von Reinhold + Ayko(YCH) am 09. August 1999 19:40
: Hallo Reinhold,
: vielen Dank für die Mühe, welche Du Dir mit dem Beantworten
: meines Beitrages gemacht hast. Ich werde nachfolgend auf einige
: Punkte eingehen, nicht um eine Diskussion über das von Dir
: Geschriebene anzufangen, ...................
Hallo Holger,
wir sollten einer Diskussion nicht ausweichen, das Thema halte ich für äußerst wichig, nicht nur beim Clickertraining. Aber beim Clickertraining tritt es besonders deutlich zutage.
Wie ich sehe, bist Du Dir der Problematik voll bewußt. Das ist eine hervorragende Grundlage, das Problem sicher und perfekt zu lösen!
: Da sehe ich jetzt leider ein kleines Problem, denn ich habe die
: Übung "Gib' Pfote" ja deshalb als unsere erste Clicker-Übung
: gewählt, weil Ajax dieses Verhalten auch von sich aus zeigt,
: wenn er die Aufmerksamkeit auf sich lenken möchte.
Das ist für mich vollkommen in Ordnung so. Es ist jetzt Deine Entscheidung, ob Du im weiteren Verlauf Ajax dieses "Pfote geben ohne Kommando“ erlauben willst oder nicht. Clickertraining bietet Dir beide Möglichkeiten. Aber in ausgesprochenen Clickersituationen darfst Du es nicht mehr belohnen, wenn er es ohne Kommando zeigt. Sonst hast Du ein Problem, das ist völlig klar.
: Das Kommando "Gib Pfote" wirkt mittlerweile auch in anderen
: Situationen als zuverlässiger, auslösender Reiz.
Da Ajax mit „Pfote geben“ offensichtlich immer schon Erfolg hatte, hat er dieses Kommando auch sehr schnell gelernt und reagiert entsprechend gerne darauf. :-)))
Ein Parallelbeispiel: Hunde, die das Betteln am Tisch gelernt haben, führen es auch ohne Kommando aus. Man könnte durchaus auch mal auf die ((verrückte)) Idee kommen, dafür auch noch ein Kommando einzuführen. Jeder verfressene Hund würde es ganz schnell lernen. Da bin ich mir absolut sicher. :-)))) Das war ein kleines Späßchen am Rande.
: Dies scheint mir aber, soweit zumindest meine bisherige
: Erfahrung mit der Hundeausbildung, wirklich ein grunsätzliches
: Problem zu sein. In der Hundeschule haben wir jetzt den Unterricht
: mit unserer Hündin aufgegeben, da sie, ................... usw. usw.
: ................................................................
: Daß er dann das Verhalten zeigt, welches im vorhergehenden
: Training erfolgreich war, ist schon fast selbstverständlich.
: Leider bin ich mir nicht ganz darüber im klaren, ob sich dieses Problem
: überhaupt, und, falls ja, mit welchem Aufwand, lösen lässt.
Genau vor diesem Problem und diesen Zweifeln stand ich anfänglich auch!! Ayko war damals 6 Monate alt und ich ein absoluter Clickerneuling, theoretisch vollgestopft bis zur Schädeldecke, aber ohne jede praktische Erfahrung.
Mit absoluter Konsequenz und etwas Ausdauer meinerseits hat Ayko schnell gelernt nur noch auf Hörzeichen zu reagieren und wurde durch diesen Lernprozeß auch ungeheuer aufmerksam. Er saß beim Clickern unglaublich konzentriert vor mir und las mir das nächste Kommando quasi direkt von den Lippen ab und führte es blitzschnell aus.
Ich merkte ganz genau, jetzt hat der Hund begriffen, dass es einzig und allein darauf ankommt, was an Hörzeichen (Kommando) aus meinem Mund kommt. Das war für mich die „Sternstunde“ beim Clickern.
Der Aufwand hat sich in jeder Hinsicht gelohnt! Nicht nur für den Hund, auch für mich.
