von Julia(YCH) am 08. September 1999 08:32
Hallo Ronja,
ich will Dir auf Deine Frage mit meinen eigenen Erfahrungen antworten:
Ich, d. h. wir, haben zwei Jagdhunde. Die eine 9 Jahre alt und leider nicht sooo gut erzogen was das Jagen betrifft, die andere 2 Jahre alt, und weil man ja aus Fehlern lernt ;-), ganz gut erzogen. Ich gehe nun mehrmals die Woche in "unserem" Wald spazieren, genau dort, wo wir demnächst unseren Wohnort hinverlegen wollen. Ich habe mich im Ort natürlich gleich über die ansässigen Förster und Jäger informiert und mußte leider feststellen, daß der bzw. die Jäger (Vater und Sohn) zwei Häuser weiter wohnen. Den ansässigen Jäger treffen wir ganz selten mal und der meckert natürlich, daß ich die Hunde anleinen soll. Den Förster traf ich in 9 Jahren gerade 1 mal und der klärte mich auch über die "Rechte" und PFLICHTEN eines Hundehalters auf, der mit seinem Hund im Walde spazieren geht, sah aber ein, daß es für die Hunde quälerei ist, nur an der Leine zu sein und merkte noch an, daß ich mit einem Bußgeldverfahren rechnen müßte, wenn die Hunde jagen würden.
Den Jagdpächter, wieder ein anderer Mensch, treffe ich des Öfteren im Wald und dieser hat mich noch nie wegen der frei laufenden Hund ermahnt. Er beobachtet uns aber sehr sehr argwönisch und wartet wohl auf die passende Gelegenheit, wo sich die Hunde doch mal etwas weiter von mir entfernen. Gestern habe ich ihn im Wald getroffen, er machte sich gerade am Hochstand zu schaffen, und meine Hunde kläfften ihn schon von weitem am. Ich leinte die Große an und ließ die Kleine 3m entfernt von ihm "fuß" machen und schickte sie auf seiner Höhe wieder "geh voraus". Er grinste nur, sagte aber kein Ton. Evtl. würde er anders reagieren, wenn es sich um Mischlinge oder um eine Nicht-Jagdhundrasse handeln würde. Ich habe den Eindruck, daß die Jäger doch schon zweimal überlegen, wenn es sich um einen Jagdhund handelt, der im Wald frei läuft (könnte ja der Hund eines Kollegen sein???). Im Ort versicherten mir die Anwohner mit Hunden, daß es noch nie vorgekommen sei, daß ein Hund erschossen wurde und die Jägersleute sind bekannt im Ort und kennen ja die Hunde auch. Ich habe gleich durchblicken lassen, daß ich es nicht auf sich beruhen lassen würde, wenn meinen Hunden was passieren sollte, ob mit Recht oder nicht. Ob das was hilft kann ich nicht sagen.
Bzgl. des Laufens der Hunde außerhalb des Grundstückes kann ich nur sagen, Erziehung ist alles! Ich gehe mit meiner jüngeren Hündin auf den Hundeplatz und bringe ihr bei, in JEDER Situation abrufbar zu sein, auch wenn sie hinter Rehen her ist und bisher hat sie jedesmal parriert. Das ist m. E. die einzige Chance, wenn Jäger im Wald unterwegs sind. Der Hund MUSS gehorchen und so habe ich weniger Angst, sie ohne Leine laufen zu lassen. Bzgl. der Ausbildung der Jagdhunde ohne Waffenschein habe ich die Erfahrung gemacht, daß es schwieriger ist, aber dennoch Möglichkeiten bestehen. So hat mir z. B. eine junge Frau in diesem Forum berichtet, daß sie auch ohne Jagd-bzw. Waffenschein die Jagdhundprüfung absolviert hat. Ich habe mich in Berlin erkundigt und es war mir nicht möglich, eine solche Prüfung ohne größere Probleme machen zu können. (Ich bin im Jagdspaniel Klub e. V. organisiert). Außerdem bin ich der Meinung, daß es für den Hund nicht sinnvoll ist, mit ihm eine jagdliche Ausbildung zu machen, und ihn dann später nie jagdlich zu führen. Ich habe für mich entschieden, den Hund nicht "Blut lecken zu lassen" und ihm das Jagen dann immer zu verbieten. Ich habe mich auf die Unterordnung, Gehorsam und auf Ausgleichsport, wie z. B. Agility spezialisiert und es macht uns beiden Spaß.
Ich habe wohl das große Glück auf Jäger und Förster gestoßen zu sein, die nicht so schießgeil sind und vor allem keine Hundehasser sind. In Deinem Fall würde ich Dir raten, den Hund an seine Grundstücksgrenzen zu gewöhnen und außerhalb, auf Spaziegängen darauf zu achten, daß es sich nicht weiter als 30 - 50m von Dir entfernt und vor allem muß er auf rufen sofort kommen. Dem Jäger würde ich freundlich aber bestimmt gegenübertreten und ihm versichern, daß mein Hund NICHT jagdt. Sollte er dennoch schießen, so muß er mit Konsequenzen rechnen. Auch ein Jäger darf nich wie blöde im Wald rumballern. Außerdem würde ich seine Äußerung, den Hund sofort zu erschießen wenn er ihn außerhalb des Grundstücks antrifft, als Drohung auffassen und mich erkundigen, ob man da nicht gerichtl. Schritte einleiten kann.
Zwecks Erfahrungsaustausch und Annäherung mit Jägern habe ich jüngst eine Debatte mit einem Frank W., seines Zeichens Jäger, gehabt, die jeder Beschreibung spottete. Es war mir nicht möglich mit diesem Mann eine sachliche Diskussion zu führen. Als er dann den Satz, ich zitiere: "Hunde sind vom Menschen künstlich geschaffene Lebewesen und haben keinerlei natürliche Rechte" formulierte, habe ich die Korrespondenz mit ihm sofort abgebrochen. Ich will damit sagen, es gibt auch unter den Jägern solche und solche.
So, nun habe ich ja wieder einen halben Roman geschrieben und hoffe, Dir damit ein bischen geholfen zu haben. Ich hoffe für uns alle, daß unsere Hunde ihre Waldspaziergänge allesamt unbeschadet überstehen. Ich weiß nur, daß ich dem Jäger, der meinen Hunden ein Haar krümmt, alle Finger brechen werde.
Unser Jägersvater im Ort hat mal im Vollrausch auf einen Stromkasten geschossen und hatte dabei nur Glück, das die Laubenpieper gerade im Bungalow waren, als er seinen Stromrehbock erlegen wollte. Dieser Mann darf auch nach so einem Vorfall noch die Waffe tragen. Was sagt man dazu???
Gruß
Julia