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Hundesport & Freizeit mit Hund

Hundesport ist eine schöne Möglichkeit, seinen Hund körperlich und geistig auszulasten und zu beschäftigen. Die Sportarten sind sehr vielfältig, egal ob Agility, Dogdance, Turnierhundesport oder Flyball. Hier ist die Rubrik für alle Hundesportler und wer sich noch nicht sicher ist, welcher Sport für ihn geeignet ist, findet alle Sportarten im Überblick 
Der Hund - ein Kinderersatz
31. Dezember 2002 11:12

Hallo Elke,

naja, was Du da beschreibst, sind alles erlernte Verhaltensweisen. Da hat ein Tier ein Ziel und versucht verschiedenes, um es zu erreichen. Eine Verhaltensweise hat Erfolg und wird deshalb in Zukunft in ähnlichen Situationen wieder gezeigt. Das sieht für uns Menschen im Endergebnis dann wie "lügen"/"täuschen" aus, hat aber de facto nichts damit zu tun, zumindest nicht, wenn wir von "Lügen" im menschlichen Sinne reden. Ich als Mensch kann zu jemandem sagen "Schau mal dort!" und gleichzeitig in die Ferne zeigen, der Angesprochene guckt in die gezeigte Richtung und derweil schnappe ich mir das, was er gerade auf dem Teller hatte. Diese Verhaltensweise ist mir nicht angeboren, und ich habe eine derartige Situation auch noch nie zuvor erlebt. Trotzdem kann ich als als Mensch SOFORT eine solche Verhaltensweise zeigen, weil ich im Kopf sozusagen virtuell Probehandeln konnte, in meiner Phantasie das ganze schon mal ausprobieren konnte (Ich stellte mir vor: "Was macht er jetzt, wenn ich xy sage, welche Folgen hat das für mich usw."winking smiley.
Tiere dagegen (außer Primaten) können NICHT virtuell probehandeln (zumindest nicht, soweit wir wissen), und daher können sie auch nicht "lügen". Ein Hund lebt nur in seiner aktuellen Gegenwart. Er kann sich nicht vorstellen "was wäre, wenn". Genau eine solche Vorstellung müßte er aber aufbauen, um zu "lügen" (er müßte sich denken können, was wäre wenn er dies und jenes täte). Was wir beobachten ist nichtsdestotrotz sehr beeindruckend - aber es sind eben keine "bewußten" Täuschungsmanöver. Am Beispiel meines Hundes: Wir hatten bis zu ihrem Tod oft eine nette Rauhhaardackeline zur Pflege bei uns. Beide Hunde hatten denselben Lieblingsliegeplatz. Zusammen dort liegen ging zwar auch, war aber nur auf Initiative der Dackelfrau zu machen. Wenn also Liegeplatz von Dackel besetzt traute sich Meine nicht mehr, sich dazu zu legen, geschweige denn, den Dackel zu vertreiben. Sie will aber gerne dorthin, schleicht auch drum herum - um eines Tages heftig kläffend zur Tür zu sprinten, als ob draußen die spannenste Sache der Welt abginge. Korry (der Dackel) sofort auf und bellend hinterher, während Leika an der Tür Theater macht. Beide kläffen ne Minute zusammen die Luft vor der Türe an, anschließend bricht Leika abrupt ab, wendet sich um und trabt flott auf die Decke, wo sie sich niederläßt. Habe ich mehrmals beobachtet, war zum Schießen. Trotzdem hat mein Hund dabei sicher nicht gedacht "Was mach ich nur, was mach ich nur, um Korry da runter zu bekommen" sondern vielmehr einiges versucht - wahrscheinlich hat sie beim ersten Mal tatsächlich was draußen verbellt (Schneemänner, Schatten, alles schon dagewesen), hat dabei Korrys Reaktion erlebt (und vor allem, daß die Decke freiwurde und sie sich legen konnte = positive Verstärkung) und, da sie ziemlich clever ist und schnell verknüpft, daß dann nochmals versucht und wieder Erfolg gehabt (wie beim Clickern, wenn sie nochmal eine Verhaltensweise zeigt, weil sie schon mal Erfolg damit hatte). Dabei muß sie keine Sekunde darüber nachgedacht haben "Was tut Korry, wenn ich kläffend zur Tür renne" - sie muß nicht im Kopf Probehandeln und braucht auch keine Phantasie. Sie muß "nur" korrekt verknüpfen. Jeder Mensch (und wohl auch die meisten Schimpansen usw.) hätten das auf Anhieb hinbekommen, ohne Try and Error. Verstehst Du den Unterschied?
Allerdings gibt es in der Tat in anderen Zusammhängen Beobachtungen an freilebenden Rabenvögeln, die erstaunliche Startegien ohne Versuch und Irrtum in ihnen völlig neuen Situationen auf Anhieb, ohne Versuch und Irrtum zeigen. Das ist planendes Verhalten, virtuelles Probehandeln (wie der Affe, der Kisten aufstapelt, um an eine von der Decke hängende Banane zu kommen). Insofern steckt vielleicht doch mehr in den Viechern, als wir glauben... aber bei Hunden wurde sowas meines Wissens noch nie beschrieben.

