von Antje(YCH) am 23. September 1999 07:56
: kannst Du mir die Ausbildungsschritte, die DU machst erläutern?
Hallo Nicole,
au weia, das ist aber eine schwierige Frage, weil sie eigentlich sehr ins Detail geht. Meinst Du das nur ganz oberflächlich betrachtet?
Zuerst die Voraussetzungen (rasseunabhängig): Gesunder Hund, nicht zu groß, nicht zu klein, mit guten triebmäßigen Voraussetzungen. Jegliche Arbeit mit trieblich nicht geeigneten Hunden oder Hunden, die die körperlichen Voraussetzungen nicht erfüllen, halte ich für Tierquälerei!
In jeder Sparte (Fährte, Unterordnung, Schutzdienst) muß zuerst ein Trieb gefördert werden, der später zur Ausbildung als Triebziel genutzt werden kann (in der Regel Beutetrieb), d.h. der Junghund wird in erster Linie triebmäßig gefördert: Futterfährten, Beutearbeit im Schutzdienst, "richtiges" Spielen als Vorbereitung zur Unterordnung.
Z.B. komme ich beim Fährtesuchen völlig ohne "Zwang" aus, bis der Hund das Verweisen der Gegenstände lernt. Bis dahin kann er u.U. bereits eine SchH3-Fährte korrekt absuchen, was allein über Triebarbeit erreicht wird. Dabei bedeutet für den Hund "Zwang" ja bereits, daß er durch das Platz-Kommando am Gegenstand am Weitersuchen gehindert wird, denn er will ja sein Triebziel befriedigen.
Im Schutzdienst läuft es ähnlich, wobei diese Sparte wohl die ist, in welcher beim Hund die größte Triebzielbefriedigung erreicht wird. Hier ist wichtig, daß der Junghund IMMER das Triebziel "Beute" erreicht, denn jegliche Arbeit im Wehrbereich verursacht in diesem Alter unsichere Grifftechniken, die sich der Junghund einprägt und die später bei Prüfungen ganz gehörig entwertet werden. Ein falscher Aufbau im Schutzdienst ist nicht mehr rückgängig zu machen!
Auch in der Unterordnung sind die Zeiten vorbei, in denen Hunde, die "unter der Grasnarbe" gingen, voll bewertet wurden. Also auch hier: Trieb, Trieb, Trieb. Nur der korrekt und FREUDIG arbeitende Hund erhält volle Punkte und somit wird bereits im Aufbau des Junghundes Wert gelegt auf eine gewisse Grundschnelligkeit. Die wiederum wird erzeugt durch Arbeit mit Beuteobjekten (Ball, Beißwurst) oder Futter.
Im Hinblick auf Zwangseinwirkungen ist zu sagen, daß sie nur in dem Rahmen erfolgen können, wie auf der anderen Seite ein Triebziel dagegen gesetzt werden kann. Ein unbeteiligt dasitzender Hund, der in dem Moment gar kein Triebziel hat, wird vielleicht bei einem Ruck am normalen Halsband schon aufjaulen, während der gleiche Hund einen Ruck am Stachelhalsband ignoriert, wenn er z.B. den Schutzärmel haben oder ein Reh jagen will.
Deshalb sind alle Einwirkung, die bei der Ausbildung eines Hundes eingesetzt werden (müssen), genau abzuwägen und abhängig vom Triebziel des Hundes (welches wiederum abhängt von seinem Junghundaufbau und seiner natürlichen Triebveranlagung). Einen Hund mit wenig Trieb (egal, ob angeboren oder anerzogen oder gerade situationsbedingt) darf ich nie so hart korrigieren wie einen Hund mit großer Triebmotivation. Hat ein Hund nur wenig Trieb auf der Fährte, reicht evtl. ein zu hartes Platz-Kommando am Gegenstand, um ihm die Lust am Weitersuchen zu nehmen, während einen anderen nicht einmal das Stachelhalsband beeindruckt. Hier heißt es auch, mit den "Trieben des Hundes zu spielen", z.B. bei ersterem die Motivation zu erhöhen (Suchen nur, wenn er Hunger hat), beim zweiten die Motivation etwas zu drosseln (Suchen dann, wenn er satt ist).
Wie gesagt, das ist ein ganz kompexes Thema und auch alleine aus Büchern nicht zu erlernen. Hier hilft nur die Arbeit in einem GUTEN Verein (den man, zugegeben, manchmal etwas suchen muß).
Viele Grüße
Antje