von Daniela(YCH) am 09. Januar 2002 08:38
Oh klasse, spannend, jetzt sind wir genau wieder in der alten Diskussion zwischen eingefleischten Clickerern und konservativen Ausbildern gelandet. (grins)
Ich selbst wende fast nur die positive Bestärkung an, aber auch eben nur fast; denn mit ignorieren allein geht es halt manchmal wirklich nicht. Hunde sind nicht dumm, und sie sind auch keine Automaten, die ausschliesslich in Skinner-Boxen leben.
Das Problem beim Ignorieren der negativen Verhaltensweisen ist doch, daß diese mitunter ausgesprochen selbstverstärkend sind. Das Paradebeispiel ist das Wildern. Nur mit ignorieren kann man äusserst lange darauf warten, daß der Hund eine andere Verhaltensweise (zum positiv bestärken) anbietet oder sogar ganz damit aufhört. Naja, spätestens, wenn er erschossen oder überfahren wird, hört er damit auf ;-)).
Das Bedrängen des Opfers kann bei manchen Hunden genau diese selbstbelohnende Auswirkung haben. Und sich solange zerkratzen und zerbeissen lassen, bis der Hund mal was anderes ausprobiert, bringt in dem Moment nichts, wo sich das Opfer mit den Schmerzen ringend nur noch krümmt und den Hund nicht bestätigen kann. Klar, mit dem Käfig mag das dann klappen, der Hund randaliert, bis er müde ist, und dann geht er womöglich ganz weg (wenn das Timing stimmt, kann das natürlich auch funktionieren) - aber die Diskussion hatten wir ja weiter unten schon.
Wenn man das Buch von Martin Pietralla komplett liest, schreibt er auch ziemlich weit am Anfang, daß er ein Negativkommando (nein) verwendet, um dem Hund beim Finden der richtigen Handlung zu helfen. Wenn der Hund so clever ist, Nein als nicht-Bestätigung aufzufassen, ohne sein Ausprobieren frustriert aufzugeben oder es als Positivbestärkung aufzufassen, dann frage ich mich, wo das Problem liegen soll, das Bedrängen zu unterbinden und gleich für die richtige Handlung zu belohnen. (oder stellt das einen Stilbruch dar? :-))
Ein Hund, der mich als Opfer bedrängt, bekommt mindestens (!) ein "Nein" oder auch eine körperliche "Hilfe", und zwar am besten gleich im Ansatz. Die Hunde sind keineswegs frustriert oder verwirrt, denn wenn das Timing stimmt, wissen sie auch sehr genau, für welche Handlung das jetzt galt. Das erleichtert dem Hund das lernen der richtigen Handlung, die dann auch direkt bestätigt wird - oder durch ein Lob zwischendurch erhalten wird, um den Hund anschliessend (für z.B. längeres Bellen) zu bestätigen.
Wenn das Bedrängen bereits eingerissen ist, hilft m.E. nur, ein paar Schritte im Aufbau der Anzeige zurück zu gehen und an den Grundlagen zu arbeiten (siehe ganz weit unten).
Aber jedem Tierchen sein Plaisirchen, jeder kann seinen Hund doch so ausbilden, wie er will. Und weil bekanntlich viele Wege nach Rom führen, sind auch so viele verschiedene Ausbildungsmethoden erfolgreich. Vor dem Clickertraining gab es auch schon zuverlässige Rettungshunde, und bei der konservativen Ausbildungsmethode habe ich nicht den Eindruck, daß die Hunde unbedingt unglücklicher wären...
LG
Daniela