Dein Nahziel sollte sein: Gutes, professionelles Clickerhandwerk bei ganz, ganz einfachen Übungen! (Laut geben, Zeigestock berühren, rückwärtsgehen usw.) Ajax muss lernen, worauf es wirklich ankommt. Die Übungen selbst sind zunächst absolut zweitrangig. Ganz einfache banale „Zirkuskunststückchen“ die keinerlei Anforderungen an den Hund stellen, eignen sich in diesem Stadium des Clickerns am besten. Der Hund muss lernen, dass er nur dann eine Bestätigung bekommt, wenn er spontan auf ein Hörzeichen von Dir die richtige Aktion ausführt. Und Du mußt lernen, hierin absolut konsequent zu sein, also sofort mit "Click" zu bestätigen bzw. mit "Falsch" zu quittieren.
Meine Empfehlung an Dich: Vergiss die Übung mit dem Pfötchen geben. Such Dir zwei neue Aktionen, die Ajax vor dem Clickertraining noch nicht kannte und übe sie zunächst einzeln, später dann zusammen, damit Du genau an diesem, unserem Problem bis zur perfekten Lösung arbeiten kannst. Später nimmst Du noch eine dritte und vierte Aktion dazu und übst dann im Endstadium alles richtig kunterbunt durcheinander. Das macht echt Spaß!!!
Achte unbedingt darauf, dass Ajax spontan reagiert. Zwischen Hörzeichen und dem Beginn der Ausführung durch den Hund darf nur der Bruchteil einer Sekunde liegen! Das ist ungeheuer wichtig und darin darfst Du niemals nachlässig werden. Wenn Du exakt und sauber arbeitest, dann wirst Du sehen, dass sich der Aufwand für Dich und Ajax wunderbar auszahlen wird. Du bekommst einen sehr, sehr aufmerksamen Hund, der Dir die Hörzeichen geradezu von den Lippen abliest, weil er kapiert hat, dass es einzig und allein darauf ankommt und sonst auf gar nichts. Er schielt nicht nach dem Clicker und er schielt nicht nach den Leckerchen, er wartet ganz konzentriert auf das nächste Hörzeichen. Übe und fördere diese Konzentration des Hundes auf Deine Lippen durch Einlegen von Kunstpausen. (suzessive verlängern 3.......10 Sekunden), pflege dabei Augenkontakt mit dem Hund. So erhältst und steigerst Du seine Konzentration auf Dich. Er wird dann auch äußerst schnell auf Deine Hörzeichen reagieren, er wartet ja geradezu sehnsüchtig darauf, weil er ohne Hörzeichen keinen Erfolg haben kann. Er wird auch schnell lernen, Dinge zu unterlassen, die Du mit "Falsch" quittiert hast. Aber all das liegt ganz bei Dir. Es hängt alles ab von Deiner Präzision, Deiner Konsequenz, Deiner Ausdauer und Deiner Fantasie den Ablauf der „Kunterbuntübungen“ zu modifizieren.
Wichtig für diese Übungen ist eine herausragende Motivation beim Hund, -- die erreicht man sicherlich nicht mit Standardleckerchen. Es muss etwas sein, wofür sich der Hund sich echt ein "Bein ausreißt".
Erst nachdem ich mich mit solchen einfachen Übungen ausgiebig beschäftigt hatte und genügend Erfahrung gesammelt hatte, habe ich mich an das Apportieren mit dem Clicker gewagt.
Nur wer handwerklich absolut sauber und mit einem exakten Timing arbeiten kann, wird den durchschlagenden Erfolg beim Clickern erleben, der so viele Hundeführer begeistert.
Ich glaube diese Überlegungen zeigen, dass gutes Clickertraining nicht nur das Verständnis der Theorie voraussetzt, sondern auch ein absolut sauberes, perfektes Handwerk erfordert.
Seit über zwanzig Jahren beschäftige ich mich mit Hunden, aber erst seit ich Clickertraining betreibe, habe ich ganz viele Feinheiten begriffen, die ich vorher einfach übersehen habe.
Was in diesem Beitrag über „Hörzeichen“ gesagt wird, das gilt genauso auch für „Sichtzeichen“ (= Handzeichen, Körperhaltung, Bewegungen ....usw. usw.)
Reinhold + Ayko