Prüfung=Einsatz?
02. Mai 2002 18:39

So nun möchte ich noch einen weiteren Thread zum Thema "Prüfungsordnungen" lostreten:

Ehrlich gesagt verstehe ich die große Besorgnis nicht ob nun einige "Übungen" in der Prüfung einsatzrelevant sind oder nicht. Wie die Diskussion um verschiedene Prüfungsordnungen gezeigt hat, läßt sich zur Not fast immer eine Einsatzrelevanz konstruiren und ich wette selbst wenn der Hund Handstand machen müßte ließe sich noch eine Situation konstruieren, in der dieses "Feature" für einen Einsatz ja doch ganz praktisch sein könnte. Das gleiche gilt natürlich genau so in die andere Richtung. Genau so wie man für jede Prüfungsaufgabe eine Einsatzrelavanz konstruieren kann, kann man für jede einzelne Aufgabe nachweisen, daß sie im Grunde genommen "idiotisch" ist. Natürlich läßt sich bei jeder Prüfungsaufgabe bezweifeln ob diese spezielle Aufgabe nun wirklich einsatzrelavant sein könnte. Letztlich könnte man die "Einsatztrelevanz" der kompletten Prüfung hinterfragen - man läge damit warscheinlich gar nicht so falsch.

Und in der Tat - wer glaubt ein Team aus Hund und Hundeführer nach einer bestandenen Prüfung als einsatzfähig bezeichen zu können irrt meiner bescheidenen Meinung nach gewaltig.

Prüfungen sind nun mal kein Einsatz und daher ist die Frage ob bestimmte Abfolgen einsatzrelevant sind äußerst zweitrangig. In meinen Augen soll eine Prüfung dazu dienen, die Leistungsfähigkeit eines Teams aus Hund und Hundeführer zu beurteilen.

Dabei wird ein kleines Spektrum von Fähigkeiten unter fest definierten Bedingungen überprüft. Ein Spektrum, von dem man glaubt, daß es eine Mindestanforderung an einen Hund darstellt, der wie in unserem Fall möglicherweise in einem Rettungshunde- Einsatz brauchbar sein könnte.

Offensichtlich werden doch in allen Retungshunde- Püfungen folgende Fähigkeiten getestet:

- Motivation
- Nasenarbeit
- Suchstrategie
- Suchverhalten
- Kondition
- Frustrationstolleranz
- Anzeigeverhalten
- Verhalten dem "Opfer" gegenüber
- Stresresistenz
- Bezieheung Hund- Hundeführer (Einordnung/Gehorsam)
- Gewandtheit


Variationen ergeben sich bei den einzelnen Prüfungen nur in der Definition und der Gewichtung der äußeren Bedingungen. Ein Rettungshund sollte anpassungsfähig sein und ich behaupte einmal ganz frech, einem erfahrenen, gut aufgebauten Rettungshund sollten diese äußeren Bedingungen ziemlich gleichgültig sein. Es kann nicht das Ziel sein eine - also "unsere" Prüfung zu bestehen. Das Ziel muß es sein jede - auch noch so "dämliche" Prüfung zu bestehen, die die oben genannten Fähigkeiten testet - denn das sind nun mal die grundlegenden Fähigkeiten, die ein Team mitbringen muß um für einen Einsatz geeignet sein zu können. Zur Einsatzfähigkeit kommen dann noch viele weitere Faktoren, die in einer Prüfung nicht abgefragt werden können wie Physische und Psychische Stabilität des Hundeführers, Teamgeist, Eigenständigkeit, Entscheidungskraft und neben vielen anderen Fähigkeiten vor allem Verantwortungsbewußtsein.

Wir sollten die bestandene Prüfung nicht mit der Einsatzfähigkeit verwechseln. Die Prüfung ist ein standardisierter Test, der Grundfähigkeiten eines Teams aus Hund und Hundeführer abfragt - mehr nicht. Daher ist die Frage nach der möglichen Einsatzrelevanz mehr als zweitrangig. In der Prüfung ist es wichtig, daß der Hund die ihm übertragene Aufgabe freudig für seinen Hundeführer erledigt und daß der Hundeführer in der Lage ist seinen Hund zu leiten, zu motivieren und ihm zu "erklären" was er nun tun soll. Und in der Tat sollten wir auch noch so "unsinnige" Übungen in einer Prüfung lieber als Herausforderung sehen. Das selbständige Denken und Handeln ist im Einsatz gefragt. die Grundlage für die Einsatzfähigkeit ist die Prüfung. Über die tatsächliche Einsatzfähigkeit eines Teams entscheidet die Staffel und dann liegt es in der Verantwortung des Hundeführers diese Entscheidung anzunehmen und letztlich selbst noch einmal mit äußester Verantwortung über seine Einsatzfähigkeit nachzudenken. Wenn ein Opfer überrannt wird, so ist das in den meisten Fällen das Todesurteil. Jeder Hundeführer sollte sich das klar machen. Wenn er im Vertrauen auf eine bestandenen Prüfung in einen Einsatz geht, hängt von ihm und seinem Hund ab ob ein Mensch stirbt. Diese Verantwortung kann man nicht auf eine Prüfungsordung schieben. Man kann sie nicht auf den Ausbilder, den Prüfer oder den Einsatzleiter abwälzen. Letztlich entscheidet der Hundeführer - natürlich erst nach bestandener Prüfung, ob er wirklich einsatzfähig ist. Damit nimmt er eine sehr große Verantwortung auf sich.

An diesem Punkt ist eigenes Denken viel mehr gefragt als beim Nachdenken über die mögliche Einsatzrelevanz von Prüfungsaufgaben.

Viele Grüße Henry


03. Mai 2002 07:08

Hi Henry,

ich bin da voll und ganz Deiner Meinung. Es ist nur das Problem, das die wenígsten Hundeführer es selber zugeben können, das sie - trotz bestandener Prüfung - noch nicht (oder nur beschränkt) einsatzfähig sind.
Je höher ich aber die Prüfungsanforderungen schraube, je realer ich sie gestalten kann, desto geringer wird die Differenz zwischen Prüfungsanforderung und Einsatzanforderung. Für mich ist eine PO gut, die möglichst nahe an einen Einsatz kommen kann, z.B. die Prüfung der Redog (ist für mich die Nr. 1) oder der SHS Freiburg oder des DRV.
Eine PO, wo 350m x50m abgesucht wird, wo jeder weiß, das am Ende eine Person liegt - sorry ist für mich wirklich nur ein Minimum an "Können müssen" und zu weit von der Realität entfernt.
LEider schaut die Realität auch so aus: es gibt HF die sich in dem Suchgebiet 350m x 50m an der PRüfung verlaufen, die Prüfung (mit Hilfe des Prüfers) doch noch schaffen und dann noch gerichtlich vor gehen weil der Einsatzleiter sie nicht zum Einsatz geholt hat?!

Das PRoblem sind nicht die PO's sondern die Menschen die diese PRüfungen ablegen und nicht ehrlich zu sich selber sind!
Traurig aber wahr.

Gruß Andi

03. Mai 2002 11:08

Hallo Andi!

: Für mich ist eine PO gut, die möglichst nahe an einen Einsatz kommen kann, z.B. die Prüfung der Redog (ist für mich die Nr. 1) oder der SHS Freiburg oder des DRV.

Die PO der SHS kenne ich, DRV hast Du schon beschrieben, aber über die PO der Redog weiß ich nichts. Gibt es da eine Internetseite dazu oder könntest Du kurz die wichtigsten Daten angeben? (Über das schweizer System weiß ich nur, was in "Wettlauf mit dem Tod" steht.)

Danke schonmal, Kaya



04. Mai 2002 10:05

Hi Kaya,

leider kenn ich die PO der Redog nur von einer Bekannten, die mit Ihrem Hund da die Ausbildung gemacht hat. Da durft ich dann mal die PO anschauen. So genau weiß ich es nicht mehr, aber es geht glaub ich überer mehrere Tage und viele Stunden Suchzeit. Trümmer wie Fläche. Da ist alles was wir in Good old Germany absolvieren Kinderkram. Aber vielleicht kriegt man ja von einem Schweizer Forumsmitglied ne Info?!

Gruß Andi


04. Mai 2002 10:32

Hallo Andi,

isses nicht auch so, daß Redog RH-Prüfung und Einsatztest unterscheiden?
Die RH-Prüfung (SanH 1 -3) ist ähnlich wie viele deutsche POs (außer, daß neben der Person auch ein Gegenstand angezeigt werden muß) während der Einsatztest, der zum Erreichen der Einsatzfähigkeit absolviert werden muß, schon wesentlich anspruchsvoller ist.
Ähnliche Einsatztests führen z.B. auch die ÖRHB und IRO durch. Berühmt-berüchtigt ist auch der Einsatztest der AFDRU.

Gruß Eva

05. Mai 2002 07:12

: Hallo Andi,
:
: isses nicht auch so, daß Redog RH-Prüfung und Einsatztest unterscheiden?

: Die RH-Prüfung (SanH 1 -3) ist ähnlich wie viele deutsche POs (außer, daß neben der Person auch ein Gegenstand angezeigt werden muß) während der Einsatztest, der zum Erreichen der Einsatzfähigkeit absolviert werden muß, schon wesentlich anspruchsvoller ist.

Soviel ich weiß ist die SanH 1-3 die Sportprüfung, die aber glaub ich nicht direkt etwas mit den Redog zu tun hat.

: Ähnliche Einsatztests führen z.B. auch die ÖRHB und IRO durch. Berühmt-berüchtigt ist auch der Einsatztest der AFDRU.

Wusste ich gar nicht daß es bei der IRO einen Einsatztest gibt! Die anderen sagen mir leider nix, wär aber mal interessant die Anforderungen zu lesen.

Gruß Andi