Hallo,
zur allgemeinen Diskussion zum Thema mit dem großen "K" möchte ich
hier eine weitere journalistische Anekdote beisteuern.
Unter dem Titel "Bochum: Erneut Angriff von Kampfhunden" vermeldet
das Regionalstudio Essen des WDR auf seinen Internetseiten einen weiteren erschröcklichen Kampfhundevorfall, der unter der Überschrift
" Kampfhunde-Angriff - Herner retten Frau" sogar Einzug in die lokalen
Fersehnachrichten fand.
Hier der Meldungstext:
"In Bochum wurde eine 53 Jahre alte Frau von zwei herrenlosen Kampf- hunden an den Händen verletzt. Wie die Polizei heute mitteilte, hatten die Hunde am Montag zunächst zwei Terrier der Frau angegriffen. Als die
Frau ihre Hunde schützen wollte, wurde sie selbst von den Kampfhunden angegriffen. Zwei Passanten kamen der Frau zu Hilfe und verhinderten Schlimmeres. Die Kampfhunde wurden in ein Tierheim gebrach."
Dem geneigten Betrachter drängt sich nun die Frage auf, wie es denn
geschehen konnte, daß trotz zweier blutrünstiger Kampfhunde die Frau
nach ambulanter Begutachtung ihrer Hautabschürfungen selbstständig
und auf zwei (unversehrten) Beinen nach Hause laufen konnte, selbst-
verständlich nebst ihrer Hunde, der sich obzwar etwas zerzaust, doch
bester Gesundheit erfreuen.
Es gibt eben Nachrichten, die an sich einen Wert (im Sinne von Quote) besitzen und wirklich!!! wichtig sind - diese gehört sicher dazu -
nur kommt bei genauer Betrachtung der Nachrichtenreihenfolge ein leicht
bitterer Geschmack auf, findet sich doch nahe dem Ende des Nachrichten- blocks die lakonische Meldung über zwei durch PKW in der Region getötete
Fussgänger. Aber seis drum, was sind schon zwei langweilige Verkehrstote
gegen den gemeingefährlichen Angriff zweier rassisch minderwertiger Kampfhunde auf die Volksgesundheit - hier in Persona vertreten durch eine unschuldige Passantin, die ob ihrer schweren Hautabschürfungen an den Händen ihres Lebens nicht mehr froh wird.
Blitzartig kommt mir da ein Gedanke...damals war's, als der Goldie-
Rüde klein Baxter the Bullterrier dominieren wollte und ich dazwischen
gegangen bin...sein Biss in meinen Arm ergab eine respektable Schramme.
Nun, damals erschien mir das als ein normales und unvermeidbares Risiko
der Hundehaltung...aber heute...? Wäre ich ein Fall für die Nachrichten-
sendung? Bekäme ich ein Honorar? Oh, ich vergass...es war ja nicht klein
Baxter der zugebissen hat...ein Goldie besitzt nun mal keinen nachrichtlichen Nährwert.
Aber pardon liebe Leserinnen...ich schweife ab...
Zurück zum Thema!
Irritiert von der Reihenfolge der Nachrichten habe ich mich dann entschlossen, daß Servicetelefon der "Lokalzeit Ruhr" zu konsultieren
und die Verantwortlichen nach ihrer Meinung zu diesem Thema zu befragen.
Nachdem eine junge Dame mit suboptimaler Dienstleistungsmentalität meinen Anruf entgegennahm und begriff, daß jemand die Unverfrorenheit
besaß ihr Programm zu kritisieren, brach die Telefonverbindung augen-
blicklich ab.
So entschloss ich mich folgende Mail an die Redaktion zu schicken.
Anmerken möchte ich noch, daß ich nach 16 Jahren mit Bullterriern
an meiner Seite keineswegs so sentimental bin und glaube, daß zu diesem
pathologischen Thema ein objektiver Meinungsaustausch wie zwischen
vernünftigen Menschen möglich wäre und ich eine Chance auf Gehör hätte.
Vielmehr ist diese Mail eine rein theoretische "Fingerübung" in freier
Meinungsäusserung...mehr nicht.
Sehr geehrte Damen und Herren,
mit Verwunderung habe ich gerade die Themenübersicht für die
Lokalzeit Ruhr im Internet betrachtet.
Unter der Titelzeile
Kampfhunde-Angriff - Herner retten Frau
wird dort ein Bericht über eine Bochumer Bürgerin angekündigt,
die bei einem "Angriff" durch zwei so genannte "Kampfhunde" an
den Händen verletzt worden ist. Ich darf Ihnen Versichern, daß
ich als Hundehalter Vorfälle dieser Art keinesfalls verharmlosen
möchte und meine, daß jeder Schadensfall durch einen Hund ein
Schadensfall zuviel ist.
Aber meinen Sie nicht, daß mit einer derartigen Berichterstattung
Ihre Phantasie mit Ihnen durchgegangen ist und das zu diesem
hochemotionellen Thema jede journalistische Verhältnismäßigkeit
abhanden gekommen zu sein scheint?
Wenn Sie vielleicht einen Blick auf Ihr Internetangebot
werfen wollen, finden Sie dort den Wortlaut zur genannten
"Kampfhunde-Attacke" als fünfzehnte Meldung in Reihe.
Unauffällig darunter plaziert findet sich die übliche Routine-
Meldung über zwei durch PKW getötete Fussgänger. Diese "Unfälle"
werden von Ihnen in keiner Weise besonders hervorgehoben, sondern
an die drittletzte Stelle des Nachrichtenblocks verbannt, obschon
hier zwei Menschen zu Tode gekommen sind.
Wenn ich in der Reihenfolge der Meldungen eine quoten-
bestimmende Sortierung des Nachrichtenwertes annehmen darf, so
scheint die Handverletzung einer Passantin durch einen rassisch
bösartigen "Kampfhund" alle Mal mehr herzumachen, als zwei "simple"
Verkehrstote.
Alle Achtung meine Damen und Herren, daß nenne ich "Prioritäten setzen".
Bisher habe ich die "Lokalzeit Ruhr" als sehenswerte und interessante
Nachrichtensendung ohne Boulevard-Charakter angesehen.
Von dieser Vorstellung muß ich mich scheints wohl nun verabschieden.
Der (gelinde gesagt) hysterische Nachrichtenstil ihrer privaten Kollegen
von RTL/SAT1 ist nun auch in den Redaktionsstuben der WDR-Lokalzeit
angekommen.
Wohlan, machen Sie ruhig weiter so. Auf einen Zuschauer mehr oder
weniger kann der WDR leicht verzichten.
Dazumal, ob ich die Nachrichtensendungen des WDR anschaue oder nicht,
bezahlt hab ich meinen Beitrag dank GEZ ohnehin im Voraus.
MfG Burkhard Redeker