von Doris m. Nico&Elia(YCH) am 23. Juli 2002 18:32
Hallo Peter,
viele Fragen . Ich versuche sie mal aus meiner Sicht zu beantworten.
Eins vorab: Nico war einer der schlimmsten "Leinenrambos" die man sich vorstellen kann. Ich kann wirklich nur für Einzelstunden bei einem qualifizierten Trainer sprechen. Die korrigieren dich sofort, wenn du falsch im Timing und in der "Handhabnung von
Leine und Halti bist. Super viele Tipps habe ich bekommen, auch für den Umgang mit dem Hund generell. Das nur am Rande.
: Danke für Deine Antwort, es beruhigt mich, daß dieses Thema doch kein Einzelfall ist (manchmal kommt es mir nämlich so vor, weil die großen Hunde in meiner Umgebung immer brav an der Leine sind, die wurde aber meistens auch über die negative Schiene ausgebildet - komischerweise wirkt es und die Hunde wirken nicht verängstigt, versteh ich auch nicht, denn bei meinem Fiete verpufften Leinenruck und Drohrufe wirkungslos).
Natürlich kann ich auch "negativ" einwirken. Das dies meistens bei "uns" nicht fluppt, liegt daran, dass wir einfach zu zaghaft sind. Wenn negative Einwirkung, dann einmal ordentlich anstatt ständig ein bißchen. Aber gerade bei Leinenrüpelei ist oft Angst und Unsicherheit der Auslöser und da würde ich nicht mit "harten" Methoden rangehen, auch wenns vielleicht etwas länger dauert. Auch birgt die negative Einwirkung die Gefahr, dass das Timing nicht exakt stimmt und der Hund es gar nicht mit seinem Verhalten in Verbindung bringt, sondern mit dem anderen HUnd, was dann alles nur noch schlimmer macht.
: Den Blickkontakt werde ich dann mit dem Clicker einfangen, wenn ich das richtig verstehe - ich würde dann nur clicken, wenn er mich von allein zufällig anguckt. Wenn das sitzt, könnte ich es ja Schau nennen.
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Ja genau.
: Ich habe schon geübt, seinen Namen zu rufen und dann zu clicken, wenn er guckt, aber da habe ich ihn ja zuerst aufgefordert.
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: Würdest Du Schau auch üben und wenn ja, dann über die Zufallsschiene?
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Wie gesagt, wenn du "unvorhersehbar" für deinen HUnd wirst, häufige Richtungswechsel, Tempowechsel, Sitz, Platz und das alles im flotten Wechsel, wirst du sehen, wie häufig er dich plötzlich anschaut.
das kannst du Schau, oder besser ein Wort, dass nicht so "abgegriffen" ist, weil oft unbedacht benutzt, nennen. Z.B. Watch oder so.
: Ich denke nicht, daß er bei Hundebegegnungen auf seinen Namen reagiert, hat er jedenfalls bisher nicht, er sieht und hört dann nichts mehr, jedenfalls mich nimmt er nicht mehr wahr, Futter auch nicht.
Ja kenn ich. Nico war nichtmal für rohes Gulasch zu interessieren. Deshalb ist die Arbeit aus Distanz so wichtig. Nicht der "letze friedliche Moment" ist entscheidend, sondern das Theater fängt eigentlich schon viel eher an, mit dem "fixieren. Du musst die Distanz herausfinden, wo er noch ansprechbar ist.
: Du schlägst einen Richtungswechsel im letzten friedlichen Moment vor - aber fliehen wir da nicht vor dem anderen Hund?
Nein!! Du bestimmst wos langgeht und er hat sich an dir zu orientieren. Wichtig ist das der Blickkontakt zum "Feind" unterbrochen wird. Mit der Zeit lernt er durch Belohnung für Alternativverhalten, dass es ihm Vorteile bringt. Außerdem gibt ihm das Abverlangen von Übungen, die er gut kann Sicherheit. Und siehe da: Er mekrt dass er solche Situationen ohne Terz dennoch unbeschadet übersteht.
: Und dauert es bei den paar Hunden, die uns begegnen, nicht ewig lange, bis man näher ran kann?
Tja hier ist natürlich der Halter gefragt. Wir sind regelmäßig alle zwei Tage Hundeauslaufgebiete abgefahren und auch in die Stadt. Ohne Fleiß kein Preis.
Und ganz ehrlich: Wir hatten seitdem keinen einzigen Ausraster mehr. Mittlerweile nimmt Nico bei Sichtung eines HUndes von sich aus Kontakt auf.
