Frage zu wildernden Rettungshunden
23. Mai 2000 10:15


Hallo allerseits,

ich gehöre einer Rettungshundestaffel im Westerwald an und habe eine Hündin (Mischling), die recht begeistert bei der Sache ist. Früher, als wir sie mit 2,5 Jahren bekamen hat sie gewildert und wir haben das mit allerlei Hilfsmitteln so gut in den Griff bekommen, daß wir den laufenden Hund auch bei Kaninchen stoppen und zurückholen konnten. War ein Haufen Arbeit. Wir arbeiten in der Staffel vor allen Dingen auf Fläche und haben jetzt auch mit freier Suche angefangen. Auf einem Spaziergang kam dann der große Schlag, ein Kaninchen erschien und der Hund war auf und davon, nichts zu machen. Jetzt überlegen wir ob dies mit der Rettungshundearbeit zusammenhängt bzw. wie wir verhindern können, daß der Hund "bei der Arbeit" wildert. Leider ist kein Reiz so groß wie ein frisches Kaninchen...........

23. Mai 2000 10:31

hallo,

falls es darum geht wie man einem Hund das Wildern abgewöhnen kann möchte ich die auf www.suchhunde.de verweisen (Ausbildung RH und "normal" / Kapitel wildern).

Zum andern ist zu sagen daß Hunde die im Einsatz wildern nicht einsatzfähig sind - Punkt.
Jedoch gibt es auch Hunde die im "normalen" Leben mal abdüsen im Einsatz aber voll bei der Sache sind und Wild links liegen lassen.

Wenn ein Hund wildern geht hat dies mit Sicherheit nichts mit der RH Ausbildung zu tun. Zwar besteht hierbei häufiger die Möglichkeit daß er dem Reiz "Hase" ausgesetzt wird, ob er jedoch auf diesen Reiz reagiert oder nicht ist reine Erziehungsfrage. Jeder Hund kann lernen welches Wild jagdbar (ungefährlich Maus) und welches nicht jagdbar (gefährlich Elch)ist. es liegt am Hundeführer / Rudelführer dies dem Hund zu vermitteln.

Im Einsatz sollte dem Hund das Jagen nach dem Mensch ( mal übetrieben ausgedrückt) mehr Spass machen als das Jagen nach Wild. Dies zu erreichen ist Sache der Ausbildung / Bezug zum Helfer / Helferausbildung.

Sicher ist jedoch daß man jedem Hund das Jagen wieder abgewöhnen kann - für die RH Arbeit auch muß.

ciao suchhunde

18. Juni 2000 16:16

Ich möchte mich Bettinas Frage anschließen. Ich bin etwas überrascht, weil so wenig Resonanz auf diesen Beitrag gekommen ist. Ist das in den anderen Staffeln kein Problem oder ist es peinlich zuzugeben, dass Rettungshunde auch wildern?
Ich kenne eine ganze Reihe Rettungshunde, die auch dem Wild hinterhergehen. Nur Zufall?

