Hunde aus Inzucht?
05. Januar 2003 14:48

Hallo Kathi,

: : Mutation kannst du aber auch ohne Inzucht haben.
:
: ist aber eher selten der Fall - oder es steckte bereits "versteckt" Inzucht drin.
:

Stimmt nicht. Mutationen sind sprunghafte, plötzlich auftretende Veränderungen im Erbgut, die mit Inzucht herzlich wenig zu tun haben.
Auf die Nachkommen können sich NUR Mutationen auswirken, die direkt im Keimgut auftreten. Mutationen per se sind nicht schlecht. Im Gegenteil, durch Mutation kommt es zu einer Bandbreite unterschiedlicher Organismen, von denen dann die am besten passenden durch Selektion "ausgewählt" werden. Also die, die am überlebensfähigsten sind.
Auftreten können Mutationen spontan, durch mutagene Chemikalien, ionisierende Strahlung oder durch Fehler in der Meiose (also Teilung der Geschlechtszellen in Zellen mit haploidem/einfachem Chromosomensatz). Mutationen können nur in einem Gen vorkommen, oder ganze Chromosomen betreffen oder auch ein ganzes Genom z.B. Trisomie 21.
Gen- und Chromosomen-Mutationen, die die Keimzellen betreffen, führen meistens schon während Schwangerschaft/Trächtigkeit zum Tod.
Einer unserer Professoren (der für Gynäkologie smiling smiley, was wohl sonst ) meinte einmal, dass nur 27% der ursprünglich befruchteten Eizellen entweder zur Geburt kommen oder gar nur zur Einnistung in der Gebärmutter. Ich glaube zwar ersteres, bin mir aber nicht mehr ganz sicher. Und der grösste Teil der befruchteten Eizellen würde wegen Gen- und Chromosomenmutationen resorbiert. Und zwar allgemein, ohne dass da Inzucht mit im Spiel wäre.

: : Das ist wohl wahr, deshalb sollte der Züchter wohl auch genau wissen, was er tut.
:
: das tun leider die wenigsten. Viele halten es nach dem Motto "Augen zu und durch" oder "Wird schon gutgehen".

Jo, aber die Leute findet man auch bei denen, die nie nähere Inzucht-Paarungen machen. Deswegen wäre ich einfach dafür, dass jeder, der zu züchten anfangen will, erst mal entsprechendes Wissen in Genetik und anderen zuchtrelevanten Gebieten vorweisen sollte. Und dieses Wissen immer wieder durch Seminare etc. erweitern sollte.
In diversen Zuchtvereinen ist da bereits was in der Richtung am laufen. Aber leider nicht in allen.

Gruss Cindy



05. Januar 2003 14:58

Hallo Kathi,

: Naja, ich denke noch immer, daß Inzucht nicht unbedingt sein muß.
: Aber das ist schlicht Ansichtssache. Verurteilen würde ich einen verantwortungsvollen Züchter deswegen aber auch nicht - höchstens kritisch zur Rede stellen ;-)
:

Man sollte bei jeder Verpaarung nachfragen, warum genau diese gemacht wurde, und keine andere. Egal ob Inzucht oder nicht.
Ein verantwortungsbewusster Züchter wird es einem auch genau erklären können. smiling smiley Und mit genau erklären meine ich nicht "weil die beiden zusammenpassen" sondern, warum sie zusammepassen, seiner Meinung nach. Warum sich die beiden ergänzen.
Übrigens, neugierige Frage mal: ich hatte mir für meine ältere Hündin, als ich noch mit dem Gedanken gespielt habe, sie doch mal decken zu lassen, einen Rüden ausgesucht. Dieser Rüde hat einen Rüden in 7. Generation oder so, genau weiss ich es nicht, habe seine Ahnentafel nur bis in die 5., und eben dieser Rüde ist bei meiner Hündin in der 4. Generation drin. Wäre das für dich noch Inzucht?
Interessiert mich jetzt einfach mal, was bei Dir noch unter Inzucht fällt. Denn das ist ja teilweise auch verschieden.

