Naturnahe Ernährung für Hunde"" :: Hundebücher und Hundevideos

Naturnahe Ernährung für Hunde""

von Attila(YCH) am 06. Dezember 2002 10:00

Hallo Leute,

während mein neuer Welpe hier neben mir liegt und schläft, habe ich mir ein Buch mit verlockendem Titel reingezogen: "Naturnahe Ernährung für Hunde" von einer gewissen Birgit Frost, ärztlich geprüfte Gesundheitsberaterin. Das mußte ich unbedingt lesen, denn was "naturnah" ist, kann doch nur gut sein, und wenn wir bei Aufzucht, Haltung und Pflege unserer Hunde überhaupt eine generelle Maxime haben können, dann nur die, möglichst nahe an der Natur und ihren Gesetzen zu bleiben, nicht wahr?

In den ersten Kapiteln wird von den wilden Vorfahren der Hunde, den Wölfen, berichtet, die sich selbstverständlich "aus der Natur" bedienen – kein Wunder, denn sie haben ja nichts anderes. Diese faszinierenden Tiere sind deswegen so gesund und widerstandsfähig, weil sie sich FRISCH ernähren: Braten, Kochen und Backen sind ihnen unbekannt. Daß Wölfe und überhaupt Wildtiere einer gnadenlosen Selektion unterworfen sind und 70 Prozent der Population noch vor Vollendung des zweiten Lebensjahres hinweggerafft werden, also eine Auslese stattfindet, gegen die der Mensch, der sogar offensichtlich erbgeschädigte Tiere noch mit der Flasche aufzieht, permanent revoltiert, verschweigt die Autorin. Daß überdies Wölfe durch Bewegung, Wind und Wetter im Kampf ums Dasein abgehärtet werden, während unsere Hunde in Stadtwohnungen und auf beheizten Böden und Decken vegetieren und dreimal täglich bis zur nächsten Ecke geführt werden, wird ebenfalls unterschlagen. Die Autorin bevorzugt die monolineare Argumentation, gesunde (= natürliche) Ernährung sei der Schlüssel schlechthin zur Gesundheit des Wolfs und damit auch des Hundes. Hellhörig wurde ich, als in diesem Zusammenhang die Einteilung KOLLATHs in "Lebensmittel" und "Nahrungsmittel" aufgeführt wurde: KOLLATH war nämlich nicht nur ein "großer Ernährungswissenschaftler", sondern von ihm stammt die abstruse Idee, die menschliche Ernährung auf die bekannten "Frischkornbreie" aufzubauen, die schon mehr Gesunde krank gemacht haben als umgekehrt. Sollte die Autorin diesen Kleister, mit dem man Tapeten an Wände klatschen kann, etwa auch für unsere Hunde empfehlen? Und ich las gespannt weiter.

Es ist nun die Rede von den mannigfachen Zivilisationskrankheiten, an denen angeblich Hunde leiden, die mit Fertigfutter aufgezogen und ernährt werden: Allergien, Erkrankungen der Verdauungsorgane, Fettsucht, Zahnstein, verfrühte Alterserscheinungen. "Auch an der Entstehung des Krebses ist die Fehlernährung in erheblichem Maße beteiligt." warnt die Autorin. Seltsam, daß ich mich nicht erinnern kann, in siebzehn Jahren Hundehaltung irgendeine der aufgeführten Krankheiten bei meinen Hunden, deren kärglich Brot stets aus dem Futtersack kam, je beobachtet zu haben - vermutlich habe ich einfach nur Glück gehabt, daß meine Tiere den Genuß dieses krebserregenden Giftes überstehen konnten. Beweise, Belege, Daten, Statistiken verkneift sich die Autorin; selbstverständlich gehe ich aber davon aus, daß sie über Material verfügt, die ihre Behauptungen unterstützen. So wäre ich insbesondere hinsichtlich der Fettsucht gespannt darauf, darüber belehrt zu werden, daß Hunde nicht übergewichtig werden, weil sie mehr Kalorien aufnehmen, als sie verbrauchen, sondern auf Grund der "denaturierten" Fütterung. "Naturnahe Ernährung verhindert Zivilisationskrankheiten" ist die Losung der Autorin - eine sehr einseitige Losung, die so schon bei Menschen nicht zutrifft und beim Hund erst recht ins Verhältnis zu seiner Lebensweise und Aktivität gesetzt werden muß.

