8 Stunden alleine? Kein Problem...
14. Juni 1999 21:57

Hallo zusammen!

In letzter Zeit ist mir im Forum immer häufiger aufgefallen, daß stark
gegen das längere Alleinelassen als 5 Stunden debattiert wird. Ich z. B.
habe Zisco schon als 3 Monate alten Welpen mal 5 Stunden alleine lassen müssen
und der Krümel macht mir nicht den Eindruck als hätte er dadurch einen Knacks
bekommen!! Mein Ziel ist es, daß Zisco für den Fall der Fälle bis zu 8 Stunden
alleine bleiben kann (ab einem Alter von 2 Jahren)!Gut, wir haben noch 2 Katzen, aber soviel tut sich da auch nicht! Ich denke, das hat nichts mit Vernachlässigung oder
Verantwortungslosikeit zu tun, solange man dem Hund einen AUSGLEICH bietet!!

Zisco ist für mich mein Ein und Alles und ich würde mir lieber den rechten Arm
abhacken, als ihn aus Zeitgründen (oder Sonstigem) abzugeben! Das heißt dann,
daß er, sobald ich wieder Zuhause bin, auch meine volle Aufmerksamkeit hat. Diese
fängt mit Gassigehen und Spielen an und hört für mich bei einem lieben Wort oder
Streicheln "zwischendurch" und abendlichem Knuffeln auf der Couch auf. Vom Wochenende ganz zu schweigen! Ausserhalb dieser 8 Stunden
(wenn alles klappt, wird er sowieso immer dabei sein, aber man sollte halt auch das "aber" beachten) ist es auch selbstverständlich,
daß er überall dabei ist!

Da frag´ ich mich doch glatt, was für den Hund "besser" ist: vor den grausigen
8 Stunden 2 Stunden und danach 5 Stunden uneingeschränkte Aufmerksamkeit oder
"nur" das pflichterfüllende "Gassigehen-Füttern-Erziehungs-Programm"??? Welcher "normale"
Hundebesitzer beschäftigt sich schon 7 Stunden am Tag mit seinem Hund?

Achja...keine Ahnung, ob es "Erziehungssache" ist, aber bei uns ist zwischen
ca. 09.00 Uhr und 15.00 Uhr sowieso "tote Hose", aber dann...yawning smiley)

Grübelnde Grüsse,

Alex & Zisco

15. Juni 1999 06:13

Lieber Alex,
Du schreibst mir aus der Seele!!! Ich bin nämlich zu 100 % berufstätig, alleinstehend und habe zwei Hunde. Vor etwas mehr als zwei Jahren bin ich aus dem Elternhaus in eine Wohnung 5 Gehminuten von meinem Arbeitsplatz gezogen. Damals hatte ich nur einen Hund. Ich hatte so ein schlechtes Gewissen, meinen Hund alleine zu lassen, dass ich mich entschieden hatte, einen zweiten Hund (damals bereits 2 Jahre alt) anzuschaffen. Die beiden haben sich von Anhieb an wunderbar verstanden! Es geht mir wie Dir. Meine Hunde bedeuten mir alles, somit gehört ihnen meine uneingeschränkte Aufmerksamkeit nach der Arbeit. Sie haben mindestens 2 Stunden Auslauf pro Tag. Dazu kommen spielen, schmusen und rumalbern. Mittags gehe ich mit der Menü-Box von der Kantine nach Hause, damit ich das Mittagessen bei den Hunden einnehmen kann. Danach geht es ca. 30 Minuten Gassi. In meiner Freizeit lasse ich sie NIE allein und meine Ferien verbringe ich ebenfalls IMMER mit den Hunden. Die Wochenenden verbringen wir entweder mit Wandern oder manchmal auch mit Agility-Meetings.

Obwohl meine Hunde tagsüber viel "allein" sind, bin ich der Meinung, dass sie ein ausgefülltes "Hunde"-Leben geniessen dürfen. Wie Du, denke ich ebenfalls, dass sich kein "normaler" Hundebesitzer uneingeschränkt 7 Stunden am Tag mit seinem Hund beschäftigt.

