RH und Schutzhund
24. Juli 2003 07:36

Hallo,

in unsere Staffel möchte eine Hundeführerin mitmachen, die mit ihrem Hund auf einem Hundeplatz schon länger Schutzdienst macht. Wie handhabt ihr das? Wir haben das erstmal abgelehnt, da unsere "Opfer" Angst vor diesem Hund haben. Die betreffende Besitzerin meinte aber, das sei in anderen Staffel kein Problem.

Stimmt das? Ich finde das zu gefährlich für die Opfer.

Danke für die Antworten

Ralf

24. Juli 2003 07:59

Hallo Ralf,

bei der sportlichen Schutzhundeausbildung stellt der Schutzdiensthelfer keinen "Feind" des Hundes dar, den dieser verletzen oder gar töten will. Das Triebziel des Hundes ist das "Beuteobjekt Schutzarm", der Schutzdiensthelfer ist ein gleichstarker Sozialpartner, mit dem er um dieses Beuteobjekt kämpf. Der Hund beißt nicht über ein Wehrverhalten, sondern über ein Beuteverhalten. In vielen Staffeln werden die Hunde mit einer Beißwurst bestätigt, das kommt auf's gleiche raus.

Damit ein sportlich ausgebildeter Schutzhund anbeißt, müssen mehrere Faktoren zusammentreffen. Ein auslösender Reiz ist der Schutzarm, ein weiterer der Schutzanzug des Helfers, ein dritter das Verhalten des Schutzdiensthelfers usw. Falls sich der Schutzdiensthelfer auf dem Übungsplatz flach auf den Boden legen würde, würde kein Hund anbeißen. Wenn er ohne Schutzarm aufstehen würde, auch nicht, dann würde sich der Hund den Ärmel nehmen. Falls sich z.B. mal ein Dreijähriger einen Schutzarm schnappt und damit auf einen Hund lostappert, beißen die meisten Hunde nur sehr zaghaft in den Ärmeln, manche gar nicht.

Der sportlich ausgebildete Schutzhund ist im Umgang nicht gefährlicher als andere Hunde, eher besonnener und besser lenkbar (weil er bereits eine längere Ausbildung in drei verschiedenen Disziplinen hinter sich hat, in der er gelernt hat, mit Konflikten umzugehen und sich zu beherrschen). Wobei ich das Augenmerk darauf richten würde, warum die Hundeführerin vom Schutzhundesport zur Rettungshundearbeit wechseln will. U.U. ist der Hund aufgrund schlechter Nerven nicht für den Gebrauchshundesport geeignet. Dann ist er bestimmt auch nicht für die Rettungshundearbeit geeignet.

Viele Grüße

Antje


24. Juli 2003 08:44

Hallo Ralf,

ich kann Antje nur beipflichten.

Anzumerken wäre noch, dass viele RH-Staffeln Sportschutzhunde ablehnen, weil sie zu wenig über die (moderne) VPG-Ausbildung wissen - und weil leider immer noch in etlichen Hundesportvereinen im Schutz nach Uralt-Methoden ausgebildet wird, wobei Telektakt und andere "Ausbildungshilfsmittel" an der Tagesordnung sind.
Und solange es diese Vereine gibt, werden auch die Vorurteile gegenüber dem Schutzhundesport im Allgemeinen nicht aussterben.

In meiner Staffel arbeiten auch Hunde, die parallel in SchH und RH gearbeitet werden, und es gab noch nie Probleme.

Warum haben Eure Leute vor dem Hund Angst?
Habt ihr schon mal eine Anzeige mit ihm gemacht, bei der er rabiat vorgeganden ist, oder gründet sich die Angst nur auf falsche Informationen?

Ein gut ausgebildeter Sportschutzhund kann für eine Staffel Gold wert sein, denn er kennt schon viele Elemente der Arbeit von seiner Ausbildung und ist meistens in wenigen Monaten prüfungsreif.
Ein "Krokodil" ist allerdings nicht zu gebrauchen, aber das hängt dann nicht mit der Schutzhundausbildung an sich, sondern einfach mit falschem Aufbau zusammen.

Grüße
Sabine+K

24. Juli 2003 09:12

Hallo Ralf, ich finde es toll, das auf Deine Frage sachlich und vor allem ehrlich geantwortet wird. Ich denke auch, es stellt keine Gefahr dar, dass der Hund in SchH- Stufen ausgebildet wurde. Womit ich keine generelle Aussage treffen möchte. Sicherlich muss jeder Hund für sich auf Tauglichkeit für das Rettungshundewesen überprüft werden. Aber eine Ausbildung zum Schutzhund schließt nicht automatisch eine darauf folgende RH-Ausbildung aus.

Gruß
Michael

24. Juli 2003 12:06

In unserer Staffel werden auch drei Hunde parallel im Schutzdienst ausgebildet. Solange nicht über den Wehrtrieb gearbeitet wird sehe ich keine Gefahr.
Die Opfer müssen natürlich auch ihre Angst abbauen, sonst sehe ich ein Problem in der Ausbildung des Hundes.
Gruss Marlen

25. Juli 2003 08:43

Hallo an alle,

danke für die Antworten, wir haben das gestern in der Staffelleitung nochmals besprochen und beschlossen diesen Hund nicht bei uns aufzunehmen.

Wir müssen dabei Rücksicht auf die Opfer nehmen. Ein Hund, der gelernt hat Menschen zu beißen birgt immer ein Risiko in sich, und das sollen die Opfer nicht tragen. Wir haben sowieso Probleme Freiwillige zu finden, wenn wir jetzt noch Hunde haben die gelernt haben Menschen zu beißen (auch wenn sie noch so gut ausgebildet sind, das Risiko ist da, und plötzlich kommt es wieder durch), dann haben wir bald gar keine mehr. Wir haben auch viele Jugendliche bei uns, und das können wir einfach nicht verantworten.

Ich weiß auch nicht wie das versicherungstechnisch aussieht. Ob man uns vorwerfen kann, wenn dieser Hund wirklich mal im Training oder im Einsatz beißt, das wir grob fahrlässig gehandelt haben, weil er ja ein Schutzhund ist und das auch so gelernt hat.

Wir wollen Hunde haben die Menschen helfen, keine die Menschen angreifen oder verletzen wollen. Daher brauchen wir sozialverträgliche Hunde die niemals angreifen, sie sollen nicht dominieren sondern immer unter dem Menschen stehen.

Es freut mich ja für euch wenn ihr gute Erfahrungen mit Schutzhunden gemacht habt, bei uns können wir das aber nicht verantworten. Wir hatten neulich eine Vorführung in einem Kindergarten, auf solche Veranstaltungen müssten wir dann wohl völlig verzichten da dieses Risiko niemand eingehen möchte. Kinder sind zu unberechenbar, die machen eine schnelle Bewegung und schon beißt der Hund zu.

Vielen Dank aber trotzdem für die Antworten

Ralf