Birgit Frost plädiert nun zunächst dafür, Fleisch unbehandelt, unerhitzt, in rohem Zustand zu verfüttern. Hier kann ich ihr folgen, denn wenn man sieht, wie gierig Hunde sich auf Fleischbrocken stürzen, während sie Trockenfutter oft recht bedächtig verzehren, kann man rohes Fleisch als Grundlage hundlicher Fütterung kaum verachten: dann aber bitte "mit Haut und Haar", "mit Kind und Kegel", anstatt als von Fell, Knochen, Knorpeln, Innereien geschiedenes Muskelfleisch - dieser Hinweis fehlt allerdings in dem Buch. "Hauptsache frisch", diese simple Formel genügt mir nicht, gerade wenn es um Fleisch geht. Welches Fleisch zu bevorzugen ist, worauf aufzupassen ist, wie es mit Salmonellen, Parasiten usw. steht, darüber erfährt man in dem Buch leider nichts.

Ab Seite 32 (das Büchlein hat 80 Seiten sowie 8 Seiten entbehrliche Bildtafeln, die mit dem Text in keinerlei Zusammenhang stehen) wird dann die Katze aus dem Sack gelassen: "Vom Wert des Vollgetreides" ist die Rede. Selbstredend muß für die Ausführungen in diesem Kapitel wieder der ominöse Professor KOLLATH Pate stehen, der bewiesen haben soll, daß Getreide ein unentbehrlicher Bestandteil menschlicher und tierischer Nahrung sei. Ich glaube das nicht und esse weder Brot oder Müsli noch Kuchen und Kekse - Getreidekost erscheint mir sogar als eine Ursache ständiger Verdauungsprobleme und einer Verschleimung der Atemwege, und wir können auf Getreide gut verzichten. Aber nein, Getreide ist "frisch" und "natürlich" (als ob ein Wolf die Getreidekörner aus den Ähren knabbert): Hafer, Weizen, Roggen, frei von Fabrikzucker und sonstigen konservierenden Zusätzen, soll's denn auch sein, was wir dem "frischen Fleisch" hinzufügen. Mit den auf den Seiten 39 ff. aufgeführten Rezepten für den Hund (1 Teil Fleisch + 1 Teil Getreide + 1 Teil Gemüse) könnte ich persönlich allerdings noch leben; sie stellen eventuell eine gute Alternative zum Fertigfutter dar, das meist wesentlich mehr Getreide als Fleisch enthält, und ich könnte mir wohl vorstellen, diese Rezepte zu versuchen, zumal meine Hunde an den Verzehr von Obst und Gemüse gewöhnt sind. Ich könnte mir aber besser vorstellen, vom Getreide Abstand zu nehmen, wenn ich "hundegerechtes" Fleisch bekäme (oder endlich eine eigene Mäuse- und Kaninchenzucht anlegte). Ganz gewiß werde ich aber von KOLLATHs "Frischkornbrei" Abstand nehmen, den die Autorin ab S. 42 "für Hunde und ihre Halter" empfiehlt: dieser Getreidekleister, durch Obstzusätze zur Gärung gebracht, ist vielleicht etwas für Trunksüchtige oder mag zum Häuserbau verwendet werden - meine Hunde bekommen ihn garantiert nicht eingestopft.

