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Vorurteile gegen kleine Hunde?!

geschrieben von Franzi+Wonda+Chili(YCH) 
Vorurteile gegen kleine Hunde?!
17. April 2000 06:55

Hallo an alle Rettungshundler!

Nun habe ich mich endlich mal aufgerafft und erkundigt, wo ich mit meiner Chili eine Ausbildung zum Rettungshund machen könnte. DAs Ende vom Lied: Zumindest die eine Staffel (JUH) kann mich mal, ich bin total gefrustet! Was ist passiert:

Chili ist eine 7,5 Monate alte, noch sehr zierliche Pudel-Dackel-Dame, die aber sehr wie ein Kleinpudel aussieht, Rückenhöhe knapp unter 40 cm. Sie ist sehr leicht zu motivieren, ballverrückt und sucht ihren Ball auch in unübersichtlichen Rübenfeldern so lange, bis sie ihn gefunden hat. Zuhause sucht sie sich ihre Kauknochen und zeigt sie an, bevor sie sie nimmt. Sie sucht sogar schon in ca. 1 Meter Höhe nur durch Nase-in-die-Luft halten. Ich hätte also vermutet, sie wäre für Flächensuche geeignet, bei Trümmer hätte ich ehrlich gesagt zuviel Angst, dass sie von einem Brocken schwer verletzt würde, der für einen großen, kräftigen Hund noch harmlos ist.

Was sagt nun der Ausbildungsleiter, als ich ihm so schildere, wie Chili ist: "Na ja, wir haben nicht so gern so kleine Hunde bei uns, die können nicht so viel leisten wie Große. Immerhin müssen unsere Hunde bei der Prüfung die Ausdauerprüfung über 20 Kilometer absolvieren und das kann so ein kleiner Hund nicht. Und wo die in Trümmerfelder noch reinkäme, da kommen wir Menschen nicht hinterher und dem Verschütteren darin könnte man dann sowieso nicht helfen, weil der längst gestorben wäre, bis man mit schwerem Gerät an ihm dran ist." Außerdem bezweifelte er, dass Leute mit Familie überhaupt die Zeit haben, eine Ausbildung zu machen, denn "da müssen sie ja auch in die Drehleiter eingewiesen werden, in den Hubschrauber usw." Außerdem müsse er die Leute ja auch ausstatten und im Moment sei die Gruppe eh voll und überhaupt.

Ich hatte massiv den Eindruck, dass so kleine Hunde persé nicht für voll zu nehmen sind. Dass Chili, wenn sie erwachsen ist, sehr wohl zwanzig Kilometer laufen kann (immerhin sind ja bei der Prüfung auch zwei längere Pausen, wie e zähneknirschend eingestand, als ich ihn darauf ansprach), wischte er weg. Chilis ganze Spielfreude, ihre Motivierbarkeit, alles schien ihn nicht zu interessieren, weil sie KLEIN ist. Als ich ihn auf den Dackel bei einer Staffel ansprach, von dem ich auf der Ausstellung in Nürnberg gehört hatte, meinte er nur, das sei eher so eine Spielerei mit dem "Rettungsdackel", da habe man wohl nur zeigen wollen, dass man auch Dackel ausbilden könne. Ich fand das eine Unverschämtheit und eine unzulässige Herabwürdigung der Leistungen des Dackel-Mensch-Teams zu Pausenclowns für Vorführungen.

Als ich ihn auf die andere Staffel im Landkreis ansprach, sagte er, die sei vom BRK und er würde zwar nichts über andere Staffeln sagen wollen, aber die Prüfung wäre längst nicht so anspruchsvoll wie die seiner Staffel (JUH). Er sei früher auch beim BRK gewesen und das wäre alles nichts und deshalb habe er seine eigene Staffel aufgemacht. Natürlich würde man im Einsatzfall auch die andere Staffel alarmieren, das gehöre sich ja so, aber trotzdem halte er von denen nichts. Ich hatte aber vorher zufällig mitgekriegt, dass er sich mit dem Leiter der BRK-Staffel in die Wolle gekriegt hatte und dort nun anscheinend so eine Art REttungsstaffelkrieg ausgebrochen ist. (Mir fiel noch später dann auch ein, dass ich den JUH-Staffelmann kenne und schon bei einer Reportage über die neue BRK-Staffel, der er damals noch angehörte, nicht leiden konnte, weil er ein Rottweilermann war, wie ich ihn in meinen übelsten Vorurteilen vorstelle. (Ich liebe Rottweiler, sind tolle Hunde, aber bei manchen Besitzern wird mir flau) Bei ihm könnte ich die Ausbildung also sowieso nicht machen, denn wer kann mit einem Menschen freiwillig arbeiten, vor dem es ihn graust?!)

