100%-ig verfügbar - realisitsch?
02. Oktober 2001 12:37

Hallo

Ich habe eine Frage an die aktiven RH-Führer/innen:

In einigen Meldungen der letzten Tage wurde immer wieder betont, dass man als RH-Führer 365 Tage im Jahr 24h pro Tag verfügbar sein muss. Ich stelle mir das als Idealfall vor, kann mir aber nicht vorstellen, dass jemand, der evtl. eine Familie/Partner hat, das über einen Zeitraum von von einigen Jahren garantieren kann. Es kann doch ab und zu vorkommen, dass z.B. jemand krank ist etc. und man nicht weg kann. Wie sieht das in der Realität aus? Könnt Ihr eine 100%-ige Verfügbarkeit sicherstellen? Was wenn nicht?

Interessierte Grüsse
Monika L.

02. Oktober 2001 13:20

Hi Monika,

ich bin seit 8 Jahren jetzt RH-Führerin und die 100% sind natürlich als optimal (Wunsch) zu sehen. Aber es kommt halt vor, das man krank oder im Urlaub ist oder Chef gerade an diesem Tag ein verdammt wichtiges Meeting anberaumt hat - also die 100% Verfügbarkeit wird man nie erreichen. Auch der Hund kann sich ja verletzten oder krank sein.

Aber wenn einer nie tagsüber kann, nie am Wochenende oder nie nachts (wo die meisten regionalen Einsätze laufen) weil kein Babysitter da ist usw. ist der HF für die RH-Arbeit nicht zu gebrauchen. Das Ziel sind 100% und je näher man diesem kommt umso besser. Man steckt einfach zu viel Arbeit in das RH-Team um es fit für den Einsatz zu machen. Eine Staffel die mehrere (z.B. 10) einsatzfähige Teams besitzt kann jedoch leichter mal auf 1 oder 2 Teams notgedrungen (wirklich nur notgedrungen!) verzichten als wie Staffeln mit nur 3 oder 4 einsatzfähigen Teams. Aber es sollte generell die Nach (Mit-)alarmierung anderer Staffeln im Umkreis - auch anderer RH-Organisationen - schnellstens erfolgen!

Karin

02. Oktober 2001 13:31

Hallo,

natürlich kann ein HF krank oder im Urlaub sein oder der Hund ist krank oder sonstwie nicht einsatzfähig.
Es kann auch mal was wichtiges im Beruf/Studium wie Vorstellungsgespräch, Prüfung, wichtiger Termin etc. sein.
Außerhalb solcher Ausnahmen muß das Team rund um die Uhr verfügbar sein und innerhalb von max. 30 min abmarschbereit sein. Dazu gehört auch, daß man z.B. nach 12-stündigem Einsatz morgens ohne Schlaf direkt zur Arbeit gehen muß.
Vielleicht alles auch ein Grund, weshalb überwiegend Frauen, 60%, aktiv sind.
Gruß
Andreas

02. Oktober 2001 14:01

Hallo Andreas,
:Vorstellungsgespräch, Prüfung, wichtiger Termin etc. sein.
: Außerhalb solcher Ausnahmen muß das Team rund um die Uhr verfügbar sein und innerhalb von max. 30 min abmarschbereit sein.

Das würde ja heißen: Sich niemals mehr von zuhause wegbewegen (kein Urlaub, kein Ausflug, kein Besuch bei Freunden, die weiter weg wohnen)...
Nicht zu vergessen: Niemals mehr auch nur einen Tropfen Alkohol auf einer Fete, denn es könnte ja ein Einsatz kommen, zu dem man eine nicht unbeachtliche Strecke mit dem Auto zurücklegen muß.

Mir ist durchaus klar, daß RH-Führer kein Hobby, sondern ein verantwortungsvolles Ehrenamt ist.
Aber: Bei Pflichterfüllung bis zur Selbstaufgabe bleibt die Motivation irgendwann auf der Strecke und das kann es ja auch nicht sein.
Ich habe vor, auch als RH-Führer ganz normal weiterzuleben und falls ich mal aus privaten Gründen nicht in einer halben Stunde ins Auto hechten kann, dann gehöre ich eben zur zweiten Schicht, die die ausgepumpten Teams ablöst.
24 Stunden am Tag in Hab-acht-Stellung zu sein fördert auf Dauer bestimmt nicht die Leistungsfähigkeit. Und um die geht es doch angeblich.

