von Sabine Winkler(YCH) am 14. März 2000 22:03
Hallo Carsten,
: Mal 'ne grundsätzliche Frage zum Clicker-Training. Kann man den Hund mit dem Clicker überfordern?
Wenn Du mit "überfordern" meinst, daß man den armen Hund DURCH Clickertraining ausbeutet und ihn dazu bringt, Sachen zu machen, die über seine Kräfte gehen, sein natürliches Verhalten "vergewaltigen" usw. und damit in den Bereich der sogenannten "Tierschutzrelevanz" gehen, dann ist die Antwort eindeutig: Nein! Diese Vorstellung ist offenbar eins der typischen Vorurteile gegen Clickertraining, nach dem Motto: "Wenn es wirklich so gut funktioniert, wie die Clickerer immer behaupten, dann kann das doch nur heißen, daß der Hund so willenlos reagiert wie eine Maschine und dadurch grenzenlos manipuliert werden kann." Dabei könnte nichts weiter von der Wirklichkeit entfernt sein!
Andererseits: durch z.B. zu große Schritte beim Shaping, unklare Signalgebung, zu schnelles Abbauen der Belohnungen u.ä. Trainingsfehler kann man einen Hund sehr wohl mal WÄHREND des Clickertrainings überfordern. Meine Yeska z.B. hat manchmal im ersten Clickerjahr beim Üben angefangen zu bellen und zu jaulen und wurde ganz hektisch. Ich habe dann festgestellt, daß es in jedem einzelnen Fall mein Fehler war: ich hatte eine der wichtigsten "Shapingregeln" mißachtet.
Der Fehler war bei mir meist, daß ich entweder versucht habe, zwei Dinge gleichzeitig zu erreichen oder zwei zu ähnliche Übungen direkt hintereinander geübt habe (z.B. Voran zur Hundeleine und Apportieren in einer Trainingseinheit, wobei sie sich dann beim Apportierholz ablegte und versuchte, die Leine zu apportieren oder sowas). Dann wußte sie einfach nicht, was ich von ihr wollte und hatte so einen Frust, daß sie "laut" wurde. Sagen wir mal, sie "schimpfte" sozusagen mit mir. ;-)
Andere Hunde können auf solche Überforderungen auch ganz anders reagieren, nämlich "träge" werden oder sich ganz aus der Übungsstunde ausklinken. So oder so: wenn man den Hund überfordert, klappt sowieso nichts mehr und da man als Clickertrainer ja den Hund nicht zwingen oder anmeckern "darf", bleibt einem nichts anderes übrig, als das Training abzubrechen und lange zu grübeln, woran es wohl gelegen hat, bis man rausfindet, daß man selbst der Idiot war und nicht der Hund. :-) Man bekommt sozusagen sofort die Quittung, im Gegensatz zu "traditionellem" Hundetraining (Ruck und Lob), bei dem der Hund die Fehler des Trainers ausbaden darf. In diesem Sinne ist Clickertraining sozusagen "nebenwirkungsfrei", selbst wenn man den Hund dabei einmal kurzfristig überfordert. Ich habe jedenfalls durch Yeskas "schimpfen" viel gelernt. Sie hat mich dadurch immer zuverlässig auf Trainingsfehler aufmerksam gemacht.
In dem von Dir geschilderten Fall sehe ich übrigens nun wirklich keine Gefahr einer Überforderung.
Viele Grüße, Sabine