noch zu sagen, dass wir jeweils unter die Zehenspitze (nicht die Ferse) Würstli legen, solange der Hund im aufbau ist (aber auch später immer wieder). Würstli werden nur ganz langsam (!!!) abgebaut und falls der Hund vermehrt Fehler macht sofort wieder gelegt. Auch später wird immer wieder sporadisch Würstli gelegt (zum Bsp. Winkel auslegen, um sicherzustellen, dass der auch später noch genau abgesucht wird).

Beim Absuchen darf der Hund nicht weiter als 0.5 Meter über den Winkel hinausgelassen werden (so stehen bleiben, dass es keinen übermässigen Ruck gibt, aber der Hund nicht mehr weiterkann), aber der Winkel muss dann trotzdem selbständig abgesucht werden.

:Ich kann ja hier nicht alle Einzelheiten der Ausbildung aufzählen, aber habt ihr eine Idee, woher die Probleme kommen können? In welcher Richtung wir forschen müssen, um unseren Fehler zu entdecken?

Finde ich noch schwierig, wenn man nicht weiss, wie der Winkel aufgebaut wurde. Vielleicht würde es auch helfen, wieder vermehrt zum Ausgangspunkt zurückzugehen und neu aufbauen. den Hund möglichst wenig Fehler machen lassen, um Unsicherheiten zu vermeiden.

Viel Glück,
Jenny

15. Oktober 2000 09:42

Liebe Jenny,

eure Winkel legt ihr tatsächlich komplett anders. Wenn ich das richtig verstehe, dann sucht dein Hund jeden Fußabdruck von der Ferse bis zur Fußspitze entlang, pendelt dann mit dem Kopf zur anderen Seite, um den nächsten Fußabdruck abzusuchen. Wenn er zum Winkel (nach rechts) kommt, ist er also im linken Fußabdruck, sucht den ganz normal nach vorne ab, pendelt mit dem Kopf in den rechten Abdruck; der beginnt mit der Ferse genau an der erwarteten Stelle, zeigt aber nicht geradeaus, sondern 90 Grad nach rechts. Damit sucht der Hund in diesem Abdruck bereits in die neue Richtung, der nächste linke schließt sich sofort an, so dass der Hund quasi automatisch im linken Abdruck weitersucht, danach pendelt er wieder im gewohnten Rhythmus rechts-links-rechts. Das erscheint mir sehr logisch und hilfreich für den Hund zu sein. Wir werden das gleich heute Mittag ausprobieren. Wie reagieren die Hunde denn auf Winkel bei einer Prüfung, die ja wahrscheinlich anders getreten sind?

Noch eine Frage unabhängig von den Winkeln: Wie lang sind üblicherweise eure Schritte? Also wie groß der Abstand zwischen den einzelnen Fußabdrücken, der vom Hund überbrückt werden muss?

: Was heisst "Tapper-Suche"? Ist das mit Würstli? Oder ist das mit Schleppfährte?

Tapper-Suche ist mit Würstli o.ä., d.h. der Hund lernt, jeden Tapper = Fußabdruck abzusuchen, so wie ihr das macht. Die anderen Hunde haben bei Paul Kufner (kennst du seine Methode?) das Fährten gelernt, sie folgen eigentlich mehr der Spur in der Linie. Die Hunde suchen prinzipiell eher triebstark, und kämpfen sich auch unter schwierigsten Bedingungen eher durch.

: Ich habe mal gehört, dass Beutetrieb besser beim Revieren und beim Suchen mit hoher Nase gebraucht wird, aber weniger bei einer Fährte mit tiefer Nase, weil das Suchen ungenauer wird. Scheint noch einleuchtend zu sein.

Der Beutetrieb eignet sich bei meinem Hund deshalb besser, weil sie bei jeglichem Futter sofort in Stöbern übergeht, sobald sie Futtergeruch in die Nase bekommt. Auch stört es sie unheimlich im Fluss und in der Konzentration, wenn sie unterwegs Leckerli findet und aufnimmt. Aber ich frage mich mittlerweile schon, ob die Methode nicht zur Ungenauigkeit verleitet. Andererseits sind schon 'ne Menge Hunde so erfolgreich ausgebildet worden; eher machen wir wohl in der Umsetzung was falsch. Wir trainieren halt auch nur sehr sporadisch mit Paul (dieses Jahr z.B. gar nicht).

: Beim Absuchen darf der Hund nicht weiter als 0.5 Meter über den Winkel hinausgelassen werden (so stehen bleiben, dass es keinen übermässigen Ruck gibt, aber der Hund nicht mehr weiterkann), aber der Winkel muss dann trotzdem selbständig abgesucht werden.
: Den Hund möglichst wenig Fehler machen lassen, um Unsicherheiten zu vermeiden.

Mannomann, ist das schwierig, immer das richtige Gleichgewicht zwischen Einwirken und Machenlassen zu finden. Mein Hund ist ziemlich sensibel und kennt mich nun schon seit 8 Jahren, die kriegt einfach so viel von mir hinten mit, was ich ihr lieber nicht signalisieren würde.

