ungeklärtes Aggressionsverhalten :: Hundeerziehung + Soziales

ungeklärtes Aggressionsverhalten

von Wiebke(YCH) am 31. Januar 2001 14:32

Hallo an alle!
Ich habe eine Frage zu dem Hund (vierjähriger nicht-kastrierter Rüde, Mischling) einer Bekannten: ihr Hund zeigt seit etwa einem Jahr Aggressionsverhalten gegenüber Menschen (Knurren, mehrmals geschnappt, ein bis zwei mal leicht gebissen), und zwar gegenüber Fremden, die die Wohnung betreten wollen, aber auch gegenüber den WG-Mitgliedern seiner "eigenen" Wohnung. Letzteres tritt vor allem dann auf, wenn die Leute verändert aussehen, zum Beispiel eine neue Jacke tragen oder eine Kiste etc. mitbringen. Dazu kommt noch, daß er anfängt seine Plätze zu verteidigen, zum Beispiel das Bett, in dem er schlafen darf, gegen den Freund (wohnt mit in der WG) meiner Bekannten. Merkwürdig auch: er reagiert mit Angriffsverhalten, sobald jemand eines der Deko-Messer aus der Messersammlung herausnimmt, die der Freund meiner Bekannten in seinem Zimmer aufbewahrt. Diese Messer sind wie gesagt reine Dekorationsgegenstände und werden nie benutzt.
Die Ursachen sind nicht ganz klar. Ich kenne den Hund von klein auf und er hatte schon immer einen starken Wach- und Beschützerinstinkt, war aber nie tatsächlich aggressiv. Möglicherweise liegt es daran, daß er einmal von einem Betrunkenen belästigt wurde (danach war die Aggression eine zeitlang sehr auffällig). Außerdem gibt es ein paar (nicht sichere) Anzeichen dafür, daß er von einem ehemaligen WG- Mitglied gequält worden ist. Diese Person wohnt unter anderem aus diesem Grund nicht mehr dort. Und es kommt noch besser- er wurde als Welpe bereits mit sechs Wochen abgegeben. Mit daraus wohl folgte- anfangs starke Angst vorm Alleinsein und Zerstörungswut. Für die Zerstörungswut wiederum wurde er von der ehemaligen Mitbesitzerin des Hundes oft noch Stunden später bestraft, weshalb die Situation "jemand-kommt-in Wohnung" für ihn schon immer eine unangenehme Situation war.

Mir ist klar, daß hier keiner bei diesen vielen verworrenen Indizien eine Diagnose stellen kann, aber ich wäre trotzdem dankbar für alle Hinweise. Ich habe den Hund auch schon beobachtet: sein Verhalten ist völlig unterschiedlich. Mal reagiert er mit hektischen Beschwichtigungsgesten, zum Beispiel wenn ich ihn alleine in der Wohnung antreffe (ich wohne nicht da). Mal knurrt er, wenn er mehrere Leute nach Hause kommen und ihn gerade beim Zerstören erwischen. Kann die in einer WG sicherlich ungeklärte Rudelordnung zu dem Problem beitragen? Wenn hier zwei Sachen zusammen kommen- eine Angstaggression und ungeklärte Rangverhältnisse - kann dem Hund in der derzeitigen Wohnung überhaupt geholfen werden? Würdet ihr weiter versuchen, die eigentliche Ursache herauszufinden oder lieber das Verhalten beobachten und die Ursache Ursache sein lassen?

Wiebke

P.S.: Meine Bekannte wird auch einen Hundefachmann zu Rate ziehen, aber bisher hat sich das nicht als so hilfreich erwiesen


von Merlino(YCH) am 31. Januar 2001 15:18

hallo, Wiebke!

nach den Ursachen muß man wohl nicht lange forschen! es sind wohl mehrere üble Dinge mit dem Hund passiert.
nach deinen Schilderungen hört es sich an, als wenn der Hund fast ständig ohne Frauchen in der WG hockt, wird aber sicher nicht so sein , oder?
Für einen Hund ist es sicher Gift, wenn alle möglichen Leute an ihm rumerziehen, und das auch noch falsch. er kommt anscheinend auch nie richtig zur Ruhe, weil ständig was los ist. der arme Hund ist ständig im Oberstreß und weiß nie, was als nächstes passiert. kein Wunder, daß er aggressiv wird.
Gibt es keine Türen in der WG? ;-) weiß er überhaupt, wer für ihn zuständig ist???

