von Briard-Jutta(YCH) am 30. Dezember 1998 12:18
Liebe Isis,
Du bist mit mir an die schrecklichste Flexileinengegnerin schlechthin geraten, lach.
Zuerst ganz konkret zu Deiner Frage: Stell Dir doch bitte mal vor, WIE es im Normalfall aussieht, wenn zwei Hunde sich kennenlernen. Anschauen, Schnauzenkontrolle, Analkontrolle. Letztere wird von sehr ängstlichen und sehr dominanten Hunden oft verweigert, indem der Hund sich schnell wegdreht. Der andere möchte aber doch schüffeln und flitzt der Bewegung hinterher. Ruckzuck hast Du ein wunderbares (Flexi-)leinengewurschtel, das das "Freiheitsgefühl" der Hunde doch ziemlich beeinträchtigt. Sicher hast auch Du Szenen vor Augen, wo die Hundebesitzer heftigst im Einsatz waren, um das Ganze zu entwirren. Die damit verbundene Hektik, aber auch die Fesselungen an Läufen und sonstigen Körpeteilen lassen einen normalen Kontakt der Hunde aber nicht mehr zu. Abgesehen von der Verletzungsgefahr, die besonders bei den schnurartigen Flexis und sich heftig bewegenden Hunden durchaus gegeben ist, kommt es aus einer solchen Situation heraus oft zu Aggressionen, die ohne die Leine nicht entstanden wären.
Für mich ist die Leinenverbindung zwischen Mensch und Hund viel mehr als nur eine mechanische. Im Idealfall gibt sie dem Hund Selbstvertrauen und Sicherheit. Man kann das deutlich spüren, wenn man mit einem Hund z.B. zum ersten Mal das Überqueren einer Planke oder das Überwinden eines komplizierten Hindernisses übt. Die Nähe des Hundeführers und seine Stimme und Ausstrahlung ist ein wesentlicher Vertrauensfaktor. Trotzdem kann man oft feststellen, daß der Hund sich erst dann traut, wenn die Leine eingehakt ist und der Besitzer ihn FÜHRT, im wahrsten Sinne des Wortes. Natürlich setze ich voraus, daß dabei der Kontakt mit der Leine in keiner Situation angst- oder schmerzverursachend erlebt wurde.
Eine Flexileine ist keine Verbindung in dem Sinn, wie ich sie mir vorstelle, sondern einfach nur ein Stück Seil, das meinen Hund darin hindert, sich außerhalb eines bestimmten Radius zu bewegen. Der Plastikgriff (dessen Automatik ohnehin ein Kapitel für sich ist), ermöglicht mir nicht, zu FÜHLEN, was in meinem Hund am anderen Ende vorgeht. Und wenn Du mal Hunde an Flexis beobachtest, wirst Du feststellen, daß sie allesamt herzlich wenig Interesse für den Menschen am Griff zeigen.
Natürlich gibt es Situationen, wo ein Freilauf zu riskant ist (z.B. auf Autobahnparkplätzen etc.), manche Hunde aber mehr Bewegungsspielraum brauchen, um ihr Geschäft zu erledigen, als ihn die normale Leine zuläßt. Dann ziehe ich aber eindeutig eine lange Lederleine ohne Automatik vor.
Hast Du einen großen Hund, der an der Flexi in Panik gerät, dann versuche doch mal, ihn wieder zu Dir zu holen: Bei den meisten Fabrikaten (einige gute haben ein durchgehendes Gurtband), besteht der Großteil der Leine aus einem Seil. Wer jemals ohne Handschuhe da rein gegriffen und gezogen hat, weiß, was Schmerz bedeutet. Aber auch die besseren Marken haben immer noch diesen unseligen Monsterautomatikknauf, der eigentlich dauernd nur stört. Wie soll ich mich auf meinen Hund konzentrieren, wenn ich dauernd mit der Automatik zu tun habe?
Leider dient die Flexi den meisten Benutzern als Alibi für ihre eigenen Bequemlichkeiten. Sie haben versäumt, ihren Hund zu erziehen, so daß ein Freilauf nicht möglich ist. Mit der Flexi haben sie das Gefühl, doch noch für Bewegungsfreiheit sorgen zu können - was aber natürlich idiotisch und keinesfalls ausreichend ist.
Liebe Grüße,
Jutta