von Constanze+Jule+Taiba(YCH) am 18. Februar 2001 20:44
Hallo Mirko,
:Wie der name "sozialisierungsphase" schon sagt, geht es um das lernen von sozialverhalten. Das ist ein intensives lernfenster, das später nur noch einen spalt offen steht. Das wird dann schmerzlich bewusst, wenn man hunde kennt, die optimal aufgewachsen sind und andere, die erhebliche defizite haben.
Ich stimme Dir zu, dass in der Sozialisierungsphase das soziale Lernen besonders rasch und leicht vonstatten geht. Ich denke aber, dass es nicht NUR das Alter ist, welches in dieser Phase begünstigend wirkt.
Es sind sicher auch die äußeren Faktoren. Ein Welpe, der ideal aufwächst, ist rund um die Uhr mit seinen Geschwistern, seiner Mutter u. evtl. anderen Rudelmitgliedern zusammen. Er drückt also pausenlos die Schulbank, was das soziale Lernen angeht. Wird ein so aufgewachsener Welpe zum Junghund, sucht er noch eine ganze Zeit lang, so wir es ihm gestatten, von sich aus und höchst motiviert den Kontakt zu und das Spiel mit Artgenossen.
Übernimmt man einen älteren Hund, dem diese Form des Aufwachsens nicht geboten wurde, stellen wir erhebliche Defizite fest. Wir versuchen also, ihm möglichst viel Kontakt zu anderen Hunden zu ermöglichen und arbeiten intensiv an einer Verbesserung des Verhaltens. Doch in den seltensten Fällen können wir ihm zeitmäßig eine so intensive Schule bieten, wie sie ein Welpe in seinem Rudelverband erlebt. Es bleiben immer kurze Ausschnitte in seinem Leben, die auf das soziale Lernen verwand werden können, denn wer kann mit seinem Hund schon Tag und Nacht üben. Bei aller Anstregung, die meiste Zeit ist er doch mit uns alleine und innerartliches Training findet nicht statt.
Meine Erfahrung ist, dass selbst alte Hunde, die unter schlechten Bedingungen aufgewachsen sind, soziale Kompetenzen enorm schnell entwickeln, wenn sie Schritt für Schritt, behutsam und betreut, in ein größeres Rudel integriert werden.
Eine gute Bekannte von mir z.B. nimmt ausschließlich alte Herdenschutzhunde auf, die als hoffnungslose Fälle in Bezug auf Sozialverhalten und eigentlich allem gelten. Sie hat immer vier bis fünf Hunde gleichzeitig und insgesamt waren es, da sie altersbedingt leider selten noch länger als drei Jahre leben, schon recht viele. Jedesmal, wenn sie mir wieder von ihrem neuen Alten berichtet, denke ich, den kriegt sie diesmal nicht mehr hin. Und immer wenn ich sie dann ein paar Wochen o. Monate später besuche, sehe ich einen Hund, von dem man nie glauben könnte, er hätte jemals ohne Rudel gelebt. Es ist phantastisch, zu beobachten, wie perfekt sich ein solcher Hund noch in eine Hundegemeinschaft einfügen kann und welche komplexen sozialen Verhaltensweisen er in diesem Alter noch entwickelt.
Doch wer kann in unserer "Ein-Kind-ein-Hund-Gesellschaft" einem alten Problemhund noch soziales Lernen rund um die Uhr bieten?
Liebe Grüße
Conny