Jetzt traue ich mich kaum noch, bei der BRK-Staffel anzurufen, weil ich Angst habe, da zwischen die Kriegsfronten zu geraten. Außerdem glaube ich nicht, dass das BRK so schlechte Rettungshunde hat und ich finde es nicht sehr hilfreich für den Dienst am Menschen, wenn sich die Staffeln verfeinden.

Meine Frage nun: Wenn ich "nur" einen Flächensuchhund ausbilde, mache ich dann trotzdem auch die ganze Einweisung an Drehleite etc.? Muss ich dann bei Trümmerübungen dabei sein? Ist es nicht auch wichtig, reine Flächenhunde zu haben, denn vermißte Personen kommen doch sicher häufiger vor als eingestürzte Häuser? Ich will ja gar keine halbherzige Ausbildung machen, aber ist es nicht besser, wenn ich einen guten Flächenhund ausbilde und das auch zeitlich schaffe, als wenn ich gar keinen Hund ausbilde, weil ich noch soviel nebenbei machen muss, was gar nicht in das Tätigkeitsfeld meines Mensch-Hund-Teams fällt? Ich kenne mich da halt gar nicht aus und würde mich über Antworten wirklich freuen.

Ich weiß halt nicht, ob ich es zeitlich schaffe, aber ich halte es für legitim, es mal einige Wochen zu probieren, um wirklich zu merken, es geht oder es geht nicht. Aber das war in den Augen des JUH-Mannes wohl auch schon eine Zumutung. Mir drängte sich der Verdacht auf, er hielt mich für eine gelangweilte Kleinhundbesitzerin, die mit einer Rettungshundplakette an ihrem Hundezwerg beim Kaffeekränzchen angeben wolle. Schade, wenn Interessenten so abgewimmelt werden!

Ciao, Franziska und die Hunde, die bislang nur ihre Kauknochen suchen, was zugegeben für die Menschheit war lustig, aber nicht wertvoll ist.


17. April 2000 09:59

Hallo,

da hast du ja gleich das volle Programm mitbekommen. Konkurrenzkampf untereinander und die Abneigung gegen kleine Hunde ist leider etwas vollkommen "normales" bei den Rettungshundevereinen. Genau deshalb haben wir uns von den Verbänden verabschiedet und sind seit Jahren verbandsunabhängig. Doch dies íst ein ewiges lästiges Thema.

Natürlich kannst du deinen Hund nur auf Fläche ausbilden - für den Einsatz. Allerdings hat da dein Hund z.T. auch mit der größe zu kämpfen (dorniges Gestrüpp, Felsen, Brombeeren etc.) was nicht heißt daß er es bei entsprechender Kondition nicht bewältigen kann. Jedoch sind Einsatz und Ausbildung zwei paar Schuhe. Man sollte mit seinem Hund immer die komplette Ausbildung machen. Um mit seinem Hund im Einsatz effektiv zusammen arbeiten zu können, muß eine blinde Verständigung zwischen Hund und Mensch möglich sein. Eine der Grundlagen dafür ist das absolute vertrauen zueinander. Dies jedoch läßt sich nur in der Ausbildung lernen, indem z.B. der Hund Situationen bewältigen lernt, die ihm anfangs Angst einflößen oder bei denen du oder dein Hund unsicher sind. Fallen dieses Teile, die sich vorwiegend in der Trümmerausbildung finden, weg, fehlt auch ein großer Teil der Ausbildung im Bereich "vertrauensbildende Maßnahmen" *g
Rettunsghundeausbildung ist etwas sehr komplexes, daß sich nicht auf einzelne Teilbereiche reduzieren läßt. Von daher ist es, allein schon aus Verantwortung dem Hund gegenüber, unerläßlich das komplette Programm zu durchlaufen. Sorry wenn ich dies sage, aber etwas anderes wäre unfair und Illusion.
Der Zeitaufwand dabei ist recht hoch und nicht zu unterschätzen. Zudem sollte man sich bewußt sein, daß es bei jeder Übung, bei jedem Einsatz passieren kann, daß der Hund oder du selber nicht mehr lebend nach Hause kommen. Auch in der Fläche kann deinem Hund etwas passieren (z.B. Suche nach einem Schockopfer an der Autobahn - wegen der Suche wird die Autobahn nicht gesperrt, der Verkehr läuft ganz normal weiter). Das hört sich brutal an, aber es ist leider so - man muß damit rechen. Nur durch die Ausbildung, gerade des Hundeführers, kann die potentielle Gefahr soweit gemindert werden, daß möglichst nichts passiert. Aber auszuschließen ist es nicht.

