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Tierheim-Hund und Kinder

geschrieben von Iane Lanz(YCH) 
Tierheim-Hund und Kinder
06. Dezember 1998 16:36


Wir würden aus Tierschutz-Gründen lieber einen Hund aus dem Tierheim zu uns nehmen, haben aber zwei Kinder, 8 und 10 Jahre alt. Ist es riskant, in diesem Fall einen mittelgroßen bis großen Hund mit Vergangenheit aufzunehmen? Wer hat positive oder negative Erfahrungen gemacht? Welche Rassen/Mixturen eignen sich?

06. Dezember 1998 20:13

Liebe Iane,

ich finde Eure Einstellung klasse! Ich habe erst gestern eine Notstandsmeldung einiger Tierheime bekommen, die rettungslos überbelegt sind.

Natürlich kann ich Eure Bedenken verstehen. Aber von einem könnt Ihr ausgehen: DEN kinderlieben Hund gibt es nicht, egal welche Rasse und welches Alter (auch wenn manche Züchter das gerne so verkaufen). Ein Hund ist immer so viel oder wenig kinderlieb, wie seine Erfahrungen mit Kindern sind. Ich kenne American Staffords und Dobermänner, die für "ihre" Kinder durchs Feuer gehen würden und Golden Retriever, die schon beim Anblick eines Kindes vor Wut ausrasten. Deswegen ist es wichtig, daß Ihr Euch die jeweilige Vergangenheit eines Hundes gut anschaut. Es macht einen gewaltigen Unterschied, ob "Euer" Hund früher schlechte Erfahrungen mit Kindern gemacht hat oder ob er negative Erinnerungen an Dinge hat, die ihm bei Euch nie begegnen werden. Wir haben vor 3 Monaten einen sechsjährigen ehemaligen Kettenhund (Deutscher Schäfer) an eine Familie mit Kindern vermittelt. Sie sind sehr glücklich miteinander. Der Vermittlung vorausgegangen sind mehrere Spaziergänge der Familie mit dem Hund, auf denen die Beteiligten herausfinden konnten, ob sie sich mögen und verstehen. Ich würde Euch in jedem Fall raten, nur einen Hund aus einem Tierheim zu nehmen, wo man Euch gut berät und Euch die Möglichkeit gibt, den Hund Eurer Wahl kennenzulernen.

Ziemlich wichtig ist die Wahl der Rasse(mischung). Man sollte einen Hund niemals nur nach dem Aussehen wählen, sondern immer überprüfen, ob er von seinen Bedürfnissen her zu Euren paßt. Hunde wie Huskies, alle Herdenschutzhunde (nicht Hütehunde!), Chow Chows und Windhunde und deren Mischlinge würde ich nicht für eine Familie mit Kindern empfehlen (auch wenn ich jetzt vermutlich bei überzeugten Besitzern solcher Rassen Aufschreie des Widerspruchs höre). Aber erstens macht es einen Unterschied, ob ich einen Welpen oder einen erwachsenen Hund zu mir hole und zweitens erfordern alle genannten Hunde bestimmte Lebensbedingungen, die von einer Familie nicht umbedingt geschaffen werden können oder wollen: Huskies sind Arbeitshunde, die grundsätzlich keinen sehr starken Menschenbezug haben. Ich kenne nur einige wenige Menschen, die ihren Husky ohne Leine laufen lassen können und die leben quasi nur für ihren Hund. Ideall für Huskies ist ein Leben im Hunderudel, mit dem sie Schlitten o.ä. ziehen dürfen (und das nicht nur ab und zu). Herdenschutzhunde sind in der Regel noch sehr typisch, d.h. weniger auf das Zusammenleben mit Menschen, sondern stärker auf das Leben mit der Herde gezüchtet. Ihre ursprüngliche Aufgabe ist die Verteidigung gegen Raubtiere, und dementsprechend stark ist ihr Schutztrieb. Da sie selbständig handeln müssen, ist ihre Unterordnungsbereitschaft gegenüber Menschen nicht besonders ausgeprägt, d.h., ihre Erziehung erfordert großen Aufwand und gute Kenntnisse. Chow Chows gehören zu den Rassen, die ihre Zuwendung in erster Linie einem einzigen Menschen schenken. Die anderen werden wohl geduldet, aber nicht besonders beachtet. Und Windhunde leben fürs Jagen und Laufen. Wenn Ihr Euer Leben nicht auf der Hunderennbahn verbringen wollt, solltet Ihr die Finger davon lassen, da Ihr sonst das extreme Laufbedürfnis nie befriedigen könnt.

