von Stefanie(YCH) am 21. Juni 2000 17:23
Hallo Heike,
ich kann Dich gut verstehen. Ich war zwar dabei, als meine frühere Hündin starb, aber zuvor hatte ich sie verlassen. Der Schmerz und die Selbstvorwürfe sitzen tief, aber so viel man auch darüber grübelt, es ändert nichts. Und irgendwann kommt dann die Zeit, in der die schönen Erinnerungen überwiegen.
Ich wohnte damals noch bei meinen Eltern und wir hatten viele Probleme miteinander. Als ich dann die Gelegenheit hatte, auszuziehen, nutzte ich die Chance zur Flucht... Meine Eltern bestanden darauf, daß ich Leyla bei ihnen ließ, angeblich konnten sie sich viel besser um sie kümmern und sie wäre glücklicher bei ihnen gewesen. Also ließ ich sie schweren Herzens zurück und hoffte, daß es die richtige Entscheidung war. Trotzdem litt ich sehr unter der Trennung. Die Besuche bei meinen Eltern machte ich in erster Linie, um Leyla zu sehen. Im Stillen unterstellte ich ihnen auch, daß dies der Grund war, warum sie nicht wollten, daß ich den Hund mitnehme, sonst hätte ich ja keinen Grund mehr gehabt, sie zu besuchen.
Einige Monate später wurde bei Leyla Krebs an den Lymphdrüsen am Hals festgestellt. Sie wurde damals im Herbst operiert und sehr, sehr langsam erholte sie sich von der Operation. Sie war damals etwa zehn.. An Weihnachten war ich zu Besuch bei meinen Eltern und ihr Zustand hatte sich soweit verbessert, daß ich mit ihr im Garten spielen konnte.
Zwei Tage später rief meine Mutter morgens an und fragte, ob ich kommen könnte, Leyla ginge es schlechter. Gegen Mittag beschlossen wir, nach der Mittagspause die Tierarztpraxis anzurufen, ob die Tierärztin kommen könnte, am späten Nachmittag hätten meine Eltern dort einen Termin mit Leyla gehabt, aber sie wäre nicht transportfähig gewesen. Der Anruf erübrigte sich.
Kurz nach zwei starb Leyla dann in meinen Armen.
Die Tatsache, daß ich bei ihr war, ist zumindest ein geringer Trost. Aber sie kann mich nicht darüber hinweg trösten, daß ich Leyla, die mir immer treu war, im Stich gelassen hatte. Wenn ich an ihren Tod denke, kommen mir noch heute die Tränen, obwohl es schon viereinhalb Jahre her ist.
Meine Eltern hatten Ende des darauffolgenden Januars wieder eine Hündin, eine junge, wilde Schäferhündin. Für sie war es wohl das Beste, gleich wieder einen Hund ins Haus zu holen. Ich mußte zweieinhalb Jahre darauf warten, wieder einen eigenen Hund zu haben. Die Mischlingshündin, die dann zu mir kam, war mein erster Welpe (Leyla war aus dem Tierheim gewesen und ca. eineinhalb Jahre alt, als sie zu mir kam) und ich lernte viel in den vergangen zwei Jahren. Mona ist ganz anders als Leyla und ebenso einzigartig. Ich liebe sie sehr. Auch wenn die Erinnerungen an Leyla verblassen, hat sie doch einen besonderen Platz in meinen Erinnerungen und in denen einiger Freunde. Einer Freundin z.B. hat sie deren Angst vor Hunden genommen.
Einen anderen Hund zu lieben heißt nicht, den ersten zu vergessen. Und die Liebe, die wir von unseren Vierbeinern bekommen, tut uns gut, gerade, wenn andere Menschen unseren Schmerz nicht verstehen. Aber für den richtigen Zeitpunkt, einen neuen Hund in sein Leben zu lassen, gibt es keine Formel.
Wenn einem plötzlich eine hochträchtige Hündin über den Weg läuft, die man schon immer mochte oder man im Vorbeifahren plötzlich das Tierheimschild sieht, das man sonst nur am Rande wahrnimmt oder Leute, die einem kaum kennen, erzählen, daß der Hund von Bekannten dringend ein neues Zuhause sucht, dann ist wohl die Zeit gekommen, einem neuen Rudelmitglied seinen Schlafplatz zu richten und die Futternäpfe aus dem Keller zu holen.
Viele Grüße, Stefanie