19. Juni 2000 11:48

Hallo Suchhund(e),

ich bin ebenfalls der Meinung, dass ein Rettungshund nicht wildern sollte und ich glaube auch, dass mit Erziehung vieles zu erreichten ist. Trotzdem frage ich mich, ob einem Hund das Wildern nicht erleichtert wird, bzw. eine bereits bestehende Neigung zum Wildern nicht wieder aufkommt, wenn der Hund zum Rettungshund ausgebildet wird. Immerhin sind die Abläufe bei der Suche - ob Mensch, ob Wild - die gleichen.
Konkretes Beispiel: Ich habe drei Hunde, einen Border Collie, einen DSH-Mix und einen Yorkshire Terrier. Nur den Border Collie habe ich von kleinauf, die anderen habe ich mit ca 1 1/2 Jahren aus dem Tierheim geholt. Die Hunde hören überdurchschnittlich gut - aber nicht perfekt. Alle drei werden zu Rettungshunden ausgebildet und es macht ihnen viel Spaß. Der Border Collie hat auch die Fläche I Prüfung abgelegt. Für ihn ist die Suche und das Finden der Person derartig wichtig und spannend, dass ich mir sicher sein kann, dass auch wenn ich ihn zeitweilig auf der Suche nicht sehe, er keinem Wild hinterherginge.
Beim DSH-Mix ist das anders: als ich sie aus dem Tierheim holte stelle sich ziemlich schnell heraus, dass die hinter jedem Tier herlief, dass sie traf - Katze, Kuh, Pferd, Hase, Reh. Ich nehme übrigens an, dass in ihrer Ahnenreihe vor relativ kurzer Zeit ein Windhund mitgespielt hat. Ich habe sehr viel Zeit und Energie darauf verwendet sie davon abzubringen mit ganz gutem Erfolg. Katzen, Pferde, Kühe und auch Hühner ignoriert sie völlig. Wenn ich das Wild rechtzeitig sehe, kann ich sie auch bei mir behalten. Meistens kann ich sie auch noch abrufen, wenn sie sich in Bewegung setzt. Daher hatte ich seit über einem Jahr keinerlei Zwischenfälle mehr. Das beruht aber unter anderem darauf, das der Hund sich immer mehr oder weniger in meinem Einwirkungsbereich befindet (ca 30 m). Nun ist es ja so, dass während der Rettungshundearbeit sich der Hund auch außerhalb dieses Bereiches bewegen muss. Daher ist es viel wahrscheinlicher, dass ich sie nicht bremsen kann, wenn doch mal Wild auftauchen sollte. Der Hund wird also durch die Ausbildung selbstständiger (oder sehe ich das falsch?).
Jetzt vor einigen Wochen ist sie dann doch - während eines Spaziergangs - wieder einem Wild hinterher. Ich habe sie nicht loslaufen sehen, deshalb konnte ich sie nicht bremsen. Ich mache mir aber Sorgen, ob dieser Zwischenfall etwas mit der Rettungshundeausbildung - also der Erziehung zum selbstständigen Suchen zu tun haben könnte. Wenn ja, müsste ich mir überlegen, mit ihr die Ausbildung abzubrechen.
Ich frage mich auch, ob es an der Rasse liegen könnte?
Was hast du für einen Hund?
Gruß Julia


19. Juni 2000 17:49

1. Ich selber habe eine Mixhündin.

2. Wenn es an der Rasse liegen würde, könnten z.B. Jagdhunde, Schlittenhunde, etc. denen man ähnliches nachsagt nicht als RH geführt werden - sind jedoch im Einsatz.

3. Selbstverständlich werden die Hunde durch die RH Ausbildung selbständiger - müssen sie auch denn dies ist ja schließlich eins der Ziele der RH Ausbildung.

4. Sicher ist auch, daß RH's häufiger als andere Hunde dem Reiz "Wild" ausgesetzt werden. Allerdings ist es rein eine Frage der Ausbildung, ob ein Hund auf den Reiz reagiert oder nicht - einfach gesagt ob er sich davon vom Suchen ablenken läßt oder nicht. Dem wird bei der Ausbildung in der Regel zuwenig Rechnung getragen. Wir legen Futter aus, üben während laute Baumaschinen laufen, entzünden Feuer und Qualm, üben das Suchen während Bergungskräfte auf den Trümmern arbeiten ....... - wann wird im normalen Ausbildungsalltag mal ein Kannichen oder eine Katze in die Übung mit eingebaut?

