:: Hundeerziehung + Soziales

Zweithund ahmt Ersthund nach

von Anonymus am 23. Oktober 2007 07:01
Hallo zusammen

Mein Ersthund (Hündin, 4 Jahre) ist zu Fremden eher unfreundlich, abweisend. Sie braucht sehr lange, bis sie jemanden akzeptiert und sich streicheln lässt. Gebissen oder geschnappt hat sie aber noch nie. Mit anderen Hunden, egal welche Grösse oder Geschlecht kam sie immer sehr gut zurecht. Wir haben die Hündin im Alter von vier Monaten übernommen und sie war von Anfang an sehr auf mich fixiert und konnte auch mit den anderen Familienmitgliedern (wir sind 2 Erwachsene und drei schon grössere Kinder)vorerst nicht viel anfangen. Sie war für einen jungen Hund auch eher ruhig und wenig verspielt.
Nun haben wir einen zweiten Hund bekommen. Ich habe sehr auf eine gute Aufzucht und Sozialisation geachtet. Die Hündchen aus diesem Wurf waren alle sehr freundlich, verspielt und zutraulich. Ich freute mich sehr über das tolle Wesen des Kleinen. Er ist jetzt 10 Monate alt und immer noch ein super aufgestellter Hund. Am Anfang ist er auf alle Fremden freundlich zugegangen. Aber leider hat er vom Ersthund die "Fremdenfeindlichkeit" abgeschaut :-| . Er reagiert immer mehr wie die Hündin und bellt Fremde übermässig an. Wie kann ich gegensteuern und verhindern, dass er genauso wird wie die Hündin?

Vielen Dank für eure Hilfe!!
Andrea

von Anonymus am 23. Oktober 2007 07:49
Hallo Andrea

Eine schwierige Situation, da es oft so ist, dass der Zweithund dem Ersthund einiges abschaut, Positives aber auch Negatives.
Es ist ja nicht so, dass unsere Hunde sich von allen streicheln lassen sollen, da bin ich auch dagegen. Aber sie sollen nicht grundlos unfreundlich sein, also nicht bei jedem Menschen der uns entgegen kommt auf Knurren stellen etc. Natürlich ist es verständlich, wenn dein Ersthund vorher schlechte Erfahrungen mit Menschen gemacht hat. Das Problem ist, dass der neue Hund dasselbe Verhalten zeigt, obwohl er ja bis jetzt immer sehr freundlich war und keine schlechten Erfahrungen gemacht hat.
Du musst mit beiden daran arbeiten. Verknüpfe Begegnungen mit Menschen immer mit etwas Gutem (Leckerli wenn ihr Menschen seht und er noch nicht auf Unfreundlichkeit gestellt hat, Ablenkung, Spiel etc.). Immer ganz doll loben, wenn sie sich anständig verhalten. Du musst ihnen zeigen, dass sie mit ihrem Verhalten nichts erreichen, das heisst, du übernimmst sofort die Kontrolle (Leine), wenn sie anfangen zu zanken und läufst kommentarlos weiter.
Was wichtig ist, du musst deine Hunde immer „beschützen“, also sie nicht der Angst aussetzen, dass jetzt jemand kommt und sie streichelt, da musst du dann früh genug einschreiten und den Leuten erklären, dass deine Hunde sich nicht gerne von Fremden anfassen lassen. Das müssen sie akzeptieren. Lasse die Hunde nie auf sich gestellt, wenn du in so einer Situation bist, denn sonst haben sie das Gefühl, dass sie die Situation selber regeln müssen-sprich sie wehren sich. Also an die Leine nehmen und Schutz bieten und zeigen, dass du das gar nicht erst zulässt, dass sie gestresst werden. Das reicht meistens schon und die Hunde fühlen sich sicherer.
Bei uns hat das super funktioniert. Unser Hund hat nicht mehr das Gefühl, dass er solche Sachen selber regeln muss und weiss, dass ich keinen Kontakt zulasse, wenn er es nicht möchte. Mittlerweile vertraut er uns so, dass er sogar sehr freundlich wurde und sich auch gerne mal streicheln lässt, auch von Kleinkindern. Man muss jedoch immer schauen, ob er auch in der Stimmung ist, also wenn er gerade mit sich selbst beschäftigt ist, ist es nicht immer der beste Zeitpunkt für Streicheleinheiten. Aber das sieht man den Hunden ja sehr gut an, ob es ihnen gerade recht ist oder nicht. Ich habe auch schon erlebt, dass Menschen den Hund als aggressiv abstempeln, wenn man sie nicht streicheln lässt, aber das ist mir mittlerweile so was von egal, was andere denken. Ich erziehe meinen Hund so, dass er alltagstauglich ist, aber das heisst nicht, dass er zum Streichelobjekt für andere ist, das möchte ich nicht.

PS solange sie so unfreundlich sind, an der Leine halten, denn da kannst du noch Probleme bekommen, wenn er zu ihnen geht und sie anknurrt etc. Viele Menschen haben Angst vor Hunden.