Liebe Grüße
josh

02. Januar 2003 10:17

Hi Josh

Soweit ich weiß, muß aber auch der Mensch dieses virtuelle Probehandeln in seiner Entwicklung erlernen. Kleinkinder z.b. lernen sehr wohl nach dem Prinzip Versuch/Irrtum. Erst ab einem gewissen Alter kommt die Fähigkeit zu abstrahieren dazu. Ich gebe allerdings zu, ich hab keine Ahnung, wieweit erforscht ist, ob unsere Fähigkeit zu abstrahieren nicht darauf aufbaut, daß wir bereits erlebte Situationen auf neue Situationen umlegen und so auf geeignete Lösungen kommen.

Das können Hunde allerdings mit Sicherheit - sonst müßte ich meinen Hütehunden ja in jeder neuen Geländebeschaffenheit neu beibringen, wie sie agieren müssen. Dem ist aber nicht so - wenn sie mal das Prinzip begriffen haben, sind sie in der Lage das neuen Begebenheiten anzupassen - ohne Versuch und Irrtum und das müßte doch irgendwie ein Voraussehen der Konsequenzen des eigenen Handelns beinhalten - oder. Auch die Ausbildung eines Hundes setzt doch in gewisser Weise eine Fähigkeit voraus, Erlerntes in fremde Situationen einzubeziehen.
Ich will ja gar nicht behaupten, daß Tiere die Fähigkeit virtuell vorauszudenken in demselben Umfang haben, wie Primaten, aber die Umsetzung - ich belle, weil da draußen was ist, und habe einen unbeabsichtigten Erfolg, also belle ich, als ob da draußen was wäre, um diesen Erfolg wieder zu haben - setzt doch voraus, daß der Hund 1. weiß, welchen (zukünftigen) Erfolg er erreichen will und 2. umsetzen kann, was er dafür wie tun muß (denn das übliche "ich belle, weil mir danach ist" bringt diesen Erfolg nicht). D. h. auch wenn der Hund nur korrekt verknüpft dürfte er doch eine konkrete Vorstellung haben, was er damit erreichen will (sie steht auf, wenn ich belle, ich will, daß sie aufsteht, also belle ich) und wie er vorgehen muß, sobald sich der erwartete Erfolg einstellt, denn keiner meiner Wuffs hat auch nur eine Sekunde weitergekläfft, wenn der andere ankam und mitmachen wollte, sondern sich ohne Zögern das gekrallt, worums ihm ging - und das ist planen eines zukünftigen Erfolges.
Bzgl. des Versuchs mit den Schimpansen und Kisten - wenn ich mich nicht irre ist dafür aber Voraussetzung, daß der Schimpanse irgendwann die Erfahrung gemacht hat, daß er die Kiste oder einen ählichen Gegenstand überhaupt bewegen kann - das Klettern passiert dann instinktiv. Die Leistung besteht im Positionieren der Kiste.
Interessant wäre ob ein Primate in der Lage wäre, eine Banane, die in einer Erdgrube unter einer Glasplatte liegt, sodaß er buddeln muß, um ranzukommen (keine natürliche Verhaltensweise eines Primaten), auch ohne Versuch und Irrtum zu kriegen.
Abgesehen davon zermartere ich mir gerade das Hirn, wie ein vergleichbarer Versuch mit einem Tier, das aufgrund seiner anatomischen Gegebenheiten nicht in der Lage ist Gegenstände zu stapeln, aussehen müßte.
Bei dem "Versuch" Futter unter Eimer kam ich im Laufe der Jahre bei unterschiedlichen Hunden und Pferden auf recht verschiedene Ergebnisse. Von "interessiert mich nicht" von Anfang an oder nach einigen Fehlversuchen, über rumprobieren bis zum Zufallserfolg bis zu einigen Fällen von anfänglicher Verwirrtheit und zielsicherem Umwerfen des Eimers war alles vertreten. Wobei eigenartigerweise viel mehr Pferde als Hunde auf Anhieb die richtige Lösung hatten (hängt vmtl. auch mit den unterschiedlichen körperl. Voraussetzungen zusammen).