Es folgen dann noch ein paar Ausführungen über Futtermengen, Welpenfütterung, Fütterungszeiten usw., die nichts Neues bieten, bevor die letzten zwanzig Seiten nochmals zu Rundumschlägen gegen das Fertigfutter genutzt werden: irgendwie mußte die Autorin die 80 Seiten wohl füllen. Nicht unwitzig mutet die gar traurige Geschichte des Schäferhundes Jacko an, der, zehnjährig, an allerlei Alterskrankheiten litt, die nicht auf sein Alter, sondern auf die Fütterung mit Fertigfutter zurückzuführen sind: als hellsichtige Prophetin natürlicher Ernährung kann die Autorin sogar in die Vergangenheit eines ihr unbekannten Hundes blicken wie die Wahrsagerin in die Glaskugel. Der Hund wurde auf "natürliche Ernährung" umgestellt, erholte sich zusehends, und nach zwölf Wochen - starb er! Hat denn das "naturnahe Futter" nichts genützt? Hat es die wölfischen Ahnen und ihre strahlende Gesundheit in ihm nicht mehr wachrufen können? Nun, wenigstens hatte er einen schönen Tod in Ruhe und Besinnlichkeit, den er der Frischkost verdankt; so wirft diese noch einen religiösen Nebengewinn ab, der auch nicht zu verachten ist.

Fazit: ein in seiner Einseitigkeit und Gläubigkeit geradezu drolliges Buch, das, ohne Roß und Reiter zu nennen, allerlei Behauptungen aufstellt, die weder den Leser überzeugen werden noch seinem Hunde nützen. Auf Bücher dieses Schlages möchte ich mich lieber nicht verlassen.

von Kathi(YCH) am 06. Dezember 2002 10:12

Hi,

: Fazit: ein in seiner Einseitigkeit und Gläubigkeit geradezu drolliges Buch, das, ohne Roß und Reiter zu nennen, allerlei Behauptungen aufstellt, die weder den Leser überzeugen werden noch seinem Hunde nützen. Auf Bücher dieses Schlages möchte ich mich lieber nicht verlassen.

wie unterschiedlich Menschen doch sind. Ich fand das Büchlein äußerst lesenswert und mit guten Ansätzen versehen auch empfehlenswert für den Anfänger.
Wie so oft steckt einiges an Gutem und auch weniger Gutem in diesem Buch - wie auch in fast allen anderen Büchern (ganz besonders zum Thema Hundeerziehung).

Gruß
Kathi

von Attila(YCH) am 06. Dezember 2002 10:56

: wie unterschiedlich Menschen doch sind. Ich fand das Büchlein äußerst lesenswert und mit guten Ansätzen versehen auch empfehlenswert für den Anfänger.


Hi Kathi,

ich gebe ja zu, daß man als Hundehalter in Büchern wenig brauchbare Tips über Ernährung findet (so etwa: füttern Sie frisch oder Fertignahrung), aber ein bißchen fundierter könnte es denn schon sein. Außerdem schätze ich den pseudoreligiösen Unterton solcher Bücher nicht. Ein gutes Buch für die Ernährungspraxis ist m. E. "Gesunde Hundeernährung" von Durst-Benning/Kusch, wenn man sich eben nicht nur auf Fertigfutter verlassen möchte; läßt sich alles gut umsetzen, ohne daß ich zweihundert Euro im Monat für einen Hund veranschlagen muß.

Gruß, Attila

von Kathi(YCH) am 06. Dezember 2002 11:08

Hi,

: aber ein bißchen fundierter könnte es denn schon sein.

einem 80-Seiten-Büchlein Vollständigkeit abzuverlangen halte ich für unsinnig. Dazu ist das Gebiet zu weitläufig.

: Außerdem schätze ich den pseudoreligiösen Unterton solcher Bücher nicht.

stört mich herzlich wenig. Ich ziehe mir eh aus jedem Buch nur Bruchstücke heraus - die, mit denen ich etwas anfangen kann. Den Rest ignoriere ich.

: Ein gutes Buch für die Ernährungspraxis ist m. E. "Gesunde Hundeernährung" von Durst-Benning/Kusch, wenn man sich eben nicht nur auf Fertigfutter verlassen möchte;

Das Buch finde ich auch sehr gut. Aber auch unvollständig ;-) und reichlich industriell geprägt. Aber beide Bücher ergänzen sich ganz gut. Leg noch "Von der Gesundheit des Hundes", "Hunde richtig füttern" und "Natürliche Haltung von Hunden und Katzen" dazu - dann hast Du ein (fast) vollständiges Werk.

: läßt sich alles gut umsetzen, ohne daß ich zweihundert Euro im Monat für einen Hund veranschlagen muß.

meine 3 zusammen (Gesamtgewicht ca. 140 kg) kosten nicht einmal EUR 150 im Monat ;-)

Gruß
Kathi

von Franziska und Katia(YCH) am 26. Februar 2003 19:20

: Hallo !

