von Inge + BC(YCH) am 30. März 2001 04:06
Hallo Steffi,
ich selber habe zwar zwei kastrierte Hündinnen, kenne aber auch eine ganze Reihe kastrierter Rüden. Mit keinem von ihnen gibt es irgendwelche Probleme. Zu meinem näheren "Hunde-Bekanntenkreis" gehören je ein kastrierter Pudelrüde, Rhodesian Ridgeback Rüde und Schäferhund-Neufundländer-Mix Rüde. Der Pudel wurde bereits mit 4 Monaten kastriert. Er gehört meiner ältesten Schwester, die in den USA lebt, wo die sehr frühe Kastration von Hunden mittlerweile üblich ist. Der Ridgeback wurde mit ca. 2 Jahren kastriert, weil er anfing, aggressiv gegenüber anderen Rüden zu werden und sich die Besitzer davon eine Verbesserung versprachen. Er ist tatsächlich deutlich gelassener geworden, wenngleich seine Abneigung gegen Geschlechtsgenossen immer noch vorhanden ist. Ich halte dies auch eher für ein Erziehungsproblem, denn die Besitzer sind Ersthundehalter und ein Rhodesian Ridgeback ist sicher kein Hund für Anfänger. Der Mix wurde erst mit knapp 5 Jahren kastriert, weil er ständig hinter läufigen Hündinnen her war und deswegen einige Male ausbüxte. Das hat sich logischerweise ganz gegeben. Bei ihm trat als einzigem Hund ein kleiner Nachteil auf: sein Fell wurde etwas plüschiger - ein Effekt, den man häufiger bei langhaarigen Hunden nach der Kastration feststellen kann. Aber wer keinen Ausstellungs- und Zuchthund sein eigen nennt, wird dies wohl nicht unbedingt als Nachteil ansehen.
Ansonsten sind alle Hunde - auch meine beiden Hündinnen - charakterlich völlig unverändert geblieben. Ein Hund wird durch eine Kastration nie und nimmer aggressiv, eher das Gegenteil. Allerdings wird ein sehr unverträglicher Hund durch eine Kastration nicht automatisch ein friedliches Lamm. Mit anderen Worten: Erziehungsfehler kann man durch eine Kastration nicht wegtherapieren. Und pubertär bleiben sie auch nicht, nicht einmal der schon so jung kastrierte Pudel meiner Schwester ist ein ewiges Baby geblieben - er ist inzwischen 6 Jahre alt und verhält sich wie jeder erwachsene Hund.
Auch das so oft ins Feld geführte Dickwerden oder Trägheit als Kastrationsfolge habe ich noch bei keinem Hund erlebt. Beides ist einzig und allein abhängig vom Umgang des Halters mit dem Hund: dick wird man nur von zu viel Futter und träge durch zu wenig Bewegung und Abwechslung. Es ist zwar richtig, dass der Stoffwechsel durch eine Kastration verlangsamt werden KANN (nicht muss), aber das läßt sich durch Anpassung der Futterration leicht auffangen. Meine beiden Dalmatinerhündinnen jedenfalls sind gertenschlank und betreiben aktiv Agility - also von Trägheit keine Spur! Und schau Dich einmal um, wieviele total verfettete nicht-kastrierte Hunde es gibt!
Von möglichen Fellveränderungen einmal abgesehen, gibt es eigentlich nur zwei mögliche negative Folgen der Kastration, die aber auch nicht zwangsläufig auftreten müssen, sondern hin und wieder auftreten können: bei Hündinnen, vor allem bei großen und schweren Rassen, kommt es bisweilen zum Harnträufeln. Dies läßt sich aber i.d.R. medikamentell gut in den Griff bekommen. Bei Rüden soll die Neigung zu Harnsteinen etwas erhöht sein.
Wenngleich ich also grundsätzlich eine Befürworterin der Kastration bin, sollte dennoch eines nicht vergessen werden: es ist ein operativer Eingriff mit allen damit verbundenen Risiken. Man sollte daher schon überlegen, wo die Vor- und Nachteile liegen. Bei Hündinnen mit der nicht zu unterschätzenden Gefahr der doch recht häufig auftretenden Gesäugetumoren und Gebärmutterentzündungen halte ich persönlich eine Kastration grundsätzlich für sinnvoll, wenn man sowieso nicht züchten möchte. Bei Rüden wird die Kastration - außer bei Ein- oder Binnenhodern - fast immer nur aus Gründen der leichteren Handhabung des Rüden vorgenommen. In meinen Augen ein Armutszeugnis, denn durch konsequente Erziehung ließen sich die meisten Probleme auch anders in den Griff bekommen. Ich halte nicht viel davon, einen Rüden durch Kastration künstlich ruhig zu stellen - wer mit der Erziehung eines Rüden überfordert ist, soll sich doch lieber eine Hündin anschaffen! Aber grundsätzlich kann man sagen, dass auch für den Rüden eine Kastration keine Probleme bedeuten. Du brauchst Dir diesbezüglich sicherlich keine Sorgen zu machen.
Ich hoffe, ich konnte Dir ein wenig weiterhelfen.
Liebe Grüße
Inge + BC