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Gute Ausbildung für schlechte Hunde?

geschrieben von Yanka(YCH) 
Gute Ausbildung für schlechte Hunde?
17. Juli 2002 13:10

Hallo zusammen,

ich möchte mal eine etwas provokative Überlegung zur Diskussion stellen.
Die Ausbildungsmethoden der letzten Jahre sind sowohl im Sportbereich als auch in der RH-Arbeit immer weiter verbessert worden. Eigentlich ein positiver Trend. Nur hat das ganze auch einen negativen Beigeschmack. Immer mehr Hunde mit wenig Potential erreichen dank guter Ausbilder ein Niveau, daß zum bestehen einer Prüfung notwendig ist. Im Prinzip ist jeder Hund ausbildbar, der Ausbilder muß nur gut genug sein. Aber kann es das sein, daß ein guter Ausbilder bzw. HF das mittelmäßige bis wenige Potential seines Hundes kompensieren muß? Im Sportbereich ist es noch fataler. Mittelmäßige Hunde die Dank eines sehr guten HF auf entsprechendes Niveau gebracht werden, kommen auch noch aufgrund der erbrachten Leistungen in die Zucht.

Wie einfach Ausbildung ist, sieht man wenn man mal einen Hund an der Strippe hat, der einfach viel mehr Potential mitbringt als der durchschnittliche Familienhund. Wo mit anderen Hunden monatelang an Opferbindung und Triebaufbau gearbeitet wird, brauchen diese Hunde nur wenige Trainingseinheiten. Da frage ich mich doch, warum soll ich es mir als Ausbilder eigentlich so schwer machen? Warum muß ich meine Energien an Hunden verschwenden, um sie auf ein Niveau zu bringen die andere genetisch schon mitbringen? Wieviel mehr könnten solche Teams an Leistung bringen. Sollten nicht solche Teams optimal gefördert werden? Zeit kosten aber meistens die Hunde, die dieses Potential eben nicht mitbringen und die geht den guten Teams dann verloren. Nach meinen Beobachtungen wird die RH-Arbeit immer mehr zum Breitensport und die wenigen Teams die es wert wären optimal gefördert zu werden kommen leider zu kurz.

Bin gespannt auf Eure Meinung.

Gruß Sabine + Yanka


17. Juli 2002 13:37

Hallo Sabine,

Nicht jede Staffel verfügt über derart Zulauf, daß sie sich nur die besten bzw. wahrscheinlich(!) besten Teams aussuchen kann (eine grundsätzliche Auswahl mal unterstellt).

Wer kann relativ zuverlässig ganz junge Hunde beurteilen? Gewisse Anlage mögen sich schon sehr früh zeigen, aber bleiben diese auch bestehen oder lassen sie sich evtl auch fördern? Was wird im Laufe der Zeit (vor allem bis bzw. nach der Pubertät) aus dem Team?

Wer kennt derart viele Rassen so gut, um deren Besonderheiten in der Entwicklung beurteilen zu können?

Wer kann einem jungen Hund die Zukunft voraussagen? Viele ehemals vorsichtige oder zurückhaltende Hunde (ist ja nicht so wirklich erwünscht) mausern sich nach der Pubertät ganz gewaltig.

Wer kann sagen, wie sich der HF entwickelt. Es nützt nichts, wenn ein toller Hund bei einem HF, sagen wir mal der nicht in die Staffel passt, an der Leine hängt.

Auch schade, wenn nur die voraussichtlich tollen Hunde "aufgenommen" werden, die HF aber nach einem halben Jahr abspringen.

...

Natürlich ist es schade um die Zeit, die in einem Hund investiert wird, der nur knapp oder evtl. gar nicht prüfungsreif wird. Aber was ist mit den HF? Bereichern nicht auch diese die Staffel?
Außerdem - auch aus Fehlern lernt man bzw. an jedem Hund kann man vieles lernen. Wenn immer nur "Triebkanonen" in eine Staffel gelangen, lernt diese nie mit einem Hund zu arbeiten, bei dem die Motivation (warum auch immer) erst geweckt werden muß und ihnen entgehen u.U. wertvolle Hunde!

Tani

17. Juli 2002 13:44

Hi,

also ich kenn mich mit Hundesport und mit Rettungshundearbeit nicht aus. Aber ist es nicht völlig wurscht, wie lange ein Hund braucht, wenn er letztendlich dieselbe gute Arbeit macht? Wieso ist das Energieverschwendung, einen Hund so aufzubauen, dass er gute Arbeit leistet, auch wenn er etwas länger braucht?

Viele Grüße

Franziska

17. Juli 2002 14:34

: Hi,
:
: also ich kenn mich mit Hundesport und mit Rettungshundearbeit nicht aus. Aber ist es nicht völlig wurscht, wie lange ein Hund braucht, wenn er letztendlich dieselbe gute Arbeit macht?

Dieselbe gute Arbeit glaube ich nicht. Evtl. reicht es um eine Prüfung zu bestehen. Die Frage ist, ob Prüfungsniveau das Ziel der Ausbildung ist oder erst der Anfang? Was ist gut...da hat wohl jeder eine andere Auffassung von.

Wieso ist das Energieverschwendung, einen Hund so aufzubauen, dass er gute Arbeit leistet, auch wenn er etwas länger braucht?

Wieviel ist etwas länger? Wo sind die Grenzen eines solchen Hundes? Im Ernstfall hängt von der Qualität unserer Hunde ein Menschenleben ab, sollten wir uns da nicht nur mit den Besten zufrieden geben?

