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Plasmatische Vererbung Mutter

geschrieben von Lorena(YCH) 
Plasmatische Vererbung Mutter
10. Oktober 2002 09:24

Hallo,
ich hatte weiter unten auf eine Frage geantwortet, die sich darauf bezog, inwiefern die Mutter mehr Einfluss auf den Phänotyp des Welpen hat. Nicht immer gelten die Mendelschen Regeln. Es ist nämlich nicht so, dass alle Merkmale zu 50/50 vererbt werden! Leider wurde mein Beitrag gelöscht. Evtl. war er zu unwissenschaftlich, da ich das ganze aus dem Kopf heraus konstruiert habe am Beispiel von Pferd/Esel.

Hier unten eingefügt für alle, die sich ernsthaft mit Vererbung auseinandersetzen und nicht bei der 1. Regel von Mendel stehenbleiben wollen, ein link, wo die Einzelheiten zur Plasmatischen Vererbung am Beispiel von Blumen dargelegt werden, natürlich ist das dann auch auf Merkmale von Hunden übertragbar.

Selbstverständlich ist das beim Hund dadurch nicht so deutlich, da diese ja stark ingezüchtet sind und meist der Deckrüde besonders stark, somit scheint es oft, dass der Deckrüde mehr Durchschlagskraft hat, wären jedoch beide Elternteile gleichermaßen ingezüchtet und dazu in den gleichen Merkmalen, würde genauso eindeutig in Erscheinung treten, was Correns/Bauer 1909 entdeckt haben.

Das Beispiel der Pferd/Esel Kreuzung gebe ich trotzdem nochmal wieder, weil es doch sehr deutlich macht, was gemeint ist.

Kreuzt man eine Eselin mit einem Pferdehengst werden die Fohlen immer mehr einem Esel gleichen, man nennt sie Muli. Kreuzt man eine Pferdestute mit einem Eselhengst werden die Fohlen immer mehr einem Pferd gleichen, man nennt sie Maulesel. Ein Maulesel ist immer deutlich größer als ein Muli und ist auch deutlich besser als Reittier geeignet, wogegen das Muli sich mehr für Packarbeit eignet und auch genügsamer ist, so werden diese Kreuzungen schon seit Jahrhunderten ganz gezielt durchgeführt, je nachdem welchen Gebrauch man für das Tier vorsieht. Somit ist in diesen Fällen eindeutig, dass die Mutter eindeutig mehr zum Phänotyp beiträgt, und das liegt an der plasmatischen Vererbung.

Das Beispiel aus dem angegebenen Link mit den Blumen besagt das gleiche:

Bereits wenige Jahre nach der Wiederentdeckung der MENDELschen Regeln beschrieben C. CORRENS (1909) und E. BAUR (1909, 1910) Kreuzungsexperimente, auf die die MENDELschen Regeln nicht anwendbar waren. So wird ein bestimmter Typ der Blattscheckigkeit (grün-weiß-Panaschierung von Mirabilis jalapa und Antirrhinum majus sowie einigen anderen Arten nach dem folgenden Schema vererbt:

(1) (weiblich) grün x (männlich) grün-weiß gescheckt
Fl ausschließlich grüne Pflanzen
(2) (weiblich) grün-weiß gescheckt x (männlich) grün
F1: ausschließlich grün-weiß gescheckte Pflanzen.
Die Reziprozitätsregel, also praktisch die 1. MENDELsche Regel ist damit verletzt. In der F2 kommt es zu keinerlei zahlenmäßig erfaßbaren Aufspaltung. Es entfällt somit auch die Gültigkeit der 2. MENDELschen Regel.

Für die Ausprägung des Phänotyps der F1 ist nur der mütterliche Genotyp ausschlaggebend. Im Gegensatz zum Kern des Pollens, ist der Kern der Eizelle von einem voluminösen Plasma umgeben; es lag daher der Gedanke nahe, daß dieses Plasma Erbträger enthält, die sich bei der beobachteten Verteilung von weiß-grün- und grün-Phänotypen auswirken. Folglich nannte man diese Erscheinung plasmatische oder mütterliche, später auch extrachromosomale Vererbung.


Gruß Lorena


11. Oktober 2002 08:53

Hallo Lorena,

: Selbstverständlich ist das beim Hund dadurch nicht so deutlich, da
: diese ja stark ingezüchtet sind und meist der Deckrüde besonders stark,
: somit scheint es oft, dass der Deckrüde mehr Durchschlagskraft hat,
: wären jedoch beide Elternteile gleichermaßen ingezüchtet und dazu in
: den gleichen Merkmalen, würde genauso eindeutig in Erscheinung treten,
: was Correns/Bauer 1909 entdeckt haben.