Nicht ganz einfach sind u.U. auch Jagdhunde, da sie, ihrer Veranlagung gemäß, gerne jagen gehen.

Die Wahl Eures Hundes sollte immer auch davon abhängen, was Ihr bereit seid an Arbeit und Zeit zu investieren. Gibt es in Eurer Familie jemanden, der gerne Hundesport, wie Agility, betreiben möchte, wäre z.B. ein Border Collie ideal. Wollt Ihr aber lieber "nur" spazierengehen, würde das Zusammenleben mit einem Energiebündel wie dem Border eine mittlere Katastrophe.

Auch Dinge wie Fellpflege sollten vorher gut überlegt sein.

Ich würde Euch raten, Euch ein Hundelexikon zu kaufen, in dem alle Rassen mit ihren Vor- UND Nachteilen beschrieben sind. Dort könnt Ihr schauen, welcher Typ Hund zu Euren Bedürfnissen passen könnte und danach gezielt auf die Suche gehen.

Vielleicht findet Ihr aber auch im Tierheim einen Vierbeiner, den Ihr auf Anhieb liebt. Beziehungen zwischen Menschen und Hunden entstehen oft auf wunderbare Weise.

Wenn Ihr mehr Informationen möchtet, schreibt mir doch eine Mail,

liebe Grüße,
Jutta



06. Dezember 1998 21:51


Hallo!

:Wir würden aus Tierschutz-Gründen lieber einen Hund aus dem Tierheim zu uns nehmen, haben aber zwei Kinder, 8 und 10 Jahre alt. Ist es riskant, in diesem Fall einen mittelgroßen bis großen Hund mit Vergangenheit aufzunehmen?

Es kommt darauf an, was Du unter "mit Vergangenheit" verstehst. In den Tierheimen gibt es viele Hunde, die eine wunderbare Vergangenheit haben und auch sehr kinderlieb sind, nur die Gegenwart sieht eben alles andere als rosig aus. Natürlich haben wieder andere vielleicht schlecht Erfahrungen mit Kindern oder überhaupt mit Menschen gemacht.
Ich denke es ist am besten, wenn Ihr mit der ganzen Familie ins Tierheim geht und das Personal nach einem Hund fragt, der vielleicht sogar aus einer Familie mit Kindern kommt, oder auf jedenfall Kinder gewöhnt ist. Ein wirklich schwieriger Hund kann zwar eine lohnende Aufgabe sein, aber das sollte man mit Kindern lieber nicht versuchen.

: Wer hat positive oder negative Erfahrungen gemacht? Welche Rassen/Mixturen eignen sich?

