: Das enttäuscht mich tatsächlich - jemand, der so eine starke Meinung in einer Sache vertritt und so gegen den Raubbau an der Natur wettert, sollte mehr Aktivismus in diesem Bereich zeigen und so seinen Teil beitragen, miene Meinung. Nur der Mensch ist schlecht etc. zu brüllen und selber nicht viel tun ist zu leicht.
Hi Tanja,
WAS bitte schön soll man denn tun, außer in seinem persönlichen Umfeld zu wirken? Mir fällt da wirklich nichts ein. Praktische Ansätze versickern, wie wir am Beispiel der Grünen sehen, im Gewirr der politischen Realitäten. Anstatt also meine Kräfte in Paragraphendschungeln abzureiben, widme ich sie lieber meinen Tieren. Ich war ein paar Jahre Greenpeace-Aktivist und Tierbefreier, aber das hat alles nichts gebracht außer einer Menge Ärger und finanziellen Belastungen (Geldstrafen), die mich beinahe erdrückt hätten, und erreicht hat man nichts, weil die Zielsetzungen viel zu allgemein waren. Wenn jeder vor seiner eigenen Tür kehrte, wäre viel, sehr viel erreicht. Tatsächlich interessieren sich aber die meisten Hundehalter offenbar brennend für die Frage "Soll ich Royal Extra oder Aldi Pur füttern?", während nebenan ein Hund zu Tode getreten wird. Die Zerstörung und Verwüstung der Natur ist an handfeste und im übrigen gigantische wirtschaftliche Interessen gebunden, gegen die anzukämpfen so sinnvoll ist wie Don Quichotes Ritt gegen die Windmühlen (hätte zwar noch ein paar Ideen, aber die breite ich hier lieber nicht aus). Es ist doch obsolet, zu glauben, indem ich am Wettbewerb "Unser Dorf soll schöner werden" teilnehme, tue ich etwas gegen die Zerstörung der Natur. Die ist nicht mehr aufzuhalten, solange wirtschaftliche Mechanismen jegliche (zumal politische) Entscheidungen dirigiert, der Bauch also letztlich über Herz und Verstand gesetzt wird.
: Oder bist Du der Meinung, das regelt sich schon von selbst, daß die Natur früher oder später wieder sich selbst überlassen ist, so kaputt wie der Mensch sie macht? Dann müsstest Du theoretisch wiederum bewusst Raubbau treiben, denn je früher die Natur den Menschen los ist, desto besser für sie.
Natürlich, das ist die Radikalisierung des Gedankengangs. Wie man an renaturierten Gebieten sehen kann, erholt sich die Landschaft von menschlichen Eingriffen erstaunlich schnell. Tatsächlich hat die schwache menschliche Population, die früher von Nomadenstämmen gebildet wurde oder in kleinen Siedlungen lebte, niemals Ungleichgewichte schaffen können, sondern diese sind erst mit dem merkantilen Ausbreitungsdrang und der Bevölkerungsexplosion der Moderne entstanden. Deutschland hatte zur Zeit der Befreiungskriege 15 Millionen Einwohner, und jetzt sollen auf einer Fläche, die noch um ein Viertel kleiner ist, 80 Millionen leben! Die schaffen sich natürlich Platz. Daß sie dabei den Ast absägen, auf dem sie selbst sitzen, um sich ihre künstlichen Paradiese zu errichten, werden sie erst merken, wenn er abbricht.
: Ja, ist sie in meinen Augen auch, aber meiner Meinung nach nicht, weil das Tier über dem Menschen steht, sondern weil der Mensch über dem Tier steht und TROTZDEM (!!!!!!) nix kapiert. Das finde ich so traurig.
Tut mir leid, ich kann da keine Überlegenheit entdecken. Das Tier ist ein Teil der Natur und lebt mit diesem im Gleichgewicht, der Mensch ist aus ihr herausgefallen und trachtet sie zu überwinden (gleichzeitig sehnt er sich nach ihrem Schoß zurück, sonst würde er keine Tiere halten): er ist "das kranke Tier", wie Nietzsche sagt. Es ist nicht sein Selbst-Bewußtsein, das ihn aus der Natur herausfallen läßt, sondern die technische Ausnutzung der Mittel, die sie bereitstellt und ihn Ziele anpeilen läßt, die sich immer weiter von unmittelbarer Lebens-Bewältigung entfernen, bis hin zur tumben, um ihrer selbst existierenden Spaß-und-Sex-Gesellschaft. Man kann nur zusehen und aushalten: "Eine Aufgabe, welche die Notwendigkeit der Geschichte gestellt hat, wird gelöst, mit dem einzelnen oder gegen ihn." (Spengler)
Gruß, Attila