Hallo Frieda,
: ... Es ist für den Hund nicht von Vorteil, wenn er aus seinem Rudel
: gerissen wird. Es kann sein, dass er später unter Verlustängsten
: leidet. Zugegeben ist dann das Tier besonders sensibel oder zum
: falschen Zeitpunkt abgegeben worden. Das kommt wohl selten vor, aber
: es kommt vor.
Wobei wir ja hier wohl wieder beim Thema "Problemhunde" wären. Die sollten doch aber nicht die Normalität sein, sondern die Ausnahme. Gerade der Junghund, den ein Züchter = jemand, der spezielle Kenntnisse über die betreffende Rasse besitzt, aufzieht, im Hinblich darauf, daß er ein späteres Zuchttier werden sollte, inkl. beste gesundheitliche, auf die Rasse abgestimmte Vorsorge und Vorbereitung auf ZTP etc., sollte doch wohl am wenigstem dem Prototyp des Problemhundes entsprechen, der entsprechende Umweltprobleme hat.
Wobei es, wie schon ettliche Male geschrieben, auch auf die Rasse ankommt. Sicherlich gibt es Rassen, wo inzwischen alles komplett im Argen liegt, in Bezug auf Wesen und psychische Belastbarkeit....
: Wie viele hast du denn schon gekauft oder übernommen? Du hast doch
: nur 2 Hündinnen? Und wenn ich mich recht erinnere, züchtest du DSH
: und die werden doch mindestens 12 Jahre alt.
Ich habe momentan drei Hündinnen, und zwar deswegen, weil ich vom letzten Wurf eine Hündin nicht guten Gewissens verkaufen konnte, wegen einem unklaren Gesundheitszustandes.
Wieviele Hunde ich bisher schon gekauft/übernommen habe werde ich Dir aus dem Stehgreif nicht aufzählen, einfach deswegen, weil ich garantiert auf die Schnelle den einen oder anderen vergesse, und dann würde es ja eh nicht stimmen. Der älteste Hund war 8 Jahre alt und wurde 16 (bei mir), zweie waren ca. 2 1/2 bei der Übernahme (darunter einer mit 5 Vorbesitzern, den kein Tierheim damals aufnehmen wollte), und die sind auch beide bis zu ihrem Tod bei mir geblieben. Es waren einige darunter, im Schnitt 1 bis 2 Jahre alt, die bei mir zur Ausbildung waren, ich habe aber auch schon Junghunde im Alter von 5 bis 7 Monaten gekauft, ein eher ungünstiges Alter (bei meiner Rasse), mitten in der Pubertät, und deren Verlustängste waren zumindest so gering, daß sie anschließend die Übernahmetest der diensthundehaltenden Behörden ohne vorhergehende psychatrische Betreuung bestens überstanden haben.
: : Letzendlich spielt natürlich auch die Mentalität und Wesensstärke
: : der Hunde eine Rolle.
:
: Genau, und die Wesensstärke ist mit 11 Monaten noch nicht ausgeprägt.
: Aber da denke ich, kommt es auch auf die Rasse an.
Eben, kommt wohl auf die Rasse an. Zumindest scheint bei "meiner" Rasse die Wesensstärke mit 11 Monaten so weit ausgeprägt zu sein, daß sie die nicht unerheblichen Ankaufstests der Polizei etc. in dem Alter überstehen, wenn genetisch und prägungsmäßig bei ihnen alles stimmt.
: Sicher. Das stimmt. Aber es ging hier um:
: Zuchtuntauglich = nicht züchten = Hund behalten oder
: Zuchtuntauglich = nicht züchten = Hund wegeben = neuen Hund kaufen
Es wird aber häufig der "Goldene Mittelweg" (oder in dem Fall eher "blecherne"...) beschritten, nämlich sich aus Sentimentalität nicht von einem unterdurchschnittlichen Zuchthund zu trennen (und dafür zu sorgen, daß er auf einen optimalen Platz kommt) und ihn später dann doch mal "probeweise" zur Zucht einzusetzen.
