Hallo Melanie,
wovon Du redest sind eigentlich die "Gebrauchshundeeigenschaften". Diese setzen sich aus dem recht schwammig zu definierenden Begriff "Wesen", der Gesundheit und dem Exterieur (Körperbau) zusammen. Die Anlagen dafür sind erblich, wobei Exterieur und Gesundheit einfacher als das Wesen durch Zuchtauswahl zu beeinflussen sind.
Für den Begriff "Wesen" habe ich bisher noch nirgens eine klar, befriedigende Definition gefunden. Es setzt sich zusammen aus den unterschiedlichen Triebveranlagungen und dem Dominanzverhalten eines Hundes. Es ist nicht einfach, wesensmäßig gut veranlagte Gebrauchshunde zu züchten, denn sonst hätten wir nur super veranlagte Jagd-, Schutz-, Schlittenhunde usw. und die Tierheime wären nicht so voll mit dem "Ausschuß". Selbst bei reinen Gesellschaftsrassen, wo eigentlich auf andere Kriterien außer Wesen und Gesundheit nicht geachtet werden muß, ist es schwierig, bestimmte "Wesenszüge" einer Rasse auf lange Sicht zu erhalten.
Es hat sich einfach als günstig erwiesen, bestimmte Charaktere miteinander zu verpaarren, um wenigstens einen gewissen Prozentsatz an Welpen zu erhalten, die bestimmte Wesensvoraussetzungen tragen werden. Trotzdem wird es immer wieder Welpen geben, die "aus der Art schlagen" und z.B. nicht so arbeitsfreudig oder so ausgeglichen wie die Eltern sein werden.
Das Wesen ist einerseits erblich bedingt (z.B. treten bestimmte Wesensmängel, etwa Schußscheue, in bestimmten Linien trotz guter Prägung immer wieder auf), andererseits wird es durch die Prägung von Althunden und Züchtern/Aufzüchtern bestimmt. Alte Züchter sagen, die Mutter gibt mindestens 80% zum Wesen, d.h. ihr Verhalten trägt zusätzlich zu ihren 50%-Anteil am genetischen Material bei. Deshalb benutzen diese Züchter auch niemals Hündinnen mit Wesensmängeln als Ammen.
Ein weiterer Faktor ist die Prägung beim Züchter; hier ist wichtig, daß die Welpen ausreichend positiven Kontakt zu Menschen haben und bereits einen Teil der Welt kennenlernen. Auch der Aufzüchter (= Welpenbesitzer) muß seinen Welpen gut prägen, damit positive genetisch bedingte Wesenszüge zur Entwicklung kommen.
Nur wenn die komplette Prägung durch Althunde, Züchter und Aufzüchter stimmt, kann ein Welpe seine genetisch ererbtes Wesen voll entwickeln. Allerdings lassen sich leider auch mit der besten Prägung keine ererbten Wesensmängel beheben. Und wie ein Welpe sich letztendlich entwickeln wird erkennt man eher am Wesen evtl. vorhandener älterer Vollgeschwister als am Wesen der Eltern, denn bei jeder Paarung wird das vielfältige genetische Material, welches das Wesen beeinflußt, neu gemixt und man kann nie so genau voraussagen, ob diese Mischung "paßt".
Viele Grüße
Antje