Liebe Grüsse

Regula mit den beiden quirligen Vierbeinern


15. Juni 1999 07:15

Hallo Alex,
kann Dir da nur zustimmen. Ich kenne Hunde. die zwar in einer Familie leben,
um die sich aber den ganzen Tag keiner kümmert, d.h. die behandelt werden
wie ein Möbelstück oder die den ganzen Tag im Zwinger zubringen und nur
für einen Spaziergang rausgeholt werden.

Auch mein Billy (4-jähriger Cocker) ist stundenlang alleine solange ich arbeite.
Er kann sich während dieser Zeit im ganzen Haus frei bewegen und hat mittels
Hundeklappe Zugang zum eingezäunten Garten. Ich gehe morgens vor der
Arbeit mit ihm eine halbe Stunde auf die Felder raus, damit er sich entleeren
kann. Den Tag über schläft er oder liegt (laut Aussage der Nachbarn) faul im
Garten in der Sonne. Wenn ich von der Arbeit komme, geht's für 2-3 Stunden
(bei Wind und Wetter und jeder Jahreszeit) ins Gelände. Bei diesen Spaziergängen
beschäftige ich mich intensiv mit ihm (im Bach baden, Tannenzapfen suchen usw.).
Der restliche Abend zu Hause besteht zum großen Teil aus knuddeln und
(lach' nicht!) Schoß-sitzen. Außerdem mache ich noch jeweils einmal pro Woche
mit ihm Agility und Fährtenarbeit.

Auch das Wochenende gehört Billy, was heißt, daß ich ihn grundsätzlich überall
dabeihabe. Mein gesamter Bekanntenkreis weiß, daß es uns nur noch im
Doppelpack gibt.

Ich habe nicht den Eindruck, daß Billy leidet - im Gegenteil. Er hatte die ersten
zwei Jahre seines Lebens nur negative Erfahrungen gemacht, war total
unerzogen und es gab nichts, wovor er nicht Angst hatte, als ich ihn zweijährig
bekam. Zwischenzeitlich ist er ein unheimlich fröhlicher, lebenslustiger und
selbstbewußter Hund geworden, der nur Unsinn im Kopf hat. Ein Zweithund als
Kumpel für ihn kommt leider nicht in Frage, da ich für ihn der erste "eigene"
Mensch bin und er entsprechend eifersüchtig reagiert sobald ich mich einem
anderen Hund zuwende.

Ich denke, es kommt immer auf die jeweilige Situation an, ob ein Hund unter
dem Alleinsein leidet oder nicht und ich glaube, daß es ein Hund besser hat,
mit dem sich der Besitzer in seiner Freizeit intensiv beschäftigt und der
über alles geliebt wird, als ein Hund, der zwar Menschen um sich herum hat,
von denen aber die meiste Zeit ignoriert wird, von Zwingerhaltung ganz zu
schweigen.

Viele Grüße
Dorothee + Billy (der montags ganz froh ist, daß Frauchen wieder arbeiten
geht, damit er sich endlich ausschlafen kann)

15. Juni 1999 08:07

Hallo Alex,

um Dein Gewissen zu beruhigen,
auch unsere vier Lauser müssen 4 Tage die Woche alleine sein. Wie Du und die anderen, die schon geantwortet haben, dreht sich danach alles um die Hunde.
Gassi gehen, spielen, schmusen usw., den ganzen Abend lang. Freitag bis Sonntag wird eigentlich alles nur mit Hunden unternommen. Das geht nun schon seit insgesamt 18 Jahren gut.
Ich habe noch die den Eindruck gehabt, daß sie irgendetwas vermissen oder gar geschädigt wären.
Viel wichtiger ist doch, die Zeit sinnvoll mit dem Hund zu verbringen. Was hat der Hund davon, der den ganzen Tag zwar seinen zweibeiner sieht, der sich aber nicht um ihn kümmert, was
ja leider oft der Fall ist.
Durch meine Gleitzeit ist auch auch jederzeit möglich, flexibel zu reagieren, was bei Krankheiten usw. ja vorkommt.
Ich habe mir jedenfalls mein schlechtes Gewissen gründlich abgewöhnt.
Viele Grüße
Yasmin u. Rudel


15. Juni 1999 08:31

Hi Alex,

: Mein Ziel ist es, daß Zisco für den Fall der Fälle bis zu 8 Stunden
: alleine bleiben kann (ab einem Alter von 2 Jahren)!Gut, wir haben noch 2 Katzen, aber soviel tut sich da auch nicht!