ich würde dafür sorgen, daß er kein WG-Hund ist, sondern nur EINE Hauptbezugsperson hat. und wenn er alleine zu Hause bleiben muß, sollte er auch nur in deren Zimmer bleiben, was kein anderer in der Zeit betreten sollte. also nicht das "große-Familien"-Modell, sondern eher wie in einem Mietshaus. damit dürfte der deutlich weniger Streß haben.
die anderen Leute sollten ihn außer einem kurzen freundlichen Kontakt auch überwiegend ignorieren, schon gar nicht an ihm rumerziehen.
es tauchen wohl ständig zu viele und wechselnde Personen in seinem Leben auf, und dann noch Personen, die ihn mißhandelten.
da sollte dringend Kontinuität reingebracht werden.
das Bett verteidigt er wahrscheinlich, weil es der einzig sichere Ort für ihn ist.

das beste für den Hund wäre wohl: raus aus der WG.
denn alle Ursachen wird man schwerlich abstellen können.

Gruß
Merlino

von Wiebke(YCH) am 31. Januar 2001 16:40

: hallo, Wiebke!
:
: nach den Ursachen muß man wohl nicht lange forschen! es sind wohl mehrere üble Dinge mit dem Hund passiert.
: nach deinen Schilderungen hört es sich an, als wenn der Hund fast ständig ohne Frauchen in der WG hockt, wird aber sicher nicht so sein , oder?

Nein, aber es gibt natürlich schon Phasen, wo meine Bekannte außer Haus ist, andere WG-Mitglieder aber da (das aber selbst das schon ein Problem sein kann, wenn die WG-Leute nicht vetrauenswürdig sind, hat sich hier ja leider ziemlich deutlich gezeigt).

: Für einen Hund ist es sicher Gift, wenn alle möglichen Leute an ihm rumerziehen, und das auch noch falsch. er kommt anscheinend auch nie richtig zur Ruhe, weil ständig was los ist. der arme Hund ist ständig im Oberstreß und weiß nie, was als nächstes passiert. kein Wunder, daß er aggressiv wird.
: Gibt es keine Türen in der WG? ;-) weiß er überhaupt, wer für ihn zuständig ist???

Türen gibst es, aber die einzelnen Bewohner betreten natürlich häufig die Zimmer der anderen. Auf jeden Fall ist es unruhiger und unübersichtlicher für den Hund als in anderen Wohnverhältnissen.
Die Bezugsperson für den Hund ist ganz klar meine Bekannte (auf die er im übrigen auch gut hört). Aber du hast recht- wie es in so einer Situation naheliegt, erziehen natürlich alle den Hund, bzw. bestrafen, belohnen ihn. Überhaupt ist der Umgang mit dem Hund (außer der von meiner Bekannten selbst) oft ziemlich hektisch. Ich habe dazu noch nichts gesagt, weil das natürlich meine völlig subjektive Bewertung ist. Aber vielleicht nützt es in diesem Fall, den ganzen Umgangston ruhiger zu gestalten.
Ich werde meiner Bekannten jedenfalls vorschlagen, die Erziehung des Hundes ganz allein in die Hand zu nehmen und alle Einmischungen zu unterbinden (auch von mir *g*). Jetzt, wo du das schreibst, erscheint mir dieses ganze Hin-und-Her als Problemursache auch ziemlich einleuchtend, aber anscheinend haben wir den Wald vor lauter Bäumen nicht mehr gesehen.

Wiebke

: ich würde dafür sorgen, daß er kein WG-Hund ist, sondern nur EINE Hauptbezugsperson hat. und wenn er alleine zu Hause bleiben muß, sollte er auch nur in deren Zimmer bleiben, was kein anderer in der Zeit betreten sollte. also nicht das "große-Familien"-Modell, sondern eher wie in einem Mietshaus. damit dürfte der deutlich weniger Streß haben.
: die anderen Leute sollten ihn außer einem kurzen freundlichen Kontakt auch überwiegend ignorieren, schon gar nicht an ihm rumerziehen.
: es tauchen wohl ständig zu viele und wechselnde Personen in seinem Leben auf, und dann noch Personen, die ihn mißhandelten.
: da sollte dringend Kontinuität reingebracht werden.
: das Bett verteidigt er wahrscheinlich, weil es der einzig sichere Ort für ihn ist.
:
: das beste für den Hund wäre wohl: raus aus der WG.
: denn alle Ursachen wird man schwerlich abstellen können.
:
: Gruß
: Merlino

von Diana J & J(YCH) am 01. Februar 2001 08:22

Hallo Wiebke !