: Also, es kommt immer darauf an, was es ist. Ist der Hund 1 cm zu
: groß, wird bei vielversprechenden Hunden ein Auge zugekniffen. Und
: Vitamin B spielt auch eine Rolle.
Nun geht es aber zu sehr ins Detail. Bleiben wir bitte beim "nicht zuchttauglichen Hund", aus der Sicht des betreffenden Züchters gesehen. So mancher Züchter legt einen sehr viel höheren Maßstab an die Qualität seiner Zuchttiere an als es die Zuchtordnung verlangt. Daher bringt es jetzt nix, darauf herumzureiten, warum ein Hund aus Sicht des Züchters nicht zuchttauglich ist. Beim einen Züchter ist es ein Standartfehler, beim anderen ein noch zur Zucht zugelassener Hüftbefund, dem dritten gefällt etwas in den Triebveranlagungen des Hundes nicht usw. Der Grund ist letzendlich egal, hier ging es um die Abgabe...
: Und wenn ich mir das Vererbungsgesetz so anschaue, darf dann mit dem
: ganzen Wurf nicht mehr gezüchtet werden, sollte die Größe auf
: fehlerhaftes Erbgut zurückzuführen sein.
*lach* Aber ich verkneife mir jetzt eine Diskussion über "fehlerhaftes Erbgut". Das würde wirklich zu weit führen...
: Bei Krankheiten, auch wenn es nicht sicher ist, dass diese erblich
: bedingt sind, sollte man die Finger von der Zucht lassen.
: Ebenso bei verhaltensauffälligen Tieren.
Völlig richtig. Hier haben wir es nämlich u.U. wirklich mit "fehlerhaftem Erbgut" zu tun, nicht bei 1 cm Übergröße oder einem Fleck am falschen Ort...
: Das sehe ich nicht so. Einige vielleicht. Und einige Leute machen es
: sich zur Lebensaufgabe, verhaltensgestörten Tieren zu helfen. Hut ab!
Jedem die Lebensaufgabe, die er gerne haben möchte. Der eine resozialisiert gerne verhaltensgestörte Hunde, der andere bildet lieber seinen Hund als Rettungshund aus, der dritte züchtet gerne Hunde, die nicht prädestiniert dafür sind, verhaltensgestörte Problemhunde zu werden usw. Wenn jeder seine Sache gut macht ist in meinen Augen davon nix besser oder schlechter als das andere. Letzendlich befriedigt sowieso jeder nur das eigene Ego, halt auf seine Weise. Sprich "Wenn's ihm keinen Spaß machen würde, dann würde er es auch nicht tun..."
: Das waren auch meine Gedanken. Ich bin der Meinung, dass es eh zu
: viele Hunde gibt und ich würde nicht mehr züchten (wenn ich überhaupt
: noch einmal züchte), wenn ich wüsste, dass für jeden meiner Welpen
: ein Hund aus der Nothilfe oder aus dem TH geholt werden würde. Nur
: leider würde der Schuss nach hinten losgehen. Dann würden die Tiere
: aus dem Ausland unter den widerlichsten Bedingungen nach Deutschland
: oder in andere Länder gebracht werden. Und die Leute, die dann einen
: Rassehund haben wollen, unterstützen dieses.
: Im Kleinen haben wir es ja schon mit den sog. Vermehrern.
