von Inge + BC(YCH) am 08. Juli 2000 20:52
Hi Attila,
:
: Ich denke, einen Hund, der ursprünglich für Arbeitsaufgaben gezüchtet wurde und den es folglich nach Aufgaben verlangt, sollte man nicht als Streicheltier verblöden lassen.
Ja, da stimme ich Dir voll und ganz zu. Aber Du deutest da auch genau den wunden Punkt an, der uns die Kampfhundeproblematik beschert hat.
Grundsätzlich bin ich der Meinung - habe ich ja schon öfter geschrieben - daß JEDER Hund geistig und körperlich gefordert werden möchte. Wer je gesehen hat, mit welcher Begeisterung z.B. ein Yorki beim Agility oder sogar bei der Unterordnung dabei ist muß zugeben, daß nicht einmal die sog. Schoßhunde mit einem Leben als Sofakissen zufrieden sind. Umso mehr gilt dies natürlich für Gebrauchshunde jeglicher Art. Und genau das ist das Problem. Guckt man sich mal so in der Hundegemeinde um, stellt man rasch fest, daß immer noch die meisten Hunde völlig beschäftigungslos durchs Leben gehen. Oft mit der Begründung, daß jeder geforderte Gehorsam "die Natürlichkeit des Hundes" zerstöre und nur was für Möchtegern-Feldmarschalls sei!!! Ja, so ähnlich von den Besitzern eines Golden Ret geäußert, der ungestraft herumstreunen darf und selbst die einfachsten Befehle nicht kennt. Wer diese Einstellung hat, sollte sich meiner Meinung nach lieber ein Tamagochi anschaffen. Aber leider findet man auch Schäferhunde, Jagdhunde usw. in den Händen solcher Leute. Man kann nur den Hut vor diesen Hunden ziehen, daß trotzdem so wenig passiert. Aber verständlich ist es schon, wenn so ein gelangweilter, nicht in die Rangordnung eingewiesener Hund beim Zusammentreffen mehrerer ungünstiger Faktoren durchdreht. Ich denke, es kommt nicht von ungefähr, daß vor gut 15 Jahren der DSH die unrühmliche Rolle spielte, die heute den Kampfhunden zugewiesen ist - viele schreckliche Unfälle passierten mit DSH, aber auch Rottis, Dobermännern usw., die entweder völlig isoliert und unbeschäftigt in Zwingern dahinvegetierten und plötzlich freikamen oder die durch fehlgeleitete(!!!) Schutzhundausbildung zu angst-aggressiven Beißern geworden waren.
Die Kampfhundrassen (wobei ich jetzt wirklich nur die echten meine, also Bulli, AmStaff, Staff und Pitbull) haben einen extrem entwickelten Beutetrieb, sind andererseits bei konsequenter Erziehung aber auch erstaunlich leicht führig (jedenfalls die ich kenne), was sicherlich mit ihrer starken Menschenbezogenheit zusammenhängt (vorausgesetzt, sie sind aus guter Zucht!) Sie eigenen sich daher eigentlich hervorragend für alle Hundesportarten. Wenn ich mir aber so die Gestalten anschaue, die diese Tiere oftmals halten, bezweifle ich stark, ob sie je in der Lage sind, die dafür nötige Selbst-Disziplin und Konsequenz aufzubringen. Abgesehen davon, daß die meisten der auffällig gewordenen Kampfhunde sowieso aus unkontrollierten hyperaggressiven Hinterhof-Zuchtlinien stammen, trägt die Tatsache, daß sie von völlig ungeeigneten Besitzern gehalten werden, wohl die Hauptschuld an den schrecklichen Unfällen. Genau diese ungeeigneten Besitzer haben sich aber früher auf DSH & Co. gestürzt und werden dies nach Ausrottung der Kampfhunde wieder tun. Und genau da mache ich den Züchtern und Verbänden den Vorwurf: ALLE diese Rassen gehören NUR in erfahrene Hände, in den Besitz von Menschen, die bereit sind, mit ihren Hunden zu arbeiten. Ob Schutzdienst, THS oder Agility, ist im Endeffekt egal - Hauptsache, der Hund wird beschäftigt. Aber bei ca. 50.000 DSH-Welpen pro Jahr, die allein im SV gezüchtet werden (von den Wildzuchten ganz abgesehen), kann mir keiner erzählen, daß da wirklich eine sorgfältige Auswahl der Besitzer erfolgt! Deshalb bin ich auch entschieden für einen Sachkundenachweis der Halter VOR dem Kauf und auch für die VERPFLICHTUNG, mindestens mit allen Gebrauchshundrassen, aber auch allen größeren Hunden, irgendeine Ausbildung zu absolvieren. Dabei braucht es gar nicht um Prüfungen oder Turniere zu gehen - wichtig ist die regelmäßige Beschäftigung des Hundes!
Gruß Inge