Hallo Attila,
: Leider hat sich am Verhalten des Hundes nichts geändert: seeeeeehr
: ruhig! Und mehr als das: ihm fehlt jede Neugier, jede Aufmerksamkeit.
: Auffliegende Vögel, vorbeirennende Katzen, Blätter, die der Wind vor
: sich hertreibt, alles, was sich bewegt und unbekannte Geräusche
: macht, läßt ihn völlig unbeteiligt. Er steht - schaut - geht langsam
: weiter oder legt sich ins Gras. Nun mal im Ernst: auch die Pubertät
: wird aus ihm keinen Arbeitshund mehr machen. Es ist sehr, sehr
: schade, eine große Enttäuschung.
Die Pubertät kann hier doch noch einiges bewirken. Z.B. entwickelt sich der Jagdtrieb beim DSH so um diese Zeit herum. Ich hatte eine Hündin, die bis zum 6 oder 7 Monat mit der Katze aus einem Napf gefressen und keinen Hasen angeschaut hat, und innerhalb von 2, 3 Wochen wäre die Katze fast gestorben und das ist dann bei ihr auch so geblieben... Allerdings ist die Eignung als Arbeitshund in diesem Alter grundsätzlich schon zu erkennen. Du tust einem Hund, der nicht für den Sport geeignet ist, keinen Gefallen, wenn Du ihn behälst und doch im Sport führst. Für andere Leute ist dieser Hund, mit all seinen Eigenschaften, die ihn nicht zum Prototypen eines Sporthundes machen (kein Beuteinteresse, Nerven wie Drahtseile), genau der, den sie suchen. Allerdings gibt es auch Hunde, die einfach "spät kommen". Ich kenne inzwischen mehrere, die bis zu einem Jahr an Beute keine Interersse hatten und auch nicht am Spielen, und dann plötzlich "wach wurden". Das ist zwar eher die Ausnahme, aber auch die gibt es...
: Hinzu kommt, daß das Hündchen von meiner dominanten und rabiaten
: Hündin massiv unterdrückt wird. Es ist bereits so weit, daß er mit
: eingeklemmter Rute davonläuft: sie läßt ihm einfach keine Chance, bei
: Gegenwehr wird sie ernsthaft aggressiv. Während ich dazu neige, ihm
: über die Pubertät hinaus eine Chance zu geben und ihm eine
: Grundausbildung zu verpassen, muß ich mich natürlich fragen,
: inwieweit das Leben als Omega-Tier (der Altrüde beäugt den Kleinen
: zusehends argwöhnisch, spätestens nach der Pubertät des jungen Rüden
: wird er ihm keine schnelle Bewegung mehr gestatten) den Hund
: endgültig verdirbt (soweit da noch etwas zu verderben ist - bei den
: Voraussetzungen) und ob es nicht besser ist, ihn sobald wie möglich
: in eine ruhige Familienhaltung zu geben.
DAS wird ihn wahrscheinlich bereits verdorben haben, für den Sport gesehen. Im Sport wirst Du einen Hund mit Persönlichkeit führen wollen, aber wie soll er die unter diesen Bedingungen entwickeln? Sein Scheid wird ihm doch tagtäglich ununterbrochen abgekauft! Und gerade eine Hündin, dazu noch eine dominate, wird ihm keine Luft lassen, sich entwickeln zu können. Der Hund müßte jetzt mal, zumindest eine Zeit lang, ein Einzelhund sein, damit er teamfähig wird, auf den Zweibeiner bezogen. Im Rudel gibt es strenge Regeln, und dem Omega steht es einfach nicht zu, direkt mit dem Alpha zu komunizieren und eng zusammenzuarbeiten. Damit übersteigt er die Kompetenz des Beta und von dem gibt's dann was auf die Ohren.