Eben... Zumal man meiner Meinung nach jeden nach seinen Interessen glücklich werden lassen sollte. Sorry, ich habe/hatte u.U. auch mit Hunden zu tun, die über Tierheime/Tierschutzvereine etc. vermittelt wurden, und ehrlich gesagt war da noch kein Hund drunter, der mir persönlich zugesagt hätte. Es gibt nun mal Menschen, die gewissen Ansprüche haben, wenn sie eine Bindung eingehen, nicht nur in Bezug auf Hunde. Wenn sich die Ansprüche mit dem decken, was im Schnitt so in den Tierheimen sitzt, ist es eine tolle Sache, sich seinen Hund dort zu holen. Nur sollte man die Leute, bei denen das nicht so ist, nicht verteufeln. Wer vielleicht jahrzehntelang mit der Anschaffung eines Hundes gewartet hat und seit Kindesbeinen an z.B. von einem Kerry Blue träumt, sich in der langen Wartezeit intensiv mit der Rasse und ihren Bedürfnissen auseinandergesetzt hat, wird auch nur mit einem solchen richtig glücklich werden. Ansonsten ist das so wie wenn man Appetit auf etwas ganz bestimmtes hat, aber mit etwas anderem Vorlieb nehmen muß (was ansonsten auch ganz gut schmeckt). Man fühlt sich anschließend satt, aber nicht zufrieden...
: Kann ich mich nur um 2 Hunde kümmern, halte ich zwei Hunde. Sind
: beide zuchtuntauglich, Pech. Ist zwar für einige ein
: Schicksalsschlag, aber es geht hier nicht um ein Auto. Dann kann ich
: mir überlegen, ob ich Zeit für 3 Hunde habe, oder nicht. Muss aber
: damit rechnen, dass der 3. Hund auch zuchtuntauglich ist. So ist es
: nun mal, wenn es um Lebewesen geht.
Wenn jeder Züchter so denken und handeln würde, dann hätten wir ausschließlich Gelegenheitszüchter. Ich ziehe eine Hündin auf, die nicht zuchttauglich ist (bzw. meine persönlichen Zuchtkriterien nicht erfüllt). O.K., dann züchte ich nicht, 10 Jahre lang. Die nächste liegt auch unter dem Schnitt der Rasse, dann züchte ich schon 20 Jahre lang nicht, und bei der dritten wären es dann 30 Jahre, die der Züchter aus dem Zuchtgeschehen draußen ist. Züchten tut immer nur der, der gerade zufällig eine Hündin besitzt, die einigermaßen zur Zucht taugt. Die gewissenlosen Züchter züchten dann öfters (weil deren Hündinnen öfters "taugen"
, die gewissenhaften so gut wie gar nicht mehr (man sagt, für eine gute Zuchthündin muß man im Schnitt zehn Hündinnen aufziehen...). Eine Verbesserung der Rassen (die ich in erster Linie auf das Interieur beziehen, Triebveranlagungen, mentale und körperliche Belastbarkeit, Fitness, Gesundheit etc.) würde es nicht mehr geben, weil es keine Züchter mit durchgehender Zuchterfahrung mehr geben würde...
: Jein. Mich stört einfach der Faktor: Verbesserungen i.S. Aussehen,
: Schnelligkeit und Gewandtheit.
: Sind es gute Tiere, ist doch gut, oder. Nein, es muss noch besser
: werden. Und damit kriegt man jede Rasse kaputt.
: Wichtiger ist, Erbkrankheiten rauszuzüchten.
Ist das nicht ein wenig pauschal? Mir liegt z.B. das Interieur meiner Rasse am Herzen, Triebveranlagungen, Triebwechsel, Belastbarkeit, Ftiness, und natürlich die gesundheitlichen Faktoren. Und das alles kann man nicht am Welpen beurteilen. Sicherlich, die meisten Zuchtordnungen gestatten, z.B. mit leichter HD zu züchten, bei uns ist z.B. das Ellenbogenröntgen keine Pflicht. Ich lasse eine künftige Hündin aber komplett durchröntgen, und wäre da was, auch wenn's der Zuchtverband toleriert, dann geht die Hündin nicht in die Zucht, sondern auf einen entsprechenden Platz, auf dem sie nach Möglichkeit ohne gesundheitlichen Probleme (= klinischen Symptome) alt werden kann, nicht in die Zucht geht und ihre angezüchteten Triebveranlagungen ausleben kann, vernünftige Haltung vorausgesetzt. Und damit soll man die Rasse kaputt macxhen...? *lach*
: Leider gibt es prächtige Rüden, die führen unerwünschte Rezessivgene
: im Erbgut. Treffen diese auf eine Hündin, die mit für dieses Merkmal
: gleichfalls, belastetet ist, führt es dann zu Defekten oder
: Standardfehlern.
