Liebe Liliana,
je früher die Ausbildung anfängt, desto leichter tut man sich. Junge Hunde sind hervorragend spielerisch zu trainieren. Viele Menschen denken nicht darüber nach, daß ihr Hund IMMER lernt, von dem Augenblick an, wo sie ihn zu sich genommen haben (natürlich schon früher, aber darauf hat der Besitzer ja keinen Einfluß). Der Instinkt des Hundes sagt ihm, daß er die Lebensbedingungen in seinem neuen Rudel erkennen und sich dementsprechend verhalten muß, wenn er überleben will. Er wird also genauestens beobachten und immer wieder Verhaltensweisen ausprobieren. Die Reaktion des Menschen zeigt ihm, ob diese richtig oder falsch sind, also beibehalten oder aufgegeben werden sollen. Und genau das ist der Knackpunkt: Die Bewertung "richtig oder falsch" sollte von Anfang an gezielt vom Menschen getroffen werden. Das führt z.B. dazu, daß ein Hund sich gewisse Dinge (Hochspringen an Menschen, auf der Couch liegen, Verteidigen von Beute...) gar nicht erst angewöhnt und später mühevoll wieder abtrainiert bekommen muß. Gleichzeitig kann man die enorme Lernbereitschaft von Anfang an nutzen, um dem Hund wesentliche Dinge beizubringen.
Es ist überhaupt kein Problem, einem Welpen sämtliche Grundkommandos beizubringen. Er kann ohne Schwierigkeiten im Alter von sechs Monaten Sitz, Platz, Bleib, Hier mit Vorsitzen, Kehrtwende, Bringen und Ausgeben von Gegenständen und Leinenführigkeit beherrschen. Das korrekte Fuß, wie es bei Prüfungen verlangt wird, kann man anbahnen. Selbstverständlich darf diese Ausbildung niemals auf Drill und Zwang beruhen oder durch falschen Ehrgeiz des Besitzers zu einer Überforderung des Hundes führen. Sonst hat man nämlich ganz schnell einen Hund, dem man gründlich jede Lust aufs Arbeiten verdorben hat.
Aus diesem Grund sollte die Arbeit mit einem Welpen und Junghund immer wie ein einzigartiges Spiel ablaufen, mit viel Motivation, Lob und ohne Strafe. Wichtig ist dabei ebenfalls der zeitliche Rahmen. Mit einem 8 Wochen alten Welpen kann man z.B. wunderbar das Heranbringen von geworfenen Gegenständen üben, da sein Nachlauftrieb das Herkommen gewaltig unterstützt. Jede "Übung" kann man 3-4x wiederholen, das reicht dann völlig für den Tag. Ein Junghund mit 6 Monaten kann sich etwa 5-10 Minuten gut konzentrieren und braucht dann eine lange Pause, ein 8 Monate alter Hund schafft 2x 10 Minuten mit ca. 20 Minuten Pause dazwischen. Das Ganze ist selbstverständlich abhängig von der Rasse und den individuellen Gegebenheiten bei jedem Hund. Kleinrassige Hunde sind früher reif und vertragen meist mehr, sehr große Rassen benötigen viel längere Entspannungseinheiten. Die Zeiten sind also nur ungefähre Richtlinien. Man merkt als aufmerksamer Hundeführer selbst am schnellsten, wenn der Hund unkonzentriert wird oder die Lust verliert. Spätestens dann, besser noch etwas vorher, sollte man die Arbeit mit einer Übung, die der Hund bereits sicher beherrscht und entsprechendem Lob beenden.
