Zweifel an pos. Bestärkung :: Hundeerziehung + Soziales

Zweifel an pos. Bestärkung

von Kerstin mit Rakker(YCH) am 09. März 2003 09:34

Hallo Christiane,
mein Hund ist bei mir, seit er 8 Wochen ist und wird seitdem geclickert. Einmal habe ich ihm beim Training am Hals/Ohr gepackt und mitgezogen, weil er die läufige Hündin neben ihm interessanter fand als Fuß laufen und bekam eine gehörige Standpauke von meiner Trainerin, dass und wie man so etwas positiv lösen kann. Siehe da, es klappte - mit Schweißtropfen meinerseits. Soviel zum positiven Training und der Art, wie mein Hund erzogen ist.
Aber: gehe mit ihm in den Wald und er ist weg - erst nur im Kopf und dann auch körperlich. Leckerlis? vergiß es! Ball? ja, zeigt mir die Richtung in die ich wegrennen soll! Mit intensiv alle Übungen, die er kennt, nacheinander abspulen, höchster Konzentration meinerseits bleibt er bei mir, aber mein Repertoire und meine Konzetration sind nach 10min ausgeschöpft. Naja, dauert vielleicht bisschen länger, aber manchmal möchte man auch nur so durch die Gegend trödeln...
Also habe ich mich vor einer Woche zum Wurfkettentraining entschlossen. Angepaßt an den Hund, denn wenn in einem Buch steht "beginne mit dem Hund in ablenkungsarmer Umgebung und warte, dass er nicht gehorcht", komme ich nie zum werfen. Er bekam die Kette wor die Füße geworfen, als er die Ohren in Richtung Kaninchenloch spitzte - Schreck, schnell rankommen und Leckerchen abholen. Sonst habe ich ihn nie in der Nähe von Löchern zu einem Leckerli überreden können, aber die Verunsicherung durch die Kette bewirkte, dass er sich auf mich konzentrieren konnte. Das habe ich noch zweimal gemacht und ich bin unglaublich erstaunt, wie gut es hilft. Rakker bleibt seit einer Woche auf dem Weg und geht nicht weiter als 30m von mir weg. Wenn er mal zögert, rassel ich mit der Kette und er kommt freudig angesprintet. Diese schnellen Erfolge habe ich aber nur, weil der Hund seit zwei Jahren positiv erzogen ist und eine sehr gute Bindung hat.
Ich sehe das so: er weiß durch die Beschäftigung mit dir, dass es in deiner Nähe toll ist, du bist spannend und du bist der Boss. Aber du mußt ihm klarmachen, dass es VERBOTEN ist, dich zu verlassen. Und das geht nur durch negative Einwirkung. Möglichst so, dass du die Strafe ein-zweimal hart, aber wirksam einsetzt, genau im richtigen Moment. Wenn du öfter strafen mußt, lernst du, dass die Strafe nicht angepaßt ist, weil sie keinen Effekt zeigt. Bei einem Terrier oder ähnlichen Dickschädeln kann es sein, dass man die Lektion öfter mit zeitlichem Abstand wiederholen muß, aber sie sollte deutlich Effekt zeigen. Schön wäre es, wenn der Hund verknüpft "Kaninchen? Nee, da fallen doch immer Rasseldinger vom Himmel, da bleib ich weg!"
Wahrscheinlich ist es mit deinem Hund noch viel zu früh, mit aversiven Methoden zu arbeiten, weil du ihn noch nicht so lange hast. Aber dir ging es auch um die Theorie, oder?
Alle Clickertrainer, die ich kenne, machen übrigens einen Unterschied zwischen Training - ausschließlich positiv - und Erziehung - positiv, aber auch deutlich machen, was dir nicht passt.
Viel Erfolg
Kerstin mit Rakker

von Susanne und Ninja(YCH) am 09. März 2003 10:46

hallo Kerstin


--Er bekam die Kette wor die Füße geworfen, als er die Ohren in Richtung Kaninchenloch spitzte -

Ich kenne diesen Bestrafungsansatz aus eigener Erfahrung mit meiner ehemals sprintenden Hündin auch.
In vielen Büchern zu lesen: Breche das Jagdverhalten im Ansatz ab
Weißt du wohin das geführt hat?
Ich habe meiner Hündin das Anzeigeverhalten abtrainiert. aus ihrer Sicht konsequent richtig. Ohren spitzen in Richtung Kaninchenloch wird bestraft, also spitze ich die Ohren nicht u. starte direkt durch.
Eigentlich logisch, oder ?
Das gleiche Phänomän habe ich auch bei anderen beobachtet. Die Methode hat nur einen kurzzeitigen Effekt. Es sei denn die Strafe ist so beängstigend, dass der Hund die ganze Zeit über gehemmt durch den Wald läuft.

-Wenn er mal zögert, rassel ich mit der Kette und er kommt freudig angesprintet.--

Doch wohl eher gestresst als freudig, was manchmal schwer zu unterscheiden ist.

