von Chris(YCH) am 24. Februar 1999 13:14
Liebe Julia,
ich habe seit ungefaehr zwei Jahren eine Schaeferhuendin, die schon ausgewachsen zu mir kam. Leider musste ich nach etwa drei Monaten Eingewoehnungsphase feststellen, dass ich zu den unglueckseligen Leuten gehoere, die einen beißenden Hund haben, sprich in bestimmten Situationen auf andere Hunde losgeht. Da ich ein absoluter Hundebesitzerneuling war, wusste ich gar nicht, was ich tun sollte, wenn eine solche Situation entstand. Das fuehrte dazu, dass ich regelrecht Angst hatte, mit der Huendin spazierenzugehen, um eben solche Situationen zu vermeiden. Ich bin dann auch meistens irgendwo spazierengegangen, wo relativ wenige bzw. gar keine anderen Spaziergänger mit Hunden waren. Ich möchte damit sagen, dass nicht nur diejenigen, deren Hunde gebissen wurden, sondern auch diejenigen deren Hunde beißen Ängste ausstehen können. Grundsätzlich wird das Verhalten der Hunde von anderen Menschen auf die Hundebesitzer gemünzt, das habe ich oft genug in den Gesichtern der anderen Spaziergänger gesehen, wenn sie mich und meinen Hund anguckten.
Warum der Rotti in Deinem Fall angegriffen hat, weiß ich nicht und will ich gar nicht beurteilen, denn ich war nicht dabei. Der Hund muß nicht unbedingt verhaltensgestört oder nicht sozialisiert sein, das kann Gründe haben, die uns Menschen einfach verschlossen bleiben.
Nun etwas zur Verteidigung der Rotti-Besitzerin anhand meines Beispiels:
Ich habe dann viele Bücher gelesen und mich auch mit anderen Hundebesitzern über Beißereien unterhalten. Überall steht sowas bzw. wird einem gesagt wie: Wenn's gar nicht mehr anders geht, Hunde auseinanderreißen (an den Hinterbeinen), mit klaren Worten auseinanderbefehlen usw.
Ich habe dann, nach der ersten Beißerei (es waren innerhalb von zwei Jahren, drei Beißereien) meinen Hund auch grundsätzlich an die Leine genommen sobald ich am Horizont einen anderen Hund entdeckte. Meistens waren dann diese Hunde natürlich soooo liiieeeb, dass sie nicht an die Leine mußten und die Hundebesitzer auch gar keine Veranlassung sahen, da m e i n Hund ja an der Leine war. Nur hatte ich dann eben immer das Problem, der andere nicht...
Irgendwann bin ich dann in eine Hundeschule gegangen und konnte nach einigen Stunden Einzelunterricht auch am Gruppenunterricht mit anderen Hunden teilnehmen. Der Unterschied war folgender: Die Hunde waren, wenn z.B. gespielt wurde auf sich gestellt. Dies ist jetzt bitte nicht falsch zu verstehen. Alle Besitzer waren anwesend, doch sobald die Hunde, ob freundschaftlich, vorsichtig oder ängstlich Kontakt aufnahmen, drehten die jeweiligen Besitzer ab und gingen, ohne ein wort zu sagen, weg (möglichst in jeweils entgegengesetzte Richtung). Bei meiner Hündin hat es während dieser Stunden nicht einen Angriff gegeben und auch später nichdt mehr. Wenn ich mit ihr spazieren ging und plötzlich ein Hund um die Ecke kam, drehte ich mich um und ging weg, denn hätte ich gerufen oder gar geschrien hätte meine Hündin das falsch werten können und angreifen können. Hinterherlaufen und dazwischen gehen ist gefährlich. Auch wenn ich dem anderen Hundebesitzer, die ja meistens noch weit weg sind, rufenderweise informiert hätte, hätte das falsch verstanden werden können.
Vielleicht hat auch die Rottibesitzerin aus diesem Grunde so gehandelt und vielleicht wäre es gut gewesen, wenn auch Du weggegangen wärst. Die Hunde hätten, und haben ja wohl auch, ihre Angelegenheit alleine überwunden. Leider war ich nicht dabei um das zu beurteilen, aber ich möchte mit diesen Zeilen auch einmal die andere Seite beleuchten. Denn ich kann mir nicht vorstellen, dass der Frau egal war, was da passierte.
Gruss
Chris