Frage zu wildernden Rettungshunden
20. Juni 2000 19:12

Hallo,

: Wenn ich dich richtig verstanden habe, bist du der Meinung, dass jeder Hund zunächst einmal für die Ausbildung zum Rettungshund geeignet ist, es nur von der Ausbildung selbst abhängt, ob ihn letztenendes das Jagen oder die Menschensuche wichtiger ist. Hab ich das richtig verstanden?

Ja. Es liegt ausschließlich an der Motivation des Hundes, was er im Einsatz zusammen mit seinem Rudel "jagdt" und somit natürlich an der Art und Weise der Ausbildung.

: Hattest du schon mal einen Hund, der gewildert hat und dem du das abgewöhnen konntest? Haben die Mittel, die du auf deiner Homepage erwähnst dabei gereicht?

Ich selber hatte einen Hund, dem ich das Jagen angewöhnt hatte, weil ich damals noch der Meinung war "lieber seine Triebe ausleben können auf die Gefahr hin vom Jäger erwischt zu werden, als das ständig der Jagdttrieb unterdrückt wird". Kann ich heute auch nicht mehr nachvollziehen, aber damals war es halt auch mein erster Hund und ich selber entsprechend unerfahren. Dieser Hund jagdte Rehe, Hasen, Wildschweine etc. mit Erfolg und manchmal sogar im Rudel. Nach einigen für mich selber bedeutsamen Ereignissen bin ich dann dran gegangen dem Hund dies wieder abzugewöhnen. Nach einer Weile war das auch erfolgreich.
In der Staffel selber sind natürlich auch immer wieder Hunde dabei, die anfangs keinerlei Hemmungen haben wildern zu gehen. Schließlich kommen ja nicht nur Welpen zu uns, sondern auch erwachsene Hunde mit allen möglichen Stärken und Macken. Bei diesen Hunden geht es auch ihnen das Wildern abzugewöhnen, auch wenn dies schwieriger ist als beim eigenen Hund, da hier die Hundeführer selber aktiv werden müssen.
Ich denke es wird auch in jeder Staffel so sein, daß Hunde dabei sind, die anfangs wildern.
Es ist auch klar daß nur ein Hund der zuverlässig nicht wildert einsatzfähig ist.

Das was ich auf unserer Page aufgeschrieben habe ist das Resultat dessen was wir im Laufe der Zeit mit Erfolg angewandt haben, Hunden das wildern abzugewöhnen. Sicherlich nur ansatzweise beschrieben, da für jeden Hund / Hundeführer eine Lösung gefunden werden muß. Letztendlich läuft es jedoch immer wieder auf die konsequente Platzübung, ähnlich dem "Down" der Jäger, hinaus. Sicherlich kein Allheilmittel, aber halt das mit dem wir selber bisher gut gefahren sind.
Es ist dabei jedoch auch klar, daß ein Hund länger für ein Umlernen braucht, je länger er bisher erfolgreich jagen konnte. Vor allem aber der Hundeführer braucht länger sein eigenes Verhalten im Vorfeld und im aktuellen Fall zu ändern. Hier liegt der eigentliche Knackpunkt - das Verhalten des Hundeführers.
Geht man jedoch hier konsequent dran und führt den Hundeführer entsprechend, ändert sich meist das Verhalten des Hundes recht schnell. Das wiederum führt zu Erfolgserlebnissen beim Hundeführer und somit wieder zu mehr Vertrauen dem Hund gegenüber.
Da man den Hundeführer jedoch meist nicht direkt ändern kann ohne das er sein Gesicht verliert, ist der Aufbau der Platzübung eine Möglichkeit daß der Hundeführer selber neue Regeln aufstellt, diese versucht konsequent einzuhalten und damit unbewußt sein Verhalten selber ändert (auch wenn er meint "nur" das Verhalten des Hundes zu ändern).

Auch im Alltag wird ein Hund, der selbständiger geworden ist, nicht mehr wildern. Wenn das Nachrennen einem Tier hinterher erst einmal mit einem Tabu belegt ist, gilt dies sowohl im Alltag als auch im Einsatz. Man wendet dabei nichts anderes als das Verallgemeinern an, welches man auch in anderen Ausbildungsteilen verwendet. z.B. wird ein Welpe ja auch selbstbewußtes mit zunehmendem Alter, egal ob er nun zum RH ausgebildet wird oder nicht. Dieser Welpe lernt ja auch zuerst Futter im Einwirkungsbereich des Hundeführers nicht vom Boden aufzunehmen (zuhause), dann in einer anderen Umgebung (draußen) und letztendlich auch außerhalb des Einwirkungsbereiches des Hundeführers.

Da während der RH-Ausbildung meist keine Wildreinheit geübt wird, wird eine diesbez. Ausbildung auch erst auf privater Ebene erfolgen und dann später verallgemeinert z.B. im Nachteinsatz.

Einfach ausgedrückt, ein Hund der draußen alles frisst was rumliegt, müßte dann noch mehr fressenb auf Grund der Selbständigkeit............

Abgesehen davon bilden wir unsere Hunde bei der RH Ausbildung ja nicht zu einer unkontrollierten Selbständigkeit aus, sondern zu einer Selbständigkeit die jederzeit von uns beeinflußt werden kann. Und dies in allen Bereichen des RH.
Der Hund wird z.B. zum Anbellen von Opfern ausgebildet, was eine gehörige Portion Selbstbewußtsein erfordert. Trotzdem erfolgt nicht ein wahlloses Anbellen von Fremden im Alltagsleben. Geschieht dies trotzdem einmal, wird sofort vom Hundeführer korriegieren eingegriffen sodaß es zukünftig nicht mehr dazu kommt.

So fänden sich noch viele Beispiele die durch die Selbständigkeitsförderung im Alltagsleben zu verstärktem Fehlverhalten führen müßten - was jedoch nicht erfolgt.

ciao suchhunde



11. Juli 2000 14:33

: Ich möchte mich Bettinas Frage anschließen. Ich bin etwas überrascht, weil so wenig Resonanz auf diesen Beitrag gekommen ist. Ist das in den anderen Staffeln kein Problem oder ist es peinlich zuzugeben, dass Rettungshunde auch wildern?
: Ich kenne eine ganze Reihe Rettungshunde, die auch dem Wild hinterhergehen. Nur Zufall?

Ich glaube, dass keiner gerne zugibt dass sein Rettungshund auch gerne wildert. Leider musste ich jedoch feststellen, dass mein Hund jetzt mit nochmehr System den Hasen hinterherjagt!! Auch wir haben daraufhin die Arbeit bei der Rettungshundestaffel unterbrochen, da ein absolutes Vertrauen auf die Suche nach Vermissten nichtmehr gegeben ist.