--Aber du mußt ihm klarmachen, dass es VERBOTEN ist, dich zu verlassen. Und das geht nur durch negative Einwirkung.---

Nein das ist nicht der einzige Weg. Der simpelste und effektivste Weg ist ihm den Weg dich zu verlassen durch Schleppleine unmöglich zu machen. Dadurch lernt der Hund konsequentest, dass er nicht jagen gehen kann und dann kann man ihm einen Weg über ersatzbeschäftigung öffnen.
"Das kannst du nicht tun, dafür das."

: Alle Clickertrainer, die ich kenne, machen übrigens einen Unterschied zwischen Training - ausschließlich positiv - und Erziehung - positiv, aber auch deutlich machen, was dir nicht passt.

Bitte nicht alle Clickerer in einen Topf, die haben ganz individuelle Vorgehensweisen

Gruß von Susanne und Ninja


von Rosmarie(YCH) am 09. März 2003 12:01

Hallo Christiane!

Nur nicht aufgeben! Bei uns hat es drei Jahre gedauert, bis Biggy mich und die Leckerlies wirklich interessant fand. Es kann dauern, aber das wird schon!
Ich wäge natürlich schon genau ab, ob ich Biggy von der Leine lassen kann, denn im Wald z.B. ist es mir zu gefährlich, da könnten unvorhergesehen Rehe oder Hasen auftauchen. Wenn ich sie aber freilasse, dann lasse ich sie mit Leckerlies neben mir herlaufen, und wenn sie vorlaufen darf, achte ich sehr genau auf ihre Kopfhaltung, ob sie etwas wittert, und ich rufe sie ziemlich oft wieder her. Beim ersten Heben des Kopfes ist sie wieder an der Leine. (Biggy wittert mit der Nase in der Luft). Inzwischen kommt sie auch gerne, weil sie immer gleich ein Leckerli bekommt. Aber es hat, wie schon erwähnt, drei Jahre gedauert, bis wir so weit waren. Da hilft wirklich nur Geduld, Geduld, Geduld, weiter so und nicht aufgeben!

LG Rosmarie

von josh(YCH) am 09. März 2003 12:51

Hi Christiane,

: Wollte damit sagen, dass Starkzwangmittel wie Stachelhalsband oder Teletakt abgelehnt werden.

Das sollte in jeder guten Hundeschule selbstverständlich sein. Wo das nicht der Fall ist - WEG HIER. Wer ohne das Zeugs für eine Grundausbildung nicht auskommt, der ist schlicht unfähig.
"Ausschließlich positive Bestärkung" - das geht natürlich nur, wenn Du den Hund kontrollierst.

: Das treibt mich ja noch mehr in den Zweifel - was mache ich denn mit einem Hund, für den das Kaninchen das Interessanteste ist? Er tut mir manchmal schon leid, weil ich denke, er wird nie richtig glücklich, weil ich ihm das Jagen nun mal einfach nicht erlauben kann - und mir kein Alternativverhalten vorstellen kann, das ihn derart fesselt.

Na gut, das ist ein Problrm, daß man mit jedem Jagdhund in Privathand hat. In dieser unserer Welt müssen wir halt viele Triebe unserer Hunde unter Kontrolle halten - er darf nicht zu scharf beschützen, nicht alles hüten und halt auch nicht unkontrolliert jagen. Du sollst nicht seinen Jagdtrieb abstellen (das geht gar nicht) oder ihn unterdrücken, sondern ihn umpolen auf "erlaubte" Jagd, also Jagd auf Ball, Dummy, Fährten usw... das ist zwar für den Hund immer nur "Ersatz" für eine echte Jagd - aber doch besser als gar nichts, oder?! Das Alternativverhalten kannihn schon fesseln - probier mal Fährten?!
Auslastung (geistig wie körperlich - etwa Agility) führt oft dazu, daß der Hund wesentlich weniger Jagdlust zeigt (nicht immer).

Was das "Kanrnickel sind soooo interessant"-Prob. angeht: Der Hund muß einfach lernen, daß er keine andere Wahl hat, als Dir zu folgen. Tut er das, folgt sofort Ersatzjagd - also für jedes Interesse an Dir (Blicken, Kommen...) - fliegt der Ball, fällt ein Lekcerchen zum suchen etc. Für Interesse am Kaninchen folgt gar nichts - bis er sich wieder Dir zuwendet. "Gar nichts" heißt, daß Du hier sehr wohl "Zwang" einsetzen mußt, aber einen sehr soften: Du mußt alles selbstbelohnende Verhalten unterbinden - also Hund so kurz nehmen, daß er nicht schnüffeln kann, nicht im Boden wühlen, nichts, außer neben Dir warten. Kommt er dann Deinem Kommando nach oder schaut Dich an (oder, oder) - DANN erlaubst Du das von ihm gewünschte Verhalten (Schnüffeln) und ihr geht zusammen mal ins Gebüsch schauen, was da so ist.

