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Wie radikal darf Tierschutz sein ?

geschrieben von Peter(YCH) 
Wie radikal darf Tierschutz sein ?
12. Juni 1998 17:51

Hallo,

ja, wie radikal darf er sein ?
Wenn man mitansehen muss wenn Hunde gequält, vernachlässigt oder einfach "nur" schlecht gehalten werden.

Wenn man ebenso weis, das man rechtlich keine Handhabe hat.

Wie weit geht hier das Tierschutzrecht, wo greift es, wo nicht mehr.
Wer kennt "Aktionsgruppen".
Ich hoffe es beteiligen sich viele an meiner Anfrage und Diskussion.
Ich möchte falls rechtlich möglich dann auf meiner Homepage Richtlinien,, Tips und Kontakte veröffentlichen.

Muss jede Dummheit und Ignoranz gegenüber Tieren geduldet werden, ich denke nicht !!
Wer sich dazu hier im Forum nicht äussern will, soll mich bitte anmailen. Danke

Alles Gute
Peter


15. Juni 1998 06:53

Hallo Peter !

Ein äußerst brisantes Thema. Von meiner langjährigen Tierschutzarbeit weiß ich, daß man da einen ziemlichen Hochseilakt vollbringen muß. Rechtlich sind die Möglichkeiten ziemlich eingeschränkt um nicht zu sagen völlig ungenügend. Klar, arbeiten auch wir mit Tricks (ob die allerdings radikal sind bezweifle ich, mehr verzweifelt). Was soll man denn tun, wenn man sieht, daß ein Hund unter absolut katastrophalen Verhältnissen gehalten wird und mit dem Besitzer nicht zu reden ist ?
Ich schildere Dir folgenden Fall, damit Du Dir ein Bild von der täglichen Arbeit machen kannst:

Ein Haus mitten in der Feldmark, total verfallen und ohne Anschlüsse an Wasser, Strom etc. Der Besitzer (wohnt in Berlin und hat das Grundstück abgeschrieben) hat seine Einwilligung gegeben, daß ein geistig verwirrter Obdachloser dort im Wohnwagen haust. Der hat nun sein Herz für Hunde entdeckt und bei einer göttlichen nächltichen Version erfahren, daß er Mischlinge züchten soll. Gleich ans Werk mit drei Hunden begonnen (.19988) waren die Zustände .19997 folgendermaßen:
Auf dem eingezäunten Grundstück befanden sich ca. 40 Hunde die in ihrem Leben nur diesen einen Menschen gesehen haben. Die "Zucht" ist komplett inzüchtig. Die schwachen und alten Tiere sitzen unter dem Wohnwagen mit entzetzlichen Wunden von Rudelkämpfen wenn mal wieder eine Hündin heiß ist. Gefüttert werden Butterkekse oder ab und an eine verendete Ziege. Die stärksten Tiere sind extrem agressiv. Die Hündinen werden in dem baufälligen Haus gehalten. Ist eine heiß, wird sie auf den Hof geworfen und daher sind die meisten der Hündinnen verhaltensgestört. Dieser Mann hat nun begonnen Welpen im Alter von 4 Wochen an vorbeifahrnde Autofahrer für 50 DM zu verschachern. Alle Welpen (ich habe später dutzende gesehen) sind entweder krankhaft ängstlich oder agressiv. Nachdem die Kundschaft ausblieb, verkaufte er die Welpen an ein Tierlabor (ganz in der Nähe befindet sich eine Universitätsstadt...)!
Nach ständigen Anrufen beim Kreisveterinäramt erklärte sich der zuständige Arzt bereit, mit mir die Tiere anzusehen. Eintreten war leider unmöglich so sahen wir nur die Hunde auf dem Hof. Kommentar des Arztes: " Rudelhaltung ist doch etwas wunderbares"! Ich kann nur schwer beschreiben wie mir zumute war. Wir haben dann begonnen die Welpen statt des Labors aufzukaufen. Das unsere Mittel dafür eigentlich nicht gedacht waren und ausreichten brauche ich nur am Rande zu erwähnen. Ab und an bekamen wir auch erwachsene Tiere. Bei den ersten waren wir noch voller Zuversicht, aber keines der ausgewachsenen Tiere war jemals zu vermitteln. Sie waren nicht anfaßbar, nicht behandelbar und so agresiv, wie ich mir sonst immer Wölfe vorgestellt habe. Die "Erwachsenen" werden heute sofort eingeschläfert. Die in Kurzform erzählte Geschichte (bei der ich die grausamen Aspekte weggelassen habe) zieht sich nun schon über 10 Jahre hin. Heutiger Stand ist, daß wir zu BEginn diesen Jahres alle Hunde (mit Einverständnis dieses Verrückten; er wird alt und fühlt sich dem Rudel nicht mehr gewachsen) herausgeholt haben. Er hat lediglich 2 Rüden (die wir kastriert haben) behalten. Es war uns nicht möglich, ein Tierhaltungsverbot gegen diesen Menschen zu erwirken. Seit 10 Jahren sind ca. 80% unserer Gelder für diese Hunde ausgegeben worden. Jedem dem ich die Geschichte erzähle ist fassunglos und versteht die Gesetzgeber nicht (ich eingeschlossen).
Was aber hätte man anders machen können ? Es hat sich hier nicht um schwanzwedelnde Laborhunde gehandelt, die froh über ihre Rettung waren. Bei Nacht und Nebel hätte niemand diese Hunde befreien können. Es hätte auch nichts an der Situation geändert, dieser Mensch hätte sich sofort neue Tiere besorgt.