Auch wenn uns das die Rasselexika gern weismachen wollen: Nicht Hunde einer Rassehunde sind gleich im Charakter. Boxer und Cockerspaniels oder auch Golden Retriever werden oft als Anfängerhunde, Familienhunde oder gar ausgesprochene Kinderhunde dargestellt, doch Beißunfälle mit diesen Rassen kommen genauso vor wie bei anderen.
Wenn Ihr Euch im Tierheim nach einem Hund umseht, solltet Ihr immer auf die persönlichen Eigenschaften eines Tieres achten.
Die erkennt man nicht wenn der Hund im Zwinger ist, sondern indem man - möglichst mehrmals und lange - mit ihm Spazieren geht, sich von dem Betreuer alles über ihn erzählen läßt und so viel wie möglich darüber in Erfahrung bringt, wie der Hund beim Vorbesitzer gehalten und behandelt wurde.
Außerdem würde ich eher zu einem mittelgroßen Hund raten, der ruhig und ausgeglichen ist. Ein zu lebhafter Hund oder auch ein sehr sensibler Hund ist in einer Familie mit Kindern nicht so gut aufgehoben. Das wird für beide Seiten anstrengend.
Besonders schön wäre es natürlich, wenn Ihr nicht so aufs Alter seht, denn gerade mancher ältere Hund ist oft der ideale Familienhund und mußte wegen traurigen Umständen und ohne jede eigene Schuld ins Tierheim.
Natürlich gibt es im Tierheim auch immer wieder einmal Welpen, aber das solltet Ihr Euch sehr gut überlegen. Ein Welpe braucht Zeit und Geduld und macht viel Arbeit. Und 90% der Hunde, die ins Tierheim kommen, weil sie nicht kinderlieb sind, wurden von der Familie als Welpen ins Haus geholt. Man kann also gerade als unerfahrener Hundebesitzer bei einem Welpen viel kaputtmachen.
Ach ja, geht ruhig in mehrere Tierheime in Eurer Nähe und nehmt Euch Zeit. Wenn Ihr heute nicht Euren Traumhund findet, dann vielleicht zwei Wochen später. Ich bin überzeugt, daß mit etwas Geduld JEDER seinen Traumhund in einem Tierheim finden kann.

Liebe Grüße und viel Erfolg bei der Wahl Eures neuen Familienmitgliedes.
Eva


07. Dezember 1998 07:25


Guten Morgen,

ich kann Jutta eigenlich nur beistimmen, eure Idee ist super. Ich würde aber versuchen, einen Hund direkt aus einer Familie zu bekommen, es gibt so viele Hunde, die aufgrund von Umzügen, Ehescheidungen, Arbeitsplatz- und Wohnungswechsel ihr zu hause verlieren.
Das ist zwar etwas aufwendiger, auf der anderen Seite könnt ihr den Hund mit einem derzeitigen Besitzer kennenlernen, und wenn ihr den Besitzer kennenlernt und mögt/vertraut, habt ihr die Info aus der ersten Hand über diesen Hund. Der Hund wird außerdem direkt von einer Familie in die andere u. U. langsam umgesiedelt, er kann sich an euch und ihr könnt euch an ihn gewöhnen, der alter Besitzer ist wenn er ehrlich ist, besser, da er den Hund einfach kennt.

Ich kann nur von meiner Erfahrung im Tierheim berichten. Wir wollten damals auch einen Tierheimhund (Kinder 2 und 3,5 Jahre). Unsere Kinder hatten einfach Angst, als die Hund wie wild ins Gitter gesprungen sind, die Tierheim-Mitarbeiter haben uns gar nicht richtig zugehört und ich weiß nicht, wir sind ohne Hund weg....
Ich denke, versucht es auf dem privaten Weg, da ihr wahrscheinlich genauere und vorallen ehrlicher Aussagen über den Hund bekommt. Sucht nach einer Familie, die den Hund abgeben muß. Beobachtet wie die Kinder mit dem Hund umgehen, die reagiert der Hund auf diese Kinder. Wenn er unsichert ist, den Kopf wegzieht = Abwehrhaltung zeigt, würde ich die Finger weglassen (spricht für negative Erfahrung mit Kindern). Vielleicht gibt es bei euch in der Nähe einen Hundeplatz wo ihr einfach Hundeverhalten und Hundereaktionen beobachten könnt.

Zur Rasse/Mischung wurde schon so viel geschrrieben, jeder Hund kann liebsein und beißen unabhängig von der Rasse. Die inneren Werte sind sehr viel wichtiger. Es gibt ein gutes Hund: Ein Hund soll es sein (Verlag weiß ich nicht). Hier sind auf sehr lustige Art und Weise dem Leser wichtiges über Hunde (Größe, Fell, Eigenschaften, etc.) vermittelt. U. U. könnt ihr es in der Bücherei ausleihen.

Bitte Info was ihr für einen Hund bekommen habt


Sabine & simbär

P. S. ich würde den Hund erst nach Weihnachten "kaufen", da Weihnachten einfach viel zu viel Streß für die Menschen ist, und einfach die Zeit nicht richtig verteilt werden kann, der Hund wird u. U. schon lästig, bevor er eigentlich da ist.