Hast eine nette Schreibe! Aber natürlich auch einen Unterton, einen spöttischen halt. Und einen "pseudoreligiösen" Unterton kann ich bei Frau Frost nicht ausmachen, kommt aber wohl auch drauf an, wie man es lesen möchte, wie die "Lesestimmung" sich entwickelt und welche Meinung man zu den Thesen hat. WEr Kollath als Schmarrn ansieht, der wird wohl kaum von dem Buch begeistert sein. Ich habe mich mit Kollath wenig befaßt, mag persönlich keinen Frischkornbrei, aber meinen Hunden schmeckt der Mehlpamps und sie vertragen ihn gut.

Ich finde das Buch gut und empfehle es auch den Kunden, die sich für naturliche Ernährung interessieren. Wer dann noch mehr lesen möchte, wird das tun. Wer nur "leicht verdauliche Lesekost" möchte, wird andere Bücher sowieso nicht lesen. Fertig gemacht hat mich das Buch "1x1 der Hundeernährung" von Krautwurst, da ist mir echt zuviel Info drin. Da sehe ich mich am Schluss mit Lupe und Tabellen vor dem Futternapf stehen und das ist mir dann ehrlich zuviel!

Wir füttern unsere Hunde nach dem Buch von Frau Frost und es bekommt ihnen prima. Es gibt allerdings auch mal Trockenfutter von Solid Gold, aber zum Thema TroFu gibt es hier ja auch schon ganze Schmöker-und STreit-Beiträge.

Wir haben eine Hündin nach zwei Jahren wiederbekommen und sie wurde vom ersten TAg an hier frisch ernährt. Sie bekam vorher Pedigree (brrr!) und pupste nach der Frischkost ziemlich heftig. Ich nehme mal an, sie hat erst einmal entgiftet und tut es noch. Wir mahlen das Getreide zu Mehl, pürieren das Gemüse frisch in der Moulinette und siehe da, auch unsere zwei Mäkler hauen rein wie die Scheunendrescher.

Machen wir es doch einfach so: Jeder füttert seinen Hund so, wie er es verantworten kann und gibt sein Wissen oder seine Meinung so weit wie möglich neutral weiter.


Ciao, Franziska und Katia mit Wonda, Chili, Axel und Peter

Hundeforum Login

  • Bitte geben Sie für die Anmeldung Ihren Teilnehmernamen und das Kennwort ein.
    Keinen Account? Jetzt Registrieren!





Aus dem Hundeforum Archiv

  • keine Läufigkeit ?

    Hallo Ina, meine Hündin war garantiert noch nie läufig. Wir gehen zweimal pro Woche auf den ...

  • zweite huendin und angst vor kaempfen

    Liebe Jutta es geht mir ebenso, ich erwarte mittlerweile auch eher das schlimmste im ...

  • Risiko Merle-Faktor?

    : Hallo an Alle! : hallo susi, : Bei einer Bekannten von mir sind auf dem Hundeplatz zwei Hundehalter ...

  • Welpe nicht streicheln

    : : : Ich versteh das nicht: Kann man den Leuten nicht mal im Ernst sagen, daß se den Hund bittschön ...

  • Wie sichere ich eine Übung ab?

    Hallo Phil, da hast Du vollkommen recht und wieso soll man sich dann nicht das ganze Potential eines ...

  • Hilfe Haar bricht

    Hi, : Soll nicht heißen das ich den Hund genau alle 4 Wochen bade sondern nur wenn es wirklich nötig ...

Hundebilder aus dem Hundeforum

Aktive Hundebesitzer


Hundeforum Yorkie - Statistiken

Alle Hundeforen
Themen: 43.416, Beiträge: 285.516, Hundebesitzer: 11.389.
Neuester Hundebesitzer: Tierschutzverein Sehnde.

Aktuelles Hundeforum
Themen: 1.059, Beiträge: 4.512.

Startseite | Hundeforum | Hundefotos | Neueste Beiträge | | Registrieren