: In das Gedränge der Innenstadt will ich aber auch nicht fahren, da sind dann wieder zu viele Hunde von allen Seiten... Reizüberflutung hat bisher nicht geklappt, er hat jeden angebellt, sogar mit Ball im Maul als Notbremse.
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: Außerdem kann man ja leider nicht immer umdrehen, es kommen ja immer mal andere Hunde, was würdest Du zu Anfang machen, wenn man auf Teufel komm raus die Hunde aneinander vorbeiführen muß?
Verhalten wirklich absolut ignorieren, egal was die Leute denken. Mit rumgezerre und Geschreie feuerst du ihn erst richtig an, nach dem Motto: gemeinsam sind wir stark. Ich bin anfangs zur Seite ins Feld ausgewichen um noch ein paar Meter Distanz zuschaffen. Stellenweise durch die Rüben gepilgert und Strecken doppelt und dreifach gelaufen weil immer mal wieder jemad kam.
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: Vorbeischleifen klappt eigentlich nicht, denn er flippt völlig aus, so daß wir keinen Zentimeter vorankommen, ich muß ihn ja die ganze Zeit zurückhalten, damit er nicht vorprescht. Ich kann dann nur hoffen, daß der andere, verängstigte Hundehalter seinen Braven vorbeiführt.
Ich kann nur sagen: Wir haben uns ein dickes Fell zugelegt. Unser Nico war als Bestie im ganzen Dorf verschrienen. Er hat es Stellenweise geschaft sich ins Halti zu verbeißen. Aber selbst die Westi-Halterin, die mir mal sagte, dass so ein Hund eingeschläfert gehört, hat heute keine Angst mehr und ihr Rüde darf mit Nico spielen. Ohne Leine ist unsere Pottsau nämlich absolut verträglich.
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: Meinst Du ich kann ihn mit Geschirr halten? Denn die Leine am Halti kann ja doch Signale aussenden, falls es mir nicht gelingt, ganz ruhig zu bleiben. Wie schwer sind Nico und Elia?
Also ich habe Nico nie mit Geschirr geführt, immer nur am Halsband und mit Halti. War kein Problem. Nico wiegt 38 kg und ist 72 cm groß. Elia ist kleiner. 52 cm und 25 kg. Aber die ist absolut unproblematisch.
: Ich wüßte leider gar nicht, welche Belohnung ich nehmen könnte, eigentlich nur einen Ball mit Schnur. Aber er klebt schon ab der Haustür nur an meiner Tasche, weil er den so toll findet...würdest Du das trotzdem machen, obwohl er nicht mehr normal neben einem her geht?
Das zeigt eigentlich, dass er wohl recht häufig bestimmt wos langgeht, oder? Du solltest auch wirklich di immer vor Augen rufen: De mensch AGIERT der Hund REAGIERT und nicht umgekehrt. Nie auf aufforderndes Verhalten eingehen, z.B. Spielaufforderung, streicheln etc. Du fängst das an und bendest es auch. Aber wenn er so "heiß" aufs Balli ist, ist das doch ne Super Motivation. Den gibts dann aber wirklich nur für tolles Verhalten inj den entsprechenden Situationen und sonst NICHT MEHR.
: Was hat denn der Trainer anders gemacht? Konnte er die Situation besser beobachten bei Euch vor Ort als Du, wenn Du angespannt bist?
: Das wäre dann ja auch noch eine Idee.
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Ja klar. Erstmal war meine Trainerin absolut fit in Körpersprache von HUnd. Sie korrigiert sofort, wen man falsch handelt. Und sie war ne gute Psychologin. Hat mir viel Selbstvertrauen gegeben. Mir auch immer wieder gezeigt wieviele tolle Eigenschaften Nico hat und was für ein toller Hund er ist. Durch die Probleme mit Nico habe ich mich sehr viel mit Hunden beschäftigt. Zig Bücher gelesen. Seminare besucht etc.
Alles in allem hat das mit Nico fast ein Jahr gebraucht. Eben weil ich am Angang die halbherzig harte Schiene gefahren bin und sich sein Verhalten so richtig etabliert hatte.
Aber man kann was dagegen tun. Es liegt an dir und wieviel du bereit bist an Zeit und Arbeit zu investieren.
Tschüssie Doris
Kannst mich auch gerne mal anmailen und wir können mal richtig ins Detail gehen.