07. Dezember 1998 11:59

Hallo,

ich möchte mich voll und ganz der Meinung von Eva anschließen

Zu "Sabine & simbär" möchte ich noch einige Anmerkungen machen:

"Sabine & simbär" schrieben:
:die Tierheim-Mitarbeiter haben uns gar nicht richtig zugehört und
ich weiß nicht, wir sind ohne Hund weg....

Vielleicht war an diesem Tag viel zu tun und es war einfach keine Zeit.
Man sollte wie Eva schon sagte, öfter kommen und versuchen ein Vertrauens-
verhältnis aufzubauen, das geht nicht in Minuten, sondern bedarf schon
einiger Besuche. Schließlich soll der Hund in wirklich gute Hände!

"Sabine & simbär" schrieben:
:und vorallen ehrlicher Aussagen

Was soll das bedeuten? Tatsache ist, daß das Tierheimpersonal oft angelogen
wird, wenn die Leute einen Hund abgeben, so daß es nur möglich ist, nichts
zu sagen oder die Lügen weiterzugeben, die dann aber dem Tierheim in die
Schuhe geschoben werden. Das ist einfach nicht fair. Bewußt wird kein seriöses
Tierheim einen nicht kinderlieben Hund an eine Familie mit Kindern ver-
mitteln. Das ist ja ein Bumerang mit Schneeballeffekt.

Ehrlich sind die, die Hunde loswerden wollen, oft weder gegen ein
Tierheim noch gegen Privatleute, die den Hund nehmen wollen. Denn die
wollen oft den Hund nur loswerden, egal wohin.

Aus eigener Erfahrung weiß ich, daß das Risiko einen Welpen zu nehmen und
Probleme mit den Kindern zu bekommen auch nicht unerheblich ist. Leider
geht man immer davon aus, daß dann die Kinderliebe automatisch kommt.
Das ist eben nicht richtig, siehe Meldung von Eva.

Viele Grüße

K. Keck

07. Dezember 1998 12:30

:Hallo K. Keck,

"Sabine & simbär" schrieben:
die Tierheim-Mitarbeiter haben uns gar nicht richtig zugehört und
Ich weiß nicht, wir sind ohne Hund weg....
Vielleicht war an diesem Tag viel zu tun und es war einfach keine Zeit.

Wir waren mehrmals da, aber irgendwie stimmt die Chemie zwischen der Vermittlerin und uns nicht.

"Sabine & simbär" schrieben:
und vorallen ehrlicher Aussagen

Da gebe ich Dir recht, was ist ehrlich. Es handelt sich aufgrund meiner Erfahrung um eine rein persönliche Aussage. Bekannte hatten eine Hund aus dem Tierheim bekommen, der Hund erwies sich als "gemeingefährlich" (Aussage eines Hundefachmanns, Polizeihundeführer mit Auszeichnung etc.)
Unsere Bekannten gaben den Hund schweren Herzen wieder ab (da ihnen für die optimaler Ausbildung die Zeit, Erfahrung fehlt, außerdem gibt es noch einen Enkel), und schilderten dem Tierheim den wahren Sachverhalt und die o. g. Aussage. Der Hund wurde zurückgenommen und war stand ohne weiteren Hinweis am nächsten Tag wieder in der zeitung. Da wurde also eine Aussage des Hundes gemacht, die aber nicht weitergegeben wurde.

Ich gebe Dir recht, nicht alle Tierheim-Mitarbeiter sind so, wir haben vielleicht einfach Pech gehabt. Ich denke, wer eine Hund aus dem Tierheim haben möchte, braucht Zeit, Verständnis für die Menschen, die dort arbeiten. (ich will so Hund, lieb muß er sein, wann kann den mitnehmen - echt in 14 Tagen - wollen sie den nun vermitteln oder nicht) so oder ähnlich werden die Fragen wohl tagtäglich sein.

Ich rate keinem von dem Besuch des Tierheims ab

Sabine & simbär