Bewegung in der Gebrauchshund-Szene :: Hundesport & Freizeit mit Hund

Bewegung in der Gebrauchshund-Szene

von Antje(YCH) am 30. Juni 2000 06:30

Hallo Inge,

: Aber die Erfahrung, daß HF es als persönlichen Angriff empfinden, wenn man freundlich und durch die Blume auf die eine oder andere kleine Wesensunzulänglichkeit hinweist, habe ich quer durch alle Rassen und quer durch alle Sportarten erlebt, da sind SCH-Leute nicht anders als Agi-Leute oder Schoßhundbesitzer.

Ich finde es schon schlimm, wenn man das "durch die Blume" machen muß und es sind ja auch gar nicht "Wesensunzulänglichkeiten" gemeint im Sinne von Wesensmängeln; mir ging es mehr um die Analysierung von Triebveranlagungen, Belastbarkeit usw. (jetzt nicht auf die Eignung im Schutzdienst bezogen, sondern z.B. auf einen "belastbaren Beute-/Spieltrieb"winking smiley. Vernünftig ausbilden kann man nur, wenn man offen über so etwas spricht und überall dort, wo man es nicht tut, wird schlecht ausgebildet, egal ob im SchH-Sport, der Basisausbildung, im THS oder sonstwo, das sollten sich mal alle die merken, die von einem Erziehungskur zum nächsten rennen, weil dort die Ausbilder "netter" sind (die sind oftmals bloß nicht so ehrlich). Natürlich gibt es auch "Mimosen" unter Besitzern von Hunden der sog. Gebrauchshunderassen, aber die werden, aus o.a. Gründen, im SchH-Sport nicht weit kommen, wenn sie nicht gewillt sind, sich auch mit den "Schwächen" ihres Hundes auseinanderzusetzen; sie sind und bleiben Randerscheinungen im SchH-Sport und sind nicht die Regel. Hingegen ist es z.B. in einem Erziehungskurs sehr schwierig, offen über so etwas zu reden, da fängt es immer irgendwo unterschwellig an zu gären, weil sich jemand auf den Schlips getreten fühlt, weil es gewagt wird, am Hund "herumzukritisieren".


: Also das kenne ich anders: hast Du Dir mal angeschaut, wie BC in Schottland und Wales arbeiten? Nach Aussagen von Bekannten, die in Australien als TÄ auf Schaffarmen gearbeitet haben, sollen auch dort immer mehr BC den Aussies und Kelpies den Rang ablaufen, letztere sollen fast nur noch an Rinderherden gearbeitet werden, während BC und Aussies für die Schafherden genommen werden. Koppelschafhaltung ist in diesen Gegenden aber eher die Ausnahme.

Ich interessiere mich für beide Arten des Hütens und beide sind fanzinierend, aber so unterschiedlich wie Tag und Nacht. Der Border ist ideal geeignet für das Hüten auf offenen weiten Flächen, er treibt vorwiegend mit Körperhaltung und Augen, aber diese Arbeit ist etwas ganz anderes als das, was Haupt- und Beihund bei uns bei einem Wanderschäfer zeigen müssen. Die hiesigen Hütehunde müssen auch mal "hinlangen", damit die Schafe Respekt bekommen und es ihnen möglich ist, in unserer engen und verkehrsreichen Kulturlandschaft z.B. "die Furche zu halten", d.h. eine Schafhere zentimetergenau auf einem weniger attraktiven Stoppelacker halten, während auf dem Nachbaracker der saftige Raps lockt, oder die Herde zu einer stark befahrenen Bundesstraße hin abzusichern. In Schottland, Australien usw. ist das nicht nötig, dort brauchst Du die Hunde vermehrt zum Zusammentreibe der Schafe. So wird ein Border Collie, der auf einem Leistungshüten mal herzhaft zufaßt, sofort disqualifiziert, während der richtige "Keulengriff" für die hiesigen Hütehundrassen sogar vorgeschrieben ist, weil die Schafe in unser starkt eingeengten Umwelt vor den Hunden einen Heidenrespekt haben müssen. Diese beiden Arten des Hütens sind wie zwei verschiedene Schuhe, und die einzelnen Rassen sind Spezialisten, aber nur auf ihrem Gebiet, und untereinander nicht austauschbar für ihre Arbeit. Deshalb wird der Border Collie auch nie die Arbeit des DSH' s an der Herde übernehmen können; das können eher die aldt. Hütehundrassen wie Gelbbacken, Strobel, Harzer Füchse usw.


: Ich selber bin an den Rheinwiesen aufgewachsen, da gab es damals noch viele Wanderschafherden. Ich kann mich nur an einen einzigen Schäfer mit reinrassigen DSH erinnern, der Rest waren alles DSH-Mixe, meist mit ursprünglichen Hüterassen.

Welche Rasse oder welchen Schlag ein Schäfer zum Hüten nimmt, hängt auch davon ab, welcher Typ Hund ihm liegt; ich kenne einige Schäfer, die schwören auf Gelbbacken, unser Schäfer hingegen meint, die wären ihm zu nervös, er nimmt lieber den Strobel, andere hingegen mögen lieber den DSH. In unserem Verein haben wir zwei SchH-Hunde, die sich schon für Prüfungen auf Landesverbandsebene qualifiziert haben, und die aus sog. "Herdengebrauchshund"-Müttern stammen; diese Hündinnen haben ihr Leben lang nur Schafe gehütet, lediglich auf der Körung einmal einen Schutzdienst absolviert. Diese HGH-Hunde sind auch die einzigste Ausnahme, die der SV im Hinblick auf die Zuchtzulassung macht; alle anderen Zuchttiere müssen mind. die SchH1 vorweisen.


: Hey, Antje, jetzt steh' aber auch mal zu dem, was Du geschrieben hast! Deine Meldung war ungefähr so (genauer Wortlaut läßt sich ja nachlesen): "Das ist auch der Grund, warum sich viele vom Schutzhundsport so angeknackt fühlen, weil sie nicht zugeben wollen, daß ihr Liebling in irgendeiner Hinsicht unvollkommen ist." Tut mir leid, aber das kann ich nur so verstehen, daß ausschließlich Schutzhunde vollkommene Hunde sind, alle anderen eben "in irgendeiner Hinsicht" nicht!

Ich habe nicht behauptet, daß sich viele "vom Schutzhundsport angeknackt fühlen", sondern von der Tatsache, daß innerhalb der Vereine auch über die Schwächen bzw. Defizite in der Triebveranlagung der Hunde diskutiert wird. Und viele Hundebesitzer, die nicht aus dem SchH-Sport stammen (denn dort ist es üblich, darüber zu reden), fühlen sich dadurch persönlich angegriffen (weil sie ja glauben oder glauben wollen, einen "perfekten" Hund zu haben), und schon hast Du den schönsten Zoff zwischen den SchH-Sportlern und z.B. der THS-Liga, meistens noch unterschwelig, also nicht direkt ausfechtbar. Also noch einmal ganz deutlich: Ich meine NICHT, daß Hunde, die nicht im SchH-Sport geführt werden oder geführt werden können, nicht perfekt sind, sonder ich meine, daß alle Hunde irgendwo ein Manko haben, über das offen gesprochen werden sollte, und daß es Leute gibt, die so etwas nicht vertagen können, und die stammen dann vornehmlich nicht aus dem SchH-Lager (ausnahmen bestätigen natürlich die Regel)... *ppppffffffffttttt* O.K. und Friedenspfeife???


: Und ein DSH, der im Schutzdienst vielleicht keine solche Granate ist, weil er es nicht so mit der Fährte hat, der sich aber mit Begeisterung und großer Geschicklichkeit durch einen Agi-Parcours bewegt, ist für mich absolut vollkommen, auch wenn er wegen nicht-bestandener Sch-Prüfung nicht zuchttauglich sein sollte!

Gar keine Frage; er ist dann halt bloß nicht zuchttauglich.


: : : Und genau das gleiche gilt für die diversen Hundesportarten. Wo kämen wir hin, wenn … jeder meint, nur seine Sportart wäre "richtiger" Sport und alles andere Trullala!
: :
: : Dieses Denken hast Du überall, z.B. sehr häufig auch in diese Richtung: "Wenn ich keinen SchH-Sport mag und/oder selbst betreibe, dann sollen es auch niemand anderes tun…", oder?
:
: Habe ich jetzt nicht so ganz verstanden.

Dann schau mal unter der Rubrik "Freizeit/Hundesport" nach, Andreas hat dort ein Posting gestetz mit der Überschrift "Wird der SchH-Sport jetzt verboten" oder so ähnlich, Trend "Was ich nicht mag gehört verboten"... Natürlich gibt es SchH-Sportler (oder auch andere Menschen), die das "Tonnenhüpfen" als "Trullalla" ansehen, aber so einen Ausdruck finde ich persönlich eher harmlos (wenn ich einigermaßen selbstbewußt bin und persönlich z.B. Agility O.K. finde, dann kann es mir doch egal sein, ob jemand anderes es als "Trullalla" bezeichent); schlimmer ist es i.d.R. ja wohl andersherum, frei nach dem Motto "Mein Agility ist das Non-Plus-Ultra, aber der SchH (oder sonstwas, was ich nicht mag) gehört verboten".


: Gegen gut gemachten Sch-Sport habe ich nichts. Nur leider muß ich da vielen anderen Forumsteilnehmern recht geben: gerade in dieser Sparte habe ich sehr, sehr viel negatives erlebt, und das - tut mir leid - wirft nun auch mal ein unschönes Bild auf die entsprechenden HF!

Du sagst es selbst: "auf die entsprechenden Hundeführer". Und was glaubst Du, was ich generell in der Hundehaltung schon unschönes gesehen habe; bei uns verdrischt ein alter Mann tagtäglich seinen unerzogenen Dackel, die Terrierhündin der alten Nachbarin meiner Eltern hat zeitlebens das Vierfache ihres Normalgewichtes mit sich herumgeschleppt usw.; soll man deswegen allen alten Leuten die Hundehaltung verbieten? Eine Bekannte, absolute Gegnerin von radikalen Ausbildungsmethoden, bringt ihren Hund tagtäglich seelische an den Rand des Abgrunds (wenn mal ein Hund Selbstmord begehen sollte, ich weiß schon, welcher...). Ich kenne viele weitere Hunde, die durch falsche Ausbildungsmethoden (z.B. zu wenig dominantes Verhalten des Hundehalters) seelisch überbelastet werden; sind deshalb alle "Nicht-SchH-Sportler" Psycho-Tyrannen?


: Vielleicht, weil die Breitensportarten (noch???) nicht so tierisch ernst genommen werden, der Spaß selbst bei den Spitzenteams immer noch eine große Rolle spielt, habe ich da bisher noch keine unschönen Szenen hinter den Kulissen erlebt. Aber wer weiß, vielleicht ist es nur noch eine Frage der Zeit, bis auch hier krankhafter Ehrgeiz sich mit persönlichem Unvermögen bei einigen HF zu einer unheilvollen Suppe zusammenbraut.

Zählst Du Agility zu den Breitensportarten? Auch dort habe ich z.B. bei einigen Hundeführern der Leistungsspitze den Einsatz des E-Gerätes gesehen (bitte keine Diskussion über den Sinn oder Unsinn des Gerätes, darum geht es jetzt nicht, nur um den Ehrgeiz). Aber selbst wenn Hundeführer im Agility- oder THS-Bereich tierschutzrelevant auffallen würden, betrifft das doch nicht den Sport, sondern die einzelnen Hundeführer. Jeder ist selbst für sein Tun verantwortlich und niemand kann direkt etwas für das, was ein anderer macht.

Viele Grüße

Antje

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