Menschenscheuer Hund aus Tierheim :: Hundeerziehung + Soziales

Menschenscheuer Hund aus Tierheim

von Esther(YCH) am 08. Juli 1999 21:28

"Paula", eine wunderhübsche 8 Monate alte Berner Sennenhündin, kam mit
4 Monaten zu einer Freundin von mir. Paula hatte zuvor wohl "mehrere"
Vorbesitzer und landete zuletzt im Tierheim.

Paula wirkt vollkommen verschüchtert, ängstlich und vorallendingen
menschenscheu!
BEsonders hat sie Angst vor unerwarteten lauten Geräuschen, vor
Fremden überhaupt, insbesondere vor Männern. Die Vermutung liegt Nahe,
daß sie geschlagen wurde und/oder noch andere schlimme Dinge mit ihr
gemacht wurden. (Bei lautem Schimpfen fing sie anfangs an zu pinkeln...)
Sie hat lediglich Vertrauen zu ihrer Besitzerin, ist
aber sofort auf "bellendem Sicherheitsabstand", sobald Fremde auftauchen.
Bei einem Besuch von 2 Tagen hatte ich niemals die Gelegenheit sie
zu streicheln, sie kam nie Nah genug. Sie hat anscheinend keine Probleme
mit anderen/fremden Hunden. Sie spielte ausgelassen mit meinem Dal, den
sie bei diesem Besuch zum ersten Mal sah.
Es scheint schon fast aussichtslos sie an Fremde einigermaßen zu
zu gewöhnen, zumal ab August das Haus teilweise als Ferienhaus
vermietet wird und dann Fremde sozusagen ein und ausgehen.
Große Bedenken haben wir auch, daß Paula vielleicht vor lauter Angst
auch mal beißen könnte.
Hinzu kommt noch, daß Paula am liebsten das Haus und die gewohnte
Umgebung überhaupt nicht verlassen will. Mit dem Auto wegfahren ist
der Horror für sie.

Im Haushalt lebt noch ein 3 Jahre alter Schäferhundmischling, Wanja,
ebenfalls aus dem Tierheim. Wanja ist ein großer Schmusehund ohne
Auffälligkeiten, er hört sehr gut und spielt sich als Beschützer
von Paula auf, obwohl sie ihn manchmal ganz schön ärgert. Die beiden
kommen hervorragend miteinander aus.

Wer kann mir Tips geben... am liebsten wäre mir ein
Hundetrainer/-psychologe im Raum Süddeutschland/Schweiz/Elsaß
der uns weiterhelfen kann.

Vielen Dank im Voraus
Esther





von Gesa(YCH) am 09. Juli 1999 00:14

Hallo Esther,

erstmal herzlichen Glückwunsch zum Berner an Deine Freundin! Es ist eine ausgesprochen nette Rasse.

Leider komme ich nicht aus Süddeutschland sondern versuche hier im Norden den Hunden mit ihren "Menschen - Problemen" zu helfen. Ich arbeite weniger mit Hunden, mehr mit Besitzern, wobei Aufklärungsarbeit überwiegt, denn oft ist es einfach Unwissenheit.. -Aber egal.

Leider hast Du nicht geschrieben, wieviel Zeit mit der Hündin verbracht wird und wie Ihr versucht, sie in das Leben zu integrieren. Weitere Rollen spielen auch die Umgebung uvm.

Der große Vorteil, den Ihr habt, ist ein Zweithund, an dem sie sich zu orientieren scheint. Das ist ein großer Pluspunkt. Ist das Vertrauen so groß, das sie sich auch in für sie schwierigen Situationen anschließt?

Es gibt da soviele Fragen, die für Euer Problem wichtig währen...

Mag die Hündin gerne Leckerchen? Wenn ja, dann gebt jedem Besucher eines in die Hand, um es ihr zu geben. Auf diese Weise wird sie lernen, Menschen mit Positivem in Verbindung zu bringen.

Versucht sie nicht, mit "Aufwärm"- Versuchen zu bedrängen und gebt Ihr Zeit.

Wenn Ihr Leute mit "netten" Hunden kennt, organisiert Gassi - Treffen, um sie an fremde Umgebungen zu gewöhnen, in einer Hunde Gruppe fühlt sie sich vermutl. sicherer.

Wenn Besuch kommt, oder Ihr unterwegs seid, versucht locker und unverkrampft entsprechenden Situationen zu begegnen, Eure Anspannung überträgt sich auf den Hund. Gebt der Hündin das Gefühl, daß das, was gleich passiert ganz normal sei, kein Grund zur Beunruhigung. Bitte nicht stocksteif stehen bleiben und mit angehaltenem Athem eine negative Reaktion der Hündin erwarten...

Leider ist eine Fern - Diagnose fast unmöglich, aber ich hoffe, ich habe Euch trotzdem einige Tipps geben können...

Gruß Gesa

von Anneke(YCH) am 09. Juli 1999 07:41

Hallo Esther,

wenn Die Hündin mit vier Monaten zu Euch kam, dann sind die Erlebnisse , die Du vermutest, noch in der Prägephase passiert. Vielleicht wurde sie vorher schon mit wenig Menschenkontakt aufgezogen. Die Schäden, die durch so etwas entstehen können sind sehr schwer zu "reparieren". Einen Versuch ist es natürlich immer wert. Schau mal auf meine Website, ich gebe den Link unten an. Dort findest Du unter Schulung einige Hundeschulen, vielleicht ist etwas in Deiner Nähe dabei. Es ist zwar eine Clickertrainerliste (damit kannst Du evt. auch arbeiten) aber viele bieten auch tierpsychologische Beratung an.