??? Wo sind denn die Rüden stärker ingezüchtet als die Hündinnen??? Wenn ich eine Verpaarung mache, dann haben sowohl die Rüden als auch die Hündinnen, die daraus entstammen, genau die gleiche Inzuchtbelastung. Und die Hündinnen werden ebenso zur Weiterzucht genutzt wie die Rüden. Der ggf. stark ingezüchtete Deckrüde hat folglich eine ebfalls stark ingezüchtete Zuchthündin, die den Ahnenverlust genau so weiterführt wie ihr Bruder...

Ich denke, den größten Einfluß, den die Mutterhündin über ihre rechnerischen 50% hinaus an die Welpen weitergibt, erfolgt durch ihre Prägung in den ersten Lebenswochen. Deswegen soll man auch nie eine Hündin mit Wesensmängeln als Amme nutzen, denn wenn diese den Welpen ein schlechtes Vorbild ist können die besten genetischen Voraussetzungen das nicht wieder wett machen.

Viele Grüße

Antje

12. Oktober 2002 21:42

Hallo Antje:

: ??? Wo sind denn die Rüden stärker ingezüchtet als die Hündinnen??? Wenn ich eine Verpaarung mache, dann haben sowohl die Rüden als auch die Hündinnen, die daraus entstammen, genau die gleiche Inzuchtbelastung. Und die Hündinnen werden ebenso zur Weiterzucht genutzt wie die Rüden. Der ggf. stark ingezüchtete Deckrüde hat folglich eine ebfalls stark ingezüchtete Zuchthündin, die den Ahnenverlust genau so weiterführt wie ihr Bruder...

Klar, so wie Du es sagst, hast Du recht. Ich meinte jedoch, dass die sog. hochtypischen Deckrüden, die verstärkt zum Einsatz kommen, oft aus Engzuchten stammen. Es kommen doch viel mehr Hündinnen in die Zucht als Rüden und bei den Rüden wird dann auch noch derjenige zahlreich eingesetzt, der seinen Typ stark vererbt, und das sind dann meist enggezüchtete Rüden, denn je enger gezüchtet, desto mehr Übereinstimmung von Phänotyp und Genotyp. Und außerdem bezog sich die Aussage auch darauf, dass in Fällen, wo der Eindruck entsteht, dass die Rüden sich stärker durchsetzen, es daran liegen kann, dass in dem Fall die Rüden stärker ingezüchtet sind.

: Ich denke, den größten Einfluß, den die Mutterhündin über ihre rechnerischen 50% hinaus an die Welpen weitergibt, erfolgt durch ihre Prägung in den ersten Lebenswochen. Deswegen soll man auch nie eine Hündin mit Wesensmängeln als Amme nutzen, denn wenn diese den Welpen ein schlechtes Vorbild ist können die besten genetischen Voraussetzungen das nicht wieder wett machen.

Wesen ist nicht das Merkmal, auf was sich mein Beispiel bezog. Ich denke als Züchter sollte man solche Erkenntnisse, wie sie in dem Link der Uni angegeben sind, nicht einfach so vom Tisch wischen. Selbstverständlich wird Wesen zu einem nicht unerheblichen Teil von der Mutter geprägt. Doch Größe oder Farbe sind zum Großteil genetisch fixiert und in den Beispielen ist der Einfluß der Mutter darauf deutlich größer als der des Vaters.

Mich würde interessieren, welche anderen Faktoren mütterlicherseits verstärkt vererbt werden, und ob es Züchter gibt, die dies in ihrer Zucht berücksichtigen. In der Pferdezucht ist das längst bekannt, mich wundert, dass es unter Züchtern kein Thema ist.

Viele Grüße

Lorena


14. Oktober 2002 17:06

Hallo,
: Kreuzt man eine Eselin mit einem Pferdehengst werden die Fohlen immer
: mehr einem Esel gleichen, man nennt sie Muli.
Ich dachte immer, die hießen Maulesel? Mulis sind meiner Meinung nach alle Nachkommen der Verpaarung Esel/Pferd, egal wer Vater oder Mutter ist?
Außerdem ist dieses Beispiel m.E. nicht ganz typisch. Erstens sind Pferd und Esel 2 verschiedene Arten, die Anzahl der Chromosomen ist verschieden (Mulis sind auch zu 99% unfruchtbar), Hunde gehören aber einer Art an. Und dann nimmt man lieber einen Eselhengst zu einer Pferdestute als umgekehrt, da Esel ein ausgeprägtes "Vorspiel" haben und ein Pferdehengst da eher schlapp macht, als sich die Eselstute zufriedengibt. Wenn man eine Rieseneselstute von einem Pferdehengst decken läßt, sind die Nachkommen sicherlich größer, als wenn man eine Ponystute von einem Hausesel decken läßt.