Meinen ersten Hund, den ich in VPG geführt habe, war ein Hund wie Deiner. Eine Hündin, im Rudel gehalten, mit Muttern und Großmuttern und einigen anderen Hunden zusammen, 2 1/2 Jahre alt, und immer gab's was von den Alten auf die Ohren. Die Hündin hat nicht gebissen, keinen Spiel- und Beutetrieb gezeigt und hat sich in keinster Weise angeboten zum Arbeiten, auch nix gefressen in der Unterordnung oder Fährte. Ich habe sie mit zweiseitigem Kaufvertrag gekauft, für eine Mark, und mit ihr, als absoluter Anfänger, im Sport begonnen (anfangs in der gleichen OG aus der die Hündin kam). Bei mir war sie zuerst Einzelhund, ein oder zwei Jahre später kam der Bullirüde dazu, ich habe mit der Hündin SchH1, 2 und 3 gemacht sowie IPO3 und FH, und habe mich mit ihr über zwei Ausscheidungsprüfungen hinaus für die Landesmeisterschaft qualifiziert. In ihrem alten Umfeld war sie nicht fähig gewesen eine BH zu bestehen, und das nicht, weil ihr Züchter und Besitzer unfähig war einen Hund auszubilden, sondern die anderen Hunde haben einfach dafür gesorgt, daß aus der "Kleinen" nix wurde...
: Was für eine Riesenenttäuschung!
Die kann ich verstehen, so etwas ist menschlich.
: Was für ein Mißgriff!
Der Hund an sich muß kein Mißgriff gewesen sein, aber die Umstände für seine entwicklung sind ungünstig.
: Und, das könnt Ihr mir mit Fug und Recht ins Stammbuch schreiben, wie
: wenig Voraussicht habe ich selbst gezeigt!
Tröste Dich, jeder macht Fehler. Die Kunst ist es, sie sich einzugestehen und daraus zu lernen.
: Ich überdenke übrigens auch die Konstellation, mehrere Sporthunde
: nebeneinander zu halten, die gleichzeitig Haushunde sein sollen:
: wenigstens einer kommt immer zu kurz, was sich auf seine
: Arbeitsleistung fatal auswirkt.
Und hier hast Du doch schon etwas gelernt! Es gibt nur wenige Hudnesportler, die auch gut großziehen können. DAS ist nämlich eine Kunst, einen gut veranlagten Welpen zu einem guten Sporthund aufzuziehen und auszubilden. Man ist Kindergärtner, Grundschullehrer, Gymnasiallehrer und Universitätsprofessor in einer Person, und sein mal ehrlich, wieviele Menschen können so ein Anforderungprofil erfüllen? Nicht umsonst wird so etwas auf vier Berufe aufgeteilt...
Es ist nicht unmöglich, einen guten Sporthund neben einem oder gar mehreren Althunden aufzuziehen. ABER zumindest zeitweise müssen die Hunde getrennt werden. Ich habe momentan drei Hunde, eine ältere Hündin und ihre zwei 4 Monate alten Töchter. Das bedeutet für mich, morgens um halb fünf aufzustehen, damit ich mit jedem Hund EINZELN gehen kann. Einfacher wäre es, ich würde mit der Meute vor die Türe gehen, hätte meine Ruhe da sie sich gegenseitig beschäftigen und müßte die Runde nur einmal drehen. Das gleiche Spiel dann Nachmittags/Abends nochmal. Aber die drei sind tagsüber alleine zusammen, da muß ich mir zumindest zweimal, beser dreimal am Tag Zeit für jeden Hund einzeln nehmen. Und wichtig ist dabei auch, daß "die Alte" bereits ein wenig runterschaltet und sie sich zumindest in meiner Gegenwart beherrscht und nicht über die Kleinen dominiert. Wenn Du einen Kleinen aufziehst neben einem oder gar mehreren Althunden, dann mußt Du einfach sehr viel Zeit alleine mit dem Kleinen verbringen (und die anderen deswegen aber nicht vernachlässigen darfst). Das funktioniert i.d.R. am besten, wenn der Althund bereits in Rente ist und man nicht mehr mit diesem auch noch das volle Programm absolvieren muß.
Viele Grüße
Antje