Es wird schon, erfordert halt sehr viel Ausdauer und Konsequenz. Und softer Zwang, wie mal einen robusteren Hund, der Dich nicht anschaut mit Halti dazu zwingen, seinen Kopf zu drehen oder einen Hund, der nicht nachkommt (und nicht unsicher ist), an der Leine ranziehen - das ist Zwang, das ist keine positive Bestärkung, aber sicher akzeptabel. Man soll aus nichts eine fundamentalistische Religion machen (außer vielleicht aus der Ablehnung von TT und Stachel, da sie einfach unnötig sind).


Lieben Gruß
josh

von josh(YCH) am 09. März 2003 12:58

Hallo,
das kann ich nur bestätigen. Ich kenne eine Golden Hündin, die gerne mitten im Fußgehen an Ablenkungen vorbei plötzlich blitzschnell abdreht und wegsprintet. Man kommt nicht dazwischen, sie ist irre schnell. Wie kam das? Am Anfang hat sie immer versucht, zur Ablenkung zu kommen, indem sie sich langsam,m Schritt für Schritt zurückfallen ließ, wirklich in unmerklich kleinen Schritten. Ihr HF wollte das Abstellen und hat jedes Mal im Ansatz des Verhaltens kräftig geruckt (sowas beeidnruckt einen Golden winking smiley. Nach nur einer Woche hatte die Hündin gelernt, das langsame Zurückfallen zu unterlassen und stattdessen einfach urplötzlich loszusprinten...

Grüße
josh

von josh(YCH) am 09. März 2003 13:15

Hi Andreas,
der Hund wird Dir gehorchen, weil es sich a) für ihn lohnt (Lob, Futter) oder b) weil sonst negatives folgt (Strafe). Er gehorcht bei Kommandos wie "Hier" oder "Sitz" NIE weil Du sein Chef bist oder weil Du ihm wichtig bist. Das ist einfach eine Vermenschlichung, nichts weiter. Wölfe im Rudel sagen auch nicht "Sitz" oder "Fuß" (... klingt blöd, ist aber so). Anders bei Kommandos, die "Rangsachen" wie Plätze ("Runter hier"winking smiley oder Beute ("Aus"winking smiley angehen - da hat Befolgen und nicht Befolgen u.U. sehr viel mit Rangordnung und damit auch mit "ich bin meinem Hund wichtig bzw. unwichtig" zu tun (wobei da auch wieder Bidnung im Spiel ist, und das ist wieder was anderes).

"Dich zum Affen machen" - ja, das soll natürlich auch nicht sein. Aber was verstehst Du darunter? In meiner Gruppe finden manche (v.a. Männer) es "affig"/"peinlich" in die Hocke zu gehen und mit hoher, begeisterter Stimme den ängstlichen älteren Tierheimhund ranzulocken. Anders kommt der aber nicht freudig ran... da muß man über den eigenen Schatten und sich zum Affen machen.
Anders bei einem Hund, der mich nicht beachtet und stattdessen lieber Karnickel wittert - da halte ich den Kerl so kurz, daß er GAR NICHTS machen kann, solange er mich nicht beachtet - tut er das, darf er sofort tun, was er möchte (Tierheimler meist einfach nur schnüffeln, schnüffeln und nochmals schnüffeln...). Genauso Kommandos durchsetzen: Er kommt hier nicht weg, bevor er nicht "Sitz" macht. Keine Chance. Ich mache gar nichts (wenn er das Kommando schon kennt, aber heute taub ist) - bis er folgt, dann Lob. Softer Zwang, aber sehr wirkungsvoll.... v.a. Geduld und Konsequenz. Da muß man sich nicht zum Affen machen, im Gegenteil, hüpft man immer weiter neben einem Karnickelsuchenden Hund mit Ball in der Hand rauf und runter, dann bekommt man einen Vierbeiner, dem Bälle genauso wie ich herzlich egal sind.

Zum Abbruchkommando: Es soll den Effekt haben, daß der Hund sofort unterläßt, was er gerade immer auch tut. Hauptsache, er hört garantiert (zu 99%, 100 bekommt man bei Lebewesen nie) damit auf. Euer Ansatz ist schon mal gut, ich würde das noch unterstreichen, indem man Leckerchen in die Hand nimmt (sehr gute Leckerchen), hungrigem Hund zeigt, dann ein Nehmen seinerseits aus der Hand mit "Nein" (tief, grollend, leise, langgezogen) abbricht (notfalls Hand schließen, je nach Hund); dann wieder anbietet, wieder "Nein" bei Freßversuch - zögert dann der Hund ganz kurz mal im Zupacken - DANN folgt "Friß" und Leckerchen wird freigegeben. Damit wird "Nein" zu einem "Laß das, das gehört dem Rudelchef"-Kommando.

Grüße
josh

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