Gruß
Eva-Marie

02. Oktober 2001 14:57

Hi Eva,

: Das würde ja heißen: Sich niemals mehr von zuhause wegbewegen (kein Urlaub, kein Ausflug, kein Besuch bei Freunden, die weiter weg wohnen)...

Es ist tatsächlich so: wenn Du ins Kino gehst, setzt Du Dich an den Rand; für Theater meldest Du Dich als nicht-einsatzfähig diesen Abend ab, genauso bei entfernteren Ausflügen oder Besuchen. In der Sauna gibst Du den Piper der Aufsicht etc. Nicht alle Staffeln rücken binnen 30min aus, aber 1,5 Std. sind dann die Zeiten, wo es fast immer möglich sein muß.

: Nicht zu vergessen: Niemals mehr auch nur einen Tropfen Alkohol auf einer Fete, denn es könnte ja ein Einsatz kommen, zu dem man eine nicht unbeachtliche Strecke mit dem Auto zurücklegen muß.

Meist fährt man nicht selbst, aber es stimmt - man sollte wirklich in der Regel wenig trinken oder muß sich abmelden (natürlich nciht jedes Wochenende).

: Mir ist durchaus klar, daß RH-Führer kein Hobby, sondern ein verantwortungsvolles Ehrenamt ist.
: Aber: Bei Pflichterfüllung bis zur Selbstaufgabe bleibt die Motivation irgendwann auf der Strecke und das kann es ja auch nicht sein.

Nein, die Motivation ist so hoch! Nach einigen Einsätzen ist man dazu bereit, wenn man mit Herz und Seele dabei ist.

: Ich habe vor, auch als RH-Führer ganz normal weiterzuleben und falls ich mal aus privaten Gründen nicht in einer halben Stunde ins Auto hechten kann, dann gehöre ich eben zur zweiten Schicht, die die ausgepumpten Teams ablöst.

Nein, so ist das nicht allgemein möglich, denn oft gibt es keine zweite Schicht, weil eh nur eine gute Handvoll einsatzfähiger Hunde da ist. Außerdem muß der Staffelleiter, der ja die Staffel bei Feuerwehr und Polizei als einsatzfähig gemeldet hat (das wird nicht für jeden Einsatz neu gemacht), wissen, daß nicht von z.B. 7 einsatzfähigen Hunden (es gibt viele Staffeln mit weniger) 5 nicht zur ersten Schicht bereitstehen. Außerdem arbeiten erfahrene Hunde z.B. in der Fläche über Stunden am Stück und im Winter ist es die erste Schicht, die die Chance gibt, das Erfrieren zu vermeiden. Denn, nicht zu vergessen: meist wurde bis dahin ja schon mit anderen Mitteln gesucht, also der Verletzte dürfte zumeist am Ende seiner Kräfte sein.

: 24 Stunden am Tag in Hab-acht-Stellung zu sein fördert auf Dauer bestimmt nicht die Leistungsfähigkeit. Und um die geht es doch angeblich.

Nicht angeblich - am besten Du machst Dich jetzt mal vor Ort schlau - Du wirst merken, daß Rettungshundestaffeln extrem überdurchschnittlich einsatzbereit sind.

Es gibt auch unter Staffeln eine Menge Knatsch und Krach - mehr als der Sache dienlich ist - aber das außerordentliche Engagement haben praktisch alle.

Viele Grüße
Heidrun

02. Oktober 2001 15:08

Hallo,

leider hast du mein Posting etwas verkürzt, denn ich habe sehr wohl auch von Urlaub geredet.
Man muß sich manchmal im Leben entscheiden, was man will: entweder ständig feuchtfröhliche Partys mit Freunden feiern oder aber Rettungshundeführer sein :-).
Es geht natürlich auch um die statistische Wahrscheinlichkeit: nicht bei jeder Party gibt es einen Einsatzalarm.
Ein Habachtstellung gibt es nur in der Anfangszeit, nachher ist die ständige Alarmbereitschaft eher Routine.
Wenn jemand aber ständig bei Einsätzen verhindert ist, macht es keine Staffel lange mit.
Eine 2. Schicht, die aus der gleichen Staffel kommt, ist oft aus logistischen Gründen gar nicht möglich.
Sei es, der Einsatzort ist 200 km weg oder der Einsatz wurde abgebrochen.

Gruß
Andreas