Hallo Nastassja,
nicht verzweifeln - ich glaube, dass dein Hund schlichtweg nur in der Pubertät ist. Meiner war der Pubertät schon entwachsen, als ich ihn bekam, dafür habe ich aber Erfahrung mit pubertierenden Kindern, und manchmal möchte man dann auch verzweifeln.
Was ist das denn für eine Rasse?
Rückholkommando
Was ich machen würde, wäre aber folgendes: Hole dir eine Schleppleine, vielleicht 5 oder 8 Meter. Mit den Dingern sieht man selbst zwar immer aus wie Sau, und anfangs sind sie einfach nur unhandlich. Aber eine tolle Möglichkeit, den Gehorsam zu festigen. Dann würde ich deinem Hund noch ein Geschirr anlegen und kein Halsband.
Jetzt suchst du dir erstmal ablenkungsfreie Gegenden und rufst ihn immer wieder zurück. Ich würde ein neues Kommando ganz neu aufbauen und das erstmal nur dann benutzen, wenn ich ziemlich sicher bin, dass es auch befolgt wird.
Und reichlich belohnen, wenn er gleich kommt. Belohnen kannst du ihn mit allem, was er gerne mag: Das ist eigentlich das, was er in dem Moment am liebsten tun möchte. Später kann es sein, dass die Belohnung darin besteht, zu einem anderen Hund laufen zu dürfen. Anfangs, wenn die Ablenkung noch niedrig sein muss, ist es vielleicht ein Leckerchen oder ein Spiel.
Das Kommando "Hier" bedeutet also in erster Linie was Schönes und erstmal rufst du ihn wirklich nur zurück, wenn du dir ziemlich sicher bist, dass er auch kommt.
Wenn er das Kommando kennt und es eigentlich auch beherrscht, wenn er aber mal gucken möchte, was denn passiert, wenn er es nicht befolgt - dann kannst du ihn auch mal etwas unsanfter über die Schleppleine zurück holen. Einem ängstlichen Hund kann schnell etwas unangenehm sein - also pass auf die richtige Dosierung auf.
Die Ablenkung steigerst du nur langsam - und bei einem Pubertierling: Sehr langsam (das sage ich aus der Erfahrung mit pubertierenden Kindern, denen halt hormonbedingt phasenweise das ganze Gehirn abhanden zu kommen scheint
Stell dich darauf ein, dass das ein Prozess von mehreren Wochen sein wird und solange dein Hund sich nicht sicher zurückrufen lässt, würde ich auch die Schleppleine dran lassen. Das allerdings fällt schwer, das geht mir nicht anders. Immer mal wieder trainiere ich gezielt und hänge Durian dann auch an die Schleppleine an und ich tendiere auch dazu, ihn zu früh davon los zu lassen. Vielleicht sollte man sich ein Ziel setzen, wie z.B.: 70 x richtiges Befolgen von einem Kommando - und dann geht man einen Schritt weiter.
Ein Hund lernt auch recht schnell, dass es da einen Unterschied gibt zwischen Schleppleine und keiner Leine. Du kannst dann die Schleppleine ausschleichen, indem sie irgendwann nicht mehr festgehalten wird, dann wird sie üblicherweise gekürzt, ganz am Schluss hängt nur noch eine dünne Wäscheleine am Geschirr und dann gar nichts mehr. Aber auch das ist wieder ein schleichender Prozess.
Ich selbst habe meine Schleppleine so nie ausgeschlichen. Ich habe sie schleifen lassen und dann abgemacht, hatte aber immer dann, wenn ich die Leine weniger unter Kontrolle hatte, wieder auf einer früheren Stufe (also unter ablenkungsfreien Umständen) das Rückholkommando geübt.
Leute anbellen
hier wäre es interessant zu wissen, was für eine Rasse es ist? Gerade Hunde, die als Wachhunde gezüchtet werden, wie Schäferhunde, Hovawarte usw. (Liesel - korrigiere mich, wenn ich jetzt Murks schreiben sollte!!), entwickeln in der Pubertät erst ihren Schutztrieb. Bei manchen Rassen ist das genetisch bedingt stärker ausgeprägt als bei anderen Rassen. Bei deinem Hund dürfte aber auch die Angst eine Rolle spielen.