Gruss Cindy

05. Januar 2003 16:01

Hallo,
: Ich persönlich denke, daß "HD" nur zu einem gewissen Anteil erblich
: ist. Umwelt und Aufzucht spielen eine nicht untergeordnete Rolle.
Wenn ich das glauben würde, wäre es für mich sinnlos, HD-Hunde aus der Zucht zu nehmen. Ist eigentlich ein Thema für die "kritische Hundezucht"? Da man noch nicht einmal weiß, wieviele Gene verantwortlich sind - letztlich habe ich von über 20 gehört? - und wieviele davon geschädigt sein müssen, um die Deformation sichtbar zu machen, kann man eigentlich keine Aussage über den Anteil der Aufzucht treffen. Wäre theoretisch nur im Experiment möglich, wenn hunderte von Hunden geklont und unter den verschiedensten Laborbedingungen aufgezogen würden. Oder wenn endlich ein oder mehrere Marker gefunden würden, damit man sagen kann, dieser Hund ist genetisch HD-frei, wenn er also kaputte Hüften hat, liegt es an der Aufzucht. Im übrigen habe ich den ketzerischen Gedanken, daß man vielleicht mehrere Krankheiten in einen Topf wirft? Nur so ein Gedanke von mir.

: Was das Ausland angeht, kann man da - bei seriösen Zuchten - ebenso
: gut oder schlecht forschen wie hier in D. Es kommt halt immer auf die
: Auskunftfreudigkeit und Ehrlichkeit der Beteiligten an.
In D hört man doch so manchens über paar Ecken, dem man dann nachgehen kann. In anderen Ländern hat man die "Ecken" nicht so, oder kann es schlecht nachprüfen.

Viele Grüße von katrin




05. Januar 2003 17:25

Hi Cindy,

: Mutationen per se sind nicht schlecht. Im Gegenteil, durch Mutation kommt es zu einer Bandbreite unterschiedlicher Organismen, von denen dann die am besten passenden durch Selektion "ausgewählt" werden.

stimmt so auch nicht ganz ;-) (Wenn das so weitergeht, spielen wir noch morgen Ping-Pong *gg*).
Ich habe gerade bei Inge Hansen "Vererbung beim Hund" nachgeschlagen. Dort steht zu Mutation folgendes:
"Jede Veränderung des genetischen Materials bzw. der genetischen Information wird als Mutation bezeichnet. Mutationen finden in allen Populationen, nicht nur beim Hund, ständig statt. Mutationen wirken sich meist nicht positiv oder neutral aus ... Viele Erbfehler sind Mutationen gesunder Gene, die sich meist rezessiv vererben, d.h. sie schlummern oft über Generationen im Verborgenen. Erst durch das Zusammentreffen zweier solcher Mutationen wird dann die Erbkrankheit im Phänotyp erkennbar".
Somit ist zwar die Inzucht nicht direkter Auslöser von Mutationen aber durch Inzucht werden die "Schäden" sichtbar.

: Jo, aber die Leute findet man auch bei denen, die nie nähere Inzucht-Paarungen machen. Deswegen wäre ich einfach dafür, dass jeder, der zu züchten anfangen will, erst mal entsprechendes Wissen in Genetik und anderen zuchtrelevanten Gebieten vorweisen sollte. Und dieses Wissen immer wieder durch Seminare etc. erweitern sollte.
: In diversen Zuchtvereinen ist da bereits was in der Richtung am laufen. Aber leider nicht in allen.

nützt auch nicht so viel da keine Teilnahmepflicht besteht.

Gruß
Kathi

05. Januar 2003 17:32

Hi Cindy,

: Man sollte bei jeder Verpaarung nachfragen, warum genau diese gemacht wurde, und keine andere. Egal ob Inzucht oder nicht.
: Ein verantwortungsbewusster Züchter wird es einem auch genau erklären können. smiling smiley Und mit genau erklären meine ich nicht "weil die beiden zusammenpassen" sondern, warum sie zusammepassen, seiner Meinung nach. Warum sich die beiden ergänzen.