: So wird ein bestimmter Typ der Blattscheckigkeit (grün-weiß-
: Panaschierung von Mirabilis jalapa und Antirrhinum majus sowie
: einigen anderen Arten nach dem folgenden Schema vererbt:
:
: (1) (weiblich) grün x (männlich) grün-weiß gescheckt
: Fl ausschließlich grüne Pflanzen
: (2) (weiblich) grün-weiß gescheckt x (männlich) grün
: F1: ausschließlich grün-weiß gescheckte Pflanzen.
Dann ist die Vererbung vielleicht an ein Geschlechtschromosom gebunden? Wie z.B. bei der Bluterkrankheit?

Leicht verwirrte Grüße von katrin


14. Oktober 2002 17:21

Hallo Katrin,
bei den aufgeführten Beispielen spielt schon der maternale Effekt eine Rolle. Das kommt daher, dass über die Eizelle Zellorganellen vererbt werden, die eigene genetische Informationen besitzen und einen Einfluss auf den Zellstoffwechsel haben. Da das Spermium nur die väterlichen Chromosomen, aber keine Zellorganellen beisteuert, werden manche Eigenschaften der Zelle nur von der Mutter geerbt.
Inwieweit das eine Rolle bei der Hundezucht spielt, kann ich nicht sagen, ist aber bestimmt eine interessante Fragestellung.

Viele Grüße von
Silke + 2 Toller


15. Oktober 2002 05:33

Hallo Lorena,

: Klar, so wie Du es sagst, hast Du recht. Ich meinte jedoch, dass
: die sog. hochtypischen Deckrüden, die verstärkt zum Einsatz
: kommen, oft aus Engzuchten stammen. Es kommen doch viel
: mehr Hündinnen in die Zucht als Rüden und bei den Rüden wird
: dann auch noch derjenige zahlreich eingesetzt, der seinen Typ
: stark vererbt, und das sind dann meist enggezüchtete Rüden,
: denn je enger gezüchtet, desto mehr Übereinstimmung von
: Phänotyp und Genotyp. Und außerdem bezog sich die Aussage
: auch darauf, dass in Fällen, wo der Eindruck entsteht, dass die
: Rüden sich stärker durchsetzen, es daran liegen kann, dass in
: dem Fall die Rüden stärker ingezüchtet sind.

Immer noch ??? Kann ich einfach nicht bestätigen. Z.B. ist meine Hündin (leider) enger liniengezüchtet als alle Deckrüden, die ich bisher in Betracht gezogen habe. Und es gibt nicht nur Rüden, sondern auch Hündinnen, die ihrem Nachwuchs "ihren Stempel" aufdrücken. Das beläuft sich meiner Meinung nach auf 50/50.


: Wesen ist nicht das Merkmal, auf was sich mein Beispiel bezog.

Ah so, dann reden wir von völlig unterschiedlichen Dingen. Das "Wesen" ist neben den gesundheitlichen Aspekten und einer möglichst geringen Inzuchtbelastung das einzigste Kriterium, nach welchem ich züchterisch selektiere...


: Mich würde interessieren, welche anderen Faktoren
: mütterlicherseits verstärkt vererbt werden, und ob es Züchter gibt,
: die dies in ihrer Zucht berücksichtigen. In der Pferdezucht ist das
: längst bekannt, mich wundert, dass es unter Züchtern kein
: Thema ist.

Ist es nicht? Vielleicht nicht in der grauen Theorie, aber in der Praxis... Ich habe von den alten Züchtern gelernt, daß die Mutter 80% ausmacht. Im Gesamtbild, von der Genetik und der Prägung her gesehen. Das kannst Du in der Praxis doch sowieso nicht trennen. Ist es nicht besser, ein Züchter berücksichtig diese Sache "aus dem Bauch heraus" anstatt daß er weiß, wie groß der Anteil der plasmatischen Vererbung im Bereich der Geentik ist, dafür aber mit 'ner Hündin züchtet, die 'nen Sprung in der Schüssel hat???

Hundezucht hat für mich viel mit gesundem Menschenverstand zu tun. Man nehme eine gesunde und wesensstarke Hündin und verpaare sie mit einem gesunden und wesensstarken Rüden, behandele Welpen und Hündin sachgerecht, und schon züchtet man gute Hunde. Leider werden in diesem Bereich heute zu viele Kompromisse gemacht, dafür aber Nebensächlichkeiten bis ins kleinste ausdiskutiert.

Viele Grüße

Antje