Wie fast überall gibt es sicherlich unterschiedliche Meinungen und leider auch keine Patentrezepte. Mein Hund ist auch eher ängstlich und manche Leute, die sehen ungewöhnlich aus. Meist sehe ich an seiner Körperhaltung, ob er entspannt an denen vorbei gehen wird, oder ob er sie anbellen wird.
Ich habe mit ihm daher auch das "Schau"-Kommando trainiert. Das wiederhole ich sehr oft - und zwar meist dann, wenn kein komischer Mensch oder komischer Hund in Sicht ist, damit er das nicht als Ankündigung für "komischer Mensch in Sicht!" oder so interpretiert.
Wenn das sitzt, ist das auch ein super Hilfsmittel für bedrohliche Situationen. Wenn uns Menschen oder auch Kinder entgegen kommen, gehe ich immer zwischen dem Menschen und Durian. Bei uns wäre das vermutlich gar nicht einmal nötig - aber schaden tut's halt auch nicht.
Er bekommt das Kommando "Schau" oder ein anderes Kommando, was ihn auf mich konzentriert - und alle meine Kommandos sind mit der Aussicht auf eine Belohnung verknüpft, wenn sie denn befolgt werden.
Menschen sind bei uns aber kein Problem, dafür aber manche Hunde. Und es klappt ehrlich gesagt auch nicht immer. Aber oft schaut er mich an und fixiert nicht schon von weitem einen fremden Hund.
Ich finde es in Ordnung, einem Hund was zu verbieten. Aber bei einem Hund, der etwas vor allen Dingen aus Angst heraus tut, bringt ein Verbot meiner Meinung nach nichts, da muss man anders vor gehen. Daher finde ich es wichtig, herauszufinden, warum eine Hund das tut, was er gerade tut.
Das "Nein" muss aber auch ordentlich aufgebaut sein, dein Hund muss wissen, was es bedeutet. Und auch, was du alternativ von ihm willst ("Schau" z.B.).
Ich würde zusätzlich auch immer an der Rudelführung arbeiten. Für mich heißt das:
- Kommandos haben immer dieselbe Bedeutung, und sie müssen umgesetzt werden (ich gebe sie nur, wenn ich sie auch umsetzen kann).
- Es gibt Tabuzonen, Durian darf sich nicht überall aufhalten, wo er es will und sein Entscheidungsrahmen ist eher klein.
- Alles Spielzeug gehört mir, aber manchmal darf er damit spielen. Wann das der Fall ist, entscheide ich.
- Wann gefuttert wird, entscheide ich.
Ich bemühe mich aber sehr, dass er all diese Dinge wirklich freiwillig und mit Spaß macht. Es herrscht hier bei uns wirklich kein militärischer Drill oder sowas, sondern eine freundliche Atmosphäre - aber mit klaren Hausregeln.
Mit dem Anbellen von Besuchern hatten auch wir eine kurze Zeit lang zu kämpfen. Ich hatte da auch einiges ausprobiert. Manchmal muss man das wohl tun, weil es einfach keine Patentrezepte gibt. Bei Durian ist es so, dass ich herausgefunden habe, dass er schneller ruhig ist, wenn er in meiner Nähe sein darf. Wenn also Fremde kommen, öffnet meist mein Mann die Tür und Durian läuft zu mir. Solange er still ist, lobe ich ihn dafür und sage ihm, was für ein toller Hund er doch ist, und dann bleibt er auch fast immer still.
Aber beim nächsten Hund würde diese Taktik vielleicht überhaupt gar nicht funktionieren. Bei uns funktioniert sie halt, aber da scheint sein Bellen auch vor allen Dingen mit Ängstlichkeit zu tun zu haben, und offenbar fühlt er sich in meiner Nähe dann sicherer.
Viele Grüße
Anila