Hallo Karin,
:Wie kann ein Blindenhund artgerecht gehalten werden?
:Wann kann er/sie entspannt mit anderen Hunden herumtoben?
:Für einen Blinden ist es wohl schwer, einen Hund auf Entfernung unter Kontrolle zu haben oder wird auch das trainiert?
:Ich denke mit nur, meine Goldenhündin ist ein ziemliches Energiebündel und Schäferhunde sind es wohl noch mehr. Wie bekommen sie die Möglichkeit, ihre Energie freizulassen? Oder wird bei nach endgültigen Plazierung auch berücksichtigt, ob es noch eine weiter Person gibt, die mit dem Hund diese Aktivitäten machen kann?
Ich finde es prima, daß sich ein "normaler" Hundehalter Gedanken über die artgerechte Haltung eines Blindenführhundes macht.
Aber du brauchst keine Angst zu haben, die von mir ausgebildeten Hunde werden alle sehr artgerecht gehalten. Außerdem haben sie den großen Vorteil, daß sie wirklich überall hin mitgenommen werden, selbst in die Kirche oder ins Konzert.
Aber jetzt zum Freilauf:
Während der Ausbildung lernen die Hunde einen Radius von ca. 20 m einzuhalten (der später von einem Blinden mittels Gehör sehr gut zu kontrollieren ist.) Und wenn der Hund diese Distanz einmal intus hat, dann wird er sich auch innerhalb dieses Radiuses bewegen.
Jeder Blindenführhund trägt aus diesem Grund beim Freilauf eine kleine Glocke am Halsband und lernt auch schon als Welpe, daß er auch aus dem Spiel mit anderen Hunden abgerufen wird. Der Trick bei der Sache ist nämlich ganz einfach: Viele Hundebesitzer stehen an der Spielwiese, lassen ihre Hunde 20 Minuten miteinander toben und rufen sie erst dann, wenn es nach Hause geht. Der Hund hat bald gerafft, daß rufen=Spielende bedeutet und kommt irgendwann einfach nicht mehr oder erst, wenn ER Lust hat.
Ich rufe meine Hunde alle 2-3 Minuten aus dem Spiel ab (was manche Hundehalter als dem Hund gegenüber unfair empfinden) und dann dürfen sie wieder laufen. Das klappt sehr gut (auch ganz ohne Leckerchen) und die Führhundhalter werden während der Einschulungszeit ebenfalls dazu angehalten ihren Hund alle 1-2 Minuten zu rufen.
Dieses Verhalten wird für die Hunde so zur Gewohnheit, daß sie später von sich aus alle paar Minuten "vorbeikommen" und z.B. mal kurz mit der Nase an die Hand stupsen, so nach dem Mottto "hallo, ich bin noch da".
Ein Blinder kann seinen Hund an Spielwiesen oder in Parks immer ohne sehende Begleitung frei laufen lassen, denn die Hunde werden von klein auf daran gewöhnt, auf den Menschen zu achten, zu dem sie gehören. Ich selbst laufe regelmäßig mit einer Meute von bis zu 5 Junghunden (jetzt 9 Monate) durch den Wald und trotz des Meuteverbundes ist jeder darauf bedacht mich nicht zu verlieren.
Die Hunde, die ich züchte und ausbilde sind extrem ruhige Tiere, die keinen ausgeprägten Spiel- oder Apportiertrieb haben und deshalb z.B. bei Wildkontakt relativ leicht unter Kontrolle zu halten sind.
Der Blinde wird darauf geschult, daß er z.B. anhand der Bewegung des Hundes schn hört, ob dieser etwas interessantes erspäht hat oder ob er ganz entspannt neben ihm schnüffelt.
Da Blindenführhund i.d.R. sehr gesellige und verträgliche Tiere sind finden sich sehr schnell Hundehalter, die ihren Hund mit dem BFH spielen lassen. So kann sich dieser austoben und seine im Geschirr angestauten Bewegungsdefizite abreagieren.
Viele Blinde gehen mit ihren Hunden auch joggen oder langlaufen, im Sommer schwimmen oder Tandemfahren.
Was ich hier schreibe, kann ich natürlich nur für "meine" Hunde schreiben, denn es gibt auch hier immer wieder Ausnahmen. Es gibt durchaus Schulen, bei denen der Blinde die Anweisung erhält, den Hund nur frei laufen zu lassen, wenn er eine sehende Begleitung dabei hat.
Wenn du oder auch andere noch Fragen hast/habt, dann kannst du dich jederzeit melden.
Liebe Grüße Tina