Hallo Melli,
: Einmal, warum man sich ausgedacht hat, einen Schutzarm am Menschen zum
: Beuteobjekt zu machen und nicht einen weicheren Gegenstand in der Hand
: des Menschen ? Weil man den Schutzarm besser festhalten kann als einen
: Gegenstand in der Hand und man nicht so leicht die Finger dazwischen
: bekommt?
Die sportliche Schutzhundeausbildung und die Diensthundeausbildung sind schon miteinander verwandt. Das eine ist aus dem anderen entstanden. Es hat vor ca. 100 Jahren ja niemand gesagt "Wir machen jetzt eine sportliche Schutzhundeausbildung", sondern die ersten Hundevereine, auch unserer (einer der Vereine, die heute noch das Kürzel PSSV tragen = "Polizei- und Schutzhunde Sportverein"
, wurden gegründet, um, damals ganz modern, Hunde für die Polizeiarbeit auszubilden. Erst nach dem 2. Weltkrieg hat unsere Stadt ihren ersten eigenen Diensthund gekauft, Wolf, vorher wurden für die Poliziearbeit ausschließlich die Privathunde von Mitgliedern unserers Vereines genutzt. Und auch dann noch waren viele Mitglieder Diensthundeführer, in unserem Fall bei der Bahnpolizei.
Das war jetzt ein wenig Geschichte, aber daraus ist der Schutzhundeport nun mal entstanden und deswegen wird auch heute noch mit einem Schutzarm gehetzt und nicht mit einem Staubwedel. Es ist auch ein technisches Problem: Wennn 40 kg Hund mit 40 km/h über einen ganzen Sportplatz flitzen, kurz vor dem Absrpung noch mal im Tempo anziehen, kenne ich keinen, der dann noch fähig ist, eine Beißwurst mit einer oder beiden Händen so zu halten, daß sich Hund und Mensch nicht ganz fürchterlich weh tun. Der Mensch kann den Hund auch viel besser belasten, wenn es um einen Schutzarm geht, der Hund arbeitet ja viel näher am Menschen, für manche Hunde ein größeres Problem. Du glaubst gar nicht, wie vielen Hunden das unangenehm ist, wenn sie dabei z.B. mit dem Bauch den Körper des Helfers berühren. Das ist mit ein wichitges Kriterium, um über die sportliche Schiene einen belastbaren Hund herauszustellen. Und der Sport ist inzwischen unser letzes Kriterium, triebstarkte, harte und belastbare Hunde herauszustellen, deren Nachkommen dann wieder alle Gebrauchshundeeigenschaften tragen und weiterhin für den Sport, Dienst, die Rettungshundeausbildung usw. tauglich sind.
: Und wie ist der Unterschied zum Diensthund (oder Polizeihund oder wie
: man es nennt), übt dieser Hund u.a. nicht auch an einem Schutzarm ?
Im Training ja, aber nicht nur. Wichtig ist hier die Arbeit mit der Manschette, d.h. der Figurant trägt keinen Hetzanzug und Schutzarm, sondern normale Kleidung und eine feste Ledermanschette am Arm, über die eine Jacke etc. gezogen wird. Der Diensthund darf ja nicht auf eine bestimmte Stelle fixiert sein, er braucht auch nicht diesen festen vollen Griff zu haben, der bei den Sporthunden so hoch bewertet wird (weil er ein Zeiche dafür ist, daß der Hund über den Beutetrieb beißt, nicht über den Wehrtrieb), wichtig ist einzig und alleine, daß sein Biß "wirkt", nicht wie er aussieht. Wenn ein Diensthund beißt, dann geht es ihm nicht um seine Beute, wie beim Sporthund den Schutzarm, sondern der will und soll dann wirklich seine Aggression gegen seinen zweibeinigen Kontrahenten richten. Der Sporthund braucht auch Aggression, es ist aber eine ritualisierte Aggression, durch welche er über seinen Sozialpartner dominieren will, so wie im Rudel zwei Hunde um einen Stock balgen. Da hat Agression ja nicht das Ziel, den anderen mutwillig zu verletzen, das würde den Sozialverband schädigen. Und wie der Hund im Sport mit seiner Aggression umgeht (die jeder Hund hat), wie er sein Aggressionpotential kanalisieren kann, ist auch wieder ein wichtiges Kriterium für die Zuchtselektion, um z.B. Hunde für die Ploizeiarbeit zu züchten.
: Was ist mit diesem Softstock? Wenn der Sporthund nur ein Beutespiel um
: den Ärmel macht, warum wird er dann dennoch mit dem Softstock
: geschlagen oder ist das gar nicht so ?
Ja, das wird er. Ist noch gar nicht so lange her, da wurde ein Rohrstock genommen, das hat ganz schön gepetzt und damit wurde getestet, wie belastbar der Hund ist, was er wegstecken kann. Der Softstock petzt nicht mehr, aber alleine das Geräusch und die Bewegungen mit dem Stock sind für viele Hunde eine Belastung, der sie nicht gewachsen sind. Auch wieder wichtig für die Zucht. Das fängt schon da an, zu beobachten, welche Hunde die Augen schließen, wenn die Stockhand angehoben wird. Nuancen zwar, aber wenn Du Zuchtparnter kombinierst, sind solche Nuancen wichtig, da sie sehr viel über das Interieur des Hundes aussagen.
: Und lernt er auch, Menschen zu stellen und zu verbellen ? Das wäre
: doch auch eher etwas für Polizeihunde, die wirklich den Menschen an
: sich angehen oder ?
Auch hier wieder: Warum verbellt der Hund den Figuranten? Getestet wird, wie der Hund mit dem Konflikt fertig wird, welchen diese Situation für ihn darstellt. Da steht einer irgend wo herum, völlig unbeteiligt, und trägt das Ziel der Begierde = den Schutzarm. Der Hund darf nicht anbeißen, solange der Helfer still steht, sondern versucht, mit seinem natürlichen Dominanzverhalten den Helfer dazu zu bringen, daß dieser sich bewegt, er "treibt" den Helfer also. Dabei muß er mental in der Lage bleiben, einerseits seine ganze Konzentration auf den Helfer zu richten, andererseits so führig bleiben, daß er auf ein einziges Kommando "Fuß" zu seinem Hundeführer kommt, d.h. er muß in seinen Triebbereichen wechseln können, und natürlich muß er in der Lage sein, sich zu beherrschen. Auch hier wieder wichtige Indikatoren für die Zuchtselektion.
Viele Grüße
Antje