Klar lernt ein Hund durch unsere Ausbildung "Menschen zu jagen". Dies ist in seiner Welt etwas vollkommen normales und führt keineswegs dazu, daß der Hund nun alles jagdt was ihm vor die Nase läuft. In der Natur lernt er auch, daß nur bestimmte Tiere jagdbar sein und dies für ihn Erfolg bedeutet. Ein Wolf / Hund der sich allein mit einem Wapiti/Elch anlegen will hat schlechte Karte und somit Mißerfolg, wenn nicht sogar Verletzungen. Genau aus diesem Grund ist die Jagdt auf Großwild nicht genetisch beim Hund einprogrammiert sondern vom Lernen der Jagdtaktik im Rudel abhängig. Kleines Wild jedoch kann vom Hund allein gejagdt und gerissen werden. Doch auch hier lernen die Hunde von erfahrenen Tieren was gut und was unangenehm ist (z.B. Klapperschlangen jagdt man nur einmal *g).
Somit ist es auch für einen Hund, der wie der RH häufiger diesen Reizen ausgesetzt wird, erlernbar welche Beute man zusammen jagen kann (Mensch) und welche man lieber sausen läßt (Rehe etc.). Selbst die "Jagdt auf Menschen" passt in das Verhaltensschema des Hundes, da dies eine Jagdt im Rudel ist, wobei die rangniedrigeren Mitglieder lediglich jagen und stellen, der Rudelchef dann auf Grund seiner Erfahrung jedoch allein in der Lage ist die Beute "zu reißen" (wir kümmern uns dann um das Opfer).
Im übrigen läßt eín Wolf während der Rudeljagdt auch andere Beute links liegen und konzentriert sich nur auf diese Jagdt.

Zudem müßte man, wenn man der These zustimmt die Hunde würden durch die RH Ausbildung leichter zum jagen verleitet, dann auch ALLEN Hunden zugestehen während der Suche jagen zu gehen, da es in jedem Hunde (egal welcher Rasse) einen Jagdttrieb gibt. Doch dem ist nicht so - nur manche gehen wildern.

Das ganze schließt dabei nicht aus, daß ein Hund im "Normalleben" auch mal jagen geht - hier muß dann die Hunde-Mensch Beziehung (Meutetrieb) weiter ausgebaut werden, damit der Hund auf die Reize nicht reagiert - wie bei allen anderen Reizen auch.

ciao suchhunde

Hört sich jetzt alles wild an, sollte das Ganze jedoch nur mal aus der Sicht des Hundes beleuchten.



20. Juni 2000 15:15

Hallo Suchhund(e),

ich glaube wir reden etwas aneinander vorbei. Ich wollte nicht behaupten, dass jeder Hund, der für die Rettungshundearbeit ausgebildet wird auch das Wildern anfängt. Das glaube ich nicht. Meine Frage ging dahin, ob Hunde, die "in ihrer Freizeit" wildern nicht vielleicht durch die Selbstständigkeit, die sie in der Rettungshundearbeit gewinnen "in ihrer Freizeit" mehr wildern als vorher.

Wenn ich dich richtig verstanden habe, bist du der Meinung, dass jeder Hund zunächst einmal für die Ausbildung zum Rettungshund geeignet ist, es nur von der Ausbildung selbst abhängt, ob ihn letztenendes das Jagen oder die Menschensuche wichtiger ist. Hab ich das richtig verstanden?

Desweitern meine ich verstanden zu haben, dass du denkst, dass jedem Hund - egal welche Vorgeschichte und welcher Rasse - das Wildern abgewöhnt werden kann, auch wenn er schon viele Erfolgserlebnisse diesbezüglich hatte. Hattest du schon mal einen Hund, der gewildert hat und dem du das abgewöhnen konntest? Haben die Mittel, die du auf deiner Homepage erwähnst dabei gereicht?
Ich sehe schon Möglichkeiten bei einem Welpen, aber bei einem ausgewachsenen Hund mit ausgeprägter "Jagderfahrung" bin ich etwas skeptisch. Der hat doch soviele Erfolgserlebnisse, dass man ihn doch nicht ohne weiteres davon überzeugen kann, dass es plötzlich gefährlich sein soll, z.B. einem Reh hinterherzulaufen.


Für eine Antwort wäre ich dankbar.

Gruß Julia