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Hundeträume

geschrieben von Martina(YCH) 
Hundeträume
18. November 2002 08:22

Hallo Yorkies!

Ich habe mich neulich übers Träumen bei Hunden unterhalten und kann folgendes nicht nachvollziehen:

Der Mensch speichert viele seiner Erlebnisse im Unterbewusstsein. Diese Erfahrungen werden nachts im Traum verarbeitet. Ein Unterbewusstsein bedingt aber zwangsläufig auch ein Bewusstsein und dieses definiert man meines Erachtens über "sich selbst erkennen".

Diese Selbsterkenntnis -im wissenschaftlichen Sinn- spricht man einem Hund ja wohl ab. Wenn ich richtig informiert bin, sollen nur Menschenaffen so etwas ähnliches wie ein "Ich-Bewusstsein" haben. Aber wie kommt es, dass der Hund dann trotzdem träumen kann? Oder ist dieses Knurren, Bellen und Laufen während des Schlafes kein richtiges Träumen?

Kann mir das jemand erklären?

Viele Grüße,
Martina


18. November 2002 17:19

Hey Martina,

jaja, da hast Du in ein Wespennest gestochen. Was "Bewußtsein" wirklich ist, wie man es beschreiben (einteilen) soll, ob Bewußtsein=Selbstbewußtsein (Ich-Bewußtsein) ist - das ist alles sehr, sehr umstritten (seit 2000 Jahren, wohlgemerkt).
Du hast recht, daß den "Spielgelsichselbstbsterkennen"-Test (der meist als Nachweis für dauerhaftes "Selbstbewußtsein" akzeptiert wird) nur Primaten bestanden haben (Schimpanzen, Orang-Utan, Gorilla usw. und wir). Angeblich aber auch der eine oder andere Großara und Delphine -das ist sehr schwierig zu beurteilen, da die Übergänge zwischen Selbstbewußtsein oder nicht und anderen Kategorien in der Natur augenscheinlich nicht so scharf sind, wie wir das gerne hätten.
Ganz brauchbarer Ansatz (und nett geschrieben) zur Zeit bei Damasio: "Ich fühle, also bin ich" (der engl. Originaltitel ist nicht so reißerisch).

Ohne mich jetzt mit Traum/Schlafforschung beim Menschen wirklich auszukennen glaube ich, daß man da nicht unbedingt ein "Unbewußtes" einführen muß - zumindest kein "Unbewußtes" im Sinne Freuds oder so, das tatsächlich ein Ich-Bewußtsein vorraussetzen würde. Man kann dagegen einfach annhmen, daß alle Lebewesen im Laufe des Tages so viele Eindrücke einsammeln (trotz der zahlreichen Filter, die unsere Aufmerksamkeit eh schon steuern - überleg nur mal, wie viel Dein Hirn schon als "nutzlos" oder "unwichtig" rausfiltert, wenn Du Dich in einer Disko mit Deinem Nachbarn schreiend verständigst; Du nimmst da nur noch den Schreier war, wenig von dem außenrum), daß sie die nachts, wenn das "Wachsein" ausgeschaltet ist, erstmal verarbeiten müssen; das Hirn muß, relativ ungestört von neuen Außenreizen, das Eingesammelte Material "Verräumen", "ordnen", "Einsortieren" usw. Das erlebt man selbst dann als "träumen". Ein Ich-Bewußtsein ist hierfür nicht nötig, nur die grundsätzliche Fähigkeit, wach und aufmerksam zu sein - und das können Hunde doch auch.

Und daß Säugetiere träumen, wird wohl kaum ein Tierbesitzer bestreiten - mein Hund (übrigens auch damals meine Meersäue) rennt im Schlaf, knurrt, wedelt, stellt sogar das Fell, kippt die Ohren, atmet heftiger - genau wie ein Mensch, der intensiv träumt. Die entsprechenden Hirnwellen wurden in Messungen als ähnlich beschrieben wie beim träumenden Menschen im Schlaflabor - ich meine mich zu erinnern, daß es da neulich auch noch Versuche mit schlafenden Leguanen und Co gab - mußt mal im Netz suchen, vielleicht findet sich was.

Will heißen, auch unsere Hunde träumen - sie verarbeiten die Eindrücke vom Vortag (unter anderem), ihr Hirn sortiert sie sozusagen ein und strukturiert sich u. U. entsprechend um. Im Prinzip passiert dabei genau dasselbe, wie beim wachen, rennenden Hund - nur das beim schlafen rennenden Hund größtenteils die motorische Kontrolle "ausgeschaltet" ist (er liegt ja da und pennt, zappelt nur leicht mit den Beinen). Die Muster im Hirn sind genau diesselben, sie werden nur nicht sozusagen bis zu den Beinen durchgestellt.