Trotzdem, auch Katzen können dem Hund das Gefühl geben, nicht ganz alleine zu sein.

:Ich denke, das hat nichts mit Vernachlässigung oder Verantwortungslosikeit zu tun, solange man dem Hund einen AUSGLEICH bietet!!

Das kommt ganz auf die Bedürfnisse des einzelnen Hundes an.

: Da frag´ ich mich doch glatt, was für den Hund "besser" ist: vor den grausigen 8 Stunden 2 Stunden und danach 5 Stunden uneingeschränkte Aufmerksamkeit oder "nur" das pflichterfüllende "Gassigehen-Füttern-Erziehungs-Programm"???

Das sind zwei Extreme.

: Welcher "normale" Hundebesitzer beschäftigt sich schon 7 Stunden am Tag mit seinem Hund?

Es geht nicht darum, daß der Hund unbedingt beschäftigt sein will, sondern daß die meisten Hunde ihrem Wesen entsprechend Einsamkeit nicht gut gertragen, weil sie sich ohne Rudel ausgeliefert fühlen. Zwei oder mehr Hunde kann man normalerweise problemlos auch länger alleine lassen, bei einem einzeln gehaltenen Hund kommt es drauf an: Manche ertragen 8 Stunden Einsamkeit ohne Probleme (Aber das ist eher die AUsnahme.), andere ertragen es nicht und versuchen, durch Bellen, Kauen usw. ihren psychischen Streß abzubauen. Diese Hunde leiden ganz offensichtlich.

Ich persönlich halte es für verantwortungslos, wenn sich jemand einen einzelnen Hund "anschafft", obwohl er von vornherein weiß, daß er das Tier berufsbedingt täglich einen Arbeitstag lang alleine lassen muß. Ich habe auch gelesen, daß es bei Dir, Alex, anders aussieht, aber ich finde, man sollte das Alleinelassen von Hunden auch nicht verharmlosen.

Liebe Grüße senden
suki und maxi

15. Juni 1999 09:25

Hallo Alex,

ich bin Veterinärmedizinstudent und nebenbei auch bei der Beratung für Haustierhaltung beschäftigt und finde deine Aussagen sehr gefährlich. Sowohl im Praxisbetrieb, als auch in der Beratung bin ich immer wieder mit den verschiedensten Fällen von alleinegelassenen Hunden konfrontiert. Diese Tiere setzen auch gesundheitlichen Gefahren aus, je länger sie alleine sind, umso mehr suchen sie selbst nach einer Beschäftigung und dies kann auch darin bestehen, ein Regal im Vorzimmer auszuräumen und sich mit Gegenständen zu verletzen, ein Kabel "aufzuessen" etc. Es hat wenig Sinn, alle Möglichkeiten aufzuzählen, vor allem, weil es den Rahmen sprengen würde. Doch auch psychische Beeinträchtigungen sind die Regel. Jeder Mensch, der sich ernsthaft mit Verhaltensforschung auseinandergesetzt hat, weiss, dass der Hund ein Rudeltier ist. Ohne Ausnahme! Wenn mehrere Hunde 8 Stunden täglich alleine gelassen werden, ist ihre Beziehung zum sogenannten Rudelführer zu hinterfragen, wahrscheinlicher ist viel mehr, daß einer der beiden Hunde der "Alpha" ist, das könnte man an der Aktivität der Vierbeiner während der Zeit, die sie alleine verbringen müssen, herausstellen. Wenn hingegen der Mensch Rudelführer ist, dann sind 8 Stunden nicht artgerecht. Punktum. Ihr könnt euch noch so viel rechtfertigen, kein Tierarzt, kein Verhaltensforscher wird sagen, dass ihr artgerecht handelt.
Besonders bei Welpen, die von frühester Zeit an alleine gelassen werden, kommen die Verhaltensstörungen nicht sofort, sondern meistens bei Anlassfall, das heisst, entweder im erwachsenen Alter zwischen 2 und 4 Jahren, oder wenn durch ein Angstmoment (Gewitter, ungewöhnliche Geräusche, etc.) die Sicherheit des Rudels gesucht und nicht gefunden wird. Viele Leute freuen sich über die vermeintliche Ruhe ihres Hundes und wissen nicht, dass es sich um Apathie, bzw. "tot stellen" handelt.
Grüße,

Klaus