Angstbeißer
16. Juni 2002 13:34

Hallo Andrea,

für Malis ist eigentlich das wichtigste ihre Familie, ihr Rudel. Der Rest interessiert sie nicht wirklich.
Ursprünglich sind Malis eigentlich mißtrauisch gegenüber Fremden.
Durch Wesenstests, Körungen, etc., hat sich das ziemlich geändert.
Da müssen sie sich schon anfassen lassen.
Generell zu sagen, daß sich ein Hund nicht anfassen lassen braucht, halte ich eigentlich für falsch.
Es gibt eben Situationen wie Tierarzt etc., wo sie sich anfassen lassen müssen.
Bei Prüfungen müssen sie sich meist nicht direkt anfassen lassen, aber der Richter ist doch recht nah und merkt das Verhalten schon auch.
Ein Hund muß sich nicht von jedem knuddeln lassen, aber anfassen lassen sollte er sich. Und wenn ich der Rudelführer bin, dann muß ich das eigentlich von meinem Hund verlangen können.

Mein damaliger Rüde hat genauso reagiert wie deine Kleine.
Aus Unsicherheit rückwärts und dann nach vorne. Ich habe damals falsch reagiert, weil mir jeder sagte, daß ich das sofort unterbinden soll. Ich hab ihn dafür bestraft, daß er nach Leuten geschnappt hat und das hat die ganze Situation extrem verschärft.

Meine kleine Hündin hatte anfangs das gleiche Verhalten.
Bei ihr hab ich das so gemacht, daß ich sie auf dem Hundeplatz immer hab zwischen den Leuten rumlaufen lassen. Auf der Terrasse, im Vereinsheim und die Leute haben sie ignoriert. Ab und zu gabs ein Leckerlie (ohne Streicheln - nur Leckerlie und sofort wurde sie wieder ignoriert). Auch hat sie mal mit anderen Hunden zwischen den Leuten gespielt.
Dann wollte sie ja die Leckerlies und mußte also auf die Leute zugehen. Nicht mal zwei Wochen hat es gedauert und sie hat gemerkt, daß fremde Leute überhaupt nicht bedrohlich sind.

So haben wirs schon bei einigen Hunden gemacht und die besten Erfolge erzielt. Am besten auf Hundetreffen, Hundeplatz usw., wo viele Leute sind (und Hunde), wo sie sich ganz ungezwungen bewegen können und so merken, daß von den Leuten nichts bedrohliches ausgeht.


Viele Grüße
Tanja


16. Juni 2002 14:26

Hallo Andrea,

Du solltest Deine Hündin so oft wie möglich die Erfahrung machen lassen, dass fremde Menschen nichts Bedrohliches sind.

Das geht gut, so wie Tanja es beschrieben hat, auf einem vernünftigen Hundeplatz, aber auch im täglichen Leben:

Nimm die Kleine überall mithin wo Trubel oder später sogar Gedränge ist.
Wenn sie Angst zeigt, ignorieren und mit Calming Signals arbeiten. Die können Wunder wirken!
Bitte immer wieder fremde Leute, z.B. auf Spaziergängen oder auf der Hundewiese, Deiner Kleinen Leckerli zu geben, erst ohne Anfassen, wenn sie etwas Vertrauen gewonnen hat, dann auch mit kurzer Berührung.

Achte darauf, dass die Leute dabei "hundegerecht" vorgehen: Also nicht frontal auf den Hund zugehen und sich zu ihm hinunterbeugen (wird oft auch von sicheren Hunden als Bedrohung aufgefaßt), sondern sich eher seitlich nähern, abhocken oder stehenbleiben und ein Leckerli anbieten.

Ich würde sie nicht zwingen, sich anfassen zu lassen, solange sie sich sträubt. Aber jeden kleinen Ansatz von Zutrauen sofort belohnen.
So kann das Selbstbewußtsein langsam wachsen.

Viel Glück!
Eva

16. Juni 2002 18:22

Hallo!

: Wenn ihr sagt, Fremde sollen sie auf keine Fall anfassen, so frage ich mich allerdings, wie soll ich sie denn daran gewöhnen? Geht doch nur, wenn sie auch angefasst wird.

Die Frage ist nur, wie es zu diesem Anfassen kommt. Wenn Du darauf bestehst, daß sie sich anfassen lassen MUSS, dann wird sie das auch so empfinden - also als Zwang und damit etwas Unangenehmes. Und wenn sie sich dabei zu sehr in die Enge getrieben fühlt, wird sie wieder schnappen. Das genau ist es ja aber, was Du nicht willst.

Du mußt also andersherum vorgehen: Dein Hund soll sich anfassen lassen WOLLEN. Und das erreichst Du, wenn die Kontaktaufnahme von ihr kommt. So geht der Vorschlag mit den Leckerli. Der Hund bekommt nebenbei und unauffällig etwas, das ist aber nicht mit Streicheln, Anschauen oder gar Auf-ihn-Zulaufen verbunden. Erst wenn der Hund fordernder und sicherer ist, kommt mal ein kurzer Blickkontakt. Dann mal ein kurzes Streicheln (unterm Kinn, an der Backe, an der Seite, aber bitte nicht auf dem Kopf!).

Gleichzeitig kannst Du die Methode mit dem Handzeichen oder einem Signalwort für Blickkontakt zu Dir und ruhig Stehen verwenden. Dabei lernt der Hund, die anderen Menschen zu ignorieren, weil auf das Kommando hin Leckerli nur von Dir zu erwarten sind.

Die beiden Methoden sind übrigens durchaus kombinierbar, dann kannst Du den Hund erst mal Kontakt aufnehmen lassen, wenn er mal soweit ist - und wenn Du in einer Situation merktst, daß er sich überfordert fühlt und unsicher zu werden droht, dann gibst Du ihm das Kommando, das ihn auf Dich fixiert. Damit hat er etwas zu tun, was ihm Sicherheit gibt, weil er es kann. Und Du hast Zeit, die unangenehme Situation für Deinen Hund zu entschärfen.

Jede Situation, die Ihr so meistert, wird den Hund sicherer machen - und Dich auch. Und irgendwann wirst Du das Sicherheitskommando kaum noch brauchen.

Keine Angst, das packt Ihr schon. Mein Junior hat auch ganz schön damit gekämpft. Letzte Woche hat mich dann jemand unheimlich stolz gemacht, als er ganz erstaunt fragte: "Unsicher gegenüber anderen Leuten? Dein Hund? Der ist doch nicht unsicher!" Stimmt. Man merkt es im Alltag fast nicht mehr. Aber ich weiß, was für eine Arbeit dahinter steckt, und deshalb ist das ein Lob für mich.

Grüße, Kaya