Liebe Grüße

Elke


03. Januar 2003 21:35

Hi Elke,
ich glaube, das Problem liegt darin, genau zu definieren, was man denn nun unter "virtuell probehandeln" versteht. Affen können das meines Wissens z.B. nur innerhalb ihrer aktuellen Antriebslage, d.h. der "steck zwei Stabstücke zusammen, um an die Banane zu kommen"-Versuch (der im wesentlichen dem berühmten Kistenstapeln entspricht, z.B. was die kognitiven Abläufe im Affenhirn angeht) kann vom Affen nur bearbeitet werden, wenn er Appetit auf die Banane hat. Ist er satt, ist es ihm schlichtweg total egal.- Menschen dagegen veranstalten Hamsterkäufe im Supermarkt, obwohl sie aktuell vollkommen satt sind oder nehmen Getränke auf Bergtouren mit, obwohl sie gerade keinen Durst haben - sie stellen sich vor, wie es wäre, Durst zu haben und sorgen vor, versetzen sich sozusagen virtuell in eine andere als die aktuelle Trieblage. Das können Affen nicht. Sehr wohl aber können sie allem Anschein nach in der aktuellen Trieblage virtuell probehandeln, d.h. sich die Gegebenheiten und ihr Ziel vor Augen halten und dann in ihrer Phantasie die Dinge so arrangieren, bis es paßt - und das dann ausführen. Auch, wenn sie vorher NICHT damit rumprobieren durften (soll heißen am obiges Beispiel: Der Affe hat zwar schon mal einen Stab zusammengesteckt, und er weiß, daß Bananen lecker sind, aber er hat beides in Kombi noch nie gesehen und löst das Prob. trotzdem auf Anhieb).
Die Hunde, die "spannendes Ding draußen, komm schnell" "vortäuschen" haben zwar ein Ziel (auf der Decke liegen), aber sie planen nicht. Sie müssen sich nicht verschiedene Arrangements von Decke/Dackel/sich selbst vorstellen, um ihr aktuelles Triebziel (Decke liegen) zu verwirklichen - stattdessen rufen sie eine im Hirn "fest verdrahtete" (aufgrund früherer Erfolge fest verdrahtete) Erinnerung wach, die besagt "Bei Ziel "Decke liegen" und "Decke schon besetzt" "renn kläffend zur Tür"winking smiley. Der Affe dagegen hat mit den Versatzstücken "Banane haben" und "zwei Stabstücke" im Hirn (NICHT durch testen im real life) solange rumgespielt, bis er auf die richtige Lösung kam. Da ist nichts "fest verdrahtet" (außer, er hat öfters auf diese Art und Weise Erfolg beim Lösen dieses Problems, dann automatisiert sich das Verhalten = wird fest verdrahtet).

Daß menschliche Kinder das erst lernen müssen ist vollkommen richtig - aber viele unsere Fähigkeiten sind zwar im Erbgut angelegt, werden aber erst an einem bestimmten Zeitpunkt der Entwicklung "ausgepackt"; beim Menschen wie bei allen anderen Säugern auch (denk nur an Sehen/Hören/Pubertät). Das gilt, denke ich, für geistige wie für körperliche Merkmale (Fähigkeiten).

Soweit die Theorie (und soweit ich mich damit auskenne, nicht wirklich gut...) - das mit dem Eimer habe ich ähnlich beobachtet. Ich glaube, Pferde kommen damit besser klar, weil sie einfach mehr Erfahrung mit Eimern haben (jedes Pferd kennt Kübel, aber noch lange nicht jeder Hund)?!

Liebe Grüße
josh

07. Januar 2003 12:01

Bravo Conny,

Hätte ich nicht besser sagen können. Sprichst mir voll aus der Seele.

Gruss,

Sally