Grüß dich Sabine,
vorweg, ich besitze einen Voll-Mischling (man kann keine eindeutigen Rassen mehr erkennen), einen nicht ganz Pudel (guckt aus wie ein Pudel, verhält sich wie ein Pudel, Mutter und Vater waren jedoch Mischlinge) sowie zwei Border Collie mit Papieren.
Lange Jahre war ich gegen jegliche Rassehundezucht, weil mir das so unsinnig erscheint. Kaum ein Mensch, der sich einen bestimmten Rassehund anschafft, BRAUCHT wirklich genau so einen Hund mit den rassebedingten Eigenschaften. Jagdhunde ohne Jagdzwecke, Hütehunde ohne Hütezweck, Schlittenhunde ohne Schlitten. Warum gerade der Hund und nicht ein armer Wurm aus dem Tierheim? Die meisten dieser Leute haben an ihrem Rassewurm im ersten Jahr viel mehr verbockt als ein Hund aus dem Tierheim überhaupt an Fehlern haben kann. Warum nicht eine arme Kreatur, die keiner mehr will? Warum muss es ein Stammbaumtier mit Standard sein, warum eine Wesensechtheit, die kaum ein Mensch braucht? Mir war es nicht begreiflich!
Doch man lernt dazu. Für viele Züchter ist es wie ein Hobby, Erhaltung der Rasse. Verbesserung des Standards. Ausmerzen von Krankheiten, jedoch gibt es dann Trittbrettzüchter, die genau das Gegenteil erwirken und nur Geld verdienen wollen. Die Schattenseite.
So, und nun habe ich zwei Border Collies, obwohl ich nicht hüte. Wie kam es dazu? Meine Einstellung begann sich zu ändern, als Freunde von uns einen Bauernhof mieteten und sich überlegten, einen Hund anzuschaffen. Nicht weiter ungewöhnlich, doch beide hatten nie ein Interesse an Hunden. Kamen wir zu Besuch, hieß es, wir könnten den Hund mitbringen, aber ... das Aber führte dazu, dass wir dann doch lieber ohne Hund ankamen. Nun, kurz gesagt, diese beiden suchten wirklich intensiv zwei Jahre lang, bis die Rasseentscheidung stand, die richtige Hündin für den Wurf gefunden war und endlich ein weiblicher Berner Sennen Welpe einziehen konnte. Unsere Freunden gingen auf Ausstellungen, besuchten Züchter und ... entschlossen sich schließlich, einen Hund ohne Papiere zu nehmen, weil sie keinen Hund aus einer "molligen Schlaftablettenzucht" haben wollten
. Was soll ich sagen, unsere Freunde machten mit dem Hund den perfekten Match! Durch intensive Information über Haltung und Erziehung bekamen sie genau das, was sie wollten. Obwohl sie wussten, dass ich skeptisch war, holten sie sich immer wieder Rat bei mir, wenn Fragen auftauchten und ließen sich diesen durch den Kopf gehen. Das war der erste Schritt dazu, für bestimmte Menschen die Rassehundezucht als notwendig anzusehen. Ein von mir angebotener Labradormischling, den ich gerade zur Vermittlung in Pflege hatte, wurde von unseren Freunden genau angesehen, doch sie nahmen ihn nicht. Damals verstand ich es nicht, akzeptierte es aber, heute ist mir das völlig klar.
Zurück zu dem Beispiel mit deinem Hund. Ein Cross Berner Senne und Goldie, die Frage ist, wozu. Vielleicht gibt es sechs Babys, wenn du eines behältst und der Rüdenbesitzer auch eines, bleiben vier übrig. Findest du vier Menschen, die sich keinen anderen Hund als genau einen aus der Verbindung anschaffen würden, hättest du eine Berechtigung zu züchten. Doch ist dem wirklich so? Gehen wir mal davon aus, dass von diesen vier Familien zwei von irgendwoher einen anderen Mischlings- oder Rassewelpen holen und die anderen zwei einen aus dem Tierheim. Nimmst du damit nicht zwei armen Tierheimhunden eine Chance? Vor allem, weil das Angebot in Tierheimen und bei Rescuegruppen im Moment ja besonders umfangreich ist.
Natürlich gilt für die Rassehundezucht dasselbe, doch dort ist es nun mal eher der Fall, dass Menschen nur auf eine Rasse erpicht sind. Für mich kam ja aufgrund von Hundesport nur mehr ein Border Collie in Frage, für den ersten beschränkte ich mich auch noch nur auf diesen einen Züchter.
Für mich selber kommt die Zucht nicht in Frage, obwohl ich gerne zum Erhalt dieser Rasse beitragen würde. Gerne würde ich sehen, wie das Wesen meiner Hunde in deren Kindern erhalten bleibt, doch ich fühle mich nicht in der Lage, meine Hand für fremde Menschen ins Feuer zu legen, die von mir einen Welpen bekommen. Ich möchte nicht für die Folgen einer falschen Auswahl verantwortlich sein. Dazu sehe ich zu viel falsche Hundehaltung, wo ich es vorher nicht gedacht habe.
Ergo, Mischlingszucht würde ich nur unter ganz bestimmten Voraussetzungen gutheißen, Rassehundezucht sehe ich im Allgemeinen (!) auch vorerst kritisch. Gutheißen würde ich einen Züchter, der parallel eine rassebedingte Rescue betreibt oder sich zumindest dafür einsetzt, doch dann müsste dieser vermutlich reichlich schnell die Zucht aufgeben.
Liebe Grüße
Mina