: Also weiß man doch, dass beide belastet sind....
Wenn's denn immer so wäre... Leider laufen viele Erbgänge beim Hund anders ab als bei den Mendelschen Erbsen und Wunderblumen. Wenn's so einfach wäre, dann wären die Erbkrankheiten heute so gut wie ausgerottet (nicht nur beim Hund).
: Mit „nichts taugen“ meine ich: Laut Aussage der Züchter taugt der
: Hund nicht für die Zucht.
: Natürlich taugt jeder Hund was.
Wie Du schon schreibst, jeder Hund "taugt" etwas. Daher ist es doch auch gar nicht so schlimm, wenn einer "nicht für die Zucht taugt", für andere Sachen kann er nämlich absolut obertauglich sein. Und ich denke, für einen Hund kann es nix Besseres geben, als ein Plätzchen zu finden, für welches er absolut obertauglich ist. Geht uns Menschen ja genau so...
: Meine Meinung ist eben, dass sich jeder Hund im Rudel am wohlsten
: fühlt. Egal auf welchem Platz.
Manche Verhaltensforscher sind da inzwischen ganz anderer Ansicht. Letzendlich ist es meiner Meinung nach wichtig, welchen Stellenwert ein Hund "im Rudel" hat. Fühlt er sich integriert, wird er gebraucht? Und da ist mir ein gut zusammen arbeitendes Zweibeiner/Vierbeiner-Rudel für meine Hunde lieber als ein Hunderudel mit mehreren Vierbeinern, die sich weitgehend selbst überlassen bleiben. Wie gesagt, vieles liegt auch an der Rasse, bei "meiner" Rasse habe ich letzteres noch nie gut funktionieren sehen.
: Es ist sicher nicht so schlimm, einen Hund in eine andere Familie zu
: geben, wenn gewisse Regeln eingehalten werden.
Jep...
: Aber was ist, wenn er dem neuen Besitzer auch nicht genügt? Die
: Spirale setzt sich fort, z.T. auch, weil falsche Hoffnungen geweckt
: werden.
Genau das sehe ich anders. Gebe ich einen älteren Hund ab, weiß ich sehr viel genauer als bei einem Welpen, wer zu ihm paßt oder nicht, denn ein Welpe kann sich so oder so entwickeln. Zudem kann ich den Hund u.U. noch einige Monate entsprechend ausbilden. Die neuen Leute des Hundes können sich ein sehr viel genaueres Bild über den Hund machen. Und wenn es wirklich nicht klappt, dann kann ich den Hund, genau wie einen Welpen auch, zurückholen. Zumal ich auch die Ahnentafel des Hundes nicht gleich umschreiben lassen muß...
: Du verkehrst in den Kreisen, aus denen ich mich herausgelöst habe.
: Sieh das bitte nicht als Angriff oder Beleidigung. Es ist nur eben
: Ansichtssache, aber mir fehlt dort die Herzenswärme. Und die möchte
: ich mir einfach leisten können.
Du darfst Dir doch leisten was Du möchtest. Sagt doch keiner was dagegen. Ich habe noch nie einen Menschen verurteilt, der sagt, daß er keinen Hund (oder sonst ein Tier) wieder abgeben könnte. Einige züchten ja deswegen auch nicht, weil sie Probleme damit hätten, die Welpen abgeben zu müssen, obwohl sie teilweise Hunde haben, die zur Verbesserung der Rasse sehr viel beitragen könnten. Und dann ist es auch besser wenn man es nicht tut.
Viele Grüße
Antje