Grüße
josh



18. November 2002 17:46

Ciao Martina

Auch ich habe mir über das Bewusstsein, das Denken oder besser gesagt die "Welt aus Hundesicht" Gedanken gemacht. Es nervt mich manchmal, dass bei Hunden oder auch bei anderen Tieren alles auf den Instinkt reduziert wird. Warum können wir unseren Vierbeinern so viele Sachen beibringen, wenn sie doch so unintelligent sind?

Ich stelle mir das so vor: Hunde bzw. Wölfe wurden ursprünglich geboren, um im Rudel zu jagen, Welpen aufzuziehen, ein Revier aufzubauen usw. Dazu haben sie einen für uns unvorstellbaren Geruchssinn, ein sehr gutes Gehör und ein "anderes" Sehvermögen erhalten, welches sie zu perfekten Geschöpfen in ihrem "Aufgabenbereich" macht. Die Wahrnehmung und die gesamte Gehirntätigkeit ist so anders als bei uns Menschen, dass sie zwar in der gleichen Welt, aber in einer völlig anderen Dimension als wir leben. Sie sind genau so intelligent, wie sie sein müssen und haben ein Bewusstein, welches für uns nicht erfassbar ist.

Ich bin ganz sicher, dass Hunde träumen, aber da keiner von uns je in einen Hundekörper schlüpfen kann, wird man sich darüber wohl ewig streiten.

So, genug philosofiert.

Gruss Daniela


19. November 2002 07:00

Hallo Daniela,
ich möchte Deinen Worten noch etwas hinzufügen:
wer sagte eigentlich, dass wir Menschen "der Weisheit letzter Schluß" sind?!
Wir sehen die Welt mit anderen Augen, als ein Hund, ein Kaninchen oder ein Vogel. Was nicht in unser Schema paßt, wird als unintelligent bezeichnet.
Aber können wir das alles so einfach abtun? Waren wir schon mal Goldfisch oder Hamster? Wenn nein, dann können wir uns darüber gar kein Urteil erlauben, oder?!
Viele Grüße
Claudia


19. November 2002 07:35

Hi ihr beiden,
es geht hier nicht um "abtun" oder sonstwie wertende Begriffe, sondern um eine wissenschaftliche Defintion von "Bewußtsein" (Intelligenz sagen die meisten Forscher ungern, weil es ein Wsichi-waschi-Begriff ist, sobald man die Sphäre des Homo Sapiens verläßt). Wissenschaftliche Begriffe sind i.a. nicht wertend gedacht, sondern beschreibend bzw. erklärend. Nichts weiter.
Außerdem bleibt ja jedem sein persönlicher Zugang zum Tier unbenommen - auch wenn ich überzeugt bin, daß mein Hund nicht "denken" kann wie ein Primat und auch kein "Ich-Bewußtsein" besitzt - kaum ein Forscher wird bestreiten, daß er Emotionen hat (die Hirnaktivitäten weißen jedenfalls in diese Richtung und auch die neueren Erklärungen zur Funktion von Emotionen deuten drauf hin) bzw. Schmerzempfinden. Ob dieses unserem ähnelt, ist nicht nachweisbar - allerdings sehr wahrscheinlich.
Wie schon Wittgenstein (okay, kein Wissenschaftler, aber immerhin Philosoph) meinte: Man kann sich nicht ernsthaft vorstellen, daß ein Hund, der jaulend und verletzt vor einem liegt keine Schmerzen hat, daß er nur ein Automat sei, der Laute von sich gibt. Schaffen wir nicht, wie wir uns auch anstrengen. Genauso wie wir es nicht ernsthaft schaffen zu unterstellen, daß die Menschen um uns rum alle Zombies sind und nur wir selbst "echt".
Insofern kann man auch ohne gefühlsübersprudelnden, sondern mit einem ziemlich rationalen Zugang zum Tier viel für seine Aufwertung tun - einfach indem man zeigt, daß sich die grundlegenden Mechanismen Tier/Mensch aus Sicht der Ethologie viel gemeinsam haben.

Grüße
josh

19. November 2002 07:58

Hallo Josh,

vielen Dank für Deine ausführliche Antwort - jetzt blicke ich wenigstens ein bißchen mehr durch...

Viele Grüße,
Martina