Soviel erstmal zu der "aufreibenden" Tierschutzarbeit im kleinen. Ich habe auch Filme über Aktionsgruppen gesehen und ich schätze deren Arbeit. Für den Alltag im kleinen, sind diese Methoden jedoch nicht geeignet.


Viele Grüße von Dagmar

15. Juni 1998 18:00

Hallo Dagmar,

:Ein äußerst brisantes Thema. Von meiner langjährigen Tierschutzarbeit weiß ich, daß man da einen ziemlichen Hochseilakt vollbringen muß.

Vielen Dank für deine sehr ausführliche Antwort. Ich kann nachvollziehen wie ohnmächtig man sich fühlt.
Die Frage die ich mir als Privatmann stelle:
Wo muss man solche Leute treffen das es ihnen richtig wehtut?
Diejenigen die es bewusst ignorieren und diejenigen die Tiere quälen.

Ich gehöre zu den Menschen die keine, aber auch gar keine Toleranz gegenüber Tierquälern haben. Umstände hin oder her.

Nochmals vielen Dank Dagmar

Gruss

Peter

16. Juni 1998 06:17

Hallo Peter,

ich denke auch wie Du und ich bin der Meinung, daß dies die meisten tuen, die sich hier im Bord so tummeln. Allerdings gibt es leider sehr viele Leute, die nicht so denken.

Manchmal finde ich es traurig festzustellen, daß auch Leute, die mir sonst sehr nahe stehen und mit denen ich mich sonst sehr gut verstehe, da ganz anders denken. Da sagte neulich meine Schwägerin zu mir, als ich sagte, daß ich Eier immer nur von freilaufenden Hühnern kaufe:"Mir ist es ganz egal von welchen Hühnern die Eier sind, Hauptsache sie schmecken gut." Solche Sprüche kann ich nie so leicht wegstecken. Leider sind dies auch immer die Leute, die auch mit meinem Hund nichts anfangen können. Bitte denke jetzt nicht, daß ich nicht versucht habe, deren Einstellung zu ändern, leider ohne Erfolg. Es ist einfach traurig, daß es so viele Leute gibt, die mit Tieren nichts anfangen können bzw. denen es egal ist, wie die Tiere behandelt werden.

Gruß, Anja

16. Juni 1998 07:31

Guten Morgen Anja, Du schreibst u.a...

grinning smileya sagte neulich meine Schwägerin zu mir, als ich sagte, daß ich Eier immer nur von freilaufenden Hühnern kaufe:"Mir ist es ganz egal von welchen Hühnern die Eier sind, Hauptsache sie schmecken gut."