Wenn man diese Kunst des Einschätzens der hundlichen Energien beherrscht, dann betrachtet der Hund Arbeit niemals als etwas Unangenehmes, sondern tut sie begeistert. Jede richtig ausgeführte (und entsprechend belohnte!) Aufgabe gibt dem Hund nämlich Selbstbewußtsein. Wenn Du also mit Deinem Rotti auf den Hundeplatz gehst, dann achte auf ihn. Du wirst schnell ein Gespür dafür entwickeln, wie lange er "dabei" ist und freudig mitmacht. Diese Zeiten kannst Du nutzen. Und dann gönne Deinem Hund wieder Entspannung. Ich weiß nicht, wie der 10-Tage-Kurs abläuft. Grundsätzlich bin ich, besonders bei Junghunden, eher skeptisch bei solchen Angeboten, da sie meist eine Überforderung darstellen. Es wäre z.B. kompletter Unsinn, eine Stunde (oder länger) auf dem Platz herumzurennen, möglichst noch stur im Kreis. Das ist selbst für erwachsene Hunde zu viel. Ideal wäre es, wenn der Kurs in 2 kurze (maximal 10minütige) Arbeitseinheiten mit langen Entspannungspausen gegliedert wäre. Davon sollte eine dem hundlichen Spiel gehören und die zweite so sein, daß die Hunde ruhig bei ihren Besitzern abliegen, während der Trainer Theorieunterricht erteilt. Auf alle Fälle sollten die Teilnehmer die Möglichkeit haben, dann die Arbeit mit ihrem Hund zu beenden, wenn der Hund unkonzentriert wird. Alles andere ist Überforderung und verdirbt dem Hund die Lust an der Arbeit. Leider erwarten gerade die Teilnehmer an Kurzzeitkursen häufig, möglichst viel "Arbeit" für ihr Geld zu bekommen. Sie betrachten es als vertane Zeit (und Geld), nur jeweils kurze Arbeitseinheiten zu haben. Aber gerade bei Junghunden gilt: Weniger ist mehr. Der Sinn einer Ausbildung auf dem Platz sollte der sein, daß der Trainer den Hundebesitzern das "Was" und "Wie" zeigt, das sie dann außerhalb des Platzes immer wieder mit ihrem Hund üben können.
Und noch eines sollte Dir klar sein: Mit acht Monaten ist Dein Rotti am Beginn der Pubertät. Er wird also nicht unbedingt zu den Erziehungswilligsten gehören. Auch Hunde, die bereits einen guten Grundgehorsam haben, scheinen während dieser Zeit oft alles vergessen zu haben, was sie gelernt haben. Doch diese Phase geht vorbei. Wichtig ist, sich als Besitzer nicht entmutigen zu lassen, sondern ruhig, freundlich und konsequent den Gehorsam zu trainieren. Es wird sich immer auszahlen. Und wenn Du mal einen Tag erwischt, an dem nichts geht, dann laß es eben an diesem Tag. Such Dir ein gemütliches Plätzchen außerhalb der Gruppe und schau mit Deinem Hund zu. Er lernt dabei, sich ruhig zu verhalten, und Du kannst Dir mal gründlich anschauen, wie die einzelnen Teilnehmer mit ihren Hunden umgehen. Dabei hast Du Dein Geld besser investiert, als wenn Du völlig entnervt mit einem unwilligen Hund Dein Pensum abhechelst.
Und was den Hundesport betrifft: Du kannst bestimmte Dinge anbahnen: Für Agility oder Turnierhundsport kannst Du üben, den Hund durch den Tunnel zu schicken oder auf einer Laufplanke gehen zu lassen (natürlich immer unter fachlicher Anleitung und mit Hilfestellung). Sämtliche Hindernisse mußt Du vorläufig noch weglassen. Da darf Dein Rotti erst dran, wenn er mindestens 13 Monate alt ist und die Hüfte (und beim Rotti auch die Kniescheiben) geröngt und in Ordnung ist. Interessierst Du Dich eher für Schutzdienst, und gehört Dein Hund wirklich zu den selbstbewußten, sicheren Hunden, kannst Du mit dem gezielten Aufbau des Beutetriebs beginnen. Doch vor jedem Sport steht das Beherrschen des Grundgehorsams. Der Hund muß mit und ohne Leine zuverlässig gehorchen, für bestimmte Sportarten ist ohnehin die erfolgreiche Begleithundprüfung vorgeschrieben.
Liebe Grüße,
Jutta