Wenn wir ein paar Schritte zurück gehen in der Ausbildung, stellen wir immer wieder fest, dass die Hunde ganz "lummelig" und unkonzentriert suchen, wenn es zu leicht wird. Habt ihr dieses Problem nie?

Viele Grüße
Sabine

15. Oktober 2000 16:42

Hallo Sabine!

Das hört sich ja doch etwas komisch an, wenn ihr solche Profis,
die FH2 machen, in eurer Gruppe habt, die regelmäßig die Winkel
überschießen. Kann ich mir gar nicht so recht vorstellen.
Daß es ein Ausbildungsfehler ist, wenn es alle machen, würde ich
auch annehmen.
Grundsätzlich kenne ich das Problem von meiner Hündin, die auch extrem
empfindlich ist, wenn es um Korrekturen geht. Sie wird schon hektisch,
wenn ich die Leine nur kurz mal etwas fester halte.
Ich habe eine gewisse Zeit versucht ihr die Winkelarbeit über
Leinenkorrekturen beizubringen. Also Leine festhalten, wenn sie eben über den Winkel war. Hierdurch wurde es allerdings immer schlechter.
Irgendwann habe ich sie einfach in Ruhe gelassen. Also ich sage weder "pfui", wenn sie von der Fährte ist, noch lobe ich sie, wenn sie wieder drauf ist. Ich denke, der Hund weiß sowieso, ob er auf der Fährte ist oder nicht. Ich lasse dem Hund mit der Leine einen Spielraum von
ca. 2 - 3m. Kommt dann die Bestätigung regelmäßig nach dem Winkel, so
lernt der Hund, daß es sinnvoll ist, auch "nach Winkeln zu suchen",
weil es in seinem eigenen positiven Interesse ist.
Bei mir wurde es nach folgenden Änderungen bei der Arbeit besser:
- Beim Legen der Fährte habe ich extrem auf den Wind geachtet.
Also den Winkel immer weg vom Wind, damit der Hund diesen nicht schon
vorher in die Nase bekommt und abkürzt
- Bestätigungen grundsätzlich mit etwas besonderem kurz nach dem Winkel
Hierzu folgende Überlegungen:
1. Ist die Bestätigung zu weit vom Winkel, so wird der Hund die
Bestätigung nicht dem Winkel zuordnen, sondern dem Schenkel
2. Ist die Bestätigung ca. 50..100cm vom Winkel, so kann der H ebenfalls zum Abkürzen verleitet werden
3. Liegt die Bestätigung direkt im Winkel, so erhält der H die Bestätigung im Grunde noch bevor er den Winkel als solchen erkannt und ausgearbeitet hat.
Weiterhin wird er genau im Zeitpunkt, zu dem er den Winkel ausarbeiten
muß, durch die Futteraufnahme abgelenkt.
Aus obigen Überlegungen denke ich, es ist optimal, wenn die Bestätigung
im nächsten oder übernächsten Schritt nach dem Winkel kommt!

Wichtig ist auch noch wie der Winkel von Dir gelegt wird. Einleuchtend ist für mich die Legeart nach Dildei, also der Winkel wird jeweils mit
dem inneren Fuß begonnen!
Dies ist natürlich besonders interessant, wenn der Hund gelernt hat jeden Fußabdruck abzusuchen.

Mal nebenbei: was ist "Tapper-Suche"?

Empfehlen kann ich Dir auch die Homepage von meinem Kollegen Lothar,
der die Fährtenhundausbildung komplett beschreibt.
Ich werde mal Deine Frage sinngemäß in meiner Homepage im Bereich
Fährte als Standartproblem beschreiben. Auf meiner Homepage im Bereich
Links findest Du auch ein Link auf die "Fährtenhundseite"

Gruß

Wolfgang


: Hallo Fährten-Fachleute,
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: mein Hund überläuft regelmäßig die Winkel um eine Länge oder auch mehr. Wenn sie versucht, sich auf den neuen Schenkel zu suchen, wird sie oft hektisch und ihre Stöberneigung kommt dann durch. Zudem fehlt es ihr an Selbstbewußtsein, in den neuen Schenkel zu gehen, wenn sie nicht eine (unbewusste) Bestätigung von mir bekommt. Ich habe aber niemals hart auf den Hund eingewirkt.
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: Wir zerbrechen uns nun ziemlich die Köpfe - denn alle Hunde unserer Trainingsgruppe überlaufen recht häufig die Winkel, jeweils mit anderen Folgen, je nach ihrem Temperament und Suchverhalten. Aber irgendein Ausbildungsfehler muss doch dahinter stecken. Wir haben 3 FH2-Hunde, einen FH1-Hund und zwei sind noch nicht so weit. Die Hunde sind teils über "Tapper-Suche", teils über Beute-Trieb ausgebildet. Ich kann ja hier nicht alle Einzelheiten der Ausbildung aufzählen, aber habt ihr eine Idee, woher die Probleme kommen können? In welcher Richtung wir forschen müssen, um unseren Fehler zu entdecken?
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: Grübelnde Grüße
: Sabine
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