Ganz nebenbei ist die Ausbildung, gerade der "gefährlichen" Teile, eine Möglichkeit die Hundeführer auf den Einsatzstress vorzubereiten, den sie im Einsatz bewältigen müssen um sich und ihren Partner Hund nicht unnötig zu gefährden. Und so wirst du mit deinem Hund, egal in welcher Staffel, nicht drumrum kommen Abseilen, Drehleitern, Helikopter, Feuer, Scherben, nachrutschende Trümmer, ätzende Flüssigkeiten, Arbeiten in großer Höhe, Arbeiten unter extremem Stress etc. mitzumachen - dir und deinem Hund zuliebe.

ciao suchhunde

17. April 2000 12:30

: Hallo!

Sorry wenn ich dies sage, aber etwas anderes wäre unfair und Illusion.

Ich finde es sehr gut, dass Du das so offen schreibst, denn Illusion wäre echt schädlich. Nachdem, was Du so geschrieben hast, werde ich die Ausbildung nun wohl doch nicht machen, aber deshalb, weil ich weiß, daß ich wohl wirklich nicht die Zeit habe und ich andererseits auch Angst um Chili habe. Es ist beser, ich mache mir so etwas vorher klar!

Danke für Deine offenen Worte und noch viel Spaß und vor allem Glück und Gesundheit für Dich und Deinen Hund im Training und Einsatz!

Ciao, Franziska und die Hunde, die nun doch nur "Familienhunde ohne erkenntlichen Nutzen" bleiben.



17. April 2000 15:05

Hallo

Warum werden denn Hunde bei der Flaechensuche nicht an einer 10m langen leine gefuehrt, wenn die Suche fuer den Hund gefaehrlich wird?

Ciao Petra
(die keine Ahnung von RH hat)

17. April 2000 17:49

Hallo,

einen Rettungshund einzusetzen hat nur einen Sinn - ein Opfer schnellstmöglich zu finden. Deshalb wird der Hund nicht an der Leine sondern freilaufend eingesetzt. Würde man eine Leine verwenden wäre der Zeitgewinn wieder weg und somit ein Einsatz sinnlos. Ein Hund soll ja gerade da suchen, wo ich als Mensch mit meinen Sinnen nicht so gut bin wie ein Hund, z.B. bei der Suche in einer Tannenschonung / Dornengestrüpp. Verwende ich hier eine Leine bleibt der Hund sofort an mit der Leine hängen und ich muß selber suchen. Zudem kann ich meinen Hund am Ende der Leine sehen und somit auch ein evuelles Opfer das im gleichen Abstand liegt. Vorteil des Suchhundeeinsatzes ist ja gerade, daß mein Hund ein Opfer riechen / sehen kann, welches außerhalb meines Sichtfeldes liegt.

ciao Suchhunde

19. April 2000 12:51

Hallo Franzi, lässt Du Dich so schnell verunsichern?
Warum wolltest Du mit einem Hund einer Rettungshundestaffel beitreten?
Du hast Antworten erhalten, die Dich ja abschrecken müssen, das tut mir leid.
Es gibt auch Staffeln, bei denen kleine Hunde willkommen sind, die ihre Hunde nicht in ätzenden Flüssigkeit baden oder über Glasscherben turnen lassen...
Hunde werden auch i. Allg. nicht von Trümmerbrocken erschlagen.
Hund und Hundeführer wachsen bei der Ausbildung zum Rettungshundeteam nicht nur zusammen, sondern auch an ihren Aufgaben, aber behutsam!
Selbstverständlich kann auch was passieren, aber die Gefahr geht man jedesmal ein, wenn man das Haus verlässt...
Rettungshundestaffeln mit Einsatzleitern, die ihre Sache verstehen, schicken Hunde auch nicht Richtung Autobahn!
Halte Dich fern von Rettungshundestaffeln, die ihre Energie bei Kleinkriegen mit anderen Staffeln verpulvern.
Es gibt viele Staffeln, die zusammen arbeiten, sich zu gemeinsamen Übungen treffen, Erfahrungen austauschen etc.
Ich will Dich bestimmt nicht dazu überreden, etwas zu tun, wozu Du keine Lust hast, aber ich möchte, dass Du weisst, dass es auch anders sein kann, als Du bisher erfahren hast.
Liebe Grüße, Ira