Dazu fällt mir auch gerade eine Geschichte ein, die sich letzte Woche auf dem Hof (dort arbeitet mein Mann) zugetragen hat.
Mir fiel eine der restlichen Milchkühe, die am Stallrand lag, auf, weil meine beiden Hunde ein gesteigertes Interesse an ihr hatten. Janosch wollte sie wieder zu ihrer Herde zurücktreiben und Laika hatte wohl eher was ganz anderes im Kopf. Jedenfalls merkte ich dabei, daß die Kuh nicht aufstehen konnte und fragte meinen Mann, was mit ihr los wäre. Er antwortete knapp: "sie hat sich das Becken gebrochen, später kommt der Schlachter auf den Hof, weil sie nicht mehr transportfähig ist". Ich war ein wenig erstaunt, weil man es der Kuh nicht ansah. Sie lag ruhig da und kaute ihr Heu. Jedenfalls kamen einige meiner Reiterkollegen hinzu und fragten ebenfalls, was mit der Kuh los wäre. Ich erzähle es und die Leute antworteten: "die arme Kuh, warum wird sie denn nicht sofort eingeschläfert". Dazu muß ich sagen, es kann Stunden dauern (manchmal sogar bis zum nächsten Tag) bis der Schlachter Zeit hat und hier in der Gegend gibt´s nur einen und selbst schlachten darf man hier auf dem Hof nicht.
Ich antwortete sarkastisch: "wieso einschläfern, wir wollen doch alle am Wochenende grillen und als Seife schmeckt sie wohl nicht so gut", worauf meine Reiterkollegen entsetzt schauten und mir zur Antwort gaben: "Wir kaufen unser Fleisch ja in der Metzgerei "Sowieso" unten im Dorf. Das ist ja was ganz anderes und das hier wäre Tierquälerei". So so sagte ich, Tierquälerei, was meint ihr denn, wohin das Fleisch dieser Kuh nachher hingeliefert wird, in die Metzgerei "Sowieso"....
Ich ging einfach weg und lies die Leute, die sich bis dato wohl nicht viel Gedanken gemacht haben, wo ihr Fleisch erkommt, stehen in der Hoffnung, sie würden jetzt mal darüber nachdenken...

An nächsten Tag fragte ich meinen Mann nochmal wegen der Kuh. Er antwortete: "Wir haben sie eingeschläfern lassen, weil der Schlachter keine Zeit hatte, es war eh nicht viel drann". Aber das brauchen die Reiterkollegen ja nicht zu wissen. Sie hatten hoffentlich ihre Lektion gelernt...

gruß mecki




17. Juni 1998 06:12

Hallo Peter !

Ich kann Deine Einstellung gut verstehen. Es gibt immer wieder Tage, da möchte ich meinen Patronengürtel umschnallen und Amok laufen.
Kaum hat man etwas positives bewirkt, ist es an anderer Stelle gleich wieder doppelt so schlimm. Wie hätte man dem Mann von dem ich erzählt habe weh tun können ? Sämtliche Behörden (Gesundheitsamt, Sozialamt usw.) hatten überhaupt kein Interesse an ihm, im Gegenteil die waren froh, daß er Selbstversorger war und keine öffentliche Gelder beansprucht hat. Ich gehe sogar so weit, daß wir uns gesorgt haben, er könnte tot umfallen. Wohin dann mit 40 Hunden die niemand anfassen kann ? Ich möchte nur aufzeigen, daß ich diesem Menschen und vielen anderen die ihre Tier bewußt oder unbewußt quälen keine Toleranz entgegen bringe. Die Leute sind mir in eben diesen Fällen auch völlig wurscht, es zählt einzig das Tier. Da kommt es immer wieder vor, daß der Tierschutzverein sich nicht als solcher ausgiebt, sondern Tiere kauft, weil eben der Gesetzgeber pennt und die rechtliche Schiene nicht zieht.

ICh spreche oft mit anderen Leuten die in großen Vereinen bzw. Städten tätig sind. Dort ist es so das die Tiere gebracht werden. Bei mir klingelt immer das Telefon und anonyme Mitbürger teilen mir mit, daß der Nachbar seit 14 Jahren seinen Mischling in einem Zwinger 1 x 2 Meter hält ohne Hütte. Das alles wird nur angezeigt, weil es zu nachbarschaftlichen Zwistigkeiten wegen des geborgten Rasenmähers gekommen ist. Ich will nur sagen, es können sich die glücklich schätzen denen man die Tiere bringt. Ich muß zu den Leuten nach Hause, auf deren Grundstück und nach deren Meinung mische ich mich in Sachen, die mich nicht angehen. Ich weiß gar nicht mehr wie oft man mich rausgeschmissen hat. Dann komme ich halt mit der Polizei wieder.
Ich möchte abschließend nur sagen, egal wo man sich für Tiere einsetzt, die Grundvoraussetzung ist eine absolute Hartnäckigkeit. Es hört nicht auf, es geht immer weiter. Selbst wenn ich dann Zuhause mal einen Tiefpunkt habe.


Viele Grüße in der Hoffnung in dir bal einen Kollegen zu haben senden

Dagmar & Lena (die es ziemlich ätzend findet das Frauchen so viel unterwegs ist)