Ich wünsche dir viel Glück beim Üben.

Gruss

von Anonymus am 23. Oktober 2007 08:26
Hallo Merve

Ganz herzlichen Dank für deine ausführliche Antwort! Richtig ernsthafte Probleme, dass jemand Angst hatte oder wütend war, hatte ich ja bis jetzt nicht.
Es ist einfach schade, dass unser Zweiter diese negative Eigenschaft des Ersten scheinbar übernimmt. Ich habe eine Freundin, die ab und zu unsere Hunde betreut. Kürzlich nahm sie die Hündin für ein Wochenende zu sich. In dieser Zeit war unser Junghund ganz anders, er war zu den Fremden viel, viel zutraulicher.
Was mir zum Beispiel fehlt, ist eine Taktik, die ich anwenden kann, wenn es an der Türe läutet. Egal was ich tue, irgendwie ist es immer falsch. Wie verhälst du dich in der Situation. Und ich kann auch das Verhalten der Hunde nicht einordnen, bzw. Ich weiss nicht, was bei den Hunden passiert, was sie "denken", in dieser Situation.
Wie verhält man sich dann am besten?

Andrea

von Merve am 23. Oktober 2007 11:56
Hallo Andrea

Dafür sind wir ja da.
Gut, dass der Zweithund noch nicht so extrem „abgeschaut“ hat, dass er grundsätzlich so reagiert, sondern eben bei deiner Freundin ganz anders ist, wenn der Ersthund nicht dabei ist. So hast du es wenigstens bei einem Hund einfacher.
Macht er das denn bei jedem Menschen, dass er unfreundlich wird? Wenn ja, musst du jedes Mal eingreifen und ihn anleinen, sehr konsequent und ohne traritrara. Er soll nicht das Gefühl haben, dass du ihn anleinst, weil eine Gefahr droht, sondern, dass du ihn anleinst um die Kontrolle wieder zu übernehmen. Also am besten leinst du ihn gleich an, wenn du irgendwo einen Menschen siehst, bevor er diesen auch gesehen hat-dann verknüpft er das nicht damit, dass der Mensch eine Gefahr ist.
Noch eine andere Sache, darf dein Hund frei wählen mit welchen Hunden er spielt? Also du bist unterwegs mit ihm, ohne Leine, ein unangeleinter Hund kommt entgegen. Entscheidest du, ob er gehen darf, oder geht er direkt von sich aus auf den Hund zu? Wenn ja kannst du hier schon ansetzen mit der Übernahme der Kontrolle. DU entscheidest, welcher Hund oder Mensch gut ist für ihn und nicht er.
Weisst du, ob er mal was Schlechtes erlebt hat? Ist er mal erschrocken, oder wurde geschlagen? Es ist leider sehr schwierig von hier aus zu beurteilen, wie es am besten geht. Den genauen Hintergrund oder wie ich das nenne, das Leben davor… wussten wir bei unserem Hund leider nicht. Er biss oder schnappte auch nicht, aber es war unerträglich, da er zu jedem Menschen hinlief, ganz nahe die Schnauze hinhielt und knurrte und bellte wie verrückt. Liess sich auch nicht abrufen. Das kriegten wir leider erst in den Griff, als wir mal einsahen, dass es nicht geht, dass ein Hund frei herum läuft und irgendwelche wildfremden Menschen stellt. Ausserdem kamen natürlich entsprechende „Gespräche“ zustande, wo wir uns dann auch irgendwann überlegen mussten-wie weiter? Es ist wirklich sehr mühsam für Halter wie Hund und Mitmenschen.
Was ich beim Training feststellte war, es kommt extrem auf deine Stimmung darauf an. Wenn ein Mensch entgegen kam und ich sonst schon irgendwie gestresst war und dann auch noch unsicher wurde innerlich hat Sisco das natürlich sofort gemerkt und die Führung wieder übernommen. Du musst sehr selbstsicher sein. Am besten gibst du ihm einen harschen Befehl wie „fertig!“, stellst dich gross vor ihm auf und achtest darauf, dass er hinter dir bleibt bis die „Gefahr“ vorüber ist. Wenn er dann mal ruhig war, sofort loben und am besten gleich mit einem Spiel verkoppeln, dass er einen Grund hat, ruhig zu bleiben. Ganz wichtig, darauf achten, dass das Training positiv endet. Also lieber einmal früher heim gehen, wenn er ruhig geblieben ist, anstatt auf den nächsten zu warten und zu riskieren, dass er wieder einen „Rückfall“ hat. Also kurz gesagt, arbeite an der Bindung und versuche sein Vertrauen für dich zu gewinnen, nur so kannst du ihm einen stressfreien Spaziergang bieten-dir selber natürlich auch;-)
Ich muss jedoch anmerken, das ist kein Ding was in zwei drei Wochen fertig und erledigt ist. Das kann Monate, oder sogar je nach Hund Jahre dauern. Bei uns ist das Ziel nach 1,5 Jahren intensiven Übens erreicht gewesen und nun üben wir andere Sachen, die besser werden sollten. Bei dir ist die Schwierigkeitsstufe natürlich etwas höher, da du nun zwei Hunde hast, die dasselbe Verhalten zeigen. Ich würde getrennt üben, da du dich so besser auf den jeweiligen Hund konzentrieren kannst, sonst geht das Ganze nach hinten los und ihr seid weiterhin nicht glücklich. Am besten hättest du mit dem Zweithund gewartet bis der Erste aus dieser Situation heraus ist, aber dafür ist es nun zu spät und du musst beides in Angriff nehmen. Dafür bist du nachher umso glücklicher wenn du zwei angenehme Hunde hast.
Wohnst du in der Schweiz? Vielleicht könnte ich dir etwas Hilfe geben bei den Trainings, wobei ich weit entfernt bin von einem Hundetrainer. Es ist halt nur so, dass ich „dasselbe“ Problem mit meinem Hund hatte.
Wegen dem lesen der Körpersprache. Ein Hund fixiert meist zuerst das entgegen kommende. Da müssen bei dir schon die Alarmglocken läuten und du musst ihn ablenken und in diesem Moment anleinen wo er abgelenkt ist (also nicht während er andere Personen fixiert, ausser es wäre schon zu spät und du musst ihn bei dir Halten). Wenn du ihn genauer beobachtest wirst du ziemlich schnell merken, wann es soweit ist, dass es ihm zuviel wird. Wenn du fragen hast, werde ich bemüht sein, diese zu beantworten.