Viel Glück, Anneke

von Tanja(YCH) am 09. Juli 1999 10:28

Hallo Ester,

ich hatte eine Schäferhündin zur Ausbildung bekommen, die sich fast genauso verhalten hat.
Es ist sehr wichtig, daß ihr nicht auf ihre Ängstlichkeit eingeht. Z. B. Paula hat Angst vor dem Auto, also wird kein Autogefahren. Paula hat Angst vor der Personengruppe, also wird ein Bogen um diese gemacht usw..
Das ist falsch, da Ihr damit nur das ängstliche Verhalten bestätigt

Paula denkt: "Da ist Personengruppe die muß gefährlich sein, Frauchen bleibt ja auch sofort stehen und macht einen großen Bogen...."

Jeder Versuch von uns, einen Hund, der vor etwas Panik hat mit der Stimme oder Leckerlie zu beruhigen erreicht normalerweise genau das Gegenteil, man bleibt vor der angstauslösenden Situation stehen. Man bestätigt den Hund durch Futter (die meisten panischen Hunde nehmen in solchen Situationen auch gar kein Futter) und Stimme für seine Angst.

Ihr müßt ganz forsch und selbstbewußt auf solche Situationen zugehen, nicht plötzlich stocken, ein bocken und ausweichen des Hundes ignorieren (ggf. Halsband so eng das es nicht über den Kopf geht) und einfach gerade durch so eine Personengruppe durchgehen. Danach den Hund ausgiebig loben, jetzt können und sollen Stimme und Futter zum Einsatz kommen. Übe solche Situationen am besten gezielt, gehe nicht gleich auf den Marktplatz sondern in ruhige Gegenden mit nur 1 Person am Anfang. Diese sollte ruhig stehen und du gehst einfach vorbei. Lobst den Hund, machst kehrt und gehst wieder vorbei. Die Person(en) sollen den Hund und Dich total ignorieren. Übe so mehrmals am Tag , steigere die Personenzahl langsam. Wenn das mit ruhig stehenden Personen klappt, laß die Leute herumlaufen. Verfahre genauso bei anderen Dingen vor denen sie Angst hat. Z. B. Autofahren. Laß sie hineinspringen und wieder heraus ohne das Autoanzulassen. Bestehe darauf daß sie in das Auto springt. Lobe sie im Auto ausgiebig und lasse sie sofort wieder heraus. Nicht einsperren oder lange festhalten. Wenn daß ohne Probleme klappt, laß das Auto im Leerlauf laufen und wiederhole die Übung. Wenn das klappt fahr ein kurzes Stück auf eine Wiese, tobe mit ihr und fahre wieder zurück. Vermeide am Anfang Fahrten zu Dingen vor denen sie Angst hat (z. B. Tierarzt).

Zu Personen und Besuchern im Haus: bitte alle Besucher die kommen den Hund total zu ignorieren, jedes auch noch so gut gemeinte Ansprechen sieht sie zur Zeit als Bedrohung an. Wenn Sie merkt es will keiner was von Ihr wird es besser werden. Wenn sie nach einiger Zeit anfängt von sich aus auf die Leute zuzugehen, sollen die ihr ruhig Futter hinhalten, aber nicht versuchen sie zu streicheln. Ebenso sollte der Besucher keine hektischen Bewegungen machen und die Stimme nicht laut erheben. Achtet andererseits darauf, daß sie die Besucher nicht anbellt oder knappt. Auch wenn es aus Angst geschieht. Setzt Euch durch und macht ihr klar daß, das pfui ist.

Geh langsam über mehrere Wochen an die Sache heran, Rom wurde auch nicht in einem Tag erbaut. Es gibt Homöopathische Mittel und Bachblüten die event. auch noch helfen können, da habe ich jedoch nicht genug Erfahrung.

Wenn Du jedoch dringend mit Hund wo hin mußt, wovor sie Angst hat, dann geh forsch auf die Situation zu und zwinge sie im Notfall dazu das zu tun was Du möchtest. Je selbstbewußter Du auftrittst, desto selbstbewußter wird mit der Zeit auch der Hund.

Gruß Tanja


PS: geht jeden Tag mit ihr raus, auch wenn sie daß z. Zt. noch nicht will. Laßt sie jedoch an der Leine, dadurch fühlt sie sich sicherer und kann im Notfall auch nicht in Panik davonlaufen.



von Anneke(YCH) am 09. Juli 1999 10:50

Hallo Tanja,

ist schon richtig, was Du schreibst. Was ich dazu vorschlagen würde ist beim Training statt des Halsbandes ein Geschirr zu benutzen, damit durch die Einwirkung am Hals nicht zusätzliche Angst entsteht. Entspannte Körperhaltung bei der gemächlichen Gewöhnung kann man ganz toll mit dem Clicker belohnen...
Natürlich ist das Timing wichtig, auch beim Loben ohne Clicker, damit nicht versehentlich die Angst verstärkt wird.

Viele Grüße, Anneke

von Tanja(YCH) am 09. Juli 1999 10:59

Hallo Anneke,

das mit dem Geschirr habe ich noch nicht Probiert. Auch von Roswitha habe ich es selbst, bei einem Problem mit meinem eigenen Rüden, vor einiger Zeit empfohlen bekommen. Ich habe es jedoch nicht umgesetzt, da er dann (er wiegt 45 kg) seine ganze Kraft entwickelt hat, und ich Probleme hatte ihn zu halten, zumal ich meistens mit 2 Hunden Gassi gehe.


Gruß Tanja

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