Der Antwort von Merlino kann ich nur zustimmen. Ein Hund, der unter Dauerstreß steht, kann irgendwann nur aggressiv werden, vor allem, wenn er nebenbei dann auch noch so schlechte Erfahrungen macht.

Zusätzlich würde ich dem Hund deshalb vor allem erstmal einen Schalfplatz zuweisen, wo ihn NIEMAND der anderen WG-Bewohner stören darf.Wenn er in dem Zimmer keine Ruhe hat, dann sollte er sich aber irgendwo hin zurückziehen können, wo er mal abschalten kann.
Schön wäre en Platz möglichst zentral, aber doch ungestört. Läßt sich das bei denen einrichten?
Was die aggressiven Handlungen gegen die Personen angeht, die durch die Tür kommen, sollten alle mithelfen. Am besten stellen sie vor die Haustür eine Schale mit leckeren Goodies für den Hund. JEDER, der hereinkommt, blickt den Hund freundlich an (aber nicht anstarren!) und verabreicht ihn mit ein paar netten Worten ein Leckerli. Danach sollten sie ihn in Ruhe beobachten lassen. Der Hund muß erstmal wieder lernen, daß nur gute Leute in die WG kommen.
Die besondere Unsicherheit bei Personen, die ungewöhnlich aussehen aus Sicht des Hundes (z.B. Karton tragen), sollte man besonders langsam vorgehen. Also, für das Beispiel mit dem Karton z.B. erst Karton vor der Tür abstellen, den Hund mit Leckerli begrüßen, dann freundlich gestimmt den Karton aufnehmen und die Wohnung betreten.
Mit den Messern muß man ähnlich vorgehen. Offensichtlich hat der Hund damit schlechte Erfahrungen gemacht. Das kann man oft ja gar nciht mehr nachvollziehen. Es könnte ja schon reichen, wenn eines dieser Messer neben dem Hund mal zu Boden gescheppert ist.
Also auch hier neu desensibilisieren. Vielleicht am besten mit Deiner Hilfe. Am besten beschäftigt einer den Hund mit einem Spiel oder etwas anderem, wo er voll dabei ist. Der andere öffnet die Schublade, wo die Messer drin sind. Wenn der Hund aufhört zu spielen, die Aktion abbrechen, bevor er anfängt zu knurren. Fürs Ruhig bleiben dann kräftig durch Spiel belohnen. Das so weit ausdehen, bis einer die Messer rausholen kann, ohne daß der Hund noch reagiert. Er muß die Messer mit Spiel verbinden.
Evtl. könnt ihr auch so anfanegn, daß ihr ohne sein Beisein das Messer schonmal auf den Tisch legt. Und dann kommt ihr spielerisch mit ihm rein. Wenn er dann beschäftigt ist, fasst ihr das Messer schonmal an, aber noch nicht aufheben. Im nächsten Schritt, dann auch mal das Messer anheben usw.
Wichtig ist nur, daß ihr es dem Hund nicht demonstrativ präsentiert. Je mehr Spannung ihr in die Berührung bringt, desto unsicherer wird er deswegen werden. Das Messer wird immer nur wie zufällig berührt.
Solange der Hund darauf desensibilisiert wird, sollte möglichst auch keiner der WG-Bewohner an die Messer rangehen, denn das macht alles wieder zunichte.

Boah, was für ein Text. Aber Desensibilisierung ist immer so umfangreich zu beschreiben.

Ich hoffe, es wird dem Hudn Deiner Bekannten helfen.

Lieben Gruß, Diana, Jackie und Justin

von Wiebke(YCH) am 01. Februar 2001 13:08

Hallo Diana,

danke für deine lange und nette Antwort. Ich kann mir gut vorstellen, dap meine Bekannte mit deinem Tip und dem von Merlino eine Verbesserung bei ihrem Hund erreicht. Lohnt sich auch, denn es ist eigentlich ein sehr netter Hund (das geht ja bei so einer Frage wie meiner leider immer ein bißchen unter).

Wiebke

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