Gruss

von Merve am 23. Oktober 2007 11:58
sorry habe da etwas verwechselt, der Junghund war ja bei euch und die "randalierende" Hündin war ja fort... sorry, aber kommt aufs gleiche raus grinning smiley

Noch eine Frage, inwiefern Verhält sich deine Hündin denn abweisend? Geht sie dem aus dem Weg (weglaufen/Bogen laufen) oder stellt sie sich dem Problem? Ich ging davon aus, dass sie ihren Unmut zeigt, indem sie zum Beispiel knurrt (normales Abwehrverhalten von Hunden).

von Anonymus am 23. Oktober 2007 13:58
Hallo Merve

Nochmals vielen Dank, deine Tipps sind wirklich sehr nützlich!
Beide Hunde "stellen" eigentlich keine Personen. Es ist so, dass ich die Hunde erst unangeleint laufen lasse, wenn keine Hunde und Personen in Sicht sind. Wenn sich dann Leute nähern, dann leine ich die beiden an. Wenn ich nur e i n e n Hund dabei habe, dann kann ich ihn gut ablenken und auch ohne Leine an Leuten vorbeilaufen. Bei Leuten mit Hunden sprechen wir uns ab, ob wir die Hunde zusammen spielen lassen. Ehrlich gesagt, ich habe bis jetzt noch nie beide Hunde ohne Absprache mit den Besitzern eifach zu anderen Hunden gelassen.
Meine Hündin ist einfach zu ihr fremden Personen extrem unfreundlich. Ihr fremde Personen, das sind natürlich auch unsere Bekannten und Freunde der Kinder. Wenn sie in Ruhe gelassen wird, dann motzt sie nur, sprich, sie bellt nur ein bisschen. Wenn sie aber angesprochen wird, dann knurrt sie. Sie ist mit sehr, sehr vielen anderen Hunden aufgewachsen, wir bekamen sie leider erst mit siebzehn Wochen und ich vermute, dass sie in der Prägungsphase nicht so viel menschlichen Kontakt gehabt hat, wie nötig gewesen wäre. Ich versuchte schon, ihr den menschlichen Kontakt schmackhaft zu machen, und die Situation vor dem Zuzug des Kleinen, war eigentlich recht befriedigend. Ich wusste, dass sie halt eifach Leute nicht so sehr mag, die nicht zur Familie gehören (meine Freundin ist eine Ausnahme, sie und ihre Familie mag sie sehr). Wenn ich mit ihr unterwegs bin, dann merkt man ihr eigentlich nichts an.
Jetzt aber mit dem zweiten Hund, ist das Problem wieder in den Vordergrund gekommen, weil eben der Kleine diese Macke bei der Hündin abgeschaut hat, und auf Fremde unsicher reagiert, obwohl er von der Aufzucht her absolut gut sozialisiert worden ist. Der Kleine zeigt jetzt das gleiche Verhalten wie die Hündin, er knurrt Fremde an, die ihn ansprechen und er bellt auch Fremde an. Natürlich bin ich jetzt auch unsicher geworden, da ich kein Konzept habe, wie ich damit umgehen soll und das verstärkt das Problem. Grundsätzlich wäre der Junge doch ein so toller, freundlicher Hund.

Liebe Grüsse
Andrea

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