Stimmt. Hast recht. Aber die meisten Käufer interessiert das gar nicht. Leider.

: Übrigens, neugierige Frage mal: ich hatte mir für meine ältere Hündin, als ich noch mit dem Gedanken gespielt habe, sie doch mal decken zu lassen, einen Rüden ausgesucht. Dieser Rüde hat einen Rüden in 7. Generation oder so, genau weiss ich es nicht, habe seine Ahnentafel nur bis in die 5., und eben dieser Rüde ist bei meiner Hündin in der 4. Generation drin. Wäre das für dich noch Inzucht?

Naja, wenn man es genau nimmt, ist es Inzucht da ja die Nackkommen des Rüden alle miteinander verwandt sind. Andersherum findet man in jeder Linie gemeinsame Nachkommen, wenn man die Ahnenreihe lange genug zurückverfolgt. Ich habe für mich persönlich mal den Standard gesetzt, das auf der Ahnentafel (als in 5 Generationen) kein Name zweimal vorkommen sollte. Die 6. und 7. gucke ich mir aber auch an, da es ja auch immer darauf ankommt mit welchen Hunden denn überhaupt ingezüchtet wurde. Da gibt es ja auch eine breite Spanne und es kommt auch drauf an WARUM ingezüchtet wurde.
Bei Liza habe ich in der Reihe der Urgroßelter 1 mal Inzucht drin. Habe auch genauestens die Nachkommen geprüft - es schien mir soweit in Ordnung. Als Deckrüden würde ich in dem Fall aber nur einen Rüden wählen in dessen Ahnentafel kein einziger Nachkomme auftaucht der auch in Lizas Ahnentafel zu finden ist.

Gruß
Kathi

05. Januar 2003 17:40

Hi Katrin,

: Wenn ich das glauben würde, wäre es für mich sinnlos, HD-Hunde aus der Zucht zu nehmen.

Naja, wenn man von einer Aufteilung 50 : 50 (Erbgut : Umwelt/Aufzucht) ausgehen würde (nur als Beispiel), hättest Du aber immer noch eine 50% Gefahr von erblicher HD.

: Ist eigentlich ein Thema für die "kritische Hundezucht"? Da man noch nicht einmal weiß, wieviele Gene verantwortlich sind - letztlich habe ich von über 20 gehört? - und wieviele davon geschädigt sein müssen, um die Deformation sichtbar zu machen, kann man eigentlich keine Aussage über den Anteil der Aufzucht treffen.

Stimmt leider. Aber in der Richtung wird wohl auch nicht soooo viel geforscht.

: Im übrigen habe ich den ketzerischen Gedanken, daß man vielleicht mehrere Krankheiten in einen Topf wirft? Nur so ein Gedanke von mir.

der Gedanke ist gar nicht so verkehrt. Leider werden durch das deutsche HD-Auswertungs-Systhem viele, möglicherweise erbgesunde Hunde - aus der Zucht gekickt. ALLE Veränderungen, egal welcher Ursache - an der Hüfte werden als HD betrachtet. Ein Beispiel: Ein Jungund hat in seiner Jugend einen Unfall bei dem das Hüftgelenk ausgekugelt wurde und der Oberschenkelhals ordentlich einen mitbekam. Später wurde dieser Hund geröngt und mit B1 ausgewertet (hätte aber auch C, D oder E) sein können. Ab D wäre der Hund züchterisch weg vom Fenster - aufgrund eines Unfalls.

: In D hört man doch so manchens über paar Ecken, dem man dann nachgehen kann. In anderen Ländern hat man die "Ecken" nicht so, oder kann es schlecht nachprüfen.

Da gibt es auch diese "Ecken" ;-) Du mußt nur die richtigen Leute befragen. Leider stellen sich viele "Ecken" hier und im Ausland auch schlicht als "üble Nachrede" aus Neid o.ä. heraus. Letztendlich muß man sich auf das Bauchgefühl verlassen und darauf, einen wirklich seriösen Züchter zu erwischen.
Alles gar nicht so einfach - und das finde ich mehr als Schade.

Gruß
Kathi