Gruß Sabine + Yanka

17. Juli 2002 15:23

Hallo Tani,
:
: Nicht jede Staffel verfügt über derart Zulauf, daß sie sich nur die besten bzw. wahrscheinlich(!) besten Teams aussuchen kann (eine grundsätzliche Auswahl mal unterstellt).

Da hast Du Recht aber wieviele beste Teams brauchst Du denn? Wäre weniger nicht mehr?
:
: Wer kann relativ zuverlässig ganz junge Hunde beurteilen? Gewisse Anlage mögen sich schon sehr früh zeigen, aber bleiben diese auch bestehen oder lassen sie sich evtl auch fördern? Was wird im Laufe der Zeit (vor allem bis bzw. nach der Pubertät) aus dem Team?
:
Das ist ein wichtiger Punkt. Aber irgendwann muß ich ja mal erkennen, ob der Hund was wird oder nicht. Das schwierige daran ist, daß man jetzt niemanden mehr nach Hause schicken mag.

: Wer kennt derart viele Rassen so gut, um deren Besonderheiten in der Entwicklung beurteilen zu können?

Muß ich nicht kennen. Ich habe ein Mindestniveau unter dem ich mit der Ausbildung nicht anfange und wenn ein Hund länger braucht um dieses Niveau zu erreichen, dann soll er wieder kommen wenn er soweit ist.


:
: Wer kann einem jungen Hund die Zukunft voraussagen? Viele ehemals vorsichtige oder zurückhaltende Hunde (ist ja nicht so wirklich erwünscht) mausern sich nach der Pubertät ganz gewaltig.

Das ist ja wunderbar....aber das ist doch nicht Aufgabe des Ausbilders diese Entwicklung herbei zu führen, oder?

:
: Wer kann sagen, wie sich der HF entwickelt. Es nützt nichts, wenn ein toller Hund bei einem HF, sagen wir mal der nicht in die Staffel passt, an der Leine hängt.

Vollkommen richtig...dann würde ich mich von dem leider tollen Hund mit ungeeigneten HF auch trennen.
:
: Auch schade, wenn nur die voraussichtlich tollen Hunde "aufgenommen" werden, die HF aber nach einem halben Jahr abspringen.
:
Das kann passieren aber heißt das im Umkehrschluß ich bilde lieber schlechte Teams aus als gar keinen oder nur einen?

: ...
:
: Natürlich ist es schade um die Zeit, die in einem Hund investiert wird, der nur knapp oder evtl. gar nicht prüfungsreif wird. Aber was ist mit den HF? Bereichern nicht auch diese die Staffel?

Ja tun sie ..... wir haben aber auch HF die sich inzwischen einen 2. geigneteren Hund geholt haben und mit diesem die Staffel noch viel mehr bereichern.


: Außerdem - auch aus Fehlern lernt man bzw. an jedem Hund kann man vieles lernen. Wenn immer nur "Triebkanonen" in eine Staffel gelangen, lernt diese nie mit einem Hund zu arbeiten, bei dem die Motivation (warum auch immer) erst geweckt werden muß und ihnen entgehen u.U. wertvolle Hunde!

Ich hatte nicht nur Triebkanonen bei uns und ich habe viele Fehler gemacht und aus vielen Fehlern gelernt und einer dieser Fehler war es Zeit in aussichtslose Fälle zu verschwenden. Natürlich gibt es auch Fälle wo unsere Bemühungen "erfolgreich" waren und das Prüfungsniveau erreicht werden konnte aber die Grenzen solcher Hunde sind doch sehr schnell erreicht. Da sollte man sich nicht selbst belügen. Das aus schwachen Hunden plötzlich Überflieger wurden, habe ich noch nicht erlebt.

Gruß Sabine + Yanka

17. Juli 2002 15:39

Hallo Sabine,

meine persönliche Erfahrung:
Ein Hund, der sich um der Beißwurst willen halb erwürgt und mit dem Moniereisen in der Brust unbeeindruckt weiterrennt, ist nicht zwangsläufig der bessere Rettungshund (kann, muß es aber nicht sein).
Die Arbeit solcher Hunde sieht spektakulärer aus, zugegeben, ist aber deshalb nicht unbedingt gründlicher.

Ich habe schon relativ ruhige, oder sagen wir lieber ausgeglichene, gelassene Hunde erlebt, die absolut gründliche und ausdauernde Arbeiter waren, die sich ihre Kräfte einteilen konnten.

Andererseits habe ich auch schon supertriebige Hunde aus Leistungszuchten oder aus arbeitswütigen Moderassen gesehen, die einfach nur hirnlos durchs Gelände rasten und die Witterung x-mal überrannten und sich schon zu Anfang sinnlos auspowerten.

Das soll jetzt nicht heißen, dass diese Hunde grundsätzlich die schlechteren und die anderen immer die besseren sind. Das auf keinen Fall. Aber zur Beurteilung der Arbeitsleistung sollte man mehr heranziehen als den sichtbaren "Trieb" (der sich oft ganz gut verstecken kann).
Gerade spätreife Rassen "kommen" oft erst nach der Pubertät und jede Rasse hat auch ihren individuellen Arbeitsstil.

Es ist die Kunst eines guten Ausbilders ein verstecktes Juwel von einer echten Nulpe unterscheiden zu können. ;-)

Zum züchterische Selektieren nach immer mehr "Trieb" im SchH-Bereich, das Du ansprichst:
Das hat u.a. auch dazu geführt, dass viele Hunde nur noch superhektisch, nervös und schwer konzentrierbar sind - für viele HF gar nicht mehr zu händeln.

Gruß
Eva