von Briard-Jutta(YCH) am 08. Januar 1999 15:23
Lieber Remo,
Vorteil Welpe: Bis zur 16. Lebenswoche dauert die Prägephase, d.h., alle Erfahrungen, die der Hund in dieser Zeit macht, vergißt er nie mehr (positiv und negativ). Du hast also die Chance, Deinen Welpen in dieser Zeit auf all die Dinge zu prägen, die Dir wichtig sind.
Du "wächst" mit Deinem Hund. Das bedeutet, daß Du jeden Entwicklungsschritt miterleben und beeinflussen kannst. Tritt irgendwann ein Problem auf, kannst Du rekonstruieren, wodurch und in welcher Situation es entstanden sein könnte. Auch lernst Du einfach eine Menge über Deinen Hund und kannst bestimmte Verhaltensweisen besser einschätzen, als wenn Du plötzlich vor einem erwachsenen Hund stehst.
Nachteil Welpe: Die Chance der Prägezeit ist gleichzeitig auch ein Risiko. Wenn Du grobe Fehler machst (aus Unkenntnis), mußt Du damit später leben. Und wenn der Welpe in der Zeit, bevor er zu Dir kam, bereits negativ oder unzureichend geprägt war, bringt auch so ein 8 Wochen alter Winzling unter Umständen schon ziemliche Probleme mit. Also in jedem Fall genau hinsehen, wie und wo der Welpe aufgewachsen ist. Im Idealfall in Haus und Garten, mit engem Familienanschluß, Welpenspielplatz und den verschiedensten Anreizen.
Welpen machen zunächst in der Regel viel mehr Arbeit, als erwachsene Hunde, angefangen von der Stubenreinheit, über das Problem, noch nicht lange alleinbleiben zu können, bis hin zur Erziehung insgesamt. Während des Zahnwechsels (und noch ne Weile danach) mutieren die meisten zu Nagetieren, die alles zerkauen, dessen sie habhaft werden können.
Beim erwachsenen Hund hängt alles davon ab, wie und wo er vorher gelebt hat. Du kannst einen perfekt erzogenen Vierbeiner bekommen, der problemlos alles mitmacht, was Du möchtest oder einen absoluten Problemhund. Und natürlich alle Variationen dazwischen. Aber: Erziehung ist immer möglich, unabhängig vom Alter des Hundes.Manches dauert länger, dafür "verzeiht" ein älterer Hund auch leichter Fehler Deinerseits, da er eben ALLES nicht mehr sooo schnell lernt.
Was die Bindungsfähigkrit betrifft: Da sehe ich überhaupt kein Problem. Als Rudeltier ist der Hund darauf angewiesen, sich so schnell und so gut wie möglich in sein neues Rudel einzufügen. Wenn Du ihm klare Spielregeln gibst, wird er sie akzeptieren. Ich kenne z.B. eine ganze Reihe ehemaliger Kettenhunde, die im Alter von 3 Jahren aufwärts in eine Familie "umgezogen" sind, und nun hingebungsvoll an ihren neuen Menschen hängen.
Speziell bei Junghunden im Alter zwischen 6 und 12 Monaten (abhängig von Rasse und Größe) gerätst Du gerade mitten in die Pubertät, in der die Vierbeiner ganz schön aufmüpfig und flegelhaft sein können. Auf der anderen Seite "zwingt" Dich das auch gleichzeitig zu großer Konsequenz und starkem Einsatz, was sich nach überstandener Pubertät sicherlich positiv auswirkt.
Und insgesamt: Ein Hund bedeutet immer den Einsatz von einer Menge Energie. Aus einem 8wöchigen Fellbündel wird ebensowenig selbstverständlich ein toller Kamerad, wie aus einem älteren Hund, wenn Du nicht Zeit und